Wahlkampfgeplänkel

In den letzten drei Landtagswahlen hat die Links-Partei kräftig zugelegt. Einerseits freue ich mich darüber, dass viele Menschen ihr soziales Bewusstsein entdeckt haben, bzw. spüren, dass sich unser Land in zwei Hälften aufteilt: Die Gewinner und die Verlierer.

Die CDU und FDP haben sich nicht gerade als die Parteien für die kleinen Leute ausgezeichnet. Eher noch der FDP gelingt es im Moment, mit den Forderungen für einen starken Mittelstand und weniger Steuern die traditionelle Bürgerlichkeit und Emotionen der Masse anzusprechen.

Die Linke ist leider eine Partei mit sehr einseitiger Ausrichtung und Zielgruppe: Arbeitslose, Gering Verdienende, sozial Schwache.

Oscar Lafontaine gelingt es teilweise sehr gut, die Partei von ihrem schlechten Image zu befreien. Bei der letzten „Hart aber fair“-Sendung war dies zu beobachten. Der Knackpunkt der Links-Partei ist ihre Demagogie : Sie versprechen Dinge, die sie höchstwahrscheinlich nie bezahlen können.

Auf der einen Seite finde ich es richtig, dass Menschen in Deutschland erkennen, dass der derzeitige politische und wirtschaftliche Kurs ein Kurs des Kapitals und somit von Gier bestimmt ist. Ein Bankenrettungspaket in wenigen Wochen bereit zu stellen, alte Autos mit viel Geld teuer „abzuwracken“- aber in der Bildung und anderen sozialen Themen steinzeitliche Geschwindigkeiten sind nicht gerade richtungweisend.

Wir haben einen regelrechten Reformstau in Deutschland und keine Partei traut sich, in irgendeiner Weise Blockaden zu lösen und notwendige Änderungen einzuführen.

Es geht hier um mehr als nur Politik, es geht auch um die Frage nach der Gesinnung, der Einstellung und den Werten, die wir mit der Stimme zum Ausdruck bringen wollen. Wollen wir nur reiche Banken und neue Autos oder wollen wir wenig Arbeitslose, sozialversicherungspflichtige und gut bezahlte Beschäftigung, sozial gerechten Zugang zur Bildung, viele Kinder, Lehrer und Ärzte?

Stärker als andere schafft es die Links-Partei, sich vom derzeitigen System los zusagen und eine radikal andere Richtung zu versprechen. Damit wirken sie populistisch und extrem. In vielen Punkten erinnert mich die Links-Partei mit ihren Äußerungen an rechtsextreme Parteien. Extreme Parteien gehen gerne mit Versprechungen für kleine Leute auf Stimmenfang. Das offensichtlich Extreme schlummert aber ungesehen in den Köpfen und wird aus der medialen Präsenz eher herausgehalten. Der Anstrich, den sich die Linke im Moment gibt, ist sehr klug gewählt. Kaum jemand schafft es, die Argumente der Linken zu entkräften oder zu beweisen, dass sie genauso gut, bzw. schlecht wie andere Parteien sind. Einzig das Vorstandsmitglied der Linken  Sahra Wagenknecht, vertritt auch nach außen sichtbar eine radikale Linie.

Wer sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt, ist auf der populistisch richtigen Seite, es bestehen aber offene Zweifel, wie all dies zu leisten ist. Es kann nicht sein, dass die Nicht-Leistende Bevölkerung immer stärker belohnt und die Leistungsträger durch höhere Steuern und ähnliches bestraft werden. Auch dies ist nämlich „sozial ungerecht“. Leider ist es viel schwerer, sich emotional für die Leistungsstarken einzusetzen, als ständig neue Horrorszenarien über Armut, Klassenkämpfe und Hartz IV zu zeichnen.

Menschen wie Lafontaine oder Gysi wissen das, und sie nutzen es erbarmungslos aus.

Der eigentliche Verlust an politischer Kultur in Deutschland geschieht auf der Basis der bröckelnden SPD. Die Menschen, die vom Wandel und Inhalten der SPD enttäuscht sind, wechseln gerne ins linke Lager. Hier bekommen sie soziale Themen in unverfälschter Reinheit.

Früher war die SPD die klassische Partei für Arbeiter und Angestellte, sie war auf der Seite der starken, linken Bürgerlichkeit. Bei der SPD konnte man sich stets darauf verlassen, dass sie für kleine Leute einsteht und soziale Themen besetzt.

Leider wurden diese Errungenschaften durch viele Fehlentscheidungen, Gesetzesänderungen und Vorschriften systematisch torpediert und zu Grabe getragen.

Nicht zuletzt die äußerst unpopuläre Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat es mit gleich zwei Dingen geschafft, das Image ihrer Partei nachhaltig zu beschädigen: Mit der Gesundheitsreform und der Dienstwagenaffäre.

Jeder, der zähneknirschend die 10 € Praxisgebühr beim Arzt bezahlt und sich plötzlich mehr wie in einer Bank als beim Arzt fühlt, hat im Kopf das Bild der Politikerin. Wechselgeld muss gezahlt werden, Quittungen werden ausgestellt und das Monster der Bürokratie schlägt erbarmungslos zu, wenn man vergessen hat, sich vorher eine Überweisung ausstellen zu lassen: Dann darf man zweimal zahlen. Für Zahnärzte nochmal extra.

So wird dem Gesundheitssystem mit einem völlig unpraktischen und bürgerfeindlichen Instrument Geld zugeführt. Geld, dass anscheinend wieder im Bodenlosen versickert- egal wie viel Geld das Gesundheitssystem im Moment erhält, es reicht hinten und vorne nicht.

Dann ist da noch der Gesundheitsfond, ein komplexes System, dass selbst erfahrene Politik-Kundige nicht verstehen und mir bis heute keiner mit einfachen Worten vernünftig erklären konnte.

Als dies zusammen führt dazu, dass der kleine Mann bei der SPD immer an Leute denkt, die nicht mit Geld umgehen können und die sich nicht mehr für die Interessen Einkommensschwacher einsetzt: Denn 10 € pro Person und Quartal können bei einem schlechten Einkommen schnell zu einer Belastung werden, gerade wenn man die Kosten dazurechnet, die durch fehlende Überweisungen entstehen oder an eine vierköpfige Familie denkt.

Die Menschen gewöhnen sich aber an alles und so hatte man auch dieses Thema irgendwann abgehakt. Mit der Dienstwagenaffäre aber stach Frau Schmidt tief in das verwundete Herz von Tausenden. Der emotionale Tenor war einfach, trotz aller Regelauslegungen und Sonderfälle: Die feine Ministerin nimmt sich einen Luxus heraus, der einfache Mann von der Straße muss blechen. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und der bestehenden Unsicherheit über Arbeitslosigkeit und ähnlichem, verstärkt sich dieser psychologisch ungünstige Effekt.

Politik ist zwar sachlich orientiert, aber die menschlichen Effekte geben oft einen markanten Ausschlag bei Wahlen. Wähler sind halt auch nur Menschen!

Monatelang hat sich z.B. Kanzlerin Merkel darauf ausgeruht, einen präsidialen und personenbezogenen Stil im Wahlkampf zu führen. Stets hat sie sich darum gedrückt, konkrete Positionen ihrer Partei und Person zu äußern. Damit ist sie natürlich jeglicher Kritik im Vorfeld ausgewichen: Denn wo ich keinen Kurs bestimme, kann ich auch für keine Entscheidung kritisiert werden.

Die Wähler merken das und haben diesen Kurs des Stillhaltens und Nichts-Tun prompt bestraft und der CDU bei den letzten Wahlen, z.B. in Thüringen oder dem Saarland, Stimmen entzogen. Auch wenn natürlich klar sein sollte, dass Landtagswahlen keine Bundestagswahlen sind und auch auf Grund anderer, eher Bundesland-spezifischen Argumenten entschieden werden.

Fazit
In der aktuellen Situation eine Wahlentscheidung zu treffen ist für die Bürger nicht leicht. Die Äußerungen der Parteien ändern sich, emotionale Themen und verbale Angriffe oder Diskussionen sind ständig im Wandel.

Lange Wahlprogramme zu lesen ist anstrengend, so stimmt es nicht verwunderlich, dass vor allem Äußerlichkeiten und von Medien verstärkte Themen ein großes Gewicht haben werden.

Wer nun mit Verstand und Feingefühl eine Entscheidung für die Bundestagswahl treffen möchte, dem ist zu empfehlen, das politische Geschehen der nächsten Zeit genau zu beobachten, dabei aber auch den Blick in die Vergangenheit nicht zu vergessen.

9 Gedanken zu „Wahlkampfgeplänkel“

  1. Tja, da has’de wahre Worte niedergeschrieben. Dennoch halte ich die Linke ebenfalls für unwählbar. „Reichtum für alle“, sorry, aber was für’n dämlicher Spruch und auch wenn ich in mancherlei Dingen mehr mit der Linken als mit sonst ’ner Partei auf einer Linie bin, halte ich sie dennoch für schlicht gefährlich. Und zu der SPD, ähm, SPD, wer war das nochmal?

  2. Die Linke! Wenn sich jemand mal die Mühe macht und in Erfahrung bringt wie der Gysi und der La Fontaine leben, was die nebenbei noch alles unternehmen um ihren ganz persönlichen Reichtum zu mehren wird schnell klar das die genauso unglaubwürdig sind wie die der anderen Parteien.
    Für mich ist momentan einzig und allein die Piratenpartei glaubwürdig!

  3. @ Luigi: Die Piratenpartei ist im Moment in aller Munde, vor allem unter Bloggern ist sie wohl beliebt. Ich finde das erstaunlich. Vor noch ein paar Monaten kannte sie noch keiner und jetzt dieser kometenhafte Aufstieg!

    Leider weiß ich zu wenig über sie, als dass ich mich inhaltlich dazu äußern könnte.

    Was sind denn die Vorteile an der Piratenpartei, wofür stehen sie genau?

  4. Mit Schröder ist die SPD auf neoliberal umgeschwenkt und hat ihre sozialen Grundsätze verraten. Deswegen hauen ihnen jetzt die Wähler ab. Das ist nicht mehr die Partei Brandts oder Schmidts.
    Einige SPDler sind sehr enttäuscht gegangen, vgl. etwa die Brandbriefe Ulrich Maurers.

  5. Richtig, liebe Violine, diese Agenda 2010 habe ich übersehen. Das hat sicherlich viele Menschen geschockt. Nicht nur die, die bereits arbeitslos sind, sondern auch die, die befürchten wieder oder erstmalig arbeitslos zu werden.

    Das war der Tag, an dem die SPD sich von Grund auf verändert hat.

    Tja, und Schröder ist weg, aber der Schaden bleibt. Dazu kommt die Uneinigkeit der Partei, die Ideen- und Konzeptlosigkeit. Und die Köpfe sind auch nicht wirklich überzeugend.

    In den Talkshows sieht man im Moment kaum jemand von der SPD. Irgendwie haben sie sich „versteckt“, als ob sie schon wüssten, was da bald auf sie zukommen wird…

  6. @ Luigi: Die Piraten scheinen sich sehr stark für freie Information, Schutz der Privatsphäre und einen neuen Umgang mit Urheberrechten einzusetzen. Prinzipiell finde ich das auch sehr gut und wichtig. Es fehlen aber im Wahlprogramm die Aussagen zu den anderen Themen, die in der Politik wichtig sind (Wirtschafts- und Sozialpolitik z.B.).

    Ich interpretiere das so, dass die Piraten eine sehr neue Partei sind und sich auf der Basis dieser Freiheitsrechte gegründet haben.

    Vielleicht werden sie im Laufe der Zeit auch zu den anderen Themen Stellung beziehen?

    Mir sind die Themen der Piraten auch sehr wichtig und ich teile die Überzeugung- aber ich hätte ein Problem damit sie zu wählen, weil ich dann keine anderen politischen Schwerpunkte mit meiner Stimme setzen könnte.

    Viele Grüße,
    Julia

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