Gute Freundschaften- Teil 2

Im ersten Teil des Freundschafts-Specials konnte der Eindruck erweckt werden, dass es an den meisten Freundschaften nur Nachteile geben würde. Ich habe gestern den ganzen Tag darüber nachgedacht und gemerkt, dass die guten Aspekte fehlen. Im Sinne einer kritischen Analyse sind mir erstmal die schlechten Eigenschaften ausgefallen, um sie quasi wie bei einer Siebung zu betrachten und zu überlegen, wie man ihnen gute Eigenschaften entgegen setzen kann. Die Formulierung einer „Freundschafts-Landkarte“ mit den wichtigsten Punkten für gute Freunde wäre wichtig, wenn auch theoretisch und etwas von oben aufgesetzt. Ich denke, so ein imaginärer Zettel kann ein Leitfaden sein, es in der Zukunft besser zu machen und auf gewisse Eckpunkte zu achten, die dann in der Praxis ausgefeilt und umgesetzt werden.

Überhaupt stolpere ich anfangs ständig über den unzulänglichen Begriff der „Freunde“. Ich finde, er ist sehr allgemein und zu ungenau. Ein Freund kann ein Bekannter, ein Kollege, ein Partner oder ein langjähriger Vertrauter sein. Wenn man aber keine genaue Definition im Kopf hat, kann man auch nur schwer daran arbeiten, die Qualität einer „Freundschaft“ zu verbessern. Man weiß dann gar nicht, in welche Richtung man eigentlich gehen soll!

Unter der Synonym-Suche „ein anderes Wort“ finden sich unterschiedliche Begriffe: http://ein.anderes-wort.de/?q=Freund

Am besten passt meiner Meinung nach „Gefährte“, alle anderen Begriffe sind zu schwammig und ungenau (Mensch, Subjekt, Typ passt eigentlich nicht!). Bei Freundschaft finden wir gar nur einen Begriff, nämlich Kameradschaft.

Vielleicht wäre es ein guter Einstieg zu überlegen, welche Begriffe man noch für Freund oder Freundschaft verwenden kann und zu überlegen, warum sie passen oder nicht.

Ich schlage vor:

Für Freund

  • Partner
  • Vertrauter
  • Bezugsperson
  • Therapeut
  • Kamerad
  • Verbündeter
  • Bekannter
  • Kontakt

Für Freundschaft

  • Bekanntenkreis
  • Gemeinschafts-Gruppe
  • Soziales Netzwerk, peergroup
  • Sozialer Bezugs-Rahmen
  • Interessensgemeinschaft
  • Verein, Club, Clique
  • Seelen-Verwandschaft

Formulierung der Vorteile
Freundschaft kann in einer sexuellen Partnerschaft dazu führen, dass man eine gemeinsame Basis bekommt, die über die reine körperliche Anziehungskraft hinausgeht.

Wenn ein menschliches Grundvertrauen und eine bestimmte Einigkeit über ähnliche Werte geschlossen wurde, können die äußeren Umstände noch so wild sein, man findet immer wieder einen gemeinsamen Nenner, auf den man zurückkommen kann.

Beispiel:
a.) Eine Partnerschaft besteht auf dem Wunsch, für einen Leben lang zusammen zu sein und immer jemand zu haben, den man sich anvertrauen kann. Man möchte sich fallenlassen können, sich öffnen und eine Beziehung voller Respekt und Zuneigung haben, auf dessen Grundlage man vielleicht eine Familie gründet und materielle Werte aufbaut.

b.) Eine gewöhnliche Freundschaft basiert vielleicht auf dem Wunsch, gemeinsam Fußball zu spielen.
Im Fall (a) kann man sich bei einem Streit immer auf die gemeinsamen Werte berufen und dahin zurückkommen. Das Ziel war, ein Leben lang treu zu bleiben. Wenn das gemeinsame Ziel nur Geld gewesen wäre, könnte die Beziehung daran zerbrechen, wenn das Geld abhanden kommt. (bei Schulden beispielsweise) Wenn man die Kinder nur in die Welt setzt, um sich persönlich daran zu bereichern, kann es auch daran scheitern (weil dann jeder die Kinder für sich haben will). Wenn der gemeinsame Wert aber war „Eine gemeinsame Familie gründen“, geht es ohne den Partner nicht! Man sieht, der anfängliche Wert, die anfängliche Zielsetzung ist ganz entscheidend und es ist tatsächlich etwas Imaginiäres, was eher dem Gewissen und dem Gehirn entspringt, aber sehr real und endgültig werden kann. Deswegen halte ich es so wichtig, soviel darüber nachzudenken und die eigenen Ziele und Motivationen ständig zu hinterfragen und zu überprüfen.
Im Fall (b) kann die Freundschaft vorbei sein, wenn das gemeinsame Interesse- das Fußballspielen- vorbei ist. Diese Art von gewöhnlichen Bekanntschaften wird die häufigste sein. Wenn man sie nicht mit anderen Werten verknüpft, kann sie sehr kurzlebig sein.

Voraussetzungen und Werkzeuge

Was braucht eine gute Freundschaft eigentlich?

  • Kommunikationsbereitschaft (eine gemeinsame Sprache finden)
  • Konfliktfähigkeit (Probleme ansprechen und lösen)
  • Langfristiges Verhalten auf beiden Seiten
  • Offenheit, Vertrauen
  • Toleranz, Ehrlichkeit
  • Verhalten bei Krisen, Landkarte aus dem Streit (was muss ich tun, um mich bei Streit richtig zu verhalten und wieder – nach einiger Zeit- zueinander zu finden?)

Im Grunde sind gute Freundschaften hochgradig empfindliche, aber auch komplexe Wechselspiele zwischen Menschen. Man muss in der Lage sein, sich auf unterschiedlichste Menschen einzustellen, man braucht psychologisches Geschick, muss sich verbal gut ausdrücken können und immer das eigene Gewissen im Hinterkopf haben.

Vielleicht ist das der Grund, warum die wirklich guten Freundschaften so selten sind?

Doch wie sieht sie jetzt aus, die fertige, gute, über Jahre gewachsene Freundschaft?

Das mag uns erst der nächste Teil beantworten!

7 Gedanken zu „Gute Freundschaften- Teil 2“

  1. Du verknüpfst Freundschaft für mich zu sehr an eine Partnerschaft.
    Wenn ich jetzt Dein Freund wäre und Du nennst mich Gefährte, möchte ich mal die Augen Deines Partners/Ehemannes sehen 🙂
    Deine Überlegung geht ja u.a. darauf hinaus, wie eine Freundschaft außerhalb einer Partnerschaft definiert werden kann. Und ehrlich, der, mit dem ich in einem Verein Fußball spiele, muss nicht mein Freund sein. Er ist ein Kollege (wie ein Arbeitskollege) und ich nenne das zunächst einmal Zweckgemeinschaft. (Passt die in Deine Liste?)
    Lebst Du in einer Partnerschaft ist das Finden und Pflegen von eigenen Freunden auch ein Unterfangen, das Du mal für Dich beantworten solltest.
    Wie geht es Dir in Deiner Beziehung? (fehlt auch in der Liste)
    Wie geht Dein Partner damit um, wenn Du ihn ausschließt? Reagiert er vertrauensvoll oder eifersüchtig? Fühlst Du Dich eingeengt und blockiert? Hast Du Angst und bist zurückhaltend?
    Nun nochmal zurück zur Zweckgemeinschaft. Auch eine Partnerschaft kann eben sehr schnell zu einer solchen „verkommen“. Gemeinsame Kinder sind geboren, das Ziel der Fortpflanzung erreicht.
    Also kommt für mich noch etwas sehr entscheidendes in den Begriff der Freundschaft:
    Verantwortung übernehmen. Nicht nur für die eigene Person sondern auch für den Anderen und für das Gemeinsame.
    Das Einstehen für eigene und für gemeinsame Fehler usw.

    So, ich hör mal auf, gehe jetzt zu meiner Mutter Mittagessen. Übrigens immer noch meine langlebigste Freundschaft, die ich habe.

  2. „Zweckgemeinschaft“ passt natürlich auch und dagegen habe ich auch nichts!

    Im Grunde habe ich an Freundschaften grundsätzlich sehr hohe Erwartungen, das ist mir auch bewusst. Es ist einfach meine Art, bestimmte Ideale in die Realität umzusetzen und ich habe kein Problem, wenn normale Freundschaften auch sehr eng, bzw. psychologisch bedeutend werden. Ein guter Freund/ eine gute Freundin muss und darf mir auch die Wahrheit ehrlich ins Gesicht sagen. Genau wie ein Partner! Es darf auch gerne zu Streit und Emotionen kommen. 😎

    Dieser (alte Partner) sollte es natürlich akzeptieren, dass man noch andere Freunde hat und es mehr Menschen gibt, die eine vielleicht partnerähnliche Nähe (zumindest in Teilen) aufbauen. Warum auch nicht? Steht irgendwo geschrieben, dass man nur einem einzigen Menschen vertrauen darf? Vertrauen ist eine Sache, die man großherzig verschenken sollte- dann bekommt man es auch zurück.

    Wie es bei mir in der Beziehungs-Realität aussieht ist eine andere Sache. Ich erzähle ungerne darüber, weil das immer den Bereich „Vertrauen“ berührt. Ist es für den anderen okay, wenn ich Details über unsere Beziehung preisgebe? In den meisten Fällen wahrscheinlich nicht. Wenn dieser ein Privatleben haben möchte, muss ich das respektieren. Dadurch wird es natürlich schwieriger, neue Leute in die eigenen Kreise einzulassen- gerade dann, wenn der eine Mensch sehr zurückgezogen, der andere aber extrovertiert und gefühlsbetont leben möchte. (und das ist bei uns oft so)

    Wenn ich eine neue Freundschaft aufbaue, ist das erstmal was Neues und es hat mit der alten Beziehung oder Freundschaft nichts zu tun.

    Entweder es bereichert das Leben und schenkt auch der alten Beziehung neue Aspekte- oder es ist verschwendete Zeit. Wie genau, das muss jeder für sich selbst herausfinden.

    Zu meiner Mum hab ich übrigens auch ein gutes Verhältnis. Eine super Sache!

    Also machs gut und viele Grüße!

    Julia

  3. Nee, Julia, ich wollte Dich jetzt auch nicht aus Deinem privaten Nähkästchen sprechen lassen sondern eben einen Denkanreiz für weitere Artikel geben. Eben, wie geht der Partner mit Freundschaften des Anderen um. Gibt es das Recht in einer festen Beziehung, sich selbständig ohne eifersucht eigene ggf. sogar fremdgeschlechtliche Freundschaften zu suchen und zu pflegen?
    Wir hatten das ja früher schon einmal, wo ich so frech behauptete, dass es keine Freundschaft zwischen Mann und Frau geben kann, weil immer Sex im Hinterkopf ist..
    Bis denni
    Hartmut

  4. Schade! :mrgreen: Aber es hat mich schon zum Nachdenken gebracht, danke dafür. Du weißt doch „Selbsterkenntnis ist der erste Weg…“

    Also Hartmut, ich kenne Deine Statements, gerade bei den Freundschaften… tja da scheinst du wohl auch recht zu haben.

    taugen also meine Ideale alle nichts? 🙁 HEUL!

  5. Quatschkopp!
    Freundschaften sind eben auch mein Steckenpferd und auch das von Marcella. Ich habe gestern mal wieder mit ihr telefoniert.
    Wir sind noch zu einer neuen Betrachtungsweise gekommen, die ich wohl leider – mit Deiner freundlichen Inspiration – in einem eigenen Artikel niederschreiben werde.

    Freundschaften, Beziehungen an sich, sind ein Thema, mit all ihrer psychologischen und philosophischen Betrachtung sind eine Thematik, die man ein Leben lang studieren kann. Aber lernen tut man es in der Praxis! 😛 TRÖST!

  6. Pingback: blogring.org

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