Das Null-Kommentar Problem

Solange ich blogge und im Internet schreibe, stoße ich immer wieder auf dieses Problem. Man schreibt, baut sich einen Besucherkreis auf und plötzlich stirbt die Diskussion ab. Man ruft seinen 60 Followern in Twitter „Guten Morgen!“ zu – aber keiner antwortet. Man stellt eine Frage ins Blog, glaubt der neuen Feedstats-Anzeige, die irgendwas mit „642“ ausgibt (warum die sich jetzt verdreifacht hat, seit der Neuinstallation ist mir ein Rätsel)- und alle klicken weiter.

Das Internet ist ein Massen- und ein „Schwarm“-Medium. Wer viel Besucher hat, wird immer jemanden finden, der antwortet und schreibt, aber das ist dann mehr ein Rate- und Zufallsspiel. So gieren alle nach den gigantischen Besucherzahlen, die wohl erst ab so 500 pro Tag werbe- und kommentarlohnend werden.

Wenn man- wie in der Anzeigen-Werbung – mit Konversionsraten rechnet  und denkt, ist klar, dass ca. 1 Prozent der Besucher mal einen Kommentar schreibt (und somit die Häufigkeit mit der Masse der Leser zunimmt), der andere Teil aber die kostenlosen Infos aufsaugt und nichts zurück gibt- kein Link, keine Meinung, kein Feedback. Das ist eigentlich schade.

Und ihr könnt sagen was ihr wollt, für mich ist das eine soziale, negative Folge der Internet-Kommunikation und auf jeden Fall ein Aspekt, auf den man irgendwie reagieren muss.

Ein möglicher Versuch ist, sich selbst immer wieder auf die Seiten und mit den Personen zu beschäftigen, die man mag, und zu versuchen, jeden Tag oder zumindest jede Woche mal „Hallo“ zu sagen, damit man die Kommentarschreiber nicht verliert. Aber Kommentar-Schreiber sind eben auch nur Menschen und wenn sie selbst genügend Besucher haben, vergessen sie die anderen gerne mal wieder- so ist die Gefahr, alle Leser wieder zu verlieren, sehr groß und ziemlich unberechenbar. Abwerben von Lesern und Aufmerksamkeit auf das eigene Blog ist auch so ein Problem, mit dem man sich auseinandersetzen muss.

Zielgruppe definieren

Die andere Schwierigkeit, die ich im Moment sehe, ist der Versuch, die richtige Zielgruppe zu finden. Klar, kann ich auf der einen Seite Techno- und Fernsehtipps zum Besten geben, auf der anderen Seite über Sex und Partnerschaft schwadronieren, um dann im nächsten Absatz galant in die Technikecke zu schieben. Wer vielseitig ist, hat damit keine Probleme und akzeptiert das stillschweigend. Ich bin mir aber sicher, dass es mit der Vielseitigkeit der Themen sogar noch schwieriger wird, ein Stammleser-Publikum aufzubauen, weil man einfach in regelmäßigen Abständen all diejenigen verprellt, die sich gerade nicht für Buddhismus oder nicht für Psychologie interessieren, sondern nur den neusten Kamerabericht lesen wollten!


Wie Medioman  schon treffend festgestellt hat, werden Blogs in Google gesucht und dann zielgerichtet Seite für Seite gelesen- eine Navigation oder gar eine Bindung an das gesamte Blog ist somit selten. Das große Inhaltsverzeichnis ist eben die SERP von Google und wir Blogger sind nichts anderes als fleißige Arbeitsbienen, die kostenlosen Content liefern.

Das muss ja nicht sein und wie kann man dem entgegen wirken?

Menschlichkeit im Computerzeitalter

Meiner Meinung nach nur, indem man sich aus den Klauen der unbarmherzigen Informationsschiene befreit und Menschliches dagegen setzt. Indem man wirklich und authentisch auf andere Menschen zugeht und über die Techniksache hinaus, echte soziale Bindungen aufbaut, die dann der Kurzlebigkeit des Internets und der Bytes überlegen sind. Im Grunde ist es nicht so schwer zu verstehen, aber vielleicht in der Realität doch schwierig umzusetzen. Die Tendenz, nach der Masse zu schielen und sich immer noch geiler und größer zu verlinken, ist natürlich da, ohne Frage. Allein mit jedem Tag, den man schreibt, liefert man ja Google das, was es braucht, also Inhalt und automatisch werden neue Besucher kommen und der Zustrom wachsen.

Die Frage muss also sein, wie kann ich zwischen all diesen Dingen, Beziehungen zu anderen Menschen- nämlich zu meinen Lesern aufbauen- und was brauche ich dafür?

  1. Such die eine Zielgruppe, die zu den Themen passt, über die du am meisten schreibst
  2. lese und kommentiere in den Blogs, die du magst
    (damit löst man sich aus dem passiven Schritt und gibt was zurück)
  3. Warte ab, ob was zurückkommt und wiederhole (1 u. 2)
  4. Verfeinere deine Suche und kommentiere weiter bei den Leuten, die was zurückgegeben haben
  5. Pflege die Beziehung auch außerhalb des Blogs (so gut es geht und vertretbar ist)
  6. Wenn sich die Geschichte leer läuft und die Beziehungen doch nicht so gut waren, wie am Anfang gedacht, musst du wieder zu 1 u. 2 zurückgehen und das ist das, was ich mit „Null -Kommentar- Problem“ meine 😉 Oder du gehst deinen Lesern auf den Geist und fragst, was los ist, warum sie sie nicht melden, usw. Aber wer macht das schon? Blogs und Leser sind Gegenstand und Inhalt des freien Markts und keine vertraute Familienrunde. Leider.

Weitere Möglichkeiten, an Leser zu kommen

  1. Mach bei Stöckchen-Aktionen mit oder denk dir eine aus (lange nicht mehr gemacht, gell)
  2. Geh den Weg über Twitter, aber nicht über Los! Twitter zeigt manchmal prägnanter und kurioserweise auch menschlicher, worum es den Leuten eigentlich geht, was sie beschäftigt
  3. Schreib und lese in einem Forum deines Themengebiets und hinterlasse einen Link in der Signatur oder im Profil, aber bitte nicht spammen oder Werbung posten!
  4. Klink dich in ein soziales Netzwerk von anderen ein (der klassische Weg, noch aus der Schulzeit bekannt)- aber bitte zerstöre die bestehende Clique nicht durch deine Unfreundlichkeit und bring die Menschen nicht auseinander, das wäre fatal! Ein bisschen Zoff ist okay und belebt die Beziehungen vielleicht sogar am Ende…
  5. Sei geduldig, nimm dir für alles Zeit und überlege, was du wirklich willst, was dein eigentliches Ziel ist (Motivation?)
  6. Schieb es nie auf andere („ach die melden sich ja nie!“), sondern such die Fehler immer zuerst bei dir selbst. Dann bist du auch eher bereit, einen aktiven Schritt zu gehen!
  7. Sorge für richtig gute Themen, lang und ausführlich recherchierte Texte und distanziere dich durch Qualität und Einzigartigkeit. Ehrlich: Wenn du mal eben etwas schnell runterschreibst, wird man es merken! Der Leser ist nicht so dumm, wie man manchmal hoffen mag…
  8. Verlinke und lese andere Blogs und verteile Aufmerksamkeit und Links. Hey, du hast unendlich viele Verlinkungs-Möglichkeiten.. so eine Datenbank ist groß.. also nutze die Ressourcen!
  9. Antworte auf deine Kommentarschreiber, starte eine Diskussion und behandle sie nicht wie „Luft“.

Alles klar? Wer Fragen hat, bitte nicht scheuen zu fragen. Ich such mir jetzt ein paar neue Bloggerinnen, äh Blogger und Bloggerinnen 😉

9 Gedanken zu „Das Null-Kommentar Problem“

  1. Dann würde ich mal sagen, dass Du alles richtig gemacht hast bzw. gesagt hast. Du linkst, Du blogst ausführlich und wohl recherchiert, Du nutzt Twitter, Chats und sicherlich auch soziale Netzwerke wie Foren und Communities und lässt Dich auch auf gemochten anderen Blogs zum Kommentieren nieder.
    Auch hier kann sich jetzt eine gute angeregte Diskussion entwickeln. Sie wird sich sicherlich dann langsam wieder auflösen, wie es schon bei anderen großartigen Diskussionen hier im Blog passierte (ich denke da nur an Deinen Google-Artikel).

    Ich selbst bin darüber manchmal recht froh, dass eine Diskussion endet. Das gute in Blogs ist, dass die Neigung der Kommentierenden schnell off topic zu werden, weitaus geringer ist als in Foren. Das mag auch daran liegen, dass sich meist weniger an den Diskussionen beteiligen. Es wird weniger getrollt als in Foren. Trotzdem bin ich froh, weil man als Bloggender sich meist schon wieder von der damals geschriebenen Thematik entfernt hat, neue Artikel geschrieben hat oder vorbereitet. Da kann es sogar deinspirierend wirken, wenn eine Diskussion sich weiter fortsetzt.

    So, das mal als erster Kommentar. Es gibt noch so viel zu diesem Thema zu sagen, dass wir das Fortsetzen werden (müssen).
    LG Hartmut

  2. Hi Hartmut

    ne ich mach nicht alles richtig, ich hab das typische Frauenproblem: ich bin zu passiv und warte, dass man auf mich zugeht. Das ist Blödsinn in diesem Marketing-Blogger-Kontext.

    Ein wenig positives Denken, Aktivität & Elan braucht man da schon…

    Grübeln allein ist bloße Selbstzerstörung…

    Diskutieren mit dir: immer gerne!

    lg, Julia

  3. ich bin zwar kein Marketing-Blogger,

    aber das Wort Menschlichkeit steht bei mir an oberster Stelle. Ich kann keinen Bezug zu Anderen aufbauen, das ist für mich der Sinn des Internets, wenn ich mich zurückhalte. Wenn Besucher sich zurückziehen, mag ich auch nicht fragen warum. Ich versuche dann zu hintergründen, ob ich vielleicht anders geworden bin, anders schreibe, jemanden übersehen habe…
    Das Angebot innerhab des Netzes ist einfach so groß, dass niemand mehr richtig Zeit hat, um aufmerksam zu lesen. Es werden immer nur Fragmente aufgegriffen und schwups ist man wieder woanders.
    Mir gehts es jedenfalls so: lese ich einen langen Text, fühle ich mich schon überfordert, will es dann lesen, wenn ich ‚Zeit‘ habe und mache es dann doch nicht, weil dann wieder Neues da ist.

    Ich selbst fasse mich meistens sehr kurz, aber das ist meine Art, die ich nicht ändern will, das bin ICH 😉

    Was ich eigentlich schreiben wollte, ist, dass mich dein Beitrag sehr angesprochen hat.

  4. Gute Tipps!

    Ich freue mich über jeden einzelnen Kommentar, bin aber auch nicht enttäuscht, wenn mal niemand einen Kommentar hinterlässt. Ich stelle dem Web meine Inhalte kostenlos zur Verfügung, also erwarte ich auch nicht, dass jemand etwas zurückgibt.

    Das ist aber kein Internet-spezifisches „Problem“. Ich vermute, dass die Anzahl von Leserbriefen, die eine Zeitung erhält, auch relativ gering ist, wenn man sie mit der Anzahl der Leser in Relation setzt.

  5. Julia,

    Ich rede sehr viel blogs aber reagiere nicht viel. Vielleicht wenn die artikel nicht ansprechen, ich nicht viel uber ein artikel weis obwohl sie sehr interessant sind oder wenn ich die sprache manchmal etwas schwierig finde. Ich bin ja Niederlander.
    Geht dich gut. X

  6. Hallo Julia,

    das kommentieren ist auch ein Zeitproblem. Jeden Falls bei mir, der nicht bei der Arbeit online ist. Daher lese ich zu Hause schnell ueber die Blogeintraege, dann ist es auch schon knapp puenktlich zur Arbeit zu kommen. Ich nehme mir dann vor, am Abend in Ruhe zu kommentieren, komme dann aber mit ganz anderen Gedanken nach Hause… Also nicht boese sein 😉

  7. @ Barbara:
    dankeschön für die Worte und dein Kommentar. Menschlichkeit find ich auch sehr wichtig, aber es ist manchmal schwierig, beides (also Profibloggen und Privates) miteinander zu verbinden. Eigentlich find ich privates Bloggen schöner, aber so richtig privat ist man im Netz auch wiederum nicht.

    Ich werd mal dein Blog in die nähere Auswahl nehmen und regelmäßig lesen 😉

    @ Alice:
    Gute Einstellung! Nicht enttäuscht zu sein ist schon mal die Grundlage für positives Denken. Find ich gut.

    @Pluutje:
    Du bekommst sowieso den Preis für den treusten und längsten Leser, den ich kenne! 😉 Da ist es nicht schlimm, wenn du nur einmal im Quartal was schreibst. Es ist einfach schön zu sehen, dass es Leute gibt, die einen so lange lesen. Schön!

    @Stephan:
    Lieber Herr Chefkritiker, nein ich bin ihnen nicht böse, ich bin so manchmal froh, dass ich von ihren scharfen Augen + Worten verschont werde. haha 😉

  8. Hallöchen, obwohl Google-Analytics mir verrät, dass Hunderte mein Blog lesen, habe ich sehr wenig Kommentare. Wenn sie kommen, dann von Leuten, in deren Blogs ich mich auch schon mal zu Wort gemeldet habe. Natürlich freu ich mich über jeden Beitrag, den meine LeserInnen hinterlassen. Andererseits kenne ich das von mir, dass ich selbst auch nur etwas kommentiere, bei dem ich denk, dazu kann ich was sagen. Finde ich einen Text einfach nur lesbar und gut, dann freu ich mich, teil das aber nicht unbedingt mit. Insofern regt man als Blogger die potenziellen KommentatorInnen am ehesten noch damit an, dass man ihnen eine konkrete Frage stellt, aber selbst das kann im riesigen und schnellen www verpuffen.

  9. @ Heiko: da hast du vollkommen recht. Fragen zu stellen und die Leser direkt anzusprechen ist schonmal ein guter Weg. Ach übrigens, ich glaub, ich muss bei dir auch mal wieder kommentieren, gell? 😉 Viele Grüße, Julia

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