Alltagsgeschichten

Einkaufen ist so eine Sache, die ich meistens nebenher mache. Manchmal hab ich Lust drauf, manchmal nicht, manchmal ist mir zu heiß, manchmal frage ich mich: Brauche ich das wirklich alles? Da es so sehr Routine geworden ist, habe ich meistens Zeit, mir die Menschen und Situationen anzuschauen, mit denen ich dann so umgeben bin. Gestern war es wieder besonders krass.

Zuerst fällt mir mal auf, dass zwar alle Leute über die Spritpreise jammern, aber es auf der Hauptachse zur Stadtmitte ein Rauschen von Benzinmotoren gibt, dass es eine Freude ist. Mir fällt die Frau auf, die mit Müh und Not an einer Fußgängerinsel versucht, mit ihrem hübschen Citybike die Straße zu überqueren. Keiner hält an, alle fahren vorbei und haben wahrscheinlich gerade die Ölpreise im Kopf, aber verzichten auf das Auto tut anscheinend noch keiner. Überhaupt sind die einzigen Personen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, alles Frauen. Auch in den Supermärkten fällt mir auf, wie sehr es anscheinend „Frauensache“ ist, den Haushalt zu schmeißen und erschreckend finde ich immer die Bilder, wenn sich die „Familienmanagerin“ mit ihren schreienden und quengelnden Blagen an der Kasse oder in den Gängen abmüht und alles alleine schultern muss.

So ist es auch kein Wunder, dass man zwischendurch Babygeschrei oder andere nervtötende Laute hört, die den allgemeinen Lärmpegel in den Geschäften schnell nach oben treiben.

Zwischendrin – im dänischen Bettenlager- sehe ich einen Mann, der aussieht wie ein Penner, abgerissen seine Kleidung, die meisten Zähne fehlen ihn, er grinst etwas übertrieben über das ganze Gesicht. Lauthals spricht er mit der Verkäuferin und macht Scherze, die diese aber nicht sehr lustig findet und ihn bald abwimmeln will. Er hat zwei riesige Matratzen gekauft, die ca. 170 € kosten und bezahlt in bar. Ich wundere mich ein wenig, als er die Scheine rausholt. Dann sagt er noch, dass er die gekaufte Ware gleich in sein „gelbes Auto“ verfrachtet. Wir schauen alle nach draußen und sehen einen kleinen Handschubwagen auf zwei Rädern mit Deichsel. Dann grinst er wieder. Die Ladefläche beträgt ca. einen halben Quadratmeter und ich bekomme es leider nicht mehr mit, wie er diese logistische Meisterleistung bewältigt.

Stattdessen klemmen wir uns die brandneuen, roten Mikrofasersommerdecken und das ultraleichte und besonders günstige Kopfkissen für unsere Gäste unter die Arme, entdecken noch eine hübsche Vogeltränke für den Außenbereich, bezahlen und verschwinden wieder aus dem Geschäft.

Draußen laufen uns ein paar Halbstarke, wahrscheinlich Gymnasiasten kurz vor dem Abitur und schon gut in Rhetorik und Machtgesten geschult, über den Weg und glotzen uns dümmlich an. Ich bin gereizt und erwidere keinen Blick. Solche Typen nerven mich meistens nur unglaublich. Ein paar aufgestylte Tussis haben sie auch im Schlepptau und ich bin froh, als mein Schatz den Motor startet und wir endlich abdampfen.

Zurück zu den Benzinpreisen: An der Tankstelle bekommt ein Mann mit VW Golf einen Wutanfall, als er feststellt, dass die Zapfsäule defekt ist und „hier immer was anderes nicht geht“. Er schimpft bestimmt 10 Minuten lang, die Angestellten lächeln nur und schauen ihm zu, ich habe das Fenster heruntergekurbelt und lausche seinen lieblichen Worten. Angeblich zahlt er 2500 € im Monat für Sprit, da könne er auch eine gute Tankstelle erwarten. Keiner sagt etwas. So ist das Leben. Er kann froh sein, wenn er soviel brutto verdient, denke ich.

Hin und wieder sind noch ein paar vereinzelte Fans und tragen die Fähnchen an den Autos zur Schau. Viel sind es aber nicht mehr. Der Alltag hat uns endgültig wieder.

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