Social Media

Ach, war das noch schön, als wir früher die Dinge einfach „für uns“ gemacht haben.
Wir haben ein schönes Bild gemalt und von hinten ist Mama gekommen, hat uns über den Kopf gestreichelt und gesagt „dass wir das schön gemacht haben“. Und wir fühlten uns einig und glücklich mit ihr, mit uns selbst und mit unserem Werk.
Es war alles okay, so wie es war. Du und sie, das Werk und dein Gefühl. Alles passte zusammen!

Und heute? Wird es alles auseinander gerissen und mit dem Like-System bewertet und eingeordnet.
Die Bürokratie und der Kapitalismus haben zugeschlagen! Alles fein säuberlich sortiert und nur Erfolg und Leistung zählen.
Wer die meisten „Likes“ hat, der gewinnt. Wer „Follower“ hat, der darf bestimmen und die anderen dürfen klatschen.

Zudem sind wir gläsern und transparent geworden. Jeder muss alles zu jeder Zeit und umfassend über uns wissen.
Wie in einer Schulklasse sitzen wir an großen Tischen und Bänken zusammen, jeder kann von seinem Platz aus den anderen sehen
und alles hören, alles mitbekommen, alles beurteilen.

Jetzt ist es nicht mehr „einfach schön“, jetzt müssen wir in den internationalen Wettbewerb mit anderen treten.
Als Frauen werden wir von anderen vor allem nach unserem Aussehen beurteilt. Ist sie noch Single? Wieviel wiegt sie? Schminkt sie sich?
Hat sie eine hübsche und nette Ausstrahlung oder ist sie eine Zicke?

Als Männer werden wir hauptsächlich nach unserem Wert, nach unserem Erfolg, nach Karriere und materiellen Dingen eingeordnet.
Bin ich genug unterwegs? Bin ich cool genug? Kann ich was bewegen oder bin ich mehr der Nerd mit Brille zu Hause?

Unsere Werke werden beurteilt. Bist Du originell genug? Was für eine Kamera wurde verwendet? Eine teure oder eine Billig-Knipse?
Verstehst Du was von Fotografie? Oder sieht es aus wie Käse? Bist Du immer im gleichen Land? Oder eher eine coole Globetrotterin?
Bist Du das klassische Landei zu Hause? Kannst Du kochen? Was arbeitest Du und wie ist Deine Rechtschreibung? Du wirst unheimlich unter Druck gesetzt – weil du dich selbst unter Druck setzt und es zulässt, dass andere Deine Gedanken lesen und leiten.

Welchem Standard willst du gehorchen? In welches Fahrwasser willst du dich begeben?

Was kannst du bewegen?

Wieviel willst du leisten?

Wann wirst du aussteigen?

Es ist alles möglich – mit Social Media.