Selbstversuch mit Zucker-Reduktion

Bitte beachten: Alle Angaben zu Gesundheit sind ohne Gewähr.

Ich weiß nicht, ob ihr es wusstet, aber ich bin eine „Selbstausprobiertante“. Gerade im Internet bekommt man ja heutzutage so viele Tipps zu allen möglichen Themen, vor allem bei den Gesundheits- und Abnehmthemen reizt es mich, sie zu Hause auszuprobieren.

So habe ich in diesem Jahr (vor ca. 4 Wochen) eine „Alkohol- und Zuckerdiät“ angefangen. Dies ist auch unter dem Oberbegriff LowCarb-Diät bekannt.
Der Gedanke dahinter ist relativ einfach: Zucker und „leichte“ Kohlenhydrate (wie z.B. Weißbrot) heben den Insulin-Spiegel sehr schnell an und führen nach kurzer Befriedigung des Hunger-Gefühls zu neuem Hunger. Bei Abnehmen ist das hinderlich, weil im Körper nur Fett verbrannt wird, wenn der Insulin-Spiegel niedrig ist. Bei einem niedrigen Insulinspiegel erkennt der Körper, dass es keinen „freien Zucker“ im Blut gibt und muss an die Reserven gehen.

Fettreserven sind gespeicherte Energie im Körper, ein Kilogramm Fett entspricht dabei ca. 9000 kcal (Mehr Infos dazu).

Nur mal zum Vergleich: eine Tafel Schokolade hat ca. 500 kcal, die man oft in weniger als 10 Minuten in sich reinstopft.  Um 1 kg Fett zu verbrennen muss man also Sport machen, der diesen Kalorienberg abschmilzt. Zum Vergleich: Eine Stunde Wandern verbrennt bei mir nach gängigen Kalorienrechnern ca. 350 kcal.

Alkohol gilt dabei auch als schädliche Energieform, nämlich in ebenfalls sehr starken und gut verfügbaren Form (Ethanol). Alkohol ist sehr energiereich, das wissen viele Leute gar nicht. Trinkt man zum Essen z.B. Bier oder Wein, nimmt sich der Körper zuerst die Energie aus dem Alkohol und baut die Energie aus der Nahrung in ungewünschte Fettspeicher ein. Außerdem verstärkt der Alkohol beim Essen den Appetit. (Mehr zu Brennwert)

Soweit die Theorie.

Ich habe jetzt in meiner Ernährung versucht, alle hellen Mehle weitesgehend wegzulassen und statt Toastbrot nur noch Vollkornbrot zu essen (niedriger glykämischer Index) und den Alkohol (bis auf die Wochenenden) wegzulassen. Außerdem hab ich so gut wie keine Süßigkeiten, keine Schokolade, keine Gummibärchen und keine Kekse mehr gegessen. Auch Kartoffelchips und Salzbrezeln waren tabu und wurden hauptsächlich durch Nüsse oder Pistazien ersetzt. In meiner Haupternährung stehen eher Proteine (Fleich, Käse, Milch) und Gemüse und Obst.

Die Folgen merkte ich schon relativ schnell: Nach wenigen Tagen hat mir mein Körper eine starke „Unterzuckerung“ gemeldet. Ich fühlte mich sehr schlapp und energielos. Außerdem bekam ich Kopfschmerzen und schlechte Laune. Der Körper war es gewohnt, immer in großen Mengen Zucker zu bekommen, das fehlte ihm jetzt. Gerade bei der Gehirnarbeit am Computer entstehen schnell Heißhungerattacken. Denn das Gehirn ist ein „Großverbraucher“ von Energie und während der sitzenden Tätigkeit hat man einfach mehr Lust auf schnelle Zucker und Snacks zwischendurch. Diese Heißhungerattacken sind nur durch „richtige Mahlzeiten“ zu ersetzen. Ich habe also angefangen, mittags wieder regulärer zu kochen und ein „normales Mahl“ zu bereiten. Die Umstellung auf weniger Zucker hatte nach ein paar Tagen besser geklappt, die Nebenwirkungen wurden geringer.

Das reguläre Kochen macht zudem Spaß und man macht sich Gedanken über die Ernährung- kann so schlecht nicht sein. Immer täglich frisches Obst und Gemüse zu essen soll ja sehr gesund und „gut“ sein. Es setzt aber auch voraus, dass man ständig in die Einkaufsmärkte fährt und „neues Zeug“ besorgt. Denn Gemüse lagert sich nur sehr schlecht und muss eigentlich alle drei Tage neu geholt werden. Ähnliches gilt für Obst.

Alles gar nicht so einfach. Und, hab ich jetzt einen Effekt gespürt? Also einen positiven – gewünschten?
Ich hab auf jeden Fall nicht mehr zu genommen, seit dem ich das Experiment angefangen habe. Aber die große Überraschung bei den Pfunden gab es noch nicht. Der Körper ist einfach zu flexibel und zu schlau, er passt sich auf das geänderte Nahrungsangebot an! Er kann nämlich seine Zuckerreserven auch aus anderen Stoffen wieder aufbauen. Am Ende ist nur die Gesamtbilanz wichtig.

Den Heißhunger hab ich immer noch, aber insgesamt ist die Fresslust etwas weniger geworden. Dort merke ich also eine positive Veränderung. Ich habe plötzlich eine sehr starke Sensibilität für „Süßes“ entwickelt. Gezuckerte Industrieware (z.B. Joghurt) kommt mir plötzlich viel süßer als früher vor. Und das führt dazu, dass ich es fast eklig finde und automatisch weniger davon möchte. Es ist also eine „positiv rückwärts gewandte Suchtspirale“ entstanden. Eine Entwöhnungsspirale, die ich in Gang gesetzt habe. Ich bin aber nicht mehr ganz so streng zu mir und wenn die Lust auf Zuckriges wieder sehr groß wird, gebe ich dem auch mal nach. Aber tendenziell eher am Wochenende (selbstgebackener Kuchen) oder zu bestimmten Anlässen, so wie es auch früher eher üblich war (also zur Zeit unserer Omas).

Den Akohol zu reduzieren ist gar nicht schwierig. Bei mir schlägt nämlich schon geringe Mengen von Alkohol sofort negativ aufs Immunsystem und wenn ich zuviel davon trinke, wird auch die Haut schlecht und ich fühle mich nicht gut. Also hab ich kein Problem, nur am Samstag mal einen Gin Tonic oder ein Bier zu trinken. Aber selbst das ist kein „Muss“. Wenn man erstmal mit Alkohol anfängt, möchte auch hier dier Körper immer mehr davon. Die Suchtgefahr von Alkohol ist nicht zu unterschätzen. Am besten weglassen oder gar nicht erst damit anfangen.

Bei der Fettverbrennung hab ich nun die Angebotsseite deutlich verändert und reduziert, aber es geht nicht ohne die eigentliche Verbrennung, also den Verbrauch. Bestehende Fett-Reserven müssen durch sportliche Aktivität reduziert und abgebaut werden. Es geht nicht anders. Die Ernährung ist die eine Seite, aber die tatsächliche Aktivität ist die andere. Um wirksam Fett zu verbrennen, muss man vor allem Muskeln aufbauen. Denn der Grundumsatz der Muskeln verbrennt dann auch Fett im Ruhemodus.

Das Ziel lautet: Weniger unnötige Fettpolster im Körper zu haben, vor allem das ungesunde Bauchfett zu reduzieren. Wenn man das schafft, hat es noch weitere Vorteile: Die Vitamin D – Verfügbarkeit soll sich verbessern. Denn das Sonnenhormon Vitamin D (mit den vielen positiven Wirkungen auf Stimmung und Immunsystem) wird im Fett eingespeichert.

Frauen sollten zudem darauf achten, genügend Omega-3 Fettsäuren zu sich zu nehmen (z.B. in Fisch oder Leinsamöl). Denn das Hungergefühl wird bei ihnen dann ausgelöst, wenn der Körper zu wenig von diesen Fettsäuren im Blut hat. Diese sind vor allem für die Schwangerschaft und die Ausbildung des Kindes wichtig. Hohes Östrogen führt automatisch zu Hungergefühl, diesen Zusammenhang dürften einige von meinen weiblichen Leserinnen kennen. (Mehr Infos dazu)

Abgenutzt

Der Mensch ist mehr als nur die Summe seines guten Aussehens.

Er ist auch der Charakter, die Erfahrung, das Wissen und seine Fähigkeiten.

Das Aussehen wird „schlechter“, wenn man älter wird. Die Haut bekommt Risse und Falten, die Hände werden benutzt, die Muskeln und Gelenke nutzen sich ab. Die Organe leisten Höchstleistungen, das Lebenswerk schreitet voran. Das Herz altert, die Lunge hat nicht mehr soviel Volumen, um den Bauch lagert sich Gewicht und Schwermut ab. Im Gehirn gibt es Ablagerungen. Bestimmte Denkschemata wurden überstrapaziert. Es haben sich „Highways“ in den Nervenbahnen gebildet, die der Bequemlichkeit halber immer wieder benutzt werden. Auch geistig ist man nicht mehr „unbeschrieben“, sondern muss einen gewissen Weg immer weiter gehen.

Der Mensch leistet in seinem Leben sehr viel und muss dazu seinen Körper und seinen Kopf benutzen.

Es ist nur logisch, dass sich dieser Körper „abnutzt“ und nicht mehr so hübsch und neu ist, wie er das früher einmal war.

Und doch gehen wir hin und bewerten das „Neue“ als so viel besser und wertvoller als das „Erfahrene“ ?

Für Frauen ist das eine schlimme Sache, weil das Alter höchster Fruchtbarkeit (irgendwo zwischen 18 und 25) auch zeitgleich das Alter ihrer höchsten Attraktivität ist. Die Haut ist glatt und straff. Die Augen ganz weiß, hell und aufgeweckt. Die Haare schön, frei von jeglichem Grau. Die Kurven sind zart und knackig. Alles ist schön.

Wenn „frau“ dann älter wird, zieht die Schwerkraft alles nach unten. „Dellenhaut“ kommt dazu. Aus der schönen weichen Unterhaut wird plötzlich ein Problem. Die attraktiven Brüste beginnen plötzlich zu hängen. Aus den „Lachfalten“ ist eine Sorgenfalte geworden.

Und bitte nicht zuviel wissen!

Wer will schon eine Frau haben, die viel weiß und Erfahrung hat? Als Mutter wird das noch akzeptiert.
Aber bei den anderen Frauen sinkt die Attraktivität, je mehr sie wissen und je „schlauer“ sie gelten. Wer will schon erfahrene, weise Frauen, die viel wissen und alles hinterfragen? Dann würde sich ja in der Gesellschaft etwas ändern und das kann man auf keinen Fall zulassen.

Bei Männern ist das leichter mit dem Altern. Je älter sie werden, desto höher ist ihre Akzeptanz. Macht, Geld und Einfluss steigen stetig. Sie haben sich was aufgebaut. Können jetzt „eine Familie“ ernähren. Sie werden akzeptiert und geduldet. Ihre Statussymbole werden besser, der Gehaltsscheck fällt größer aus und das mit dem Muskelschwund geht nur ganz langsam. Allen Bemühungen zum Trotz hat es die Schönheitsindustrie noch nicht geschafft, den Mann nachhaltig zu verunsichern und ihm seine Hässlichkeit einzureden.

Frauen hingegen, so scheint es mir, werden irgendwann ab einem gewissem Alter „aussortiert“. Keiner redet darüber, keiner wollte es gewesen sein. Aber upps, es ist trotzdem passiert.

Und weil sich die negative Rückmeldung von außen auch irgendwann auf „innen“ übertragen, wollen sich die älteren Frauen auch selbst nicht mehr sehen. Ich sehe auf jeden Fall keine älteren Frauen mehr. Weder auf Facebook, noch auf Instagram, noch in der Einkaufspassage. Überall sind diese jungen Dinger.

Wie sie mich da anglotzen, mit ihren jungen unbeschriebenen Gesichtern auf denen nichts anderes steht, als Naivität und Blödheit.

Nein, ich mag Erfahrung und Weisheit. Je mehr, desto besser!

Das Püppchen

Passende Musik

Das Püppchen sah sich selbst vorm Spiegel an und konnte es kaum glauben. Die Wimpern so lang, die Wangen so hoch und die lockigen blonden Haare fielen ihr von der Schulter. Sie hatte volle Lippen, die sie in der letzten gerne schminkte. Ihr Haut war weiß und glatt geworden. Ihre Augen irgendwie tiefer und intensiver. Sie lächelte sich an, war sehr erfreut. So wie die letzten 2000-male auch, als sie sich vorm Spiegel anlächelte. Sie drehte sich ein bisschen um die eigene Achse um ihre neuen weiblichen Rundungen zu betrachten. Und auch die waren neu und schön. Sie konnte es kaum glauben. Sie strich vorsichtig den feinen Stoff ihres Kleides über die Hüfte und es fühlte sich tatsächlich alles echt an. Sie musste lachen, grinsen und ein bisschen kichern. Überhaupt lachte sie in der letzten Zeit viel mehr. Sie wusste nicht warum, aber sie fand alles witzig. Sie sah plötzlich Dinge, die sie vorher übersehen hatte. Ihre Augen waren wie ausgewechselt und die „Filter“ die dazu gehörten, sowieso. Alles hatte plötzlich einen rosa-farbenen Schleier. Die Dinge wurden weiblicher. Alles, was sie anfasste, wurde zu etwas weiblichem. Jede Bewegung ihrer Hände war weiblich, alles bestand plötzlich aus Anmut und Grazie. Sie arbeitete wieder mit Farben und konnte Stunden mit Bildern und Menschen verbringen. Alles lebte, die Figuren kamen ihr fast entgegen, unbewegtes wurde belebt und Menschen konnte sie fast durch den Bildschirm riechen und hören, auch wenn sie nur aus Bits und Bytes bestanden.

Dafür war ihre Konzentration schlechter geworden. Und sie fühlte sich dumm, was sie betrübte. Wenn der Typ neben ihr saß und sie mit ihm zusammen arbeiten wollte, konnte sie sich kaum auf den Inhalt am Bildschirm konzentrieren. ER war plötzlich viel wichtiger geworden. Sie setzte sich extra so hin, dass er sie berühren musste, wenn er mit der Maus was am Bildschirm erklären wollte. Sie genoss die Berührung. Das sanfte Streichen über ihre Haut. Das Blut schoss dabei durch ihren Unterkörper und die Nackenhaare stellten sich auf. An den Armen spürte sie ein leichtes Kribbeln. Überall war Energie, sie war die Energie. Und schon wieder musste sie kichern.

Die Musik ergoss sich über ihre Ohren. Es war nicht einfach nur noch Musik. Es war wie zwei Tonnen Vanille-Eis, das man über ihre Brüste und ihren Körper ausgegossen hatte. Sie lebte in diesem Bad aus Musik… dann vergaß sie alles um sich herum und schmolz wie Butter in der Sonne. Mit fettigen Fingern konnte sie gerade noch so an der Lautstärke drehen, dann setzte ihr bewusstes Denken, das „Grübeln“ aus. Ihr Körper wurde zu Noten, ihre Beine wurden zu Linien und ihr Herz pochte im Takt. Das Püppchen war ein schöner Anblick. Der Schalter im Nacken drehte sich und drehte sich. Ob die Batterie je zu Ende sein würde? Im Moment sah es nicht danach aus.

Die Beine, so wackelig

Adagio for strings

Es regnet und es ist kalt. Du strengst dich voll an. Der Körper ist aufgeheizt, aufgepeitscht und leistet Schwerarbeit.
Die Muskeln bilden sich zurück, die Spannung im Gewebe lässt nach, aber das alte Gewicht ist noch da. Das Östrogen blockiert irgendwas im Körper. Die Kalium-Kanäle?

Wie auch immer- dein Blutdruck sackt ab.

Du kommst nach Hause und willst die nassen Klamotten ausziehen. Dann hast du plötzlich ein Flackern vor den Augen.
Es wird nicht besser. Das Make-Up ist verschmiert. Nein, da ist aber nichts in den Augen. Es flackert immer noch. Du siehst weniger Farben, alles wird grau. Deine Beine werden schwach, die Knie geben nach.

Dann kippst du nach hinten über, willst dich noch irgendwo festhalten. Aber du fällst. Immer tiefer und tiefer.
Da ist immer noch keiner, der dich hält oder bremst. Alle finden dich klasse und hübsch.
Sie bestärken dich, den Weg noch weiter zu gehen. Sie finden es schön, wenn du Gewicht verlierst und zu einer Elfe wirst.

Keiner merkt, was du wirklich fühlst. Dein eben noch massiv-gebauter Körper wird zu Brei. Zu einer Masse, wie Wackelpudding.
Dein Bewusstsein dehnt sich aus. Es erfüllt den ganzen Raum. Aus Materie wird Energie.
Rückwärts durch die Zeit. Jünger vielleicht oder einfach nur dünner.

Vielleicht auch dümmer. Chaotischer. Weiblicher.
Du siehst durch die hormonelle Brille. Und da sind plötzlich überall andere Frauen um dich herum.

Sie schieben einen Kinderwagen durch die Menge und versuchen sich auf hohen Schuhen in ihrem dünnen Leben festzuhalten.

Der Mann mit den breiten Schultern läuft hinter ihr. Anstatt ihr den Weg frei zu räumen, versteckt sich der Muskelprotz hinter seiner grazilen Partnerin. Es wird von dir erwartet. Du sollst den ersten Schritt machen. Du sollst lieben. Du sollst vorne stehen und alles koordinieren. Aber du kannst dich ja kaum selbst lenken oder steuern. Wie soll es da mit dem Leben klappen?

Eine andere ältere Frau hat mehr Erfahrung. Sie lächelt dich an. Sie sieht dein blasses Gesicht und reicht dir eine Weinschorle zum aufwärmen. Eine andere Frau bezahlt parallel mit dir zusammen. Ihr werdet gleich behandelt. Die Frau, die die Weinschorle ausgibt, kann euch gleichzeitig bedienen und abkassieren. Das ist ein witziges Gefühl.

Auf dem Weinfest fühle ich mich klein. Hohe Schuhe hätten mir geholfen, einen besseren Überblick über das Geschehen zu behalten.
Im „Tower“ geht es wackelig daher. Der Boden wackelt, er fährt wie auf einem Laufband. Deine Beine werden noch weicher. In deinem Gehirn ist der Alkohol. Du fühlst dich wieder wie 20. Es ist lustig.

Im Spiegelbild

Die 14-jährige in mir erwacht plötzlich und es ist so, als sei sie nie weg gewesen. Unklar vielleicht, unscharf, eine Zeit lang nicht zu spüren.

Jetzt wird mir plötzlich alles klar- so glasklar, einfach und gut. Ich fühle mich, als ob ich endlich vollständig „materialisiert“ bin… vielleicht kennt ihr die Transporter von Raumschiff Enterprise? Wenn man einen Menschen von einem Ort an einen anderen „beamen“ möchte: Zuerst ist da nur ein Zaubernebel und lustige Geräusche, er ist noch nicht ganz da… und man braucht immer mehr Energie, muss den Hebel weiter umlegen und – schwupps-! Ist der Mensch plötzlich da.

Ich schaue in den Spiegel- und sehe mich zu 95% wieder so, wie ich eigentlich bin und sein muss.

Und schon kommt wieder Kritik und Gemecker vom weiblichen Ich, „das hier passt nicht und jenes passt nicht“.
Es ist wirklich zum Verzweifeln. Wie schaffen das Mädchen in der Pubertät? Wie schaffen sie es, stabil zu bleiben und sich zu akzeptieren wie sie sind?

Ich bin 39… hab einiges an Lebenserfahrung hinter mir.. kenne mich mit dem Feminismus aus… weiß sovieles mehr… und bin im Moment doch betroffen wie jede andere Frau und denke über mein Aussehen nach.

Da ist z.B. meine Nase. Ich weiß, sie ist zu groß und sie passt eigentlich in mein zartes, weibliches Gesicht. Sie wirkt auf mich wie ein großer Klotz. Egal von welcher Seite ich schaue, ich mag sie einfach nicht. Sie hat eine zu große Oberfläche, zieht Dreck und Schmutz an und braucht stets eine Sonderbehandlung. Ich weiß, dass sie aus meinem alten Leben kommt und dieses alte Leben möchte ich doch vergessen und endlich abhaken. Aber es holt mich immer wieder ein. Jeden Tag guckt es mich im Spiegel an, frech und verwegen, drängt „er“ sich in mein Leben. Frauen haben keine großen Nasen, Frauen haben kleine und zarte Nasen. Sie passen in ihr unaufälliges Gesicht, in ihre zurückhaltende Weiblichkeit. Spitz darf die Nase noch sein, so wie bei Marietta Slomka, das wäre okay. Aber bitte nicht groß und breit so wie bei Wladimir Klitschko!

Doch jetzt erwache im Körper einer 39-jährigen. Ich habe keine Angst und keine Skrupel, meinem Körper irgendwas an zu tun, so groß ist der Druck und das „Schiefgefühl“. Meine Nase zu verkleinern, das kommt mir so vor, wie Zahnstein entfernen oder einen Pickel ausdrücken. Unangenehm- muss aber sein. Weg damit !! Ich bin mir sicher, wenn ich 6.000 Euro Taschengeld auf dem Konto hätte und zwei Wochen Zeit- nichts würde mich aufhalten. Ich würde das Geld nehmen, zur Schönheitsklinik meines Vertrauens fahren (von denen gibt es genug) , meine Probleme vortragen und dann würden sie mich in Narkose legen und alles ist vorbei.

Ich habe letzte Woche sogar schon darüber recherchiert und die (lange verschollenen) Gedanken werden wieder ganz groß und mächtig.
Sie werden so mächtig, dass sie eventuell bald Realität werden.

Dann sind da aber diese Schattenseiten. Was alles passieren kann! Alleine jede Narkose ist eine Belastung. Und die Komplikationen bei der OP. Da kann irgendwas in die Nebenhöhlen laufen (Eiter, Blut). Schwellungen entstehen am Auge. Die Nasen-OP gilt als schwierige OP. Wenn sie schief geht, siehst du gleich alles. Die Atmung kann durcheinander kommen. Man darf ewig lang keine Brille tragen.. Also müsste ich mir vorher Kontaktlinsen holen.

Meine weiblichen Ängste sind ein bisschen stärker als mein weiblicher Mut. Wie so oft.

Und dann ist da noch mein großes Ego, mein Gehirn, das alles zerdenkt. Das allwissende Über-Ich, das stets das letzte Wort spricht.

Ich frage mich, ob die größere Nase auch Vorteile haben kann? Sie ist sowas wie ein „Alleinstellungsmerkmal“. Wenn man eine Nase hat, die etwas größer oder „anders“ ist, prägt sich das bei den Menschen ein. Warum will ich unbedingt mit der Masse verschwimmen und eine „Einheitsnase“ haben? Warum kann ich nicht darauf stolz sein, so wie ich bin? Ich bin ja auch ein besonderer Mensch mit besonderer Vergangenheit.

Schwarzwald 2006

Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Es war irgendwann 2006, wir waren im Schwarzwald wandern. Nach einem langen und schönen Tag in der Sonne kehrten wir abends im Gasthaus ein. Wir mussten dann an den wartenden Gästen vorbei. Wie so üblich, wird man erstmal gemustert. Wir setzen uns hin und ich bekomme mit, wie am Nachbartisch von anderen Frauen getuschelt wird. Sie machen das aber so indiskret, das ich jedes Wort verstehen kann und dabei rot werde. „Ja die Frau soundso, die hat doch auch so eine kräftige Nase..“ es war nicht besonders abschätzig, aber mir ist aufgefallen, dass ich sofort am Gesicht gemustert wurde und bei den Leuten dann irgendwas im Kopf abläuft. Es wäre schön, wenn sie sich über meinen Charakter unterhalten hätten oder über mein mitfühlendes Ich oder meine tollen Ideen… aber nein, was machen sie? Sie charakterisieren mich als erstes anhand meines Aussehens, ob ich will oder nicht. Und so geht es einem doch mit Millionen anderen Menschen. Es ist der erste Eindruck, der zählt. Wenn ich mit einem Pferdeschwanz und T-Shirt in den Supermarkt gehe, werde ich anders angeguckt und beachtet, als wenn ich mit offenen Haaren, einer weiblichen Bluse und hohen Schuhe daher komme.
Mit dem ersten Eindruck wirst du in eine Schublade gesteckt und entweder als „hässlich“ , „interessant“ oder „sympathisch“ einsortiert.
Zum Verbessern des ersten Eindrucks reicht das Lächeln alleine nicht. Aussehen ist Kommunikation und es gibt unendlich viel Kommunikation im Leben, die völlig ohne Worte geschieht. Es heißt ja auch „Facebook“ und nicht „Gehirn und Geist und selbstloses Miteinander- Book“. 😉

20 kg leichter, aber genauso verwegen wie heute 😉

Ich überlege weiter: Wenn ich meine Nase weiblicher machen lasse, dann passt vielleicht das Kinn nicht mehr. Die Harmonie im Gesicht gerät durcheinander. Und meine etwas tiefere Stimme? Dann sind die Kontraste wieder größer..

Außerdem, meine Nase und mein ganzes Gesicht sind ein Buch. In dem meine Vergangenheit steht. So wie sie mich eben geformt hat.
Soll ich Angst davor haben? Oder soll mich jeder „lesen“ können?

Wieviel Offenheit lasse ich zu und was will ich mir antun für ein Schönheitsideal?

Wieviel Einzigartigkeit kann ich in meinem Leben ertragen?

Und warum in aller Welt denke ich ständig darüber nach? 😉