Halb-Gesund

Heute bin ich halb-gesund. Eine Seite von mir ist gesund, die andere ist krank.

Die gesunde Seite hat viele Ideen, tausend Pläne und möchte das am liebsten alles und sofort umsetzen. Aber die kranke Seite hält mich zurück. Sie sagt „Stopp, da geht noch nicht soviel. Nimm Dir Zeit“.

Aber wieviel Zeit soll ich mir noch nehmen? Das dauert schon alles so ewig lang!

Anfang Juli hab ich eine Viruserkrankung bekommen und 10 Tage im Bett gelegen. Ich hatte eine heftige, virale Mandelentzündung und Fieber, das auf 39 Grad raufgegangen ist und sich mehrere Tage gehalten hat. Die Diagnose lautet höchstwahrscheinlich „Pfeiffersches Drüsenfieber“. Dieser Virus hat mich extrem geschlaucht und ich konnte in der Zeit fast nichts essen, so dass ich sogar fünf Kilo abgenommen habe.
Es ist erstaunlich, mit welchen Widrigkeiten der Organismus fertig wird. Und es ist das erste Mal, dass ich den Sinn von Fettreserven gesehen (und eingesehen) habe. Obwohl ich die Nahrungsaufnahme komplett eingestellt habe (wegen der Schluckbeschwerden), ging das Gewicht nur ganz langsam runter. Und da ich sowieso etwas zuviel Gewicht habe, hätte ich das ganze noch zwei Monate durchstehen können.

Und es war auch gut, dass ich im Haus genügend Vorräte hatte und nicht mit der Krankheit einkaufen musste. Was mir besonders geholfen hat, war Saft und Vitamin C in rauen Mengen.

Nach ca. drei Wochen war die Krankheit ausgeheilt, aber jetzt ist sie wieder da. Ich wollte zu schnell zuviel. Der Virus übernimmt wieder Kontrolle über meinen Körper. Ein Teil ist gesund, ein Teil ist krank.

Alle Symptome, die ich Anfang Juli hatte, sind nun in abgeschwächter Form zurück. Es fing mit leichtem Schwindel und dem Gefühl von Desorientierheit an. Sehr seltsam.. aber für mich ein untrügliches Zeichen, dass es wieder „losgeht“. Dann kamen die Halsschmerzen. Hartnäckig.. Unaufhaltsam, penetrant, lästig. Nichts hilft. Und eine pelzige, belegte Zunge schon seit einer Woche. Trockener, lästiger Husten der an einem Tag weg ist und am nächsten Tag wieder kommt. Und dann diese Schlappheit. Leichte Kopfschmerzen, Müdigkeit und das Gefühl, dass man auf nichts wirklich Kraft und Lust hat. Dennoch ist der Nachtschlaf gestört, so dass man nicht die richtige Erholung bekommt. Das warme Wetter macht die Heilung zusätzlich anstrengend.

Alles andere ist okay. Ich kann lachen, laufen, stehen und bin nach 20 Minuten Anstrengung müde. Der Motor startet und nach ein paar Kilometer ist schon wieder der Kraftstoff alle. Halb-Gesund. Zu Gesund um sich ins Bett zu legen, aber zu krank um wirklich frei und entfaltet leben zu können.
Eine Bürde, wie ein schwerer Stein, der auf die Schultern drückt und depressiv macht.

Aber die gesunde Seite weiß ganz genau, dass sie dunkle Seite eines Tages auch wieder ins Licht holen wird.

Protokollierung Krankheitsverlauf

Wen es interessiert, der kann sich hier noch den genauen Krankheitsverlauf durchlesen. Ich hab ihn der Vollständigkeit halber protokolliert. Als ich krank war, konnte ich kaum etwas anderes tun oder an was anderes denken, daher ist es ziemlich „genau“ geworden. Manche Dinge, die ich aufgeschrieben habe, sind sehr privat. Ich hoffe, dass der Text vielleicht Menschen hilft, die auch von dieser Krankheit betroffen sind. Es soll mehr ein Trost sein. Und es soll auch ein Protokoll sein, falls sich jemand aus medizinischen Gründen dafür interessiert.

Die besten Medikamtente waren für mich:

  • Angocin
  • Tonsipret
  • Darmsanierung (z.B. mit Symbioflor)
  • Sinupret zum Schleimlösen.
  • Und auf jeden Fall was gegen die Schmerzen, weil es sonst nicht zum aushalten ist, z.B. Ibuprofen.
  • Saft und Vitamin C, Gemüse, z.B. Rote Beete
  • Ernährung in flüssiger Form, z.B. Brühe
  • Viel Schlaf und Erholung. Einfach das machen, worauf man Lust hat.

Was nicht so gut geholfen hat:

  • Ingwer (hilft mehr bei Erkältung und tut weh bei Halsentzündung)
  • Heiße Milch mit Honig: Verstärkt nur das Verschleimen, nicht zu empfehlen.

Bitte beachten: Alle Angaben sind ohne Gewähr, rein private Erfahrungen von mir und ersetzen keinen Arzt-Besuch!

 

Rachenentzündung / Mandelentzündung– Verlauf meiner Krankheit vom 4.7.16 bis – 14.7.16
Meine eigene Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber

Zur Protokollierung und Verständlichmachung schreibe ich den Verlauf meiner letzten Krankheit rückblickend auf. Das mag einigen Menschen ungewöhnlich erscheinen.
Aber die Motivation ist einfach: Diese Krankheit hat mich total überrascht und ich fand/ finde sie „sonderbar“. Ich hatte sowas ähnliches (zum Glück) noch nicht. Daher interessiert es mich, sie detailliert zu beschreiben. Alleine schon deshalb, weil ich im Sommer normalerweise nie krank bin und dank der hohen Temperaturen und der vielen Sonne stets kerngesund bin. Selbst im letzten Winter hatte ich keine einzige Erkältung. Aber jetzt im Sommer, wenn keiner damit rechnet, schlagen die Erreger urplötzlich und mit voller Wucht zu. Liegt es am feucht-warmen Wetter? Sind die Viren-Populationen explodiert? Ist das Reizklima und der Sonnenmangel der ersten Jahreshälfte ungünstig für das Immunsystem? Hat der Klimawandel und der viele Regen der letzten Wochen damit zu tun? Kann ich irgendwem die Schuld geben? Oder habe ich einfach nur „Pech gehabt“ ?

Der zweite Grund ist noch profaner: Diese Krankheit hat keinen „Sinn“, sie schadete mir nach erster Wahrnehmung nur und hat mich Lebenskraft, Nerven und Zeit gekostet. Durch das Protokollieren ringe ich ihr hinterher noch einen Sinn ab. Vielleicht hilft dieser Text anderen Menschen, die ähnliches durchmachen. Vielleicht spendet er etwas Trost oder er lenkt einfach ab, so wie mich gerade beim Schreiben- dann wäre mein größter Wunsch erfüllt.

Wochenende 2.-3. Juli

Ich hatte eigentlich einen ganz guten Tag gehabt und mich auf dieses Wochenende gefreut.
Meine Verwandtschaft aus Norddeutschland (Cousinen + Anhang) hatte sich für einen Kurzbesuch angekündigt und so trafen wir uns alle bei meinen Eltern. Das Haus war voll, die Stimmung gut und die Lautstärke mit zwei kleinen Kindern und durcheinander redenden Erwachsenen ziemlich hoch.

Kurz nach dem Besuch (Sonntag-Abend) machte ich mir intensiv Gedanken über mein Leben. Ich will nicht sagen, dass ich depressiv war- aber doch ziemlich nachdenklich und innerlich berührt, wie man das manchmal ist, wenn man intensiv mit anderen Menschen zusammen ist, die einem am Herzen liegen.

Montag, 4. Juli

Wie ich da so auch noch am Morgen des letzten Montags (4.7.) über mein Leben nachdachte, kam ich zu verschiedenen Ergebnissen. Vor allem hatte ich so ein starkes unbewusstes Bedürfnis, etwas zu verändern. Im Gespräch mit anderen Menschen fällt einem manchmal stark auf, was man im eigenen Leben falsch macht oder etwas anders machen möchte – etwas anders machen muss! Andere Menschen sind dann wie ein Spiegel, der emotional starkes „Licht“ auf einen zurück wirft. Man sieht sich dann manchmal wie ein scharfer Schattenriss vor der gleißenden Sonne. Jede Kontur des eigenen Lebens wird sichtbar, jede Narbe der Dummheit, jede Falte des Vergessens und die ganze strahlende Haut.

Und so hatte ich an diesem Montag ein ganz klares Gefühl, dass ich etwas verändern muss. Ich fühlte mich gleichzeitig schwach und müde. Paradox- man möchte loslaufen, doch das Fließband unter einem geht in die andere Richtung. Der Besuch hatte mir zwar großen Spaß gemacht, aber irgendwie auch ausgelaugt. Die ganze letzte Woche hatte ich im Garten und bei Renovierungen in unserem Haus gearbeitet. Die Wochen davor waren auch nicht weniger anstrengend. Ich hatte mir soviele Ziele gesetzt und im Nachhinein kommen sie mir alle etwas „zu hoch“ vor. Wenn man so ausgelaugt ist, ist für anstrengende Besuche eigentlich keine Kraft mehr. Man ist vorher schon körperlich und seelisch an Grenzen gegangen, bei denen „noch was oben drauf kommt“. Zu den Belastungen kam dann auch noch das eine oder andere Glas Wein aus der guten Pfalz. Den ich eigentlich auch nur zu Anlässen trinke. Ein Fehler- wie sich im Nachhinein feststellen lässt. All diese Faktoren haben wohl mein Immunsystem geschwächt und einen an sich harmlosen, kleinen Erreger übermächtig werden lassen. Und wie so oft, war es nicht der Erreger, sondern mein eigenes Verhalten, mein eigenes Ignorieren von Grenzen und andere Dummheiten, die das Fiasko erst losgetreten haben.

Über diese Schwäche und Müdigkeit machte ich daher auch erstmal keine Gedanken. Am Abend des Montags hatte ich dann ein leichtes Kratzen im Hals. Auch das ist ja normal, hat man öfters mal. Ich muss dazu sagen, dass gerade in diesen zwei Tagen am Wochenende das Wetter auf „sehr kalt“ umgeschwenkt war. Die Temperaturen fühlten sich herbstlich kühl an. Es wurde nicht wärmer als 18 Grad, dazu blies noch ein heftiger Wind. Mit meiner leichten Kleidung war ich darauf nicht gut eingestellt. Zu kühl war vor allem mein Hals und der obere Brustbereich.

Wer denkt auch daran Anfang Juli, wo es hier manchmal 30-40 Grad hat, einen Schal oder ein Tuch umzulegen? Dazu das viele Reden mit anderen Menschen und die ständige Belastung der „Tröpfchen-Sektion“ und Schleimhäute.

Dienstag, 5. Juli

In der Nacht vom Montag auf Dienstag habe ich dann sehr schlecht geschlafen und bin mit mäßig-starken Halsschmerzen aufgewacht.

Da wir an diesem Tag schon ein paar Termine geplant hatten, wollte ich diese nicht sausen lassen und zwang mich dazu, allen Anforderungen des Alltags gerecht zu werden. Doch mein Körper wollte dabei nicht mitspielen und quittierte meine Sturheit mit permanenten und ständig stärker werdenen Halsschmerzen. Vielleicht hätte ich hier die Krankheit noch abfangen können. Die Grenze wurde im Grunde schon deutlich gezeigt, aber ich wollte sie nicht wahrhaben.

An dem Tag konnte ich noch gerade eine Mahlzeit essen, dann verging mir der Appetit vollends und wegen der Schmerzen im Hals konnte ich mich nicht mehr überwinden, etwas zu essen. Selbst das Trinken wurde schwierig.

Ich ärgerte mich noch, den ganzen Tag nicht auf mich geachtet zu haben und fiel Dienstag abends todmüde und ausgelaugt ins Bett.

Mittwoch, 6. Juli

Am nächsten Tag wurde es dann richtig schlimm. Mein ganzer Hals tat so weh, als ob jemand drei Meter Stacheldraht durchziehen würde und die Reste der Schleimhäute mit extra körnigem Schleifpapier bearbeiten würde. Ich bekam kaum ein Ton raus und fühlte mich dazu extrem schlapp und elend. Die Krankheit war plötzlich voll da. Das schlimme aber war, das ich bis dahin nicht wusste, was es eigentlich ist. Über den plötzlichen Verlauf und das starke Krankheitsgefühl verwundert, tippte ich fast auf eine Grippe. Außer den Halsschmerzen blieben aber andere Symptome wie Schnupfen oder Husten völlig aus. Meine Mutter tippte ziemlich schnell auf Mandelentzündung und ich denke, das ist es auch.

Am Abend verstärkte sich die Krankheit. Die Schmerzen aus dem Rachen breiteten sich jetzt in die Seiten, die Mandeln oder andere Bereich im Gaumen/Rachen aus. Die Entzündung war heftig und ich hatte Schmerzen bis zu den Wangenknochen. Der rechte Hals-Lymphknoten war bretthart. Ich konnte kaum aufrecht stehen (Schwindel) und verbrachte den Tag komplett im Bett.

An dem Tag aß ich nichts mehr. Nur ein Glas Multivitaminsaft und ein Becher Tee war das einzige, was ich runterbrachte. Das Fieberthermometer zeigte fast 39 Grad. Eine absolute Ausnahme bei mir, weil ich sonst nicht zu Fieber neige. Im Bett liegend bekam ich jetzt auch noch Schüttelfrost, obwohl ich mich mit mehreren Kleidungsstücken und warmen Norweger-Socken dick eingepackt hatte.

Weil dieser Zustand mich so überraschte und gleichzeitig frustrierte, bekam ich eine Wein-Attacke, die bestimmt 15 Minuten dauerte- und wie fast immer bei Wein-Attacken- irgendwie „befreiend“ wirkte. Das Weinen ist dann wie eine Katharsis, die ähnlich wie Erbrechen oder Durchfall das ungewollte Material in einem abstößt. Beim Weinen ist es halt mehr der seelische Belast, der vorher klein gehalten wird.

Ich überwachte das Fieber jede Stunde und überlegte, dass ich bei einem weiteren Anstieg sofort zum Arzt gehen würde.

Am Abend ging es dann zum Glück etwas zurück.

Ich versuchte noch das Spiel Portugal-Wales anzuschauen, bekam aber fast nichts mit und legte mich daher wieder schlafen.

Donnerstag 7. Juli

Am nächsten Morgen hatte ich fast das Gefühl, dass es besser geworden wäre. Aber nur der Schmerz aus dem Rachen war gewandert. Der Schmerz und die Entzündung waren nicht mehr direkt im Rachen, sondern saßen jetzt etwas versteckt, seitlich in den Mandeln. Der rechte Lymphknoten war immer noch geschwollen. Ich konnte immer noch nichts schlucken oder essen. Auch dieser Tag wurde ein reiner Fastentag.

Tagsüber versuchte ich etwas liegen gebliebende Arbeit im Haushalt zu erledigen… was aber mehr schlecht als recht ging. Also legte mich gegen Mittag wieder ins Bett.

Erst zum Deutschland-Spiel am Abend konnte ich das Bett kurz verlassen. Die Spannung war so groß, dass ich kurz vom eigenen Leid abgelenkt war.

Da mittlerweile der Hunger recht groß geworden war, machte ich mir ein Tasse heiße Milch mit Honig und kleinen Ingwer-Stückchen.

Die Milch vertrieb sofort das Hungergefühl. Ein guter Tipp ist, sie mit einem Strohhalm zu trinken, so kann man den Schluck-Reflex etwas reduzieren. Die warme Milch ist sehr angenehm und legt sich zusammen mit dem Honig über den rauen Hals. Dennoch tut die Nahrungsaufnahme immer noch höllisch weh. Der Ingwer tut eigentlich gut (wirkt antibakteriell und virusstatisch), aber bei Rachenentzündung muss man auch aufpassen. Der Reiz vom scharfen Ingwer kann zu heftig sein. Es tut dann an den entzündeten noch mehr weh oder man verschluckt sich, weil der Speichel zu heftig fließt.

Die einzige medikamentöse Therapie, die gut geholfen hat, war ein leichtes Schmerzmittel, 400 mg Ibuprofen, ca. 3 mal am Tag. Vor allem bei den Schluckbeschwerden und den Kopfschmerzen gibt das Erleichterung. Ohne die Schmerzen kann man auch besser einschlafen. Die Halstabletten haben nur ein bisschen gewirkt, also nehme ich an, dass die Ursache ein Virus-Infekt ist. Halstabletten wirken meistens gegen Bakterien und auch das nur an der Oberfläche. Ich hatte mit der Behandlung zu spät begonnen.

An diesem Tag fing mein Körper an, intensiv Schleim abzusondern. Wahrscheinlich als „unspezifische Immunabwehr“. Aber interessanterweise nur aus dem Rachen. Alle anderen Körperregionen blieben völlig unbeteiligt. Der Schleim war wässrig und dünnflüssig. Und wenn ich nicht gerade im Bett lag, konnte ich ca. alle 15 Minuten zum Waschbecken gehen und ausspucken.

Mir war warm und fiebrig, das Denken funktionierte nicht richtig. Wie ein Schleier im Kopf, der nicht weichen will.

Insgesamt ein elender Zustand, der mich nur genervt und ausgelaugt hat.

Das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft aus der EM trug nicht gerade zur Gesundung bei.

Freitag 8. Juli

Die Nacht zum Freitag war wieder unruhig und nicht gut. Schleim wurde immer noch permanent abgesondert. So wache ich mitten in der Nacht auf und erwische mich gerade dabei, wie ein Schluckreflex ausgelöst wurde- der natürlich schmerzhaft ist und einen wieder aus dem erholsamen Schlaf wachpeitscht. Ich fühle mich immer noch fiebrig und der Blick zum Thermometer bestätigt das. Etwas über 37 Grad.

Gerade am Morgen nach dem Aufstehen ist der Schleim dann dick und zähflüssig. Jeden Tag neue Symptome, ein anderes Gesicht! Meine Forscherseele in mir jubelt über diese Vielfalt. Aber der Mensch in mir will das einfach nur weghaben. Der dicke Schleim ist sehr lästig, weil er sich direkt über die Luftröhre legt und so ein Erstickungsgefühl und einen heftigen Hustenreiz mit Würgereiz auslöst. Heute Morgen war es so, als ob sich ein Teelöffel voll Schleim genau im Rachen festgesetzt hätte, ein richtiges, lästiges Fremdkörpergefühl.

Überlege, wie ich den Schleim lösen kann. Das Lutschen eines Halsbonbons hat einen schlechten Effekt. Die Inhaltsstoffe bringen mich zum Husten, ich muss zum Waschbecken rennen und alles ausspucken. Fühle mich wie auf dem Sterbebett eines Palliativ-Station. Wo der Schleim aus allen Ritzen kommt und es dem Ende zu geht. Kein schöner Zustand.

Wenigstens kann ich die Krankheit auf einen Punkt lokalisieren und alle anderen Bereiche des Körpers bleiben gesund.

Zum Lösen des Schleims, der das neue Hauptproblem zu werden scheint, habe ich jetzt eine Sinupret-Tablette genommen. Diese soll ja den Schleim lösen, speziell bei Nebenhöhlenentzündung. Und ich stelle fest, dass es auch bei Rachenentzündung hilft. Dazu sprüche ich mir Meerwasser-Spray in die Nase und in den Rachen. Schmeckt eklig, scheint aber etwas zu helfen. Dann wird natürlich die ganze Zeit gegurgelt und die speziellen Tees getrunken (Ingwer, Salbei, Fenchel), aber ich habe bei keinem das Gefühl, dass er irgendwie hilft.

Die Milch lasse ich in Zukunft weg, weil ich vermute, dass sie die Schleimbildung zu sehr angeregt hat.

Am Abend konnte ich wenigstens etwas länger Fernsehen gucken und mich ablenken. Das schlimmste an der Krankheit ist diese Trägheit, und dass ich mich zu nichts aufraffen kann. Alles erscheint schwer, weit weg und unerreichbar. Wie ich da so vorm TV sitze, merke ich, wie das Fieber zurückkkommt. Mir wird richtig warm. Zuerst tippe ich auf das kurze Sonnenbad, dass ich tagsüber genommen hatte… aber beim Blick auf das Thermometer werde ich eines besseren belehrt: Wieder über 38 Grad.

Immerhin kommt so langsam der Appetit auf feste Nahrung zurück. Mittags esse ich ein Ei, etwas Scheiben-Wurst und einen Apfel. Auf Kohlenhydrate habe ich noch keine Lust. Die Lust auf was salziges kommt dann abends nochmal. 20 Salzstangen müssen dieses Bedürfnis stillen. Sie schmecken furchtbar, nach Pappe, mein Geschmackssinn hat sich mittlerweile auch schon verabschiedet.

Ich bin gespannt, wie lange die Krankheit noch anhält und welch „lustiges Gesicht“ sie noch annehmen wird.

Mein Notizblock und ich sind bereit, ganz egal was kommt.

Samstag, 9. Juli

Nachdem ich abends mit einer Schmerztablette was schmerzfrei geworden bin, wache ich am Morgen wieder mit genau dem gleichen Schmerz auf. Es ist nur einen halben Zentimeter tiefer gerutscht. Auch der dünne, wässrige Schleim ist wieder da.

Ich frage mich, was das für eine komische Krankheit ist, die mich jetzt schon seit 5 Tagen in ihren Bann hält. Ein Virus oder doch ein Bakterium? Das Internet ist nicht besonders aussagekräftig. Tausende Meinungen, alle unterschiedlich professionell und tlw. noch widersprüchlich. Ich beschließe heute endlich mal zum Arzt zu gehen, wenn das Fieber nicht weniger wird.

Nur, Samstag ist ein toller Tag für einen Arzt-Termin. Wo soll ich hingehen? Das Internet muss mir mal wieder helfen.

Überlege, ob man mit solchen Symptomen überhaupt die Bereitschaftsdienste belästigen sollte oder darf.
Oder ob es nicht nur eine Bagatelle ist? Die von alleine ausheilt? Die Gedanken, die mich quälen, dazu die Ungewissheit vermischen sich zu einem unguten Brei in meinem Kopf. Das seelische Leiden wird jetzt stärker und überlagert meinen ansonsten reichlichen Optimismus.

Solange ich darüber noch nachdenke, weiß ich, dass ich eine schnelle Lösung brauche. Ich mache mir einen Ingwer-Teebeutel und schnipple ein großes Stück frischen Ingwer rein. Getrunken wird wieder mit dem Strohhalm. Dabei muss ich den etwas zusammendrücken, damit man die kleinen Ingwer-Stückchen nicht ansaugt und dann in den Rachen bekommt. 😉

Der Schmerz wird weiterhin mit Ibuprofen niedergedrückt. So habe ich abends eigentlich ein ganz gutes Gefühl und kann so mehrere Stunden im Sitzen verbringen. Habe immer noch keinen großen Appetit.

Sonntag, 10. Juli

Die Nacht zum Sonntag empfinde ich als Wendepunkt, vor allem innerlich-psychologisch gesehen. Abends schlief ich dank Schmerztablette recht gut ein, aber mitten in der Nacht werde ich wieder wach. Schleim-Absonderung, Schluck-Beschwerden, Halsschmerzen, die jetzt auch im Ruhezustand pochend und sehr schmerzhaft sind. Dazu Kopfschmerzen und wieder dieses Krankheitsgefühl am ganzen Körper. Das Fieberthermometer schlägt auch noch an, aber nicht mehr so hoch.

Zum ersten Mal bekomme ich Angst, was passiert, wenn ich diese Krankheit nicht besiege. Ich merke, wie mein innerer Widerstand das erste Mal schwächer wird und ich Zweifel an meiner Abwehrkraft bekomme. Panik überfällt mich mitten in der Nacht. Ich muss wieder weinen. Mache mir einen kalten Wickel, das hilft etwas. Von draußen schiebt sich eine warme Luftmasse über das Haus, man merkt richtig, dass der Sonntag heiß und „schön“ wird. Hitze ist jetzt das letzte, was ich gebrauchen kann, ich habe plötzlich viel mehr Bedürfnis nach „Kühlung“. Durch diesen Mix an unguten Gefühlen liege ich von 2-4 Uhr Nachts komplett wach.

Zum Glück war am Samstag Mittag meine Medikamenten-Bestellung gekommen. Vor allem das gut wirksame „Angocin“ und ein paar Tropfen „Meditonsin“ müssen es jetzt richten. Ich nehme das Angocin laut Beipackzettel als „Stoßtherapie“ ein, also alle 3 Stunden eine Dosis von vier Tabletten. Ich habe das Gefühl, dass es hilft und lege auch in dieser wachen Nacht eine Portion nach… allerdings fängt es im Magen an zu rumoren. Da ich sowieso nichts esse, denke ich, dass mein Magen damit klarkommt. Natürlich quittiert er mir meine innere Schieflage mit Sodbrennen. Auch das noch!

Am Morgen muss ich mich übergeben. So ein Reflex, alles von mir zu stoßen. Wahrscheinlich durch die Medikamente. Es kommt nur Wasser und Säure raus. Das hatte ich auch noch nicht. Ein Novum. Nach dieser Katharsis schlafe ich noch für ein paar Stunden ein.

Am nächsten Morgen sind die Schmerzen etwas besser.

Ich beschließe etwas gegen das psychologische Tief zu machen und auch meine innere Einstellung endlich zu ändern. Wie soll ich gesund werden, wenn ich nicht daran glaube? Und die ganze Welt um mich herum mit Klagen und Jammern überziehe?
Die Krankheit hat sich anscheinend „eingenistet“ und beschlossen, länger zu bleiben, als ich zuerst gedacht habe. Nun, dann muss ich mir jetzt ein Mittel ausdenken, um sie zu vertreiben!
Ein Ehrgeiz packt mich und ich will es mir jetzt „zeigen“, dass ich noch was machen kann. Am Mittag gehe ich unter die Dusche und um 12 Uhr betrete ich das erste Mal richtiges Sonnenlicht! Ich bin noch am Überlegen, ob ich jetzt gleich zu Staub zerfallen werde, aber nichts passiert. 😉 Zusammen mit meinem Mann (der diesen Ausflug auch angestoßen hat) fahren wir ein bisschen durch die Gegend. Er muss die Reifen an der Tankstelle aufpumpen, wegen den Sensoren. Ich helfe ein bisschen beim Ablesen und Druck einlassen und freue mich, mal wieder eine Aufgabe zu haben.

Das Wetter ist eigentlich sehr schön. Sonnig, dazu ein leichter Wind. Ganz viele Menschen sind auf den Straßen unterwegs. In unserem Dorf ist gerade „Kerwe“… im Nachbardorf gibt es einen großen Flohmarkt. Autos mit ausländischen Kennzeichen und Wohnmobile von weiter weg sind überall.

Nach dem Tankstellenstop fahren wir in das nahe gelegende Wald-Gebiet und ich mache meinen ersten Spaziergang seit fünf Tagen.

Ganz langsam. Die Hitze ist elend, aber die Sonne empfinde ich als hilfreich. Auch das leichte Gehen ist irgendwie anregend.

Zum ersten Mal habe ich wieder das Gefühl, irgendwas zustande zu bringen. Ich bin also doch stärker, als dass vom Bett aus liegend noch ausgesehen hat.

Meine Stimmung steigt am Nachmittag an. Die seelische Therapie, sie hilft! Dazu nehme ich weiterhin Angocin. Am frühen Abend, ca. gegen 17 Uhr, werden die Schmerzen stärker und ich nehme meine erste Schmerztablette. Ich höre pausenlos Musik und hab das Gefühl, dass sie auch schmerzlindernd wirkt. Man kann sich nicht gleichzeitig auf die Musik UND die Schmerzen konzetrieren. Die Wohlklänge überwiegen und übertragen sich eins zu eins in meinen Organismus.

Ein nasses Baumwolltuch, das ich ab und zu über das Gesicht lege, um die Hitze aus dem Körper zu ziehen, empfinde ich als Erleichterung. Ich kann auch wieder länger am Stück schreiben und euch hier mit den weiteren Updates versorgen.

Montag, 11. Juli

Nachdem der Ausflug am Sonntag ja schon geklappt hatte, beschließe ich heute endlich zum Arzt zu gehen.

Ich rufe ganz früh an und lasse mich noch irgendwo „zwischen rein schieben“. Um 9 Uhr ist der Termin und stehe pünktlich auf der Matte. Das Wartezimmer ist ziemlich voll, ich bin überrascht. Menschen aus allen Altergruppen sind dort. Verschiedene von ihnen haben auch Husten, was mich erstaunt, weil wir ja eigentlich Sommer haben.

Ich muss relativ lange warten und empfinde das als Elend. Das Wartezimmer liegt in der Morgensonne und ich habe noch einen dicken Schal um den Hals. Endlich werde ich reingerufen!

Die Ärztin fragt kurz nach den Symtpomen, misst das Fieber und schaut mir in den Hals. Meine Lunge wird noch abgehört und die Lymphknoten ertastet. Dann steht für sie ziemlich schnell fest, dass das ein Erkältungsvirus sei. Sie verschreibt mir „Tonsipret“, ein homöopathisches Arzneimittel gegen Mandelentzündungen.

Etwas verwundert verlasse ich die Praxis mit einem grünen Zettel in der Hand. „Ah na toll und das war es jetzt?“ bin ich schon etwas verwundert. Grüner Zettel bedeutet nämlich: Selbst bezahlen. Da hätte ich mir den Arzt-Besuch sogar sparen können.

Vor allem gab es keine Diagnose, keinen Rachen-Abstrich und keine Blut-Entnahme. Wenn ich eine Erkältung habe, wieso fehlen dann die anderen Symptome wie Schnupfen oder Husten komplett? Wenn ich mal Erkältung hatte, dann dauerten die Halsschmerzen höchsten ein- zwei Tage, aber nicht eine ganze Woche. Ich finde die Krankheit schon etwas seltsam, sie macht mir Angst und ich möchte genau wissen, was es ist.

Ich denke, dass ich in ein paar Tagen nochmal einen Termin mache und um eine genauere Diagnose bitten werde. Das Problem bei der Krankheit ist, dass ich nicht „ich selbst“ bin und mich so schwer konzentrieren kann. Auch das sprechen fällt so schwer und ist sehr undeutlich. Wie soll ich dann mit Nachdruck meine Patienten-Rechte durchsetzen?

Ich fühle mich immer mehr als Opfer dieser Krankheit und das ist ein sehr blödes Gefühl. Weil ich nicht aufgeben möchte und mich diese Tatenlosigkeit immer mehr stört, fahre ich nach dem Arzt-Besuch noch schnell in den Supermarkt. Ich will mir wenigstens ein bisschen was Gesundes kaufen und die Vorräte mit dem Nötigsten aufstocken. Auch ein paar Dosen mit Hühner-Suppe landen im Einkaufswagen. Brühe ist derzeit noch die einzige normale Nahrung, die ich außer Säften und Co herunterbringe.

Der Einkauf ist sehr anstrengend. Ich schaffe es kaum die schweren Wägen zu schieben, das sonst für mich ein leichtes ist.

Andere Menschen nehme ich kaum wahr. Ich habe wieder diesen Krankheits-Schleier vor meinen Augen und arbeite die Einkaufsliste schnell ab.

Der weitere Tag verläuft genauso wie die davor.

Vor allem die Nacht wird wieder sehr schwierig. Ich wache jede Stunde auf und kann vor Halsschmerzen kaum schlafen. Erst am Morgen, gegen 5 Uhr nehme ich dann endlich eine Tablette. Vorm Schlafengehen hab ich leichtes Fieber und in der Nacht schwitze ich sehr viel.

Dienstag, 12.7.16 (Achter Krankheitstag)

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ca. bis 14.7.16 krank gewesen

3 Gedanken zu „Halb-Gesund“

  1. Ach, Du Arme! Pfeiffersches Drüsenfieber ist langwierig, das kommt immer wieder. Und nicht etwa innerhalb von einem Quartal, sondern über einen grösseren Zeitraum.

    Gute Besserung und gute Nerven dafür!

  2. Na, du machst mir ja Hoffnungen. 😉
    Aber es kann schon sein. Bin sogar erschrocken über diesen ersten Rückfall. Hatte mich nach der ersten Welle komplett gesund gefühlt und dann falle ich plötzlich aus allen Wolken. In dieser Form hatte ich das noch nicht. Erkältungsviren sind viel harmloser.

    Vielen Dank für die Genesungswünsche.

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