Ich habe zwei Instagram-Accounts. Einen schönen, guten, der den Namen „shared.light“ trägt und auf dem ich alle Erfolge meines noch kurzen Lebens mit Euch teile. Ich habe ihn vor ca. 2 Jahren gegründet, als es mir richtig gut ging und noch alles supi-dupi war. Dort gebe ich mir Mühe, schöne Fotos zu machen und mich und die Welt stets von der besten Seite zu zeigen. Schöne Food-Fotos, tolle Stadtpanoramen, aufwändig bearbeitete Nachtaufnahmen, umgeben von netten Menschen – führe ich dort ein insgesamt, erfülltes und nach außen sichtbares, erfolgreiches Leben. Wohin reise ich als nächstes? Was für tolle Menschen werde ich noch kennenlernen? Wie charmant, hübsch und höflich kann ich sein? Das erfahrt ihr dort. Es ist alles glattpoliert, perfekt und naja, ein bisschen langweilig.
Weil das aber nicht alles ist, hab ich gestern noch einen zweiten Account angelegt. Einen etwas ehrlicheren, der sozusagen den Kontrapunkt zu meinem bisherigen Account darstellen soll: Ich habe ihn „shared.fail“ genannt.
Dort teile ich alle Versäumnisse, alle Mängel, die mich berühren und von mir ausgehen. Meine negativen Gedanken. Den Zweifel an der Welt. Ich teile dort meine Schatten, negativen Gedanken und meine tiefsten Geheimnisse, von denen ich eigentlich nicht möchte, dass sie jemand kennt.
Der Zweck dieses Accounts ist ganz einfach: Ich möchte mit ihm mehr Ehrlichkeit und mehr Tiefe dem Leben gegenüber erzielen. Denn wenn Menschen auf den „normalen sozialen Medien“ surfen, werden sie ständig mit erfolgreichen, schönen und einflussreichen Menschen konfrontiert. Das zerstört auf lange Sicht das Selbstvertrauen. Man vergleicht sich ewig mit anderen und fühlt sich ewig schlecht. Das ist nicht die Quelle von Glück. Glücklich wird nur der, der dem anderen in Ehrlichkeit und Authentizität begegnen kann. Der einen Menschen trifft, der seine Schwächen, Ängste und Unzulänglichkeiten nicht verbirgt, sondern offen zeigt. Die sozialen Medien machen es uns schwer, weil wir gezwungen werden, immer nur die Hülle, aber nicht unser wahres Ich zu zeigen.
Es kann sein, dass auf meinem neuen Account Zynismus und Sarkasmus enthalten ist. Das tut mir leid. Das zeigt doch nur, wie viele Verletzungen ich bereits in mir trage und wie wichtig es ist, diese loszulassen. Wie groß die Mauern noch immer sind, die ich mühsam um mich aufgebaut habe. Ich habe den Account gestern abend angelegt und merke bereits jetzt, wie leicht und gut mir Inhalte dafür einfallen. Fast so, als ob endlich ein Ventil aufgeht. Ein Überdruckventil der Unzulänglichkeit.
Bitte folgt mir auf dem alten, aber auch dem neuen Account. Das ist sehr wichtig. Ich kann erst glücklich sein, wenn ich mindestens 10 Follower habe. Danke.