Bewegung und Mobilität

Eine Zusammenfassung

Bewegung und Mobilität ist so etwas wie ein „Menschenrecht“ und das Kriterium für eine moderne und vor allem freie Gesellschaft. Überall und zu jeder Zeit an jeden Ort der Welt zu fahren erzeugt ein unglaubliches Freiheitsgefühl. Unsere Möglichkeiten werden hier eigentlich nur vom Geld, nie aber von den zur Verfügung stehenden Mobilitätsmitteln begrenzt (zumindest nicht in den reichen, „westlichen“ Industrieländern). Wer möchte, reist in einem Monat an fünf verschiedene Orte auf der Welt, wer möchte, kann eine Woche lang mit dem Auto in jedes Urlaubsland seiner Wahl unterwegs sein, andere wiederum werden eine Wanderung zu Fuß auf einem berühmten Pilgerweg oder eine trans-europäische Reise mit dem Zug oder Trekking-Rad vorziehen.

Die Freiheit des modernen Menschen wird durch nichts mehr definiert, als durch die zu Verfügung stehende Mobilität. Das bringt uns aber auch gleich zu mehreren Einschränkungen: Diese Freiheit ist nicht gleich verteilt. Allein schon körperliche Einschränkungen wie Kurzsichtigkeit, Übergewicht, Querschnittslähmung, geistige Einschränkungen, hohes Alter, etc. schränken die Wahl des Fortbewegungsmittels ein. Auch wenn wir gerne wollten, auch im Verkehr sind wir nicht „gleichberechtigt“ sondern höchst unterschiedliche Wesen mit ganz unterschiedlichen Vorraussetzungen. So können starke Menschen schwache im wahrsten Sinne des Wortes auf der Überholspur abhängen.

Der zweite trennende Faktor ist eindeutig das Geld. Denn Reisen ist teuer. In der Themenwoche der ARD hatte man in einer Sendung z.B. vorgerechnet, dass die durchschnittlichen Kosten für einen Mittelklasse-Wagen bei ca. 5.000 Euro pro Jahr liegen und diese Kosten dann mit der Nutzung eines Taxis gegengerechnet. Man kann einige Kilometer (ich glaube es waren 1.500) mit dem Taxi fahren, bevor diese Kosten wieder eingespielt werden. Problematisch beim Auto ist vor allem der Wertverlust, der vor allem beim Neuwagen sehr hohe Wert-Minderungen in den ersten Jahren erzeugt. So schön ein neues Auto auch ist, in den ersten Jahren könnte man das sauer verdiente Geld auch in einem großen Ofen verbrennen, ähnlich rasant geht es vonstatten.

Autofahren war überhaupt schon immer ein Luxus und früher nur für wenige Menschen nutzbar. Vor ein paar Jahrzehnten sind die Leute noch hauptsächlich zu Fuß gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren. Die Massen-Nutzung des Automobils ist eine typische Eigenschaft von industrialisierten und reicher gewordenen Ländern.  Ähnliches kann man derzeit in China beobachten, wo die Menschen auch massenweise vom Fahrrad aufs prestige-trächtigere Auto umgestiegen sind.

Menschen, die weniger privilegiert sind und kein festes Einkommen haben, können sich oft kein Auto leisten (z.B. Arbeitslose, Studenten, Hausfrauen). Sie sind dann mehr als andere abhängig von den weniger „starken“ Fortbewegungsmitteln Bus, Bahn oder Fahrrad. Erfreulich aber ist, dass die Hartz IV Gesetzgebung den Besitz eines Autos erlaubt, solange es einen bestimmten Wert nicht überschreitet.

Wer Pech hat, kann sich noch nichtmal mehr ein Fahrrad leisten und muss alle Wege zu Fuß gehen. Kein Wunder, dass die Menschen alles tun, um in den Besitz eines Autos zu kommen, bedeutet dieses Auto doch eine massive Aufwertung ihres Selbstbewertgefühls und eine faktische Aufwertung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, vor allem in abgelegenen und ländlichen Regionen. Für den Individualtransport über große Strecken und das Transportieren schwerer Lasten ist das Auto weiterhin unumgänglich. Anders sieht es aus, wenn man nur Kurzstrecken überwinden und dabei nur eine Person bewegen muss. Hier wäre der gezielte Ausbau anderer Verkehrsmittel sinnvoll.

Mobilität ist also nicht nur unsere Lebens- und Glückseeligkeitsader Nummer eins, sie ist außerdem mit Kosten, aber auch mit emotionalen Belastungen verbunden. Denn über kein Thema regt sich (der Deutsche) lieber auf, als das Auto, die Spritpreise oder die Verkehrspolitik. Manchmal hat man sogar den Eindruck, das Auto ist den Menschen wichtiger als die Kinder, die Menschen oder die Umwelt. Oft überwiegt der Egoismus und die persönliche Kosten-Nutzen Rechnung (die im Kapitalismus ja gewollt und indirekt auch gefördert wird, weil der Mensch ja „schlecht“ ist) über vernünftige Einsichten und logische Überlegungen.

Den Deutschen kann man generell wenig mit vernünftigen Argumenten kommen, wenn es um das Auto geht. Die Autofahrer-Lobby ist sehr stark. Die Autoindustrie ist zudem eine sehr umsatzstarke und exportträchtige Industrie (69 Prozent aller hergestellen PKW) und einer der wenigen klassischen Industrien, die in Deutschland noch boomt und nicht von anderen Ländern übernommen wurde.  Man verbindet das Autofahren also unbewusst auch mit dem Auto-Herstellen und indirekt auch mit dem Prestige als Autofahrer- und Autobauer-Nation.

Dass das Auto aber langfristig überdacht werden sollte, daran eigentlich besteht kein Zweifel. Bei jungen Leuten ist es schon lange nicht mehr das Prestigeobjekt Nummer eins und vor ein paar Jahren las ich die Zahl, dass der durchschnittliche Neuwagenkäufer meistens um die fünfzig Jahre alt ist (was hauptsächlich finanzielle Gründe haben wird).  Mit sinkendem Durchschnitts- Einkommen und gestiegenen Ausgaben für Nahrungsmittel und Energie werden zunehmend auch wirtschaftliche und ökologische Gründe bei der Wahl des Fortbewegungsmittels eine größere Rolle spielen.

Das Auto, als Nabel der Technik steht also auch im Fokus des Innovationsdrucks. Hier hat die deutsche Autoindustrie aber auch der deutsche Autokäufer eindeutig Nachholbedarf.

Für mich bedeutet eine vernünftige Verkehrspolitik also, das Auto nicht ganz zu verdrängen oder gar „abzuschaffen“ aber zukunftsfähiger, ökologischer und für die Masse erschwinglicher zu machen. Es muss zudem von anderen Verkehrsmitteln ersetzt werden und sollte nicht nur als reines Spaßmobil genutzt werden. Man sollte verkehrspolitisch auch an die Menschen denken, die sich kein Auto leisten können oder wollen.

Wenn das Verantwortungsgefühl für Gesundheit und Umwelt von den Menschen nicht selbst entwickelt und umgesetzt werden kann, müssen der Staat oder die Kommunen lenkend eingreifen.

Leute, die das Auto z.B. nutzen um zur Arbeit fahren sollten entlastet werden (Pendlerpauschale), aber alle die das Auto nur zum Herumfahren und Spaß vertreiben benutzen, sollten stärker in die Pflicht genommen werden. Wer das Fahrrad benutzt und damit seine Gesundheit schützt und die Umwelt schont, sollte entsprechend belohnt werden, z.B. durch günstigere Krankenkassen-Tarife oder steuerliche Anreize für den Fahrradkauf.

Auch der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Radwege sollte weiter forciert werden. Es muss ein stärkeres Miteinander der Verkehrsmittel geben, z.B. bessere Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im Zug oder mehr „Park and Ride“ Parkplätze für zugreisende Autofahrer.

Struktur- und verkehrspolitisch schwache Regionen müssen stärker unterstützt werden und dafür auch Gelder vom Bund erhalten. Wenn die Menschen günstig und umweltschonend zur Arbeit kommen sollen und damit auch gesellschaftliche Aufgaben erfüllen und Steuern zahlen, dann ist das nicht nur eine Sache der Kommunen, sondern eine Sache der ganzen Gemeinschaft.

Generell sollte die Verwendung von finanziellen Mitteln aus dem „Steuertopf“ wieder zielgerichteter erfolgen. Es kann nicht sein, dass man mit jeder Tankfüllung die Rentenkasse gefüllt wird, aber die Schlaglöcher weiterhin ungeflickt die Straße aufreißen. Da fragen sich die Menschen zurecht, was eigentlich mit dem ganzen Geld passiert, was vom Endverbraucher in den Verkehr gepumpt wird.

Verkehrspolitik ist eigentlich eine sehr spannende Politik, weil es jeden Menschen angeht und fast jeder Mensch damit täglich zu tun hat. Also sollten die Menschen in diesem Bereich auch mehr Mitsprachemöglichkeit bekommen und sich selbst noch aktiver einbringen. Wenn man es nicht macht, riskiert man Massenproteste und bürgerliches Aufbegehren wie z.B. mit Stuttgart 21.

Und wenn man es richtig macht, erntet man eine moderne, gesundheits- und umweltbewusste Gesellschaft, die dennoch auf den Luxus der allseits verfügbaren Mobilität nicht verzichten muss.

Die grüne Alternative

Ein Tag in der Wüste.

Sand und trockene Luft. Geschätzte einhundertvierzig Jahre Leben „über das Maß hinaus“ hat den menschlichen Zufluchtsort Erde zu einem heißen Planeten gemacht. Aber noch gibt es Menschen, die das ganze leugnen und nicht wahrhaben wollen. Einsicht ist mit Anstrengung verbunden und vor allem die notwendigen, darauf folgenden Taten. Der menschliche Körper ist auf Energie-Einsparen programmiert. Wenig essen und viel Kalorien verbrennen ist dabei problemlos möglich. Problematischer wird es hingegen, wenn man viel isst und wenig verbrennt und die ganze schwere Arbeit von Benzin- oder Dieselmotoren machen lässt.

Am Rand ausgetrockenete Erde und Blumen, die das Köpfchen hängen lassen.
Vereinsamt und leise sterbend das ungegossene Gras. Die Menschen pflastern lieber ihren kompletten Garten mit Steinen zu. Sieht erstens geradliniger aus und muss zweitens weniger oft gegossen werden.
Dazwischen ein Käfer unsichtbar hüpfend und eine Ameise fleißig Stöckchen hebend. Wer denkt schon an die Kleinsten?

Staubige Luft, staubige Straßen und CO2-Schleudern, die unermüdlich die Straße entlangbrausen.
Am Berg sauge ich die Luft tief ein, weil mein Organismus nach beschleunigtem Puls und größerer Sauerstoffsättigung verlangt.

Gedankenlose Menschen, die sich nicht für mich verantwortlich fühlen am Steuer.
Aus kleinen Augen starren sie mich an. Treten nochmal aufs Gas, so dass eine schwere Wolke voller Gifte zwischen meine Nasenlöcher dringt. Wer hat schon Angst vor Gurken? Die größte Gefahr für das Leben lauert hier, direkt neben mir.
„Warum muss die auch ausgerechnet heute und hier fahren?“ bilde ich mir ein, dass die Fahrer es denken.

Mich starren sie an, die Alternative. Die- die am heutigen Tag das Fahrrad und den Weg per Muskelkraft genommen hat. Ich zähle die Autos auf der Landstraße und komme zum Schluss, dass auf hundert Autos ca. ein Fahrradfahrer kommt. Und das an einem Sonntag! Wo wollen die Menschen denn alle hin?

„Wählt mich“, grinse ich sie freundlich an. Ich bin die Alternative. Die radfahrende Prinzessin auf ihrem neuen Rad.
Wählt mich und ihr könnt auch so schlank und hübsch werden und die Fettpolster eures Lebens los werden.

Wählt mich und ihr werdet gesund sein. Die Autofahrer blicken noch etwas grimmiger und fühlen sich von mir und meinen guten Ideen belästigt. Vor allem die Frauen meinen, dass ich arrogant und überhaupt eine blöde Schlampe wäre. Ihr Mann am Fahrersitz schaut grimmig, und gibt schnell Gas, bevor die guten, aber fremden Ideen zum Fenster reinfliegen. Wer kann dem Kostenlosen heutzutage schon trauen?

Ich gebe Handzeichen zum Abbiegen und einer der Autofahrer fährt mir fast die Hand ab. Es ist hier nicht vorgesehen, dass fremde Radfahrer unangemeldete Handzeichen mit ausgestrecktem Arm geben. An einer anderen Stelle gibt es keine Radwege. Es ist hier nicht vorgesehen, dass jemand Rad fährt. Hier sind nur Autos vorgesehen. Beim Rückwärtsfahren wird ein anderer Radfahrer beinahe vom Bus überrollt, weil der hinten keine Augen hat und Radfahrer bekanntlich schnell und unberechenbar überall auftauchen können. Puh, das war knapp. Ich schaue mich intensiv um, entdecke aber trotz Nachforschung eindeutig kein Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht unangemeldet hinter Bussen herumcruisen“. Das hier ist eindeutig Restriskiko, Restrisiko der schwächeren Verkehrsteilnehmer, die im Verkehrsplan der Kleinstadt nicht mit einberechnet worden sind.

Weiter geht’s trotz wachsender Demotivation. Wer hat gesagt oder gedacht, dass es einfach wird? An der nächsten Kreuzung dauert es fast zehn Minuten, bis ich endlich eine freie Stelle zum Überqueren gefunden habe.
Die Autofahrer schauen weiterhin grimmig und unausgelastet. Ich bin für eine Steuer, die unnötiges Fahren an Feier- und Sonntagen teuer macht. Und für einen steuerlichen Zuschuss für Elektrofahrräder.

Ihr Körper (der Autofahrer) hätte sich heute gerne bewegt. Leider sind sie nicht gut zu ihrem Körper. Sie wollen lieber mit Fünfzig einen Herzstillstand bekommen oder mit vierzig an Überfettung sterben.

Ihre Sache. Nicht meine, nehme ich an, wenn ich vom sozialisierten Gemeinwohl der Renten, Gesundheits- und Sterbekasse mal absehe. (Radfahren spart allerdings effektiv Gesundheitskosten ein, siehe z.B. hier)

Nicht mein Ding.

Oder etwa doch?

„Wählt mich“, lächle ich sie freundlich an. Ich bin die Alternative!