She´s a pirate

Ich bin schon den ganzen Tag in einer gehobenen Stimmung. Den ganzen Tag geht mir diese Titelmelodie „He´s a pirate“ von Fluch der Karibik durch den Kopf, die ich heute mittag ausgiebig und in verschiedensten Variationen gehört habe. Sie half mir beim Putzen. Die positive Energie der Instrumente verwandelte ich in pure Schaffenskraft und mit Leichtigkeit verschwand heute der Staub vom Boden und der Dreck vom Waschbecken. Wahrscheinlich liegt es auch an der Sonne, denn heute war es sehr sonnig und fast die ganze Zeit über 25 Grad. Leider auch etwas schwül.

Ich bin mir sicher, dass die Musik Menschen verändern kann. Ich bin sehr Musik-abhängig geworden, höre an manchen Tagen fast ständig Musik, vor allem am PC. Es arbeitet sich leichter. Inzwischen kann ich mit Musik besser arbeiten, als ohne.

Dazu die ständigen Signale und Inputs von Twitter, woraus eine köstliche Illusion des sozialen Alltagslebens entsteht. Man denkt und fühlt, man wäre mit anderen zusammen, doch am Ende ist man es nur virtuell. Dennoch, das Gefühl reicht und erfüllt mich irgendwie mit Freude.

Morgen bekomme ich Besuch. Realen Besuch. Auch darauf freue ich mich. Eine alte Schul- und Kindergartenfreundin, eine der wenigen, mit der ich noch Kontakt halte- die sogar von selbst wieder auf mich zugekommen ist, was etwas Besonderes ist.

Ich habe mich gestern gedanklich mit dem Thema „Öffentlichkeit“ und „Privatleben im Netz“ auseinandergesetzt. Bei Hart aber fair war das das Titelthema.

Es gab ein paar neue Argumente und inzwischen bin ich wieder fest der Meinung, dass es nicht schadet, dass es aber darauf ankommt, wieviel und was man von sich preisgibt. Es ist überhaupt eine Sache, die mich mal wieder sehr beschäftigt.

Nicht zuletzt durch andere Blogger, die eine sehr offene Art zu schreiben haben und dadurch viele Leute kennenlernen, frage ich mich, ob ich alles richtig mache. Ich habe eine andere Art zu schreiben, denn ich bin ein anderer Mensch.

Ich lege viel Wert auf lange Texte und lese sie gerne. Ich lese auch bei anderen gerne lange und durchdachte Texte. Ich mag Kultur, Bildung, Politik und Tiefgang. Ich lehne das Oberflächliche etwas ab und werde damit oft nicht so warm.

Mit persönlichen Freundschaftsbekundungen und Liebesbeweisen, ja auch mit Komplimenten und „sozialen Themen“ tue ich mir seltsam schwer, bin in meinen Kontakten etwas schwerfällig und zurückgezogen.

Es ist nicht so, dass ich andere Menschen nicht mag- aber ich sage es vielleicht nicht so direkt. Zudem besteht der Wert von Freundschaft und sozialer Nähe für mich aus etwas anderem, aus etwas tiefergehendem. Nur leider erreicht man das tiefe oft nicht, wenn man das oberflächliche nicht auch ausprobiert. Ich sollte also vielleicht von meinem hohen, grübelnden Ross runterkommen und einfach mitmachen. Bei Stöckchen-Aktionen, bei Bilderaktionen, bei privaten Geschichten und was es sonst noch alles so gibt.

Erschwerend kommt noch dazu, dass ich mein Blog gerne weiter kommerzialisieren würde, dass ich richtig Gefallen am „redaktionellen Schreiben“ gefunden und viele Ideen, auch in Richtung Bücher und länger zusammenhängende Themen habe. Ich denke, zuviel private Themen wirken da vielleicht etwas störend und man kann es nicht allen Wünschen in einem selbst recht machen.

Ich denke an die Anfänge meiner Webseite. Es war dort anders. Ich gab mehr von mir privates preis und die Leute honorierten das im Gegenzug auch mit ihren privaten Geschichten. Ich bekam pro Tag mehrere Anfragen über das Kontaktformular und der Wortlaut war meistens ähnlich : „du bist eine sehr sympathische Frau, tolle Webseite, ich habe da ein ähnliches Problem…“ und schon ging es los. Ich habe das gemocht und diese Emails auch fast immer alle beantwortet. Aus manchen Kontakten ergaben sich Freundschaften und mehr. Es war eigentlich eine tolle Zeit. Aufregender, aber auch anstrengender als die heutige Zeit, wo ich vieles von damals verdränge.

Und wie verhext ist es, dass ich ab dem Zeitpunkt, als ich mir gesagt habe, dass damit jetzt Schluss ist- auch immer weniger solche Anfragen kamen. Ich wurde immer objektiver, analytischer, nüchterner. Ich befreite mich auf der einen Seite von meiner Krankheit. Vom Drang nach Geltung und Aufmerksamkeit- aber irgendwie schnitt ich auch das Emotionale, das Liebe und Freundschaftliche gleichermaßen in mir ab.

Was sicherlich auf die Dauer, keine gute Entwicklung wäre.

UPDATE
Wann aber liegt die Verantwortung für das glückliche Leben in einem selbst und wann ist es die Gesellschaft, in der man lebt?

Jeder, der irgendwann mal das Gefühl hatte, dass die Welt um einen herum einfach krank ist, sollte vielleicht mal dieses Buch lesen. Es ist schwere Kost, aber wenn man sich darauf einlässt, sind die einen oder anderen interessanten Erkenntnisse dabei.

Eine meiner Kernfragen, wird schon ganz am Anfang behandelt, wenn es um die Frage geht, ob der Mensch in der Gruppe gesund bzw. gesünder als der Einzelgänger lebt- und Fromm kommt zu der einfachen Erkenntnis, dass nur der Mensch, der sich seine Welt selbst schaffen kann und sich dem Wert seiner Taten voll und ganz bewusst ist, ein gesunder ist.

Umgekehrt bedeutet das, dass er die Gruppe als maßgeblichen Bezugsrahmen sogar ablehnt, weil der Mensch hier seine Individualität zugunsten von anderen aufgibt und sich quasi in Abhängigkeit verstrickt.

Man sieht, das neumodische, pädagogische Gerede von den sozialen Kontakten ist mitunter nur aufgesetzt und entspringt genauso einer normativen These wie so vieles andere. Gerecht wird die Theorie immer erst dann, wenn sie in der Praxis als wirkungsvoll und adäquat empfunden werden kann. Wenn ein Mensch lieber Kontakte hat, als der andere, der zum Einzelgängertum neigt, dann ist das halt so. Es gibt kein objektives richtig oder falsch.

Auffällig ist zudem das Verhalten von vielen Leuten in Twitter: Die Rücklaufquote von Anfragen ist derzeit überraschend gering (ca. 10 Prozent). Man fragt sich, was die Menschen mit Fragen machen, die in ihrem Fenster erscheinen. Ob sie sie als störend empfinden in ihrem narzistischen Weltbild- vielleicht auch nicht verstehen? Aber warum verbringt ein Mensch dann Zeit mit Twitter, wenn er erst noch nichtmal schafft, die einfachsten 100 Zeichen zu beantworten oder mit Dankbarkeit zu beantworten? Seltsame Welt!

Ja, sie darf vielleicht ein wenig krank genannt werden.

3 Gedanken zu „She´s a pirate“

  1. Wenn virtuelle Kontakte am Anfang der Kette stehen und sich daraus Brief-, nein, Email-Freundschaften entwickeln, die dann bei einer Tasse Kaffee „enden“ und so vielleicht reale Freundschaften begründen, dann ist das Web 2.0 ein sehr vorteilhaftes Wesen. Es bietet Möglichkeiten, die man früher nicht hatte. Es kann den eigenen Dunstkreis erweitern. Und man kann sich seine Kontakte auch streng aussuchen. Ich achte sehr auf den Stil des ins WWW geworfenen Inhaltes. Geschriebene Worte verraten sehr viel über die Verfasser, ein veröffentlichtes Foto kann mehr sagen als 1000 Worte …

    Man kann sich im WWW aber auch verlieren, eine eigene Welt schaffen und die Realität ignorieren. Virtuell leben – und Träume und Hoffnungen auf Fremde projizieren, die oft nur enttäuscht werden können. Aber nicht zwangsläufig enttäuscht werden müssen!

    Sehr Privates gehört nicht ins öffentliche Netz – doch wer gar nichts offenbart, wird kein Interesse bei anderen wecken können. Nur oberflächliches Interesse, wenn hübsche Bilder von schönen Menschen locken. Doch dann ist das Interesse sehr einseitig fokussiert – was natürlich legitim und nicht verboten ist. Was niemandem schadet, finde ich nicht verwerflich. Nur wundern sollte frau sich dann nicht, wenn die Angebote dem vermeintlich offensichtlichen folgen. Mann auch nicht, klar!

    Fromm hat recht – das Individuum formt sich seine Umgebung. Jede(r) bekommt (meistens) was er/sie verdient. Einfach einmal eine Email schreiben, wenn etwas Persönliches mitgeteilt werden soll. Was kann man dabei verlieren? Wenig. Doch ohne Risiko gibt es auch keine Freude!

    „ …
    Vom Drang nach Geltung und Aufmerksamkeit- aber irgendwie schnitt ich auch das Emotionale, das Liebe und Freundschaftliche gleichermaßen in mir ab.“

    Ach, warum so negativ? Aufmerksamkeit tut uns allen gut, denke ich. Liebe und Freundschaft brauchen wir auch alle. Hier gilt auch das gesunde Maß. Nicht Mittelmaß 🙂 Wirf einen kleinen Happen privater Dinge in die Manege und warte ab, welche Raubtiere sich darauf stürzen. Und wie sie sich darauf stürzen. Ob sie nur an Dir saugen wollen, oder ob sie teilen können.

    „Aufregender, aber auch anstrengender als die heutige Zeit, wo ich vieles von damals verdränge.“

    Verdrängen hat schon wieder so einen Touch. Aufregung ist anstrengend 🙂 Und was verdrängt wird, schlägt irgendwann zurück. Wenn das Schiff durchgefahren ist, schlagen die Wellen hinter ihm immer wieder zusammen. Warum also verdrängen? Analysieren, warum es damals schön war und überdenken, was dann eventuell daneben ging. Und den Resetknopf drücken …

    Ich höre jetzt wieder auf, doch Deine Gedanken waren sehr inspirierend. Danke dafür.

  2. @ Geheimrat: Irgendwie bin ich richtig froh, dass ich dich und dein Blog über medioman gefunden habe. Ich find es sehr schön, wenn Leute viel kommentieren und wirklich ergänzen kann man kaum etwas. Ich denke, wir sind einer Meinung 😉

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