Gleichheit

Immer wenn ich über Geschlechter schreibe, stoße ich auf die gleichen Probleme: Einmal ist die da die Zweiteilung, also der Versuch und auch der Zwang, alles in zwei Welten einzuteilen. Geschlecht bedeutet eben Zweiteilung, allein die Sprache zwingt uns schon dazu. Wenn dann noch moderne Forschungen und der Zeitgeist dazu kommen, mag es kaum Platz geben für Vorstellungen der „Gleichheit“ und „Gleichwertigkeit“. Zementierte Rollenvorstellungen nagen an unserem Unterbewussten und zwingen uns dazu, Handlungen zu vollziehen, die Scheinbar mit unserem „Auftrag“ in einem bestimmten Geschlecht im Einklang sind. Ich denke da ganz frei und persönlich: Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, ihr eigenes Geschlecht zu hinterfragen und die soziale Geschlechtsrolle als etwas zu sehen, was durchaus fiktiv und virtuell sein könnte.

Aber dennoch gibt es so viele Probleme, die mit unseren Erwartungen zusammenhängen, die man auf Grund eines bestimmten Geschlechts von uns hat. Deutschland ist z.B. bekannt dafür, dass es in den Maßnahmen für eine Gleichberechtigung hinterherhinkt, dass wir ein Land in Europa sind, in denen es sehr starke, einseitige Rollenvorstellungen gibt (Einkommensverteilung, Führungspositionen, Kinder bei Müttern, etc.). Ich finde, in der letzten Zeit ist man in der Öffentlichkeit und den Medien wieder stark davon abgekommen, die Gleichberechtigung als mögliches Ziel anzusehen. Das ist nicht gut!

Es gibt kaum noch Stimmen in den Medien, die sich dafür einsetzen und Lösungen erarbeiten. Eher sind die Traditionalisten wieder im Kommen. Dabei ist eine starke Vorreiterrolle für die Emanzipation in Deutschland wichtig, weil man so auch andere Länder davon überzeugen könnte, mehr dafür zu tun- gerade in sehr traditionellen Ländern, wo die Frauen regelrecht unter ihrer Unterdrückung leiden.

Irgendwie hat sich die Entwicklung der Emanzipation „fest gelaufen“. Es gibt mehr Singles und mehr Scheidungen als je zuvor, die Frauen brechen aus ihrer traditionellen Rolle aus und es mag viele Stimmen gäben, die das als falsch erachten und wieder die „alten Verhältnisse“ wollen (siehe bei „Weiterführende Links“). Auf der anderen Seite ist das Leben als Karrierefrau unbequem und man ist ständiger Kritik und weniger Nestwärme ausgesetzt. Wenn man hier Schritt halten möchte, muss man zwangsläufig männliche Eigenschaften in sich entwickeln und bei Frauen kommt das im Allgemeinen sehr schlecht an. Es heißt ja nicht „Oh Schau mal, sie handelt wie ein Mann, das ist aber toll!“ Sondern vielleicht eher „sie sollte lieber eine gute Frau sein, am Herd stehen… Was ist mit Kindern?“ usw. Dieser Druck lastet ständig auf einem.

Ich denke bei unseren persönlichen Geschlechtsrollen-Vorstellungen sind wir unfreier und persönlicher als in allen anderen Dingen – und das ist letztendlich auch ein Grund, warum ich es so oft thematisiere. Man kann gar nicht oft genug darüber nachdenken und versuchen, einen Ausweg aus diesen Problemen zu finden. Dazu muss man sie allerdings erst einmal wahrnehmen.

Es ist nicht gut, wenn Frauen allein auf ihr Aussehen und ihre Gebärfähigkeit reduziert werden und unglücklich werden, wenn sie keinen Mann finden. Genauso wie ein Junge darunter leiden kann, ständig nur leisten zu müssen und sich nicht anders als über Egoismus und Aggression durchsetzen kann. Wie schnell wird die Geschlechtsrolle zu einem Korsett.

Was man neben der reinen Analyse und Beobachtung der aktuellen Verhältnisse also braucht, ist ein waches Verständnis für die Situation, sowie den ehrlichen Versuch und die Bereitschaft, auch eine andere Vorstellung von Geschlechtlichkeit an sich heran zu lassen.

Es kann nur zwei Ziele in der Geschlechtsdebatte geben: Entweder die alten Verhältnisse und die Zweiteilung forcieren oder versuchen, Menschen unabhängig vom Geschlecht als „gleich“ zu betrachten. Politisch haben unsere Vorfahren viel erreicht. Es liegt an unserer jetzigen Generation, die Zweiteilung und Diskriminierung in den Köpfen auch noch zu besiegen!

Und ich bin mir sicher: Das ist noch ein langer Weg.

Links

Frauenbewegung bei Wikipedia
Chronik der Gleichberechtigung
Gleichberechtigung im Gesetz
Kritik an der Emanzipation- mal wieder von einer Frau
Freundschaft zwischen Mann und Frau (eine Erfahrung)
Benachteiligung von Jungen in der Schule
Väteraufbruch (Sorgerechts-Thematik)

10 Gedanken zu „Gleichheit“

  1. Ich könnte meinen Kommentar gleich mit dem Chaos der Frau beginnen, weil wir jetzt an 3 Fronten (in 3 Artikeln) kämpfen. Mach ich aber nicht 😆

    Ich fange mal anders an:
    Ich war 20 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt. Als ich dort 1983 anfing, waren es fast nur Männer in den Führungsetage. Was dann kam, war die sogenannte Quotenregelung. Ein hart erkämpftes System, Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt zu befördern.
    Ich finde das gut. Nun ist das aber mit den Karrierefrauen so eine Sache. Als Mann betrachte ich sie natürlich als meine Vorgesetzte und als Frau. Im Laufe der Jahre waren wir Männer dann so ein wenig die, die ihre eigene Emanzipation verschliefen. Frauen findgen an, sich selbst zu befördern und spielten auch mit ihren eigenen Stärken, nämlich ihren weiblichen Reizen.
    Ich habe das selbst erlebt und es ist einer der Gründe, warum ich nicht mehr im öffentlichen Dienst tätig bin: Meine damalige Abschnittsleiterin war ein Mensch, die es einem offen dankte, wenn man sie bewunderte. Nicht wegen ihrer Leistungen sondern vielmehr wegen ihrer Frisur, ihrer Figur, ihrer Klamotten. Sie dachte da recht fortschrittlich, weil sie neben dem stressigen Berufsalltag oftmals kleinere Abteilungsevents, wie gemeinsame Mittagspausen, Kegelabende usw. organisierte. Mir war diese Frau nicht sympathisch, ich mochte ihre Art nicht und sie fing schnell an, mich zu mobben. Ich will das ganze nicht zu weit austreten, weil es genau so auch andersrum ablaufen kann. Jedenfalls fand sie bei ihrer Abteilungsleiterin Gehör, wenn sie sich über mich beschwerte und igendwann kam von der Abteilungsleiterin „Leistung“ über die Abteilungsleiterin „Verwaltung“, abgesegnet durch die Direktorin der Vorschlag, mir einen Auflösungsvertrag zu unterbreiten. Wilde Verschwörungstheorie, oder?

    Egal, ich kann Frauen im Berufsalltag verstehen. Einerseits müssen sie sich vielleicht sogar Härter durchsetzen, müssen ihren „Mann stehen“, haben dabei aber auch noch dieses klassische Verlangen nach Geborgenheit und Harmonie.

    Du schreibst, dass sich die Traditionalisten wieder verstärkt zu Worte melden und die alte Rollenaufteilung wiederherstellen wollen. Ich kann das durchaus nachvollziehen. Die klassische Karrierefrau bekommt nämlich keine Kinder mehr. Sie sorgt nicht mehr für den Fortbestand der Menschheit. Jedes hoch entwickelte „zivilisierte“ Land hat mit den Problemen des Geburtenrückgangs zu kämpfen. Unsere Renten sind nicht mehr sicher, weil es an „Nachschub“ fehlt. Gleichberechtigung ist schön und gut, wenn sie aber dazu führt, dass wir als Menschheit aussterben, was soll sie denn dann noch bringen?
    Dann überleben die Länder, in denen die klassische Rollenverteilung von Mann und Frau noch funktioniert!

    Bei all den Diskussionen, ob Frau beides, das Kind bekommen und den Beruf ausüben unter einen Hut bringen kann, ob Mann sich die Zeit für die Aufzucht der Brut nehmen kann, bei aller Entlastung durch den Staat, ich glaube nicht – und da sind wir wieder bei den Instinkten – dass sich die Karrierefrau auf den Mann verlässt und die Erziehung soweit aus der Hand gibt. Lieber bekommt sie dann eben keine Kinder.

    Gleichberechtigung bedeutet also nicht nur die Emanzipation der Frau sondern auch des Mannes. Er muss beweisen, dass er sich zurücknehmen und das „schwache Geschlecht“ sein kann, aber bei aller Liebe zur Gleichheit, der Mann kann und wird nicht schwanger und bekommt keine Kinder!

  2. Du hast oben in Deinen Links zum Text einen ganz wunderbaren Artikel „Freundschaft zwischen Mann und Frau (eine Erfahrung)“ empfohlen.
    Mich hat diese Geschichte sehr fasziniert und da er schon eine Weile her war, wollte ich wissen, wie es weitergegangen ist. Und ich muss sagen, sehr, sehr traurig.

    Vermisst 1
    Vermisst 2

  3. hmmm Hartmut, also das was Du schreibst, stimmt mich sehr nachdenklich und es ist zum Teil auch Bestandteil meines Gedanken-Chaos! :mrgreen:

    Also, wenn die Frauen Dich da auf Grund Deines Geschlechts oder negativer Symphathie gemobbt haben sollten, dann ist das ein Skandal und keinesfalls okay. Ich kann das nicht im Detail beurteilen, aber mir durchaus vorstellen, dass es emotional eine Belastung für Männer sein kann, wenn sie ständig von stärkeren (und zudem noch ungerecht handelnden) Frauen umgeben sind.

    An so einem Punkt ist es für Männer ebenfalls sehr wichtig, die Stimme zu heben und auf diese Ungleichheit hinzuweisen.


    Die Geschichte mit der jungen Freundschaft ist schlecht ausgegangen, das ist schade.

    Schön, dass Du da noch nachrecherchiert hast, ich hätte das übersehen.

  4. Irgendwie komm ich von meiner Männer-Rolle, dem Macho, dem immer harten, knallharten Oberchecker, dem Durchblicker, meinem schlechten Gewissen nicht runter. Echt, ich fühl mich beschissen, weil ich euch Frauen beschissen habe. Kann doch auch nicht sein.
    Julia, Du schreibst, wie ein Kerl, total pragmatisch, nahezu emotionslos, eben als Karrierefrau und als verbittertes Etwas, und da fühl ich mich nach einer Nacht des Denkens und Träumens schon ein wenig angepisst. Ich will nicht weiter darüber kommentieren, ich will mal gucken, wie du unter Druck reagierst und Dich entscheidest, ein neuer Kommentar oder besser ein neuer Artikel…
    Was fürn Smiley soll ich nach diesem Kommentar wählen? Den: 😆 😡 🙁 😥 oder besser: 😉 😎 🙂 😉 oder 😆 ?

  5. Was meinst Du damit, „dass Du euch Frauen beschissen hast“ ? Das verstehe ich nicht ganz.

    Und warum fühlst Du Dich jetzt angepisst? Gestern war doch noch alles okay?

  6. Das ist ja auch das Komplizierte bei euch Frauen. Wenn ihr – wie ich oben schrieb – anfangt, pragmatisch wie ein Kerl zu denken und zu handeln, bleibt irgendwie eure Weiblichkeit auf der Strecke. Nur in den Situationen, in denen ihr nicht weiter wisst oder „Schutz“ sucht/braucht, kommt genau diese Liebste aus dem Kopfschüttelblog doch heraus. Mal die Harte, mal die Zarte, trägt nicht unbedingt zur Entwirrung in der Männerwelt bei. Und wir Kerle rennen doch schon gestraft genug herum. 😆
    Nee, also ich nehme das meiste von heute morgen zurück und entschuldige mich. Ich hatte nur eine sehr schlechte Nacht wegen meiner Freundin, die sich kurz nach dem Schreiben ihres Textes „Ich schaffe es wieder“ meinte, mit ’ner Flasche Sprit beschenken zu dürfen und mich dann 8 Stunden per Telefon, SMS und MSN mit genau dieser Thematik weiter zu nerven.
    Also, nochmals, Entschuldigung, Julia. Ich war womöglich im falschen Blog, um mich auszukotzen 😳

  7. Alles Gute, Hartmut, auf dass es Dir wieder besser gehe!

    Mich schmeisst es immer durcheinenander, wenn ich mit labilen Personen zu tun habe, weil ich mit dieser Spezies reichlich einiges erlebt habe.

    Die Liebste aus dem Kopfschüttelblog ist nicht repräsentativ, aber anscheinend gibt es solche Frauen.

  8. also erstmal kannst Du Dich ruhig hier „auskotzen“ Hartmut, dafür hab ich das Blog ja und ich hab es dir auch angeboten!

    aber dann musst du eben mit meinen Reaktionen rechnen und die können unter Umständen etwas unberechenbar sein.

    Ich bin sicherlich eine Ausnahme. Das Wichtigste für mich ist: Erkennen der theoretischen Zusammenhänge auf der einen Seite (sachlich) – und auf der anderen Seite zu überlegen, wie man persönlich eingebunden ist, wo man „unfrei“ ist, etwas zu ändern, etc. (emotional).

    Durch Übung in diesen Dingen hab ich gelernt, dass Emotionale etwas zurück zu drängen, weil es oft im Weg steht und nicht viel hilft.

    Mein Ideal ist, in der Mitte zu stehen, von den männlichen und weiblichen Eigenschaften gleich viel zu haben und möglichst „neutral“ zu bleiben.

  9. Um mich mal wieder zu erden, hab ich gestern Abend mit mir alleine einen wunderbaren Frauenabend verbracht, habe mir ein Kerzchen angezündet, eine Flasche Rotwein geöffnet und meine alten Sex and the City-DVDs rausgekramt.
    Das mit dem „unfreien“ werde ich dieses Wochenende klären, denn so kann es (mit mir) nicht weiter gehen.
    Danke Euch beiden für die lieben Worte, Julia & Violine

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