Im Rad der Corona-Krise

Dieses Jahr fühlt sich leer an. Ohne Liebe, ohne Gefühle. Die Arbeit wird nüchtern verrichtet, Termine werden ausgemacht, eingehalten, abgehakt. Computer werden aufgebaut, installiert, wieder abgebaut. Die Sonne geht morgens auf und abends unter. Dazwischen ist irgendwie „nichts“.

Corona soll sich ja auf die Abstände der Menschen auswirken und diesen „Sicherheitsabstand“ sollen wir immer einhalten. Aber das „social distancing“ führt kurioserweise auch zu einem emotionalen „emotional distancing“

Am letzten Samstag waren wir in Bad Dürkheim. Dort wurde ein großes Riesenrad aufgebaut, eine Fahrt kostet 8 Euro und es geht sogar eine Runde länger als auf dem normalen Wurstmarkt, der immer im September ist. Außerdem ist es höher als das normale Riesenrad.

Auf dem Wurstmarkt war das Riesenrad immer eine große Attraktion. Man musste um einen Platz in der Schlange kämpfen, gerade abends konnte es schwierig werden, eine freie Gondel zu bekommen. Man steigt in das tolle Rad und schwebt mit lieben Menschen an der Seite leise aus den Besuchermassen davon. Meistens ist man leicht angetrunken und die Welt erscheint im rosa-farbenen Schein. Vom Festplatz kriechen die Gerüche nach Bratwurst, Crepe und Pizza nach oben. Alles leuchtet und der Platz strahlt in tausend Lichtern. Die Menschen lachen und feiern, man schwebt kurz über ihren Köpfen, hat den Blick von außen, um dann wieder in die Feierlichkeiten einzutauchen. Es ist jedes Mal ein prickelndes Erlebnis und ich muss einfach jedes Jahr damit fahren.

Aber dieses Jahr vor diesem Riesenrad war alles erschreckend anders.
Es haben sich keine Schlangen gebildet. Keine Kinder haben gejubelt. Es gab keine Weinstände und auch keine Würstchenstände. Kein Geruch. Keine Musik, nur das leise Gedudel, das beinahe entschuldigend aus der Anlage des Riesenrades rieselt. Es war eine dermaßen seltsame und leere Atmosphäre, dass mir fast übel geworden ist. Was für ein Unterschied zum letzten Jahr! Da war ich fast an jedem Wurstmarkt – Tag dort, immer in wechselnder Belegung. Ich habe mehrere Freundinnen getroffen, hab Fotos gemacht, das Feuerwerk abgelichtet, meine Cousine war dort, meine Eltern, mein Mann. Es war so lustig! Die Menschen haben gefeiert, gelacht, getrunken wie das eben so üblich ist in der Pfalz. Aber die Pfalz ohne Weinfeste, das fühlt sich fast ein bisschen norddeutsch an. Da fehlt eindeutig etwas!

Es ist schön und man hat eine gute Aussicht von oben, ja durchaus. Aber das Rad fährt immer den gleichen Weg, eine Veränderung gibt es nicht. Hoch und runter, so wie die Tage langsam kommen und gehen. So wie wir, steckt das Rad im Alltagstrott. Es gibt keine Aussicht. Keine Highlights. Wir drehen unsere Runden in der Corona-Krise und hoffen, dass es bald ein Ende hat.

 

Ein Gedanke zu „Im Rad der Corona-Krise“

  1. Dieses Rad-Zurückdrehen, dieses Ruhiger-Machen dank Corona, das hat mir dieses Jahr viel geholfen, den Familienklimbim hinter mich zu bringen. Gerade die letzten zwei Monate hat sich da viel gesetzt. (Gruseln tut es mich immer noch, das liegt wohl in der Natur der Sache.)
    Anfangs der Krise hat mir die übliche Umtriebigkeit sehr gefehlt, jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Doch ich hoffe, es kommen nicht wieder härtere Einschränkungen.
    Gerade heute habe ich es mit einer Kollegin auf Arbeit davon gehabt, wann wohl ein Impfstoff kommt und was der dann wohl taugt, so auf die Schnelle hergestellt, auf die Schnelle erforscht, bei einem erfolgreichen Virus, das beständig mutiert. Die Kollegin stellt sich nicht nur auf ein digitales Wintersemester ein, sie schätzt, dass das kommende Sommersemester auch wieder digital wird.

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