Mutter und Hausfrau

Gestern kam eine sehr gute Sendung über das Leben und die Probleme von Hausfrauen, vor allem in den vergangenen Jahren.
Leider konnte ich sie nicht komplett sehen, aber in der Mediathek von ARD ist sie zum Glück noch gespeichert. Es gibt dazu auch noch einen zweiten Teil, der nächsten Montag gesendet (22.08.11) wird.

Mein Ersteindruck dieser Sendung ist ganz gut, weshalb ich sie als Tipp bezeichnen möchte. Für mich scheint die Beschäftigung mit dem Leben der Frauen in vorherigen Generationen wichtig, weil viele Denkweisen der Älteren uns bis heute prägen und zum Beispiel über Erziehung und Wertvorstellungen auch an jüngere weitergegeben werden. In einem Buch über Geschlechterforschung las ich z.B., dass es sehr wahrscheinlich ist, dass sich das Leben einer Frau (in groben Zügen) nach dem Vorbild einer Mutter orientiert. Wenn positive, selbstständige Rollenbilder vorherrschen, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die jungen Frauen solche Probleme überwinden und selbstständiger werden. Wenn in der Familie aber hauptsächlich Hausfrauen leben, ist es auch wahrscheinlich, dass die Töchter eher Hausfrauen werden. (Übrigens werden die Söhne davon auch beeinflusst; ob sie z.B. verwöhnt sind und alte Rollenbilder in ihrem Kopf herumtragen oder eher modern-progressiv eingestellt sind und von selbst und ohne äußeren Druck im Haushalt mithelfen)

Und „naja“, kann man sagen, „die gezeigten Rollenmodelle im Film sind doch alle hoffnungslos überaltet.“ Wirklich, frage ich mich? Ich war am Sonntag in einer Ausstellung und habe mir etwas über Geschichte angeschaut.. in einer dunklen Ecke, fast zu übersehen, saßen drei junge Mädchen, die schon etwas müde von den vielen Eindrücken eine kleine Pause gemacht haben und sich relativ laut und daher auch für mich hörbar unterhielten: „Das möchte ich aber nicht alles putzen, so ein großer Raum“ sagte die eine „ja und stell dir vor, man muss das alles staubwischen“ entgegnete ihre Freundin.

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Eine andere gute Sendung zu Thema „Mutter und Hausfrau“ kam vor ca. einem Jahr auf Scobel und hieß „Mythos Mutter“.
Auf der offiziellen Seite klappen bei mir die Videos leider nicht mehr, aber auf podcast.de kann man sie sich noch komplett anhören.

Hier wird genau erläutert, wie Mutterliebe entsteht und dass sie z.B. die biologische Grundlage für alle weiteren Formen von zwischenmenschlicher Liebe ist. Aber auch der interessanten Frage wird nachgegangen, warum sich gerade in Deutschland das traditionelle familiäre Mutterbild so lange gehalten hat und warum es hauptsächlich eine Sache des Kopfes und der gesellschaftlichen Einstellung ist.

Für die (West-) Deutschen gibt es immer noch eine scharfe Trennung: Entweder die Frau arbeitet oder sie bekommt Kinder. Beides zusammen scheint vielen unmöglich, was nicht zuletzt auch an der schlechten Infrastruktur der öffentlichen Betreuung liegt. Die Deutschen haben zweimal schlechte Erfahrungen mit der öffentlichen-politischen Verwendung ihrer Kinder gemacht: Einmal im Nationalsozialismus, als das Mutterbild und die Mutterrolle eine unheilvolle Renaissance erlebte und dann in der ehemaligen DDR, wo die Kinder dem System des Kollektivs dienen und frühzeitig herangeführt werden sollten. Das Kind nun bei der Mutter im trauten Heim zu beschützen kann man also auch als Abwehrhaltung gegen die staatliche Einflussnahme bezeichnen, die erst langsam wieder auftauen muss. Nicht wenige Deutsche denken daher noch heute, dass die öffentliche Betreuung für das Kind nicht gut ist, wobei es inzwischen sehr viele Studien gibt, die das Gegenteil beweisen. Der Blick nach Frankreich beweist, dass die öffentliche Betreuung und die Berufstätigkeit von Frauen von Vorteil ist und sich sogar sehr positiv auf die Geburtenrate auswirkt (~ 2 Kinder pro Frau; Spitze in Europa). Kinder bekommt man in Frankreich nebenbei, wohingegen der Nachwuchs in Deutschland eine Riesen-Sache ist, die man sehr gut planen muss und die alles (nicht nur zum Guten) verändern wird.

In Deutschland Kinder zu bekommen bedeutet auch, das eigene Armustrisiko signifikant zu erhöhen, worauf die vielen Alleinerziehenden Hartz-IV Empfängerinnen hinweisen (ca. 40 Prozent) und was ein weiteres Thema der Sendung war.

Insgesamt eine gewohnt-gute Scobel-Talkrunde, die sehr viele Aspekte des „Mythos Mutter“ beleuchtete und mit den geladenen Wissenschaftlerinnen in einer anschaulichen Weise diskutierte.