Ich muss den Kopf leeren

Nach der langen Reise muss ich erstmal den Kopf leeren.

Da ist noch zuviel drin, da geht noch nichts. Alles schwirrt und summt, tausend neue Eindrücke gilt es zu verarbeiten.

Einfach umschalten und direkt mit der „normalen Arbeit“ weitermachen? Das geht bei mir meistens nicht so einfach.

Besonders schwer ist es immer auf der „Gefühlsebene“. Wenn starke Gefühle berührt werden oder man Menschen trifft, die einen besonders begeistern, wo die Chemie gleich unglaublich gut stimmt. Oder ich es bereue, dass ich den Kontakt nicht intensivieren konnte. Dann denke ich mir immer „Hätte ich diese Leute doch früher getroffen! Wäre ich doch früher mutig gewesen und wäre ich ihnen schon früher begegnet. Warum hab ich nur so lange gewartet?“ Dabei vergisst man schnell, dass es den perfekten Zeitpunkt nicht gibt, bzw. er meistens dann kommt, wenn man unbewusst am meisten dafür bereit ist.

Ich merke diese Schieflage nach Reisen immer zuerst auf der Körperebene. Da drückt sich meistens etwas aus, was ich ansonsten nicht wahrgenommen hätte.

Z.B. durch eine Schieflage im Darm, durch Verdauungsprobleme, weil man „zuviel in rein gefressen hat“ oder auch bei den Gefühlen, weil man stärker berührt ist, als man das vermutet hätte. Nach einer langen Reise weine ich gerne mal. Einfach die Schleusen aufmachen und losheulen. Unglaublich befreiend! Wie äußert sich dieser Druck noch bei mir?

Gerne bekomme ich auch Kopfschmerzen, Migräne oder Schwindelattacken. Essen vertrage ich besonders schlecht und meistens ist dann erstmal Fasten angesagt oder mein Körper stopft sich irgendwelche ungesunden Dinge in sich rein.

Ich habe meistens einen „Kommunikationsstopp“. Ich kann und will plötzlich nicht mehr reden. Ich sitze einfach nur rum und starre in die Luft. Mein Körper schaltet auf „Not-Meditation“. Gerne höre ich auch sehr ausgiebig Musik und schreibe dazu einen Text oder mache Bildbearbeitung. Auch das Zusammenfassen von Gedanken-Schnipseln und die Abfuhr im Blog oder auf Twitter ist hilfreich.

Menschen denken dann schnell, ich wäre unhöflich oder ich interessiere mich nicht für sie, wenn ich nicht mit ihnen rede oder mich nur kurz halte. Dabei stimmt das gar nicht.

Ich kann nur einfach im Moment nicht gut reden, nicht mehr aufnehmen. Ich bin sozusagen „voll“.

Oft sage ich das anderen Menschen aber andere Menschen verstehen das nicht oder können die Grenze nicht akzeptieren.

Wie oft habe ich schon gesagt „mir geht es im Moment nicht so gut, ich brauche ein wenig Abstand“. Dann wird man schnell belächelt.

Andere Menschen wollen das nicht gerne akzeptieren. Wenn man von einer Reise zurück gekommen ist, denken alle, man ist ja erholt, dann kann man auch gleich wieder voll loslegen. Das Gegenteil ist der Fall! Die Leute, die zu Hause in ihren gewohnten Bahnen geblieben sind, sind diejenigen, die erholt sind.

Sie haben sich ja nicht verändert und Unmengen an Informationen und Gefühlen zu verarbeiten gehabt! Sie sind es nicht , die pro Tag 18.000 Schritte durch die Stadt, den Regen, die Ubahn-Stationen und die Untiefen der täglichen Verwandtschaftsverhältnisse gewandert sind!

Bereichernde, menschliche Begegnungen finden immer an der Grenze statt. An der äußeren und inneren Grenze.

 

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