Der kleine Riss, der langsam größer wird

Die Nachrichtenlage

Ich bin immer noch etwas erschüttert über die Nachrichtenlage der letzten Woche. Da ist einfach zuviel passiert. Und je mehr passiert, desto weniger hab ich das Gefühl, die richtigen Worte finden zu können.

Die Welt ist im Wandel, so scheint es mir. Phänomene wie die Überbevölkerung, Kampf um Ressourcen und der Klimawandel verdichten sich auch auf gesellschaftlicher, menschlicher Ebene zu immer neuen Tragödien. Die Welt ist kleiner geworden und mit den modernen Reisemitteln schrumpft alles enger zusammen. Die Konflikte werden dadurch deutlicher, sichtbarer und größer.

Sicherlich werden durch die Medien die Ereignisse verkürzt und komprimiert. Wenn man all das Gute weglässt und sich nur auf das Negative konzentriert, muss die Sicht zwangsläufig negativ werden. So ist mir heute das Bild der Nachrichtensprecherin in Erinnerung, die den Zuschauern einen schönen Abend wünscht und sich fast entschuldigt „über diese turbulente Nachrichtenwoche“. Aber doch, in ihren Augen ist kein echtes Bedauern, kein echtes Mitgefühl für den geplagten Zuschauer. Denn viele schlechte Nachrichten sind ja auch der Nährboden ihrer eigenen Arbeit.

Manchmal ist es dann hilfreich, sich zurückzulehnen, die Augen zu schließen und positive Ereignisse in die Erinnerung zu rufen. Sonst wird man von all den negativen Bildern vergiftet und runtergezogen.

Trotz alledem schwebt über der allgemeinen Nachrichtenlage dieses Gefühl, dass wir in einer besonderes Zeit leben, in einer Zeit der Umbrüche. Kleine Risse gehen auf und werden immer größer. Wir stehen mitten auf diesen Rissen und können die Lage nicht objektiv beurteilen.

Adé du schöne Zeit

Vielleicht werden wir in ein paar Jahrhunderten auf diese Phase zwischen 1945 und 2005 zurückblicken und sagen, „was für eine schöne Zeit das gewesen ist“. Neben den ständigen Konflikten, Kriegen und Umbrüchen die Europa stets erlebte, hatten wir ja einmal 60 Jahre eine außerordentliche Blütezeit. Kriege schienen überwunden, Hindernisse und Schranken zwischen den Völkern wurden überwunden, Deutschland wurde wiedervereint und am Ende war sogar die schlimmste Bedrohungslage überhaupt überwunden: Der kalte Krieg war vorbei und alle wurden vernünftig.

Jetzt aber, im Jahre 2016 scheint dieses fragile Gleichgewicht wieder zu kippen. Ein Mitauslöser war sicherlich die globale Finanzkrise, die speziell Europa sehr getroffen hat. Wirtschaftliches Ungleichgewicht und Bankenkrisen treffen die Menschen ganz besonders hart. In Griechenland wurde das sehr deutlich. Und die Opfer sind mal wieder die Falschen. Auch in Deutschland werden die Bürger getroffen, aber unsichtbarer und mehr über die Steuerbelastung und die niedrigen Zinsen.

Weil aber dennoch ein diffuses Gefühl der Angst und Skepsis gegenüber den Mächtigen vorherrscht, entstehen dann solche groteske Szenarien wie der Brexit. Menschen lassen sich aufhetzen und von den Medien manipulieren. Am Ende kracht der ganze Elfenbeinturm zusammen.

Und wenn Großbritannien erst der Anfang war? Was machen wir, wenn jetzt auch noch die Niederlande, Österreich, Polen oder andere Länder aus Europa austreten? Was machen wir mit einer Le Pen in Frankreich oder der AFD in Deutschland? Wenn solche Parteien stärker werden, bleibt uns nichts anderes übrig als der Zerfall.

Auch sicherheitspolitisch ist eine unsichere Türkei „an unseren Außengrenzen“ kein beruhigendes Gefühl. Oder ein Putin, der nach eigenem Ermessen getarnte Truppen über die Grenze schickt und einfach mal so ein Land besetzt.

Der Terror in den Köpfen

Zu allem Übel kommen jetzt noch die „Religionskriege“ und die Konflikte mit extremistischen IS-Kämpfern und die Terroranschläge.

Diese verwundern mich am allermeisten. Ich bin die ganze Zeit am Überlegen, welche Motivation Menschen haben, die so etwas tun? Ich versuche mich die ganze Zeit in sie hineinzuversetzen und eine rationale Begründung zu finden, aber ich finde keine. Wie kommt man auf die Idee, sich in einen LKW zu setzen und in eine Menschenmasse zu rasen, die gerade friedlich ein Feuerwerk angeschaut hat? Was muss im Gehirn alles schiefgegangen sein, dass so etwas passiert? Schlummern überall um uns herum Psychopathen? Oder reicht ein Psychopath auf eine Million, um eine Gesellschaft innerlich zerbrechen zu lassen?

Rational werden die Anschläge der letzten Zeit (Paris, Nizza, Brüssel, etc.) mit dem islamistischen Terrorismus begründet.
Man sagt, sie machen es aus Glaubensgründen, weil sie die Ungläubigen bestrafen oder vernichten wollen.
Allein hier krankt schon die Logik. Denn wenn sie gegen alle Ungläubigen wären, müssten sie auch konsequent alle vernichten. Da war Hitler mit seiner kranken „Säuberungsideologie“ ja schon weiter. Aber was bringt hier und da ein Terroranschlag, wenn man „gegen alle Ungläubigen“ ist?

Man sagt, sie wollen Angst und Hass verbreiten und die friedlichen westlichen Gesellschaften in einen Krieg ziehen und zu heftigen Gegenreaktionen zwingen. Das erscheint mir schon logischer, denn hier herrschen weltliche Motive vor. Wenn man eine Organisation ist, die gerade militärisch in die Enge getrieben wird, wird man mit aller Macht um Anerkennung und Einfluss kämpfen. Und wie so oft, sind die schrecklichsten und grausamsten Mittel die „effektivsten“, um den eigenen Untergang noch irgendwie abfangen zu können.

Lass uns Terrorist werden

Das wirklich Gefährliche ist aber der geistige Virus, der gesät wird. Man hat durch die vielen Terroranschläge schon fast das Gefühl, dass sie ein „Trend“ werden. Dass sie richtig chic werden. Und die Terroristen stehen sich ständig in den Medien! Werden mit Bildern und Namen gezeigt, man interessiert sich plötzlich für sie. Sie werden kleine Stars. Nicht, weil sie großes geleistet oder der Menschheit mit Frieden und Intelligenz gedient haben. Nein, sie werden Stars, weil sie andere Menschen auf bestialische Weise umbringen. Und das ist das Gefährliche. Hier kann so etwas wie eine „Ansteckung“ entstehen. Menschen werden dazu verleitet, ähnliches zu tun.

Der Attentäter von Nizza z.B. soll sich „blitz-radikalisiert“ haben. Der Vater berichtet sichtlich aufgelöst (und fassungslos) vor den Kameras, dass sein Junge überhaupt nicht religiös gewesen ist. Und dann, innerhalb von nur einer Woche ließ er sich einen Bart wachsen und alles in ihm explodierte?

Daran sieht man, dass die grauenvolle Idelogie einer Terror-Organisation wie dem IS ein Kanal sein kann. Ein Ventil für eigenes Versagen, für eigene unterdrückte Bedürfnisse, für eigenes Scheitern, für eigenen Sadismus und den latenten Bedürfnis, anderen Menschen zu schaden. Nicht die Religion ist der gemeinsame Feind der gesunden, freien Gesellschaft, sondern die menschliche Psyche mit all ihren Stolperstellen und inneren Trugbildern.

Lösungen?

Die Gewalt als einziger attraktiver Ausweg für junge Menschen, die dem Islam angehören, ist das Fatale. Hier muss die Gesellschaft ansetzen und Antworten finden. Der Islam und alle Ländern, die ihm angehören, muss insgesamt aus der Krise.
Er muss sich selbst reformieren. Er muss endlich mal kritische Fragen und Selbst-Reflexion zulassen. Die Rolle der Männer und die Gewaltherrschaft des Patriarchs muss hinterfragt werden. Auch von deutschen Feministinnen. Denn schließlich sind wir es ja „im Westen“ die sich frei, aufgeklärt und losgelöst von allen dunklen Seiten des Mittelalters wähnen.

Aber vielleicht müssen auch wir wieder etwas lernen. Über streng ausgeübte Religion, über klare, unveränderliche Familienstrukturen, über männliche Dominanz und die Verbindung von Religion und Staat.

Wenn Menschen, die aus repressiven und unfreien Ländern wie in Nordafrika kommen und auf eine freie, westliche, „weibliche“ Gesellschaft stoßen, müssen sie in ein Vakuum vordringen. Diese westliche Welt wird nach völlig anderen Maßstäben geregelt. Hier setzt sich nicht der stärkste und der lauteste durch. Auch die Männer zählen hier nicht soviel wie in vielen anderen islamischen Ländern. Sie können keine Frauen „besitzen“. Hier herrscht Gleichberechtigung und Diplomatie. Es ist nur klar, dass das viele überfordert.

Wenn man mit diesen Herausforderungen seelisch und pragmatisch nicht klarkommt, ist es viel leichter auf die alten, bewährten Lösungen des Hasses und der Gewalt zu setzen. Sie sind vielleicht nicht „anerkannt“, aber sie funktionieren.

Daher denke ich auch nicht, dass man den Terrorismus mit mehr Sicherheit, mehr Polizei oder anderen Mitteln begrenzen oder eindämmen kann. Der Terrorismus ist ein Spannungsfeld unterschiedlicher Gesellschaftsformen und unterschiedlicher (männlicher) Selbst-Definitionen und Selbst-Bilder. Dieses Spannungsfeld wird noch lange bestehen. Es kann nur abgebaut werden, wenn die Gesellschaften und Länder voneinander lernen, wenn sie sich gewissermaßen an die Eigenheiten der anderen anpassen und eine Dialogmöglichkeit finden. Wenn es Spannungen gibt, muss es auch einen „Druckausgleich“ geben.

Dass das „religiöse Spannungsfeld“ von einer wirtschaftlichen Ungleichheit (Armut) und einer Ungleichheit von inneren Entwicklungszuständen (Mangelnde Aufklärung, Demokratie-Defizite) mitgenährt wird, ist ebenso offensichtlich. Also muss die Politik hier mit geeigneten Mitteln der Entwicklungshilfe Lösungen finden.

Gelungene Integration im Rampenlicht

Man redet immer über den einen nicht-integrierten, über den einen Terroristen. Aber was ist mit den tausend eingewanderten Asylanten, bei denen die Integration super geklappt hat? Die erfolgreich zwei Kulturen leben? Die Freunde mit den Deutschen haben, unsere Sprache lernen und uns wiederum mit ihrer Kultur bereichern? Das sind Beispiele für gelungenes Nebeneinander und Miteinander. Man muss die guten Beispiele nähren, dann haben die negativen keinen Platz mehr.

Es ist auch eine Illusion zu glauben, wir könnten in die Weltordnung von 1950 zurück. Als jeder in seinem eigenen Land gelebt hat, die Grenzen zu waren und die „Moslems“ weit weg waren. Diese Zeit wird nicht mehr kommen. Wir profitieren von den Chancen der Globalisierung und der zusammengewachsenen Welt, jetzt müssen wir uns auch endlich den Risiken und Gefahren stellen. Die Welt des 21. Jahrhunderts kann sich keine Abschottung und keine geistigen Mauern mehr erlauben. Dazu ist es zu spät.

Einfach nur den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass der Kelch des Terrorismus an uns vorübergeht, wenn wir nur schön still halten, wird nicht reichen.

Sie haben Kenny getötet

(Zitat aus Southpark)

Mit Aufmerksamkeit und Neugierde, aber auch mit Schrecken verfolge ich derzeit die Ereignisse in Frankreich, die das ganze Land seit gestern in Atem halten. Der blutige Anschlag auf das Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ war der Auslöser. Über 11 Menschen sind gestorben und auch heute gibt es weitere Schüsse, Geiselnahmen und Tote. Die beiden Haupttäter, zwei Brüder (mit französischer Staatsbürgerschaft aber radikal-islamischen Überzeugungen) zwischen 30 und 40 haben sich in einer Druckerei verschanzt und mind. eine Geisel genommen.

Minütlich prasseln die Meldungen über die Liveticker diverser Medien, wer möchte kann sich auch in die verschiedensten TV-Livestreams reinklinken, die alle von den aktuellen Ereignissen berichten und mal näher und mal weiter weg von den Geschehnissen aufgebaut sind. (z.B. http://www.n-tv.de) Das ganze kommt mir derzeit noch etwas surreal vor. Es fing damit an, dass ich gestern fast im Vorbeigehen beim üblichen, gelangweilten Durchscrollen durch die Nachrichten-Headlines plötzlich vom Anschlag aus dem Zentrum von Paris gelesen habe. Ich wollte gerade weiter scrollen, da wurde mir plötzlich die Tragweite der Ereignisse bewusst. Beim genaueren Hinsehen und im Laufe des gestrigen Tages wurde dieses ungute „Anfangsgefühl“ noch verstärkt. Das ist doch absoluter Wahnsinn, was da abgelaufen ist! Ein bewaffneter Anschlag mit Kalaschnikows auf eine friedliche Redaktionssitzung einer Zeitung. Allein die Vorstellung, die Bilder im Kopf, die dabei entstehen passen irgendwie nicht zusammen. Wie kann man ein derart „weiches Ziel“ zum Hauptpunkt eines Anschlages machen? Bei der RAF waren es „wenigstens“ noch die Repräsentanten ihres verhassten Feindbildes: Der Staat, Polizisten, Staatsanwälte, Militär-Einrichtungen. Das konnte man irgendwie nachvollziehen (ist nicht gleich rechtfertigen!), aber der Angriff auf künstlerisch-tätige Autoren, die friedlicher und losgelöster von allen Macht-Systemen der Welt nicht sein könnten, ist grotesk.

Ein Angriff auf das 10 Uhr-Redaktionstreffen einer Zeitung, die niedliche Figürchen malt, die an sich überhaupt nicht anstößig, obszön oder gewaltverherrlichend sind! (Beispiel) Da gibt es tausende Medien-Produktionen, die schlimmer sind, ja bei manchen Sendern muss man nur bis Mitternacht warten, bis die ganze Sexindustrie endlich mal durchladen kann. Oder die ganze Gewaltdarstellung in Filmen, die Pornografie und „weltliche Darstellung“ von Frauen in der Werbung, der Konsum von Alkohol, Schweinefleisch, etc. . Und jetzt regt man sich über ein paar handgezeichnete Figuren auf? Welcher Gott oder Prophet sollte so humorlos sein, als dass er damit ein Problem hätte? Der Humor und der Zeichner ist ja so etwas wie eine geschützte Instanz: Wie ein Hofnarr im Mittelalter, der allen Adligen und Herrschenden den Spiegel vorgehalten hat, aber im Rahmen der künstlerischen Darstellung die sog. Narrenfreiheit genoss und nicht verurteilt oder zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Das gab es schon im Mittelalter und da waren auch im hochgelobten „Abendland“ die heiligen Insitutionen noch mächtiger und strenger.

Diese Figuren führen nur bei der Interpretation des Betrachters zu so etwas wie einem Schmunzeln oder einem Lachen. Bisweilen wird auch das Lachen im Hals steckenbleiben. Es hängt hauptsächlich am Betrachter, wie man damit umgehen kann, genau das ist die Aufgabe der Satire! Nicht die Satire ist böse, sondern die eigenen (!) Gedanken und Interpretationen, die sie auslösen kann.
Sie ist daher die beste und friedlichste Pädagogik, die man sich vorstellen kann. Weil sie auf Humor und Selbstkritik beruht und nicht auf Dogmen.

Aber die Leute, die sich an so etwas stören, sind genau wie jene, die sonntags verärgerte Leserbriefe an ihre Zeitungen schreiben, weil sie sich von irgendeinem Artikel, irgendeiner Wortwahl oder einer anderen Banalität so tief getroffen fühlen, dass sie erst weiter leben können, wenn sie ganze Welt mit ihrem Schmerz beglückt haben und dann am besten noch so etwas wie ein „Schmerzensgeld“ erhalten. Mit dem Unterschied, dass die Terroristen durch Ideologien aufgehetzt sind und noch radikaler reagieren.

Wieviel Schmerz kann denn ein Comic auslösen? Zuerst, man muss es ja nicht lesen! Man könnte es ignorieren. Satire gilt in Frankreich als starkes Medium mit hoher Beliebtheit, aber die letzten Auflagen von Charlie Hebdo sollen gerade mal um die 60.000 Exemplare gelegen haben. Das ist weit entfernt von einem mächtigen Einfluss. Erst jetzt, nach dem Anschlag wird nochmal nachgelegt. Das „Motiv“ kommt mir daher wie ein Vorwand vor. Ein Vorwand, um Macht und Hass auszulösen und Gesellschaften zu spalten.

Die Zeichner haben auch andere Religionen „beleidigt“ oder aufs Korn genommen. Das Motiv für den Mordanschlag ist daher so grotesk und unverständlich wie ein Mord nur sein kann. Der ganze Konflikt zwischen „dem Islam und dem Westen“ ist künstlich und kann nur existieren, weil ihn ein paar radikale dazu machen und hier in Europa mit anderen Extremisten und Fundamentalisten (ganz gleich welcher Richtung) prächtige Resonanz-Böden vorfinden.

Es bringt meiner Meinung nach auch überhaupt nichts, jetzt die große Interpretationsmaschine anzuwerfen, wie es von den Medien derzeit gemacht wird: Haben wir ein Problem mit Islamfeindlichkeit in Deutschland? Wie geht man mit Bewegungen wie Pegida um? Ist ein friedliches Zusammenleben mit Muslimen und Nicht-Muslimen möglich? Was sagen die friedlichen Vertreter aller Religionen dazu? Wie ist die Meinung von Terrorismus-Experten? Welche Bürgerrechte sollen als nächstes eingeschränkt werden? Warum konnten die Behörden nicht alles wissen, warum sind ihnen gewisse Zusammenhänge der Brüder und evt. Mittäter nicht aufgefallen? Ja, warum wusste man nicht, wann die Terroristen morgens aufstehen, wo sie ihr Müsli kaufen, bei welchem Waffenhändler sie noch schnell ein paar Päckchen Munition einkaufen und wie- in Gottes oder Allahs Namen- sie diese schwere Waffe ungesehen in diesen mickrigen Kleinwagen stopfen konnten?
Wie haben sie im Gedränge von Paris eigentlich die richtige Adresse gefunden, wo die Redaktionsräume von „Charlie“ mittlerweile geheim waren? Ist unser neuer Gott Google mittlerweile so mächtig, dass das Navi auch diese Adresse ausspuckt?

Und warum waren sie so dumm, und haben ihren Personalausweis im Auto vergessen? Tja, man kann eben nicht an jedes Detail denken.

Der eine von den Brüdern hat gerne Rap-Musik gehört und gekifft. Wäre er mal dabei geblieben! Aber dann, eines Tag, man weiß nicht genau warum und wieso (( nacherzählt aus n-tv und dem interessanten Interview mit Antonia Rados)) – hat er angefangen sich zu radikalisieren. Tja, irgendwann. Das Leben war anscheinend zu langweilig. Die Verlockungen sich einer extremistischen Ideologie mit ein wenig mehr „Action“ hinzugeben sind da groß.

Die Halteseile der Demokratie sind nicht fest genug, um jungen Männern mit fragilem Ego eine klare Perspektive und Struktur zu geben. Bezeichnend, dass sie ohne Vater aufgewachsen sind und ihre Mutter irgendwann verloren haben.

Man könnte noch ewig weiter spekulieren, wenn das ganze nicht so schmerzhaft, grausam und traurig wäre. Mein Beileid für alle Opfer.

Dieser Anschlag wird eines Tages ein Fall für Satire werden. Denn die Freiheit kann man nicht töten. Man kann sie auch niemanden wegnehmen, man kann sie nicht wegsperren, nicht enthaupten und nicht steinigen. Die Freiheit eines jeden beginnt in einem selbst. In der friedlichen Einstellung der Welt gegenüber. In dem klaren (ethischen) Bekenntnis auf Gewalt oder Intoleranz zu verzichten. Indem man andere respektiert, wird man selbst auch freier. Sobald man anfängt, die Dinge kontrollieren zu wollen und ihnen einen eigenen Stempel aufdrückt, werden sie kompliziert und wenden sich gegen einen.

Das beste Gegenmittel gegen Terrorismus ist die klare Bekenntnis zur Offenheit der Demokratie, zu den Menschenrechten, zur Toleranz und zum friedlichen Miteinander der Religionen.