Alltagsleben

Krokuss 2011
Krokus

Heute war Unkraut-Jäten angesagt. Der Vorgarten nach gutem Wetter plus anschließendem Regenfall schon einem Dschungel nahe, das Unkraut gierig aus den Ritzen der gemauerten Duldsamkeit sprießend. In einem engen, nachbarlichen Umfeld halte ich es auch für wichtig, die Straße ein wenig schön zu machen, damit vorbeigehende Menschen sich daran erfreuen können. Oder ist es eher die Angst, als nicht sauber und bürgerlich zu gelten, die mich dabei antreibt? Ich glaube, es ist ein Mittelding davon. Erwartungen gilt es stets zu erfüllen und dann sind da noch die Erwartungen an einen selbst. Da wir den Eingang zum Vorgarten kaum nutzen, ist immer ein wenig Überwindung nötig, um diesen Teil auch noch zu pflegen. Zumal mir das Beet im Hof und der Schrebergarten eigentlich schon völlig ausreichen würden..

Aber es ist schön, man ist an der Luft, der Heuschnupfen hält sich noch einigermaßen in Grenzen, die Sonne brennt auf die Haut und insgesamt noch eine angenehme Temperatur für leichte Gartenarbeit. An der Fassade zur Südseite bröckeln wieder kleine Stücke aus dem Sockel heraus, aber insgesamt geht es noch und betrifft nur kleinere Stellen. Der Anstrich, den wir 2008 gemacht haben, hält insgesamt noch sehr gut und wir sind froh, dass wir sauber und gründlich gearbeitet haben (es leben die deutschen Tugenden, auch wenn ich sie gerne schon ein ums andere Mal verflucht hätte).

Mandelblüten
Mandelblüten

Gerade als ich den ersten Spatenstich machen wollte und die Grünzeug-Sammel-Eimer auf den Boden gestellt hatte, merkte ich, dass ein guter Freund in der Nähe ist und vor der vermieteten Garage arbeitet. Ich begrüßte ihn und wir plauderten ein wenig. So kommt man raus, macht was sinnvolles und hat gleich ein wenig Kontakt. Warum mache ich das nicht öfters? Was für ein schöner Kontrast zur ansonst eintönigen Bildschirmarbeit. Meine Rückenschmerzen waren mir heute ein gutes Warnzeichen und auch eine kleine Erkältung wollte sich schon wieder breit machen. Höchste Zeit, Sonne zu tanken!

Nachbarn kommen und gehen und ein jeder grüßt freundlich oder ist bereit für einen Plausch. Das ist der Vorteil am Landleben, wäre mir in der Stadt nie passiert. Alles läuft ein wenig langsamer und gemütlicher ab, ich genieße das sehr. Man nimmt sich Zeit für die Arbeit (ohne faul zu sein, im Gegenteil, entspannt arbeitet es sich noch viel besser und effektiver), Zeit für den Menschen.

Als Dazu-gezogene wird man ganz automatisch in dieses System integriert. Man verhält sich einfach so, wie es alle tun.. und schon passt es.
Vielleicht der größte Vorteil an der Pfalz? Oder ist es überall so?

Schon allein durch die Bebauung und die engen Gassen entsteht mehr Nähe zum Nachbarn, mehr Verbindlichkeit. Anonymes Nebeneinander-Herleben gibt es hier eigentlich nicht. Die meisten Leute kenne ich mit Vor- und Zunamen, auch wenn sich nicht unbedingt enge Freundschaften entwickelt haben. Aber dieses Mittelding aus Distanz und Nähe ist sehr angenehm.

Was mir außerdem aufgefallen ist: Es scheint keine Leute zu geben, die sich beschweren. Nach Ostern war eine große Party von Jugendlichen in der Nähe. Ich hörte die ganze Zeit Bässe und lautes Lachen. Um 1 Uhr in der Nacht war es mir aufgefallen und als ich um 4 Uhr aufschreckte, waren die Party-Geräusche immer noch zu hören. In der Stadt hätte schon längst jemand die Polizei gerufen.. aber hier wird es anscheinend von allen toleriert. Ruhe gibt es ja auch im Überfluss, da ist die allgemeine Empfindlichkeit nicht so hoch.

An anderen Tagen höre ich auch schonmal eine Nachtigall. Ich war verwundert, welche Vogel denn da in höchsten Tönen und äußerst melodisch sein Unwesen treibt? Dass es eine Nachtigall war, kann die einzige Erklärung sein.

Was gibt es sonst noch Neues aus meinem privaten Leben? Ich habe mir ja vorgenommen, wieder privater zu schreiben, wenn ich auch bestimmte Grenzen weiterhin einhalten will und muss. Aber so ganz ohne Privates wäre es auch kein Blog mehr, oder?

Ostern war nett, die pralle Sonne versüßte das Fest. Es ist mir sogar gelungen, ein wenig zu fasten und ich wünschte, die guten Vorsätze würden länger halten. Zudem stand ein wichtiger Besuch vor der Tür.

Menschen aus dem Internet in der Realität erleben? Ich habe es schon ein paar mal gemacht, aber es ist immer wieder überraschend. Es hat mir gezeigt, was mir fehlt, was die Schwächen und Nachteile des Bloggens sind und wie man sie überwinden kann. Der menschliche Kontakt ist doch um einiges wertvoller, als wenn man sich nur in Form von Buchstaben begegnet, und seien sie noch so ausgedehnt und tief.

Den Kopf vom Tellerrand heben und auf andere zugehen, sich bemühen und immer wieder einbringen. Ist das nicht eine sehr weibliche Eigenschaft? Herzlichkeit zeigen, echtes Interesse am anderen, Dialogbereitschaft und Gastfreundlichkeit. Das kann man mit Texten nur schwer üben, dazu braucht´s die Realität. (und wie ich bei mir merke, kann ein wenig Übung wirklich nicht schaden, sonst wird man noch zum Bücherwurm)

Und wie ist es mit dem „über Gefühle reden“, anstatt sie nur zu analysieren? Gefühle muss man leben und fühlen und jedes weitere Wort darüber ist fehl am Platz. Vielleicht ist das der Grund, warum ich immer wieder die Worte verliere und dann ein paar Tage brauche, bis ich sie wieder herauskramen kann?

Wie auch immer, die Erlebnisse werden noch ein paar Tage anhalten und mich weiterhin beschäftigen. 😉

Und, wie war euer Ostern so?

10 Gedanken zu „Alltagsleben“

  1. Hallo Julia,

    Ostern war schön.
    An Karfreitag bin ich nachmittags mit einer Freundin in die Jesuitenkirche gegangen. Beeindruckend war das. Obwohl katholisch bin ich noch nie an einem Karfreitag in einer katholischen Kirche gewesen.
    Samstag mit derselben Freundin frühstücken, dabei eine andere Freundin auch noch treffen und hinterher mit beiden Neckarwiese und einen Kaffee trinken.
    Sonntag dann kam eine liebe Freundin überraschend zu Besuch, die weggezogen ist und die ich sehr vermisse.
    Am Montag dann den Kai getroffen (Du erinnerst Dich an ihn?).

    Ja, waren schöne Tage, und das Wetter tat ein Übriges.

  2. Hallo Violine,

    Karfreitag in einer katholischen Kirche, das klingt schon etwas nach Hardcore-Programm. 😉
    Aber wie war es denn?

    Soviel ich weiß, ist es einer der höchsten christlichen Feiertage, oder? Er wird zumindest in der Bevölkerung als solches akzeptiert.

    Mich hat nur gewundert, wie still alles an Karfreitag war, keine Laus hat sich bewegt und man roch auch nirgendwo Grill-Geruch. Wir haben an dem Tag noch eine Fahrradtour gemacht und am Berg hatte ich dann einen kleinen Kreislauf-Kollaps (es war einfach zu warm und ich nicht im Training).

    Etwas mehr Religiösität wäre an Ostern nicht schlecht gewesen, so sind es für den Normal-Sterblichen doch nur ganz gewöhnliche Feiertage. Ich finde, das Festliche muss man sich immer selbst machen, indem man etwas Besonderes macht oder vorher fastet, oder mal in sich geht, oder, …

    Ein Überraschungs-Besuch von einer guten Freundin ist immer schön. 😉 Und den Kai kenne ich noch. Wie geht’s ihm denn so?

    Viele Grüße
    Julia

  3. Hallo Julia,

    ja, das an Karfreitag war wirklich Hardcore. Ich hatte ja nun wirklich keine Ahnung. Zwei Stunden ging es. Dazwischen wurde immer gesungen. Der Chor der Jesuitenkirche war da. Meine Güte, ist der gut! Hervorragende Chorarbeit leistet der Kantor in den Proben, das habe ich schon gehört. Leider habe ich Montag abend keine Zeit, sonst würde ich mitmachen.
    Die Katholiken verstehen es wirklich, etwas besonders feierlich und erhaben zu machen.

    In meiner alten Gemeinde (Freikirche) war am Abend Gottesdienst. Oder was heisst Gottesdienst, Worship-Night nannte sich das. Da wurden in der Hauptsache Worship-Lieder gesungen (sogenannter Sakropop), es gab das Abendmahl und eine kleine Andacht.
    Der völlige Gegensatz zur Jesuitenkirche.
    Die beiden Veranstaltungen kann man auf keinen Fall miteinander vergleichen.

    Ja, die Freundin, die überraschend kam. Ich vermisse sie einfach. Du kämst mit ihr bestimmt auch gut zurecht. Sie hat schon viel im Leben gesehen und erlebt, sehr reflektiert, dazu aber ein lustiger Kerl. Habe mit ihr so einiges besprochen.

    Und der Kai quält sich ab mit seinen Bewerbungen. Elendes Zeug. Da wird er zum Vorstellungsgespräch geladen, überzeugt fachlich, aber der Lebenslauf an sich wird auseinandergerupft. Und dann noch Probearbeiten für nichts und wieder nichts.
    Er hat die Schnauze voll.
    Ansonsten geht es ihm gut und ich bin froh, dass er da ist. Er denkt so klar und hat so sehr die Mitte. Feine Sache das.

    Hast Du schon in das Video vom neuesten Posting auf dem Heidelberger Blog reingehört? Die habe ich life erlebt diese Woche. Gefallen mir sehr gut. Muss mir irgendwann eine CD von denen besorgen.

    Liebe Grüsse,
    Violine

  4. Hallo Violine,

    danke für Deine interessanten Schilderungen, klingt ja alles ziemlich gut. Auch interessant, dass du dir so direkt die Gegensätze vor Augen halten kannst mit der Freikirche und der katholischen Kirche.

    Nur der Kai tut mir leid, hat er nicht damals schon bei unserem ersten Blogger(innen)-Treffen eine Arbeit gesucht?

    In das Video habe ich noch nicht reingehört, muss ich vielleicht mal machen, danke für den Tipp!

    Viele liebe Grüße
    Julia

  5. Habe nochmal Deinen Artikel durchgelesen. Mir war doch, Du hast was geschrieben über Menschen im RL und Menschen in Blogs.

    Da könnte ich Dir gerade was vorheulen. Und zwar über Menschen, die einen nur im RL „kennen“, aber dann in mein digitales Wohnzimmer kommen und das nur lesen, wenn ich gerade was Kritisches anmerke zu der Gemeinde, in der ich mal war.
    Ich finde das unglaublich. Was wollen die damit erreichen? (Kommentare hinterlassen sie übrigens keine.) Ich fühle mich ziemlich angepisst, weil ich ihnen unterstelle, dass sie mein Blog nicht zu lesen verstehen. (Bei der selektiven Auswahl.)

    Die Gemeinde blutet übrigens aus. Weil sie von ihren Problemen nichts wissen wollen. Auch blind sind. Und das kotzt dann die engagierten, denkenden Menschen, deren Herz noch in Ordnung ist an. Die gehen dann. Wohlüberlegt.

  6. @Violine: Kritik sollte doch eigentlich immer angebracht und nötig sein. Ohne Kritik gibt es keinen Wandel und keinen Fortschritt. Wie du schon sagst, die Leute bleiben dann weg und die Gemeinde blutet aus. Keine Kommentare im Blog zu hinterlassen ist feige und egoistisch, vor allem wenn es Themen sind, zu denen die LeserInnen eigentlich etwas sagen könnten.

    Dennoch finde ich es gut, wenn du deine Meinung sagst. Das ist sehr wichtig. Es gibt genügend Leute, die entweder keine Kritik vertragen oder meinen, dass man mit Stillschweigen mehr erreichen würde. Das Engagieren zahlt sich am Ende immer aus! Daran muss man in gewisser Weise einfach „glauben“.

  7. Danke, Julia!

    Aber weisst Du (jetzt kommt ein Schmankerl), meine ehemalige Hauskreisleiterin (hier kann ich es ja schreiben) hat ein paar meiner kritischen Blogeinträge gelesen (da ging es um den Büroleiter). Und da sie bedingungslos der Leitung hinterherfolgt und nichts anderes duldet, hat sie mich aus dem Hauskreis rausgeschmissen. Sie sagt, ich hätte einen Groll gegen den Typen (nein, ich war nur entsetzt und habe mich mit ihm auseinandergesetzt) und hätte ganz schön ausgeschlagen und in mir würde es ganz schön kochen.
    Nun ja, jetzt hat sie jedenfalls den Hauskreis aufgestachelt und am Samstag hatte ich von denen einen Brief im Postkasten. Ohne Absender. Drin steckte eine christliche Postkarte, unterschrieben hatten alle. Drauf geschrieben hatte sie, sie dächten an mich und würden für mich beten.

    Ich hab den Brief weggeschmissen.

    So verquer geht es da zu.

  8. @Julia
    Ich musste erstmal gut lachen. Und habe immer wieder den Kopf geschüttelt. Und hab dann dem Billy (dieser Bluesmusiker, von dem ich immer wieder berichte) eine SMS geschrieben. Seine Antwort war „so typical“. Billy hatte schon genug Kämpfe mit ihnen ausgestanden.
    Erst dachte ich, dass sind mal wieder die Heidelberger Irren. Aber mittlerweile denke ich, das ist typisch für den Fundamentalismus. Die Leute brauchen nicht wegen nichts ihre starren Dogmen. Und schliessen sich nicht wegen nichts in diesen Gruppen zusammen.
    ‚Ne ordentliche Psychotherapie wäre angebrachter und ehrlicher. Aber den Mumm bringen sie nicht auf.

    Nun ja, ich bin weg.

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