Bloggen und vernetzen- Teil 3

Teil 3, Teil 2 und Teil 1

„Den Horizont erweitern“

Richtig zu bloggen ist eine schwierige Kunst und gleicht manchmal der Arbeit, die Politiker auch in der Öffentlichkeit leisten müssen. Es geht darum, Menschen zu überzeugen.

Wenn ein Politiker niemand von seinen Ideen überzeugen kann, würde ihn niemand wählen. Bei den Bloggern ist es das Feed-Abonnement oder die Kommentare. Wenn ich niemanden von meinem Blog überzeugen kann, „wählt“ ihn niemand, kommentiert niemand, liest niemand.

Und es ist sehr leicht, nicht gewählt zu werden, viel schwieriger, als gewählt zu werden.

Menschen urteilen auch viel persönlicher als man denkt. Sicherlich, die Inhalte und die Rechtschreibung sind wichtig, aber ich denke, der Großteil der Entscheidungen wird doch nach klassischen Gesichtspunkten gefällt, so wie ich auch einen Politiker nach seinem Aussehen, Stimme und anderen Kriterien unbewusst immer mit beurteile.

Als Blogger kann man da sehr viel falsch machen, wenn man keine Schreiberfahrung und Öffentlichkeitserfahrung besitzt, ist es sehr einfach, über diverse Fettnäpfchen zu stolpern. Einen Medienberater hat man im Allgemeinen nicht und muss sich die wichtigsten Dinge erstmal selbst aneignen, sprich lernen.

Das Dumme daran : Meistens wird man auf diese Fettnäpfchen weder vorher noch hinter aufmerksam gemacht. Wenn man wieder mal einen Schritt zu weit gegangen ist oder nicht den richtigen Ton trifft, den andere von einem erwarten, wird man sehr schnell aus dem Feed-Abo gelöscht oder schlichtweg ignoriert.

Das Problem bei den stillen Lesern ist also immer: Wie kann ich erfahren, was sie wirklich denken? Wie kann ich die Meinung von meinen Lesern besser einholen? Wie kann ich feststellen, ob die Botschaft angekommen ist, ob es verständlich genug war? (z.B. über Umfragen, direkte Ansprachen oder fragende Artikel)

Wenn keine Rückmeldungen kommen, sollte man das nicht stillschweigend akzeptieren, sondern als Warnsignal interpretieren und dementsprechend handeln. Wenn ein Künstler nach seinem Auftritt auch keinen Applaus bekommt, muss er sich fragen, woran es liegt. Dass die Menschen nur zu faul zum Schreiben oder „Klatschen“ sind, sollte man nicht annehmen (das ist erstens eine Unterstellung, zweitens ignorant und drittens für die Schreibeffektivität nicht förderlich).

Sicherlich ist es beim Schreiben etwas anders, weil oft nur diejenigen klatschen, die auch gelesen haben. Ein Blog-Artikel (gerade wenn er lang ist) braucht Zeit und Geduld. Die Masse der eben vorbeiströmenden Besucher, die nach etwas ganz anderem gesucht haben, werden sich nur im Ausnahmefall darauf einlassen.

Blogs werden zwar vor allem durch die Technik bekannt, aber meiner Meinung nach sollte man diese humanen Faktoren auch nicht ganz außer Acht lassen. Sie haben im Ernstfall eine stärkere Bedeutung, als man zuerst annimmt. Wenn man nämlich einen stabilen Leserkreis aufbauen möchte und eine regelmäßige Blogroll-Partnerschaft aufbauen möchte, ist es unerlässlich, vom Ton und der Art her zu seinen Partnerblogs zu passen.

Wichtig ist z.B. dass man von Anfang an Partnerblogs wählt, die ähnliche Inhalte und vor allem ähnliche Denkweisen an den Tag legen. Erfahrungsgemäß schaden große Widersprüche in den Weltbildern der Atmosphäre eher, als dass sie helfen. Und erzwingen lässt sich bekanntlich nichts.

Dann ist es wichtig, dass man nicht nur ein oder zwei Lieblingsblogs hat, sondern mehrere. Auch wenn sich die Blog-Autoren große Mühe geben, so kommt es immer mal wieder vor, dass jemand nichts schreibt und das schadet dem eigenen Blog dann auch, weil keine Leser, Trackbacks und Kommentare mehr kommen.

Letztendlich kann man sein Blog nur erfolgreich großziehen, wenn man andere Blogger hat, die einem dabei durch regelmäßige Verlinkung und Vernetzung helfen. Von Suchmaschinen-Optimierung und ähnlichen Sachen halte ich im Gegenzug eher wenig, denn gefunden wird man immer. Aber der humane Faktor und die „Verlinkung in den Herzen“ ist etwas, das zu Erfolg führt.

Die „Ein Herz für Blogger“ Aktion war etwas, das in diese Richtung ging, aber nachdem die Aktion verpufft war, hat man auch die Mitglieder und andere Blogs wieder vergessen.

Das Schwierige am Bloggen in der schnellen Nachrichtenwelt ist vor allem auch die „Nachhaltigkeit“.

Nachhaltigkeit erzielt man aber nur durch menschliche Netzwerke, weil diese dem Auf und Ab und der Meinungsvielfalt einen konstanten Faktor, nämlich die Freundschaft bzw. das Vertrauen entgegen setzen.

Die nächste Frage im Vernetzen ist also, wie kann ich Blogger (und auch Leser) finden, die ähnliche Interessen haben und vielleicht auch menschlich zu mir passen?

Teilen wir die Blogs erstmal nach Geschlecht auf:

Da gibt es viele Männer- und Technikblogs, die einen eigenen, abgeschlossenen Kreislauf bilden. Hier sind Männer, die über Männerthemen reden und Frauen meistens sehr selten sind. Wenn man nicht gerade ein Technikfreak ist und zu 90 Prozent über Männer- und Technikthemen schreibt, fällt man da durch. Politisch sind diese „Männerseiten“ oft Piratenwähler und andere Interessen oder Meinungen nicht gerne gesehen. Wenn man plötzlich anfinge, über Umweltschutz oder Gleichstellung der Frau zu diskutieren, würde man wahrscheinlich ausgelacht werden. (Ausnahmen gibt es bekanntlich immer!)

Bei den typischen Frauenblogs ist es aber umgekehrt, hier wird meistens über private Dinge, über Gedichte, Rezepte, Freundinnen, persönliches und ähnliches geschrieben. Was bei den Männern an Gefühlen zu wenig war, ist bei den Frauen meistens zu viel.

Sich bei solchen Frauenblogs einzuklinken, wird als Frau wahrscheinlich eher schwer, als Mann geht es nur, wenn man „geduldet“ ist, sprich in die nähere Auswahl kommt.

Dann gibt es noch eine sehr interessante Gruppe von allgemeinen politischen Bloggern, oder Gesellschaftsthemen-bezogenen Bloggern. Wenn jemand z.B. viel über Politik schreibt ist auch gewährleistet, dass er in der nahen Zukunft wieder über Politik schreiben wird und eher jemand ist, der sich dafür interessiert. Hier kommt es darauf an, herauszufinden, wie groß und stark der individuelle Horizont des Autors ist. Persönlich ist das meine Lieblingsgruppe von Blogs und Bloggern, weil man eben in der Lage ist, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und sich vielleicht auch die Mühe gibt, unabhängig und objektiv die Dinge zu untersuchen und zu beschreiben. Nichts ist schlimmer, als Blogger die voll mit Vorurteilen und Meinungshetze sind. Ob dies so ist, erkennt man leider oft nur dann, wenn man die Blogs längere Zeit beobachtet und genau zwischen den Zeilen liest. Wirklich frei ist auch niemand davon, denn zu bloggen bedeutet ja gerade, eine eigene Meinung zu formulieren. Aber die Art und Weise, die ist entscheidend.

Auch für wertvoll halte ich schlussendlich die Blogs, die sich für ein bestimmtes Nischenthema einsetzen und z.B. über ihre eigene Krankheit, einen Hausbau oder ähnliches schreiben. Der Vorteil ist hier, dass man sehr schnell einordnen kann, warum es bei dem Blog geht und dieser „Gemischtwareneffekt“ nicht so stark ist. Im Gegenzug wird die Kommunikation vielleicht etwas einseitig verlaufen. Ein Häuslebauer interessiert sich halt eben nur für Rohre, Gipswerkzeug, Bohrmaschinen, Mauergrößen und Dübelpatente, aber weniger für Homo-Ehen, Festplattendefragmentierung und Tomaten-Himbeer-Zwiebelsalat (hmmm!).

Wenn man also andere Blogger finden möchte, die inhaltlich, menschlich und auch sonst sehr gut zu einem passen, wird man nicht darum herum kommen, sehr lange und genau zu suchen. Man sollte nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn niemand dabei ist, der einem gleich zusagt. Sehr wichtig ist auch, dass man sich nicht zu lange mit Menschen aufhalten sollte, die einem nicht zusagen: Das gibt nur Ärger und man kommt nicht weiter.

Es ist wichtig, regelmäßig und mit Intensität den eigenen Horizont zu lüften und Neues hereinzulassen. Für die eigene Schreibarbeit ist das letztendlich die beste Inspiration.