Europa ohne Weitsicht

Das Ergebnis der Europawahl fand ich einfach nur schockierend. Es ist etwas zu viel, jetzt nochmal alle Details durchzugehen, aber die Tendenz war klar: Die europakritischen Parteien bekommen Aufwind, in Frankreich hat sogar der „Front National“ das stärkste Wahlergebnis bekommen. Im Grunde müsste man nun folgend aus den Lehren des 1. und 2. Weltkriegs Dauer-Demonstrationen einleiten, solange bis sich die Partei auflöst oder verboten wird… aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Parteien und Politiker gehen wieder zum Alltag über, das gemeine Volk hat den „Denkzettel“ gesetzt, der allzu leicht nach hinten losgehen könnte. Einzige Reaktion in Frankreich (die bis in die deutschen Medien gedrungen ist) war, dass man das Kommunalwahlrecht für die dortigen Ausländer erschwert. Aha, Diskriminierung light und jetzt machen wir alle schön weiter?

Nochmal durch Wikipedia zusammengefasst, wofür so eine Partei steht:

  • nationalistische Bevorzugung
  • Ablehnung der Globalisierung, Arbeiter und Arbeitslose werden primär angesprochen (die vermeintlichen Verlierer)
  • Einwanderungs-Beschränkung
  • Austritt aus Euro-Zone und Nato
  • Schutzzölle für die heimische Wirtschaft
  • Erschwerung der Abtreibung, Ablehnung von Homosexualität
  • Verbot von religiösen Symbolen

In Verbindung mit dieser „nett“ dreinschauenden Landsmännin Le Pen ist es sogar nachvollziehbar, warum so eine Partei gewinnt. Sie verspricht Halt und nationale Identität in einer sich rasch verändernden Welt. Einflüsse von außen machen immer zuerst Angst, selten wird es als Chance angesehen. Je mächtiger die politischen Institutionen werden und je weniger der Einzelne davon hat (in Form höherer Löhne oder einem besseren Arbeitsmarkt), desto stärker steigt die Skepsis.

Der Erfolg so einer Partei ist zugleich das Spiegelbild für das Versagen der anderen Seite. Wo es den momentan führenden Politikern nicht gelingt, Europa glaubhaft zu vermitteln und die Vorzüge für das Volk sichtbar werden zu lassen, wo Arbeitslosigkeit und Chancenlosigkeit Alltag im Leben normaler Menschen geworden sind.

Das „Problem“ bezieht sich auf nicht auf die Franzosen alleine, sondern auf alle, die Teil Europas sind, und die unter der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise leiden. Was wird denn schon gemacht? Es wird an der Wunderschraube „Zins“ gedreht, so wie es gerade gefällt. Niedrige Zinsen bedeuten vor allem, dass die Staatsschulden weniger Gewicht haben…  und dem Bürger der kleine Sparertrag, den er hat, auch noch genommen wird. Faktisch werden wir schon jetzt kalt enteignet, aber keinen interessiert´s.  Was sind schon die paar tausend Euro auf dem Sparkonto im Vergleich zu den Millionen Schulden von Banken und Staaten? Die, die meisten Schulden gemacht haben, werden in Form niedriger Zinsen „belohnt“- und die, die Zeit ihres Lebens mit einem kleinen Lohn immer versucht haben, über der schwarzen Null zu bleiben und sich den einen oder anderen Groschen zurückgelegt haben und langfristig- nachhaltig wirtschaften, werden nun über die niedrigen Zinsen bestraft und enteignet. Nicht mehr lange und auch die Negativ-Zinsen aufs Girokonto und der Griff auf die allerletzten Reserven werden kommen. An diesen letzten Schritt traut man sich noch nicht, weil dann alle panisch ihr Geld abheben würden und das System endgültig zusammenbrechen würde…

Aber, jetzt können sich doch alle endlich Häuser leisten! Die Zinsen sind so niedrig, also schnell den Vertrag unterschreiben. Wer denkt schon ein paar Jahre in die Zukunft? Wenn die Wirtschaft wieder brummt und die Zinsen neu verhandelt werden? Dann kann aus dem kleinen Schuldenberg ohne Zinsen-Anhang, schnell ein ganz hässlicher, großer Klotz am Bein werden und wir haben die nächste Immobilienblase.

Die Wahlbeteiligung: Die „hohen“ 43 Prozent der letzten Europawahl in Deutschland werden schon als Erfolg verzeichnet.. wobei das Faktisch bedeutet, dass die Masse der Wahlberechtigkeiten nicht erschienen ist. Am Ende wurden es diesmal 48 Prozent.

In anderen Ländern sah es noch schlimmer aus…

Europa- eine schöne Idee, die nach zwei Weltkriegen die Menschen wieder zusammenbringt und den Kontintent vereint.

Aber die schöne Europa wird unter der Gier und der Skrupellosigkeit von einigen wenigen aufs Spiel gesetzt.

Sie wird beweisen müssen, ob sie die Weitsicht hat, die ihr Name eigentlich verspricht. Und ein wenig Pragmatismus (in Form von echten Wirtschaftsreformen) würde ihr auch gut stehen…

Haben oder Verlieren

Jahr: 2011, Frankreich
Regie: Mona Achache
Drehbuch: Eric Guého und William Wégimont

Um Sinnsuche und Werteverschiebungen durch die Finanzkrise ging es auch in dem französischen Spielfilm „Um Bank und Kragen“, der vor ein paar Tagen auf ARTE ausgestrahlt wurde. Wie ich gerade beim Recherchieren feststellte, kann man ihn komplett (auch in HD) im Mediaplayer und online anschauen, außerdem wird er am 11. Mai um 15 Uhr wiederholt, laut ARD Webseite auch noch am 30.05. um 15 Uhr ((http://programm.ard.de/Homepage?sendung=287247747333319 )).

Kurz gesagt, geht es bei dem Film um zwei sehr unterschiedliche Familien, die sich vor allem durch den Beruf und den finanziellen Background unterscheiden. Die reiche Familie des Finanzinvestors Deville, der vor allem durch Entlassungen Geld verdient und die gering verdienende Familie, am unteren Ende der sozialen Skala, mit der Friseurin Ricci und ihrem arbeitslosen Hausmann. Die Entwicklung dieser beiden Familien wird diagonal gegenübergestellt: Während die reiche Familie durch den Jobverlust plötzlich in Armut und Arbeitslosigkeit rutscht, hat die arme Familie eine einzigartige Geschäftsidee und steigt quasi über Nacht zum erfolgreichen Internet-Startup mit Macht und Einfluss auf. Daraus ergeben sich jeweils ganz eigene Probleme. Während die ehemals reiche Familie sich in der neuen Welt nur mühsam zurecht findet und vor allem von Freunden und Geschäftspartnern enttäuscht wird, weiß die arme Familie zuerst gar nicht, wohin mit dem Geld oder der Frage, wie der neue Neid und die Missgunst von anderen bekämpft werden kann. Auch persönliche Probleme und Auseinandersetzungen mit den anspruchsvollen Kindern werden ausgiebig ausgebreitet. Veränderungen von außen erschüttern gleichermaßen das inner-familiäre Wertegefüge.

Im letzten Drittel der Geschichte treffen diese beiden Familien aufeinander und erleben weitere Verwicklungen. Der Film endet mit einem eher offenen Ende und ist insgesamt als Zeit-Portrait der französischen Gesellschaft in Zeiten der Finanzkrise zu sehen.

Insgesamt hat mir der Film sehr gut gefallen, was an mehreren Gründen liegt: Zum einen ist das Thema hochbrisant und aktuell. Es gibt eigentlich nur wenige künstlerische Umsetzungen der Finanzkrise, was angesichts ihrer großen Auswirkungen für die gesamte europäische Gesellschaft (und darüber hinaus) verwunderlich ist. Vielleicht hinkt der kritische Zeitgeist einfach noch hinterher oder die Leute, die Filme machen sind selbst zu wenig davon betroffen, als dass sich spannende oder gar gesellschaftskritische Plots entwickeln könnten. Außerdem ist der Film sehr lustig und satrisch angehaucht- es vergehen keine zwei Minuten, in denen man über die grotesken Situationen und zackigen Dialoge nicht schmunzeln oder lachen muss. Das Erzähltempo ist angenehm temporeich, aber noch gut begreifbar. Die Kameraeinstellungen sind angenehm ruhig und nicht zu hektisch. In erster Linie nimmt der Film unser eigenes materielles Denken genau unter die Lupe- sowie die persönliche Skrupellosigkeit bei den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft, was bis hin zu den Kindern geht, die ihre Eltern einen Kredit geben und kurzerhand das Kinderzimmer zur Pfandstube umfunktionieren. Natürlich bekommt auch der Bank-Berater, der fett und selbstverliebt in seinem bequemen Bürostuhl sitzt und zu den persönlichen Problemen der „kleine Kunden“ oft nur müde lächelt, sein Fett weg. Aber die Klischees in diesem Film gehen weiter: jeder ist irgendwie betroffen, jeder hängt mit drin.

Die Schauspieler spielen sehr gut, allen voran die beiden weiblichen Hauptrollen, besetzt von Pascale Arbillot und Lolita Chammah. Jeder dieser Frauen geht zuerst in ihrem eigenen Leben perfekt auf und beide vollziehen einen Wandel in entgegengesetzte Richtung. Als sie am Ende aufeinander treffen, spielen sie die Feindseligkeiten, aber auch die Gemeinsamkeiten ihrer Biografie sehr überzeugend.

Die Männerrollen und die der Kinder sind ebenfalls gut besetzt und tragen zur Authentizität dieses lustig-satirischen Dramas bei.

Negativ ist mir nur der Schluss aufgefallen, bei dem zuviel zusammengefasst wurde und die Zeit arg gerafft wurde. Hier hat man versucht mit Hochtempo noch ein paar dramatische Wendungen einzubauen, die dann aber doch aufgesetzt wirken. Das angenehme Tempo des Anfangs wird dann plötzlich fallengelassen und durch große Sprünge ersetzt. Das offene Ende mit den vielen Fragezeichen passt ebenfalls zu dieser dramaturgischen Miss-Harmonie. Vielleicht gab es hier ein paar Probleme bei der Umsetzung des Buches und die Zeit, die man am Anfang großzügig für die Erzählung der Geschichte verschwendet hat, fehlte dann am Ende; vielleicht war es aber auch beabsichtigt.

Insgesamt ist der Film aber sehr gelungen und vor allem sehr witzig. Er erlaubt es an Stellen zu lachen, die eigentlich nicht lustig wären und lockert die Verkrampftheit und das Schweigen mit dem man aktuell auf Entwicklungen der Finanz- und Eurowelt schauen kann. Dabei nimmt er den Blick nie zu weit von den persönlichen Schicksalen und Entscheidungen und bleibt dadurch durchweg sympathisch und sehenswert.

Das ist nicht unsere Krise

Seit zwei Wochen ist es unentwegt in den Nachrichten, mal in hübscher Form, mal in bedrohlicher, mal in ungewisser, aber doch stets im Mittelpunkt unserer Welt: Das Geld, bzw. das Zuwenig davon. Die Schulden in manchen Staaten, die USA am „Abgrund“ ihrer Zahlungsfähigkeit und die ehemals als stabil und Allheimittel für die Wirtschaft gepriesene europäische Einheit mit ihren Wackelzahnkandidaten, die wiederum zum Ausfall des gesamten Gebisses führen könnten.

Ungläubig sitze ich vor den Nachrichten und denke mir „na da könntest du aber so langsam mal was drüber schreiben, das ist ja schließlich DAS Thema, eine Headline sozusagen, und man hört allerorten nichts anderes mehr“. Aber das Problem , das ich mit der ganzen Sache habe ist einfach: Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, wie eine grandiose Weltmacht USA, die jahrelang mit modernster Militärtechnik, mit riesigem Vorsprung in Luft- und Raumfahrt, mit gigantischen Nahrungsmittelreserven und einer aggressiven Außenpolitik -und nicht zuletzt unser großer Verbündeter – plötzlich so schlecht dastehen kann. Und ich verstehe nicht, warum es in diesen Zeiten plötzlich so unmöglich geworden ist, die Steuern „für die Reichen“ anzuheben oder die Ausgaben für das Militär weiter zu kürzen. Dass man jahrelang über die Verhältnisse gelebt hat, sollte doch spätestens jetzt offensichtlich sein. Dass die Kriege und militärischen Interventionen vor allem der Rüstungsindustrie und den Herstellern von blechernen Orden und Prestige-Fabrikanten, aber am wenigsten den notleidenen Menschen vor Ort geholfen haben. Aber ein Wandel in der Gesinnung, im Denken ist anscheinend das Schwierigste für die Menschen und je stärker die Identität in einem starken Staat / einer starken Nation verwurzelt ist, desto schwieriger scheint das zu sein. Und im Eifer des Gefechts streiten die Kontrahenten, als sei kein Land zu retten, als ging es nicht um die Rentenzahlungen und Sozialhilfe für Millionen, die sich mit ihren 500 Dollar (oder sogar null Dollar!) mühsam durch den Monat schleifen, während die großen „Verbrecher“ am anderen Ende der Nahrungskette vielleicht das Hundertfache verdienen und sich trotz massiver Fehler seelenruhig aus dem Staub machen können.

Und gescholten wird in diesen Tagen! Vor allem auf die „hungrigen Sozialsysteme“ auf die horrenden Ausgaben für Kunst und Kultur, für all dieses überflüssige Zeug, wofür sowieso noch nie viel Geld da gewesen ist, in anscheinemd keinen Land auf der Erde, wo Menschen regieren, die doch mit „Vernunft“ gesegnet sein sollen. Wir haben soundsoviel Millionen Arbeitslose in Deutschland, davon ca. soundundsoviel Millionen, die sich schon seit Jahren ohne Job und Perspektive durch das Leben schleppen, wir haben Mütter mit Kinder, die vielleicht gut ausgebildet sind, aber auf Grund der Doppelbelastung mit Kind, Job und Haushalt einfach nicht mehr arbeiten können- dann wird auf der anderen Seite „Fachkräftemangel“ geschrien, weil die exportlastige Wirtschaft mit ihren Hungerlöhnen so schön brummt- und was machen die Verantwortlichen? Sie kaufen die Ware Mensch und Arbeitskraft billigsmöglichst da im Ausland ein, wo sie in ein paar Jahren vielleicht genauso dringend benötigt wird. Kurzsichtiger und einseitiger kann politisches Handeln kaum sein.

Warum ist in der Politik kein Platz mehr für Vernunft? Wo doch jeder zweite Stammtisch und jedes drittklassige Blog die bessere Lösung für die Probleme der Welt parat hätte, aber nur von „da oben“ immer die gleichen falschen Entscheidungen getroffen werden?

Alle wundern sich über die riesigen Rückstände im Pflegebereich und mit bebender Stimme wird in den Abendnachrichten erklärt, wieviel Millionen an Pflegebedürftigen demnächst auf „uns“ (also die jungen Generationen) zukommen werden, aber oh Wunder- es findet sich niemand mehr, der die Arbeit freiwillig machen will. Obwohl es x Arbeitslose gibt. Und y Schulabgänger, die noch keinen Job haben und im Traumjob z nichts mehr finden. Ist das wirklich so ein großes Rätsel, dass sich niemand erklären kann? Bei der Bezahlung, bei dem Ansehen des Berufs und den Arbeitsbedingungen? Und wieso hat man dann den Zivildienst abgeschafft, wo er doch jahrelang sich mehr als bewährt hat und ein wunderbares Mittel war, die Menschen zu sozialer Arbeit und einem Mehrwert in der Gesellschaft zu bringen? Zusätzlich mit einem hohen Ansehen? Erwartet man wirklich, dass sich jetzt genausoviel Leute finden, die sowas freiwillig machen ohne einen kleinen „Anstubser“ (sprich Verpflichtung) von staatlicher Seite zu bekommen? Ist die Verpflichtung etwa out geworden? Passt sie nicht mehr in ein konsumorientiertes Leben, dass uns stets den maximalen Genuss bei minimalen Einsatz garantieren soll?

Aber immer ist das Problem, dass nicht genügend gedacht wird, dass der Hebel immer an der falschen Stelle angesetzt wird. Das Geld und die gleichzeitige Gewinnmaximierung, das optimale „Haben“ bei geringstem Einsatz und maximalen Geiz regiert die Welt. Alles wird der Logik des Wirtschaftens und des Profits untergeordnet und obwohl man diesen Idealen so zielstrebig folgt, scheint die Rechnung am Ende nicht aufzugehen. Obwohl alle um das goldene Kalb tanzen (mit dem Höhenflug des Goldpreises sogar wortwörtlich) scheint die Gesellschaft nicht reicher und freier, sondern immer ärmer und verschuldeter zu werden.

All das sind Dinge, die ich nicht verstehe und die ich noch nichtmal ansatzweise erklären kann. Ich kann nur versuchen, sie zu beschreiben und den ganzen Wahnsinn, der mir tagtäglich aus dem Buchstabenwald entgegen hallt, in einen einigermaßen übersichtlichen Zusammenhang zu bringen.

Wenn ich z.B. in die EU schaue, wird es noch schlimmer. Wollte man Griechenland jetzt retten oder nicht? Und was ist mit Irland? Die sind doch aus dem Schneider? Wieso konnten sie dann unlängst wieder „herabgestuft“ werden? Überhaupt, dieses Wort! Hat man schonmal zu einem Mensch gesagt: Ich hab dich jetzt herabgestuft in meiner Freundschafts-Würdigkeit? Du bist nicht mehr eine glatte zehn, du bist nur noch eine magere fünf, und wenn du nicht aufpasst, dann gebe ich dir nur noch zwei Punkte! Aber, aber- beschwichtigen die Politiker, die Banken, das sind doch unsere Heilsbringer, die großen Geldverwalter- die es bis jetzt noch nichtmal geschafft haben, jedem Bürger ein Recht auf ein Girokonto einzuräumen und die immer diejenigen mit Gebühren belasten, die kein eigenes Einkommen über einer bestimmten Grenze haben. Nochmal genau anschauen: Derjenige, der ein regelmäßiges Einkommen hat, ist von den Gebühren befreit, zahlt also nix. Derjenige aber, der unter 1000 Euro verdient, muss teils saftige Gebühren zahlen. Das ist ähnlich wie mit den Steuersätzen: Je mehr du verdienst, desto mehr darfst du nach Hause nehmen und desto geringer deine anteilige Belastung für das Gemeinwohl. Zehn Prozent des Haushalts-Einkommens gehen für Lebensmittel drauf? Eine schöne Planrechnung, die in der Realität von vielen ärmeren Menschen leider nicht mehr greift. Schon jetzt gibt es Millionen von Menschen weltweit, die sich noch nichtmal mehr ein Stück Brot leisten können, während auf der anderen Seite der gleichen Welt Paläste aus Marmor und Gold errichtet werden. Die man dann mit teuren Panzern wieder verteidigen muss, woran andere wiederum auch sehr gut verdienen.

Vielleicht sollte man der Aufforderung auf der Startseite des Online-Bankings nachkommen und am Banken-Gewinnspiel teilnehmen? Kann man da auch Anteile an der HRE oder an der Helaba erwerben? Vielleicht sollte man sein Glück versuchen, wie in dem guten alten Spiel und Herzstück unserer kapitalistischen Kultur: Monopoly! Da geht es schließlich auch um Glück, nicht unbedingt um Leistung. Wer zuerst die teure Straße gekauft hat, ist der Gewinner. Wer zuerst das Geld zusammengekratzt hat (vielleicht mit einem Kredit?) und ein paar Hotels draufbaute, kann jetzt kräftig abkassieren. Die anderen müssen zahlen. Pech gehabt, zu spät gekommen! Das Regelwerk sieht keine Gleichberechtigung vor. Es gibt nur Gewinner und Verlierer und meistens mehr von der letzteren Sorte und nur ein paar ganz wenige, die alles haben.

Die, die alles haben, kommen dann in den Genuss, die Fehler zu machen. Wofür sie dann von unseren gnädigen (sprich abhängigen und willfährigen) Politikern wieder aufgefangen werden. Den normalen Häuslebauer und den täglich zur Arbeit gehenden Arbeiter und Lohnbezieher interessiert das freilich wenig. Er hat es vielleicht kurz in den Medien gelesen, als er heute morgen flüchtig über die Zeitung huschte. Keine Zeit für eine ausgedehnte Vertiefung. Die Pflicht ruft und das eben verspeiste Brötchen muss schließlich auch noch verdient werden.

Es könnte allerdings sein, dass er dann der erste ist, der seinen Job räumen muss. Und der erste ist, dessen Rente auf Null gekürzt wird, weil zufälligerweise gerade nix mehr da ist, sorry.

Wütend und mit einem Plakat zieht er dann, als es schon längst zu spät ist, vor die Tore der Mächtigen dieser Welt und verkündet „Das ist nicht unsere Krise!“ Auf dem Transparent seines Nachbarn steht etwas kleiner, fast kleinlaut und bescheiden „Aber wir haben sie bezahlt!“

Oh Schreck- das Geld ist weg

Finanzkrise- was soll man sagen?

Etwas fassungslos und auch ratlos sehe ich abends die Nachrichten, lese tagsüber die Meldungen, die über den Ticker reinkommen, lese immer wieder die Meinungen von Experten darüber und was bleibt- das Gefühl, nicht wirklich viel tun zu können. Im Fernsehen wird viel darüber diskutiert und mal wieder gibt es kein anderes Thema- als Geld.

So wie die Menschen ständig darüber reden, so ist diese Krise (in meinen Augen) auch entstanden. Das Geld wurde überbewertet. Dies ist ein psychologischer Effekt. Ein Experte in einer Talkrunde sagte z.B. dass sich unser weltweites Geldaufkommen im Vergleich zu den realen Wirtschaftsleistungen über Gebühr vermehrt hat. Durch bestimmte Mechanismen wird das Geld künstlich aufgebläht. Es ist eine Folge der Gier und des verantwortlungslosen Handelns von Einzelnen- und somit auch wieder eine Folge des Zeitgeistes und der menschlichen Schwächen. So wie jemand ins Casino geht und das Geld verzockt, so denke ich, haben die Banker unser Geld verzockt. Und da wir aber alle so sehr von ihnen abhängig sind, wird jetzt eilig das Geld nachgeschoben, die 500 Milliarden werden es schon richten!

Dieser Schritt kam zu schnell. Der pädagogische Lerneffekt tritt nicht ein, schon sieht man wieder Menschen an der Börse, die sich freudig umarmen und alle denken- ach so schlimm war es doch nicht! Man weiß, wie es bei Kindern ist und bei Bankern wird es nicht anders sein- sie werden wieder so weitermachen.

Auf Welt.de gibt es eine schöne Bilderserie, die erklärt, was man mit dem Geld hätte noch machen können. Interessant finde ich hierbei, dass die Geldmenge ungefähr das 1,5 fache ist, was unser Staat überhaupt in einem Jahr ausgeben kann. Das wäre also so, als ob man sein gesamtes Jahres-Nettogehalt mit einem Schlag für etwas ausgibt, was andere falsch gemacht haben. Und die Geldmenge, die die USA ausgibt, ist nicht viel größer (ca. 700 Milliarden), obwohl hier die Krise ihren Lauf genommen hat und dort die Verantwortlichen sitzen.

Die Frage ist und bleibt: Warum sollen die deutschen Steuerzahler jetzt für etwas gerade stehen, was andere Menschen verbockt haben und wo jahrelang immer „Gürtel enger schnallen“ gepredigt wurde? Das ist die Kernthematik an der Sache und es zeigt auch, warum viele Menschen das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft verloren haben und auch weiterhin verlieren werden. Wenn es unserer Wirtschaft schlechter geht, werden wir alle darunter leiden: Rezession, Arbeitslosigkeit, Inflation, noch teurere Energie. Das Geld, was der Staat jetzt so voreilig verpulvert wird er im entscheidenen Fall nicht mehr haben, wenn noch andere Menschen unter der Krise leiden werden. Die Banken behalten ihre Macht und der kleine Mann zahlt die Zeche. Die sozial schwachen Schichten trift es als Erstes, aber hier braucht man immer Jahrhunderte, bis man bereit ist, zwei oder drei €uro mehr auszuzahlen.

Nimmt man die andere Position ein, sieht es auch nicht viel besser aus. Ohne Banken funktioniert es nun mal nicht. Sie geben die Kredite und auch kleine Familienunternehmen (Mittelstand) bekommen so ihr Geld und bleiben wirtschafts- und zahlungsfähig. Wenn den Verbrauchern ihre Einlagen garantiert werden, dann ist das eine gute Sache.

Am Ende ist diese Krise etwas, was von der Gier verschuldet wurde, jetzt voreilig von anderen zugestopft wird und uns alle mit Verzögerung überrollen wird- ob wir wollen oder nicht.

Die notwendigen Korrekturen an der sozialen Marktwirschaft, die eigentlichen Probleme der Ungleichheit (der Geld-Verteilung) und das Bekämpfen der ausufernden Geld-Gier werden nicht gelöst. Solange diese Schritte nicht unternommen werden, bleibt die Gefahr eines Rückfalls und einer Verschlechterung der Lage stets präsent.