Hinter dem Vorhang

Zur aktuellen NSA-Spähaffäre sollte man wahrscheinlich eine Meinung haben, insbesondere wenn man selbst im Internet tätig ist, das eigene Blog mit Postings füllt, täglich Emails schreibt oder liest und auch gerne surft.

Mein derzeitiges Problem, dass ich damit habe: Die Affäre, die Machenschaften und alles technische Drumherum ist bis jetzt schon so vielfältig und unüberschaubar, dass ich immer noch bei den zentralen Fragen hänge: Wer spioniert eigentlich wen aus und zu welchem Grund? Es gibt keine Gesichter, keine personifizierten Aufreger, es gibt nur aalglatte Fassaden, an denen alles abzuperlen scheint und Zeitungsberichte, die auf Grund von Geldmangel und „digitalem Konkurrenzdruck“ immer kürzer und oberflächlicher werden.

Werden Menschen und Internetnutzer massenweise ausgespäht, ohne jeglichen Grund, ohne besonderen Anlass?
Und wenn ja, wem sollte das nutzen?

Muss man sich jetzt Sorgen machen, wenn man Internet etwas einkauft oder eine Banküberweisung macht, wenn man mit einer Freundin Briefe schreibt? Soll man sich von der Angst anstecken lassen und plötzlich alles neu angehen? Muss ich mich jetzt mit Verschlüsselungstechnologie auseinander setzen oder nicht?

Ich las vor ein paar Tagen eine „goldene Grundregel“, die einfach und überschaubar ist und sinngemäß lautet:

Wenn man möchte, dass etwas geheim bleibt, sollte man es nicht im Internet machen.

Diese Regel gilt für Blogger eigentlich schon seit einigen Jahren, spätestens seit dem Aufkommen von sog. „Archiv-Speichern“, die ganze Webseiten tracken und protokollieren und fern jeder Kontrolle auf ihren eigenen Servern speichern. Ein nicht günstiger Artikel mit privaten Details, auf Ewigkeiten gespeichert. Aus einer Laune heraus geschrieben, weil einem gerade danach war- und in ein paar Wochen bitter bereut.
Ein Tweet, den man einmal losgetreten, kann man nicht mehr zurückholen. Daten, die ich einmal auf Facebook veröffentlicht habe, sind fern meiner Kontrolle. Das Vieh geht manchmal freiwillig zur Schlachtbank. Das ist der Trick dabei. Es als „Errungenschaft“ zu verkaufen und soziale Wärme vorzugaukeln, einfach in dem man den „gefällt mir nicht“ -Button weglässt. Wo es keine Abneigung gibt, gibt es auch keine Kritik, gibt es keine aufrechten Menschen, keine Polarität, keine Dualität, kein Fortschritt mehr.

Was also mehr als je zuvor gefragt ist, ist die freiwillige „Selbstkontrolle“ jedes Benutzers (und jeder Benutzerin).

Der anfängliche Euphorie, die das grenzenlose Internet jedem einzelnen bietet, ist eine große Ernüchterung und vor allem auch Skepsis und Vorsicht gewichen.

Das Internet, das ursprünglich vom Militär entwickelt und entdeckt wurde, um im Falle eine Atomangriffs weiterhin dezentral, und somit ausfallsicher kommunizieren zu können (glaubt man der Legende ), kehrt anscheinend zu seinen Wurzeln zurück und wird von enthemmten US-Geheimdiensten und anderen staatlichen Stellen zwangsentfremdet.

Auch die deutsche Regierung macht mit und hüllt sich in Schweigen, wenn es um die wirklich ernsthaften Fragen geht.

Man möchte den Terror bekämpfen, mit dem Preis, das ab sofort jeder verdächtig ist. Man möchte Frieden und Sicherheit für die „demokratischen“ Länder, aber man erntet Skepsis, Misstrauen und sät selbst die Art von Angst und Zweifel, die man eigentlich bei den Terroristen vermutet.

George Orwells Visionen werden Wirklichkeit und die moderne Technik bietet „endlich“ das richtige Handwerkszeug dafür.

Was bleibt ist der Einzelne, der „demokratische Mensch“ mit seinen Bürgerrechten, der leider nicht mehr weiß, wie man diese zu nutzen hat und sich von den Mainstream-Medien und zurechtgelegtem Politiker-Kauderwelsch einschüchtern lässt.

„Wer nichts unrechtes tut, hat auch nichts zu verbergen“, mag der obrigkeitsbewusste Deutsche zum Thema denken. „Solange sie die Terroristen fangen, können sie ruhig alles abhören“. Wer so denkt, macht es sich bequem.

Was bleibt, sind die gefallenen Schranken, Abhören ohne jeglichen Verdacht, ohne Schranken ohne Richterbeschlüsse, von den Stellen, die eigentlich demokratisch legitmiert sein sollten, die aber im Verborgenen hantieren und handeln, so dass es keiner sieht, sie aber – hinter ihrem Vorhang – alles sehen können.

Gib mir deine Daten…

…denn ich verkaufe deine Seele

Es wäre so einfach. Jeder, der zu Hause sitzt, arbeitslos ist oder in der Freizeit ein wenig Zeit mitbringen kann, wirft den Computer an und beteiligt sich an Gewinnspielen, Umfragen oder anderen Seiten im Internet, die ihren Mitgliedern Teilhabe in Form von monetärer Entlohnung oder anderen „Segen“ versprechen (z.B. Ipods, Gutscheine, Notebooks, Autos oder Reisen).

Im Grunde gibt es recht viel Anbieter, so bin ich vor allem durch die neuen Facebook- Spiele mal wieder darauf gestoßen. Auch früher habe ich schonmal eine Phase gehabt, wo ich vor allem Gewinnspiele oder Produktbewertungs- Plattformen getestet habe. Sie sind sich alle sehr ähnlich, zumindest das finanzielle Konzept, das dahinter steht. Mit viel Aufwand muss der Nutzer Zeit verbringen und sich bis auf die Hose ausziehen- die Entlohnung ist geringfügig, wird erst beim Überschreiten einer Schwelle ausgezahlt oder es wird gerade mal Spielgeld für ein Spiel vergeben, von dem man nun gerade abhängig geworden ist.

Der Nutzer wird zum Sklaven für die seriöse Firma, die schön verdeckt im Hintergrund arbeitet und als Schaufenster eine glatt geputzte Hochglanzfassade aus dem Homepage-Baukasten anbietet.

Vor allem Meinungsumfragen scheinen sehr beliebt zu sein und was kann denn an einer harmlosen Umfrage so Schlimmes sein? Wenn man sich aber wirklich mal darauf einlässt, stellt man schon bald fest, dass das harmlose Wort „Screening“ im Grunde nur eine täuschende Verharmlosung ist.

Man wird von hinten nach vorne „gescreent“. Von der Haarfarbe, dem aktuellen Auto, der beruflichen und bildungsbezogenen Situation, der Zahl der Kinder, des Haushaltseinkommens, über die Lieblings-Kosmetikprodukte, dem Freizeitkonsum und der aktuellen Hardware-Ausstattung ist alles dabei. Es kommt aber noch schlimmer, sogar sehr detailreiche Fragen zur gesundheitlichen Situation können „ganz nach Belieben“ ausgewählt und angekreuzt werden, was der Gipfel der Dreistigkeit ist.

Man muss ja nix ausfüllen, man kann auch „weiss nicht“ ankreuzen…. aber das „weiss nicht“ muss man gut suchen, bis dahin hat man sich schon längst für ein Kreuz entschieden.

Ja, der Anbieter hat ja „nur“ eine Email-Adresse, was soll daran so schlimm sein? Mein Geschlecht vielleicht, mein Geburtsdatum noch. Ach und ja die IP, die ja gespeichert werden muss/ darf / was auch immer!

Wer liest sich die AGB schon durch, mal ehrlich? Wer überprüft, was mit den Daten geschieht?

Die Firma schreibt so schön, dass sie einen Teil in gemeinnützige Zwecke stecken, also mit jeder ausgefüllten Umfrage steigt ein virtuelles Guthaben- ist dieses überschritten, wird der Betrag für die Organisation ausgeschüttet. Immerhin, 5000 €.

Der Mann von der Drückerkolonne hat auch gesagt, dass er arm ist und ein Drogenproblem hat. Ich habe ihm geglaubt und bereitwillig einen Vertrag unterschrieben. Denn mit Gutgläubigkeit und scheinbaren Mitgefühl lassen sich noch die besten Geschäfte machen.

Wie lange das mit den „Spenden“ im Einzelfall dauert und ob die Beträge wirklich ankommen, steht in den Sternen. Niemand überprüft das.

Wir sind der Klick. Der Benutzer wird zum Sklaven.

Aber nicht nur dass er sehr lange Zeit mit diesen Seiten verbringt und unzählige Arbeitsstunden in den Äther brät- nein er wird auch noch gläsern. Wir brauchen keinen „Bundestrojaner“ wir haben längst, ordentliche seriöse Firmen die im Großauftrag tausende von Daten erspähen und sie „produktbezogen“ und kundenorientiert weiterverarbeiten, sprich verkaufen. Denn warum sollten sonst Daten gesammelt werden? Um die Umwelt ein wenig schöner zu machen oder Tiere vorm Tierheim zu retten? Ganz bestimmt nicht.

Das Schlimme daran ist eigentlich, dass wir uns freiwillig darauf einlassen. Dass man mit bunten Spielchen wie auf Facebook dazu geködert wird, dass es einen sozialen Hintergrund hat oder die Seite sich im speziellen Fall noch gemeinnützig und wohltätig gibt. Das Geschäftsmodell wird dem ahnungslosen Verbraucher quasi von hinten eingeführt, ziemlich unsichtbar, aber doch schmerzhaft.

Im Dunkeln, verdeckt vor jeder Recherche, Meinungsfreiheit und Moral wird das Geld gemacht, vorne – also beim Nutzer selbst – kommt nicht viel an.

Die Frage ist also, wie kann jemand, der das Konzept halbwegs versteht, sich überhaupt auf so etwas einlassen? Wie können solche Firmen, die so offentsichtlich gegen jede Moral und jeden Verbraucherschutz Daten sammeln, so ein Geschäftsmodelll durchsetzen?

Wahrscheinlich nur, weil und solange es genügend Leute gibt, die kein Geld verdienen und auf die paar Cents angewiesen sind, die sie mit Klicks, Umfragen oder Gewinnspielen erhaschen könnten. Es passt alles zusammen: Die Reichen, Gebildeten, Studierten haben die Firmen und die Macht, denken sich immer wieder neue Methoden aus. Politisch wird nichts gemacht, Bildungspolitik bleibt ewig gleich und über die Steuern werden die Besserverdiener entlastet. Die Arbeit machen „die da unten“, die keine Chance auf etwas anderes haben.

Ein Konzept, dass die Umenschlichkeit neuer Informationstechnologie und die Macht der allgemeinen Datensammelwut nur zu schön präsentiert.

Wenn ich deine Daten habe, habe ich deine Seele.

………………………………………………………………

Links