Reise in die Schweiz

Ich bin zurück aus der Schweiz. Letzte Woche hatten wir einen Geschäftstermin in einem kleinen Dorf in der Nähe von Zürich.
Wir mussten wegen der Anfahrt und weil wir morgens „ausgeruht“ zur Arbeit erscheinen wollten, zwei Nächte dort übernachten.
Es war für mich das erste Mal, das ich länger als einen Tag in der Schweiz war. Ich muss sagen, das Land hat mich sehr beeindruckt. Die Menschen sind erstaunlich ruhig und ausgeglichen. Auf den Straßen ist viel weniger los, es herrscht weniger Hektik als bei uns. Auf den Autobahnen darf man nur 120 km/h fahren, das hat mir gut gefallen. Wie zu erwarten, war irgendwie alles „sauber und aufgeräumt“. In der Kleinstadt am Parkautomaten gab es natürlich die Möglichkeit mit Maestro oder Visa-Karte zu bezahlen, nach so etwas sucht man in Deutschland sehr lang. Vorher muss man ganz ordentlich seine Parkplatznummer eingeben (warum auch immer!). Die Menschen, mit denen wir so zu tun hatten, waren alle sehr freundlich, aber etwas zurückhaltend. Sie haben alle unser Hochdeutsch ohne Probleme verstanden, aber meistens mit einem leichten Dialekt oder in Schweizerdeutsch geantwortet. Diese Sprache ist sehr lustig. Bei den Frauen reduzieren sie das Pronomen auf „d“ (z.B. d´Frau) bei den Männer wird „dä“ gesagt (dä Mann) und es ist „s´Auto“ (das Auto). Und am lustigsten heißt Crossaint, was im Schweizerdeutschen zum „Gipfeli“ wird. Vorm Restaurant stand auf der Tafel „En guete“ (im Hessischen „en Gute!“). Ich musste jedes Mal schmunzeln, als ich schweizerische Wörter gelesen oder gehört habe. Aber die Sprache passt zur Mentalität und der lustigen, distanzierten Freundlichkeit, die man erlebt.

Und ganz witzig ist auch, dass es weitere Sprachen und Einflüsse gibt: Das Italienische im Süden, das Französische im Westen und das Rätoromanische. So liest man auch auf den Packungen im Supermarkt oft verschiedene Sprachen. Die Schweiz hat eine starke Demokratie und ein breites Einwirkungsrecht seiner Bürger und Kantone. Sie ist in vielen Dingen und bei kriegerischen Konflikten neutral, was sie für mich sehr sympathisch macht.

Von der Natur her hatte ich es mir bergiger vorgestellt, aber wir waren auch nur im „Mittelland“ unterwegs, das ist ein kleiner Streifen vor den Alpen, der dicht besiedelt ist und ein wenig an Süddeutschland (z.B. Schwarzwald) erinnert. Die Höhe unseres Dorfes lag bei ca. 400 Meter und es war ziemlich eisig und kalt.
Bei der Fahrt an Basel vorbei haben wir sehr viel Industrieanlagen und eine sehr dichte Besiedelung gesehen. Auf dem Rückweg kamen wir an der berühmten „Habsburg“ vorbei. Sie ist heute eine kleine unbedeutende Burg, aber doch ging von da einst eine bedeutende Geschichte aus!

Die Menschen dort sind sehr effizient und lieben die Pünktlichkeit (ich denke, das ist mehr als nur ein typisches Vorurteil). Im Schweizer Fernsehen gab es z.B. einen Bericht über eine neue S-bahn, die zwar eine große Strecke abdeckt und sehr fortschrittlich ist, aber wider Erwarten völlig unpünktlich ist. Auf den Bahnsteigen wurden Menschen interviewt und die Befragten Reisenden haben sich sehr negativ über diese „katastrophalen Zustände“ aufgeregt und zum Ausdruck gebracht, dass sich hoffentlich bald alles bessern würde! Und auch die Verantwortlichen wurden interviewt und beteuerten , dass bald alles unternommen wird, um wieder pünktlich und zuverlässig zu sein.

Ein anderes Beispiel: Wir mussten unser Computer-System vorstellen und brauchen dazu immer eine gewisse Zeit, bis alle Stecker angeschlossen sind, der Monitor aufgebaut ist und die Software hochgefahren wurde. Unsere Geschäftspartner sahen, dass wir etwas beschäftigt sind und fragten, wie lange es wohl dauern würde. Wir sagten „ca. 10 Minuten“ und sie sagten „alles klar, dann kommen wir gleich wieder“ und gingen und erledigten in der Zwischenzeit andere Arbeiten. Nach 10 Minuten waren sie tatsächlich wieder da! Das fand ich sehr lustig und auch beeindruckend! In Deutschland hätte sich sofort jemand neben einen gestellt und mit seinem Job geprahlt oder etwas anderes langweiliges über sein Leben zum Besten gegeben und einen vielleicht gestört. Aber das Schweizer Geschäftsleben fühlt sich tatsächlich ein bisschen wie ein gut funktionierendes „Uhrwerk“ an.

Man hatte uns vorher schon gewarnt, dass die Lebenshaltungskosten dort sehr hoch sind und der Franken zudem in einem sehr starken Kurs zum Euro steht. Und so war es auch keine große Überraschung, als wir die erste Rechnung für unser Essen gehen in einem kleinen gemütlichen Restaurant (eher Cafe) in Lenzburg serviert bekamen: 65 Franken! Gegessen hatten wir zwei einfache Flammkuchen und jeweils zwei Kaffee und einen Fruchtsaft. Aber am letzten Abend wurde es noch teurer. Wir beschlossen, entgegen aller Warnungen in dem schönen Restaurant essen zu gehen, das direkt am 4 Sterne-Hotel angeschlossen war und mussten angesicht der Rechnung von 120 Franken doch ein wenig schlucken. Dabei muss man aber sagen, dass das Essen wirklich exzellent war und uns wirklich gut geschmeckt hatte. Es gab eine kostenlose Vorsuppe und selbst gebackenes Brot mit verschiedenen Aufstrichen vornerweg. Als wir uns gierig darauf gestürzt hatten (etwas ausgehungert) wurde sogleich gefragt, ob wir noch etwas nach haben wollen. So etwas habe ich in Deutschland noch nie erlebt, da werden selbst die Scheiben vorneweg streng abgezählt und da gibt es meistens „nichts extra“. Aber das Entrecote mit ein bisschen Gemüse und sehr leckeren, selbst gemachten Pommes kostete alleine schon 44 Franken.

Ich war immer noch ein bisschen fassungslos über diese großen Preisunterschiede und recherchierte zu Hause gleich die Löhne.

Der Schweizer Durchschnitts-Nettolohn liegt bei ca. 5000 Euro, der deutsche Nettolohn hingegen bei mageren 1800 Euro !

Und bei der Reise wurde mir bewusst, wie sehr davon alles abhängt. Wieviel besser es den Menschen geht, wenn sie „ordentlich“ verdienen. Sie können sich besser ausgebildete Menschen leisten, und das Personal ist zufriedener  und bringt daher auch die beste Leistung. Es wird eher etwas „dazu gegeben“, anstatt alles geizig von unten weg zu rechnen. Durch die höheren Gehälter für alle Gesellschaftsgruppen reduziert sich auch der Neid zwischen den Menschen und die Lebenszufriedenheit steigt an. Stellenweise erinnert mich die Schweiz an das Deutschland der 70er und 80er Jahre (die fetten Jahre, als noch alles in Ordnung war und die Globalisierung und das damit verbundene Lohndumping noch nicht so ausgeprägt waren). Und noch etwas anderes ist mir aufgefallen: Es gibt in der Schweiz nicht diese starke Durchmischung mit ausländischen Ketten und Marken wie bei uns. Der ganze Binnenmarkt scheint viel geschützter und „regionaler“ als bei uns zu sein. In der Kleinstadt Lenzburg gab es z.B. eine Boutique neben der nächsten, aber kein einziges mal „Kik“, „Takko“, „Tedy“ oder andere Billig-Läden, die anscheinend in Deutschland das große Geschäft machen können (denn auch mit der Armut von vielen kann man gute Geschäfte machen).

Die Schweiz hat mir insgesamt sehr gut gefallen, aber ich muss unbedingt nochmal wieder kommen, wenn das Wetter besser ist!
Denn durch die Kälte haben sich leider meine Erkältungen wieder verschlimmert, bzw. ich hab mir wieder einen neuen Virus eingefangen.

2 Gedanken zu „Reise in die Schweiz“

    1. Vielen Dank, ja das werde ich versuchen. Im Moment ist es schwierig, gesund zu bleiben. Aber die Reise war wichtig für uns und ich hab nebenbei noch ein paar interessante Eindrücke gewinnen können. 😉

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