Der Kreis der guten Freundinnen

Jetzt mache ich also den Neuanfang. Er fühlt sich gut an. Ganz klar und brachial. Gestern war noch Winter und jetzt haben wir einen Sommertag.

Ich treffe meine neue Freundin in Mannheim. Sie kommt pünktlich und ich komme pünktlich. „Oh ich muss nochmal zurück, hab meine Maske vergessen“.

„OK“ schreibe ich zurück. Zwei Minuten stehe ich da in Mannheim am Hafen und beobachte die Security, die gegen „sich versammelnde Jugendliche und Auto-Poser“ eingesetzt wird.

Es wird mir ein bisschen kalt am Rücken. Ob ich meine Jacke doch holen soll?

Ich kann den Gedanken nicht mehr zu Ende denken, denn endlich kommt sie um die Ecke. Sie ist schlicht gekleidet, so wie meistens. Aber schlauer als ich, hat sie noch was zum Drüberziehen dabei.

Sie lächelt. Nicht sehr aufgeregt, ganz nüchtern ist sie. Das gefällt mir gut.

Und sie redet. Und redet. Und redet. Ich komme kaum zu Fotografieren, weil sie soviel auf dem Herzen hat. Ich finde es spannend. Und höre zu.

Dann gehen wir ein Stück. Immer weiter, durch die Sonne und den Wind und reden und reden.

Ich frage mich, ob sie irgendwann doch noch mal aufhört mit dem Reden?
Aber es sieht nicht so aus.

Ich finde es so schön und genieße ihre Worte. Sie sind so anders als all das, was ich vorher gehört habe.

Es geht um ihren Job, um ihre Familie und Verwandtschaft, um ihren Mann, wir reden über soziale Medien, über Reisen und natürlich über Corona. Wir reden auch ein bisschen über mich. Über meine seltsame Ausbildung und dass ich in so einem technischen Beruf arbeite.
Darüber will sie erstaunlich viel wissen. Aber hier habe ich erstaunlich wenig zu erzählen. „Mein Job“, der läuft immer so nebenbei und auf den bin ich gar nicht so besonders stolz. Es ist halt eine Möglichkeit, um Geld zu verdienen. Mehr nicht. Ich würde ihr lieber über meine Kunst erzählen. Über das Schreiben. Die Fotografie. Und die schönen Magnolien, die sie mir zeigt.
Sie blühen schon!

Ich würde gerne drei Stunden mit ihr am Stück die Magnolien betrachten. Sie sehen so besonders schön aus, heute. Es ist nur noch ein kleiner Sonnenfleck auf den großen rosa Blüten, und der Großteil des beeindruckenden Baumes wird schon vom Schatten des Schlosses verdeckt.

Dennoch genieße ich diese Pracht in vollen Zügen. Es tut so gut, meine Freundin zu treffen. Ja, ich habe endlich eine Freundin. Eine, die sich auch mit mir treffen möchte. Die selbst wenig Freundinnen hat und mit den meisten gar nicht soviel zu tun haben möchte.

Ich habe sie jetzt schon ein Jahr lang. Es ist eigentlich mehr eine „Brieffreundin“, bzw. eine „Instagram-Freundin“.
„Toll, dass du sie darüber gefunden hast“ findet meine Mutter.

Ja, so einfach ist das, neue Menschen zu finden. Wenn man wirklich will und bereit dafür ist.

Ich habe aber immer Angst, meine alten Fehler zu wiederholen. Mit jeder Freundschaft habe ich ein bisschen dazu gelernt.

Bei der ersten Freundin hab ich zuviel Druck gemacht. Das wollte sie nicht. Die andere Freundin wollte keine Bilder von sich. Auch das hab ich mir abgewöhnt. Ich hatte mal eine Freundin, mit der ich mich nur gestritten habe. Das war nicht gut. Ich hatte eine „seltsame Freundin“ und sie endete auch seltsam. Ich hatte viele männliche Freunde und auch ein paar Trans-FreundInnen.

Die neuste Freundin mag es nicht, wenn die beste Freundin andere beste Freundinnen trifft. Das kann ich verstehen.

Ich versichere ihr, dass sie fast meine beste Freundin ist oder auf jeden Fall zu einem sehr engen Kreis „sehr guter Freundinnen“ gehört.

Puh das ist ganz schön anstrengend. Ich merke, wie unsicher ich bin. Ich möchte nichts falsch machen, aber auch nicht so abhängig erscheinen. Es ist schwer, sich da in der Mitte vernünftig auszutarieren.

„Wollen wir einen Kaffe trinken?“ schlage ich vor. Sie stimmt zu. Wir gehen zur „Metzgerei“ im Lindenhof, wo es „Coffee to go“ gibt. Leider schließen sie gerade. Der Mann räumt gerade das Schild nach drinnen. „Dann vielleicht zur Eisdiele?“ schlägt sie vor. Aber weder sie, noch ich machen uns gerade etwas aus Eis. Der Kompromiss wird dann eine Bäckerei.

Ich drängel mich vor und bestelle einen Cappucino und einen halben Liter isotonischen Zitronensprudel. Sie bestellt einen Kaffe und nimmt noch Wasser mit. Draußen vor dem Schaufenster stehen der Zucker und die kleinen Milch-Portionen. Es ist so ein herrlicher Tag im Sommer, man vergisst fast, dass es je anders oder schlechter gewesen ist.

Wir reden über meine Depressionen und dass es zwischen Januar und März so schwierig gewesen ist. Ich kann es ihr aber nicht glaubhaft rüberbringen. Im Moment sind alle Depressionen verflogen. Es tut einfach gut, mit ihr zu reden. Die Zeit entschleunigt sich. Wir setzen uns vor die Kirche im Lindenhof und quatschen. Ich fühle mich so vertraut bei ihr, so angenommen.

Und sie anscheinend auch. Jetzt darf ich doch ein Bild von Ihr machen.

Ich bin happy, ich hab alles richtig gemacht.

Der Tag vergeht sehr schnell, aber dennoch hängen wir eine kleine Tour dran. Wir warten noch auf den Sonnenuntergang und reden und reden. Irgendwann dann pausiert sie. Sie schweigt für eine Minute. „Wollen wir nach Hause gehen?“ frage ich.

„Ja.. ok“ sagt sie. Zum Abschied würde ich sie gerne umarmen. Aber wir gehen einfach so.

Ein Tag in Mannheim

Gestern ging es mal wieder nach Mannheim. Wir haben ja früher dort gewohnt, aber immer zu wenig Zeit für Ausflüge oder Besichtigungen gehabt. Jetzt hatte sich in unserem Leben vor ein paar Monaten vieles geändert und wir haben deutlich mehr Möglichkeiten, um das nachzuholen. Mannheim kennen wir eigentlich schon ganz gut, aber auch noch nicht alle Ecken. Und so war unser erstes Ziel die „Alte Feuerwache“ und die „Neckarwiese“ im Stadtteil „Neckarstadt“. Die erste Aufgabe bestand darin, einen geeigneten Parkplatz zu finden, der nicht zu weit vom Fluss entfernt ist.

Mannheim Rosengarten, Blick aus dem fahrenden Auto

Beim Überqueren der „Kurpfalzbrücke“ enstand das erste Problem: Hier ist nichts ausgeschildert, wo soll man sein Auto also abstellen? In der Nähe der Alten Feuerwache gibt es ein Parkhaus, beim näheren Betrachten ist es allerdings als „privat“ gekennzeichnet, vermutlich eine Abstellmöglichkeit für Anlieger. Der „Alte Meßplatz“ (hier) war früher ein großer Parkplatz, so weit ich mich erinnern kann. Man hat ihn aber vor einigen Jahren umgebaut und eine verkehrsberuhigte Begegnungsstätte für Jung und Alt draus gemacht. Das ist sehr schön gemacht und hat uns gut gefallen, aber das Parkplatzproblem bleibt! Weil wir an einem Feiertag gefahren sind (Pfingsmontag) konnten wir uns zum Glück bei einem örtlichen Supermarkt niederlassen (Lidl-Parkplatz). Bei diesem Parkplatz steht aber ausdrücklich dabei, dass er wochentags nur mit Parkscheibe und auch nur eine Stunde zu benutzen ist.
Kurz nachdem wir das Auto verlassen haben, stellten wir aber fest, dass es weiter östlich noch einen kleinen Parkplatz gibt, der auch von der Dammstraße aus zu erreichen ist (hier ). Da gab es sogar noch ein paar freie Stellplätze. Unser Blick zog es gleich auf die schöne Neckarwiese.

Blick von der Kurpfalzbrücke auf die Neckarwiese

Dort saßen schon einige Grüppchen zusammen und erzählten miteinander. Der Geruch von frisch gegrilltem Fleisch stieg uns in die Nase. Es war hier schön ruhig, der Verkehr schon weit weg. Dennoch hatten wir Hunger und Durst und beschlossen, uns erst einmal zu stärken, bevor die Stadterkundung weiter gehen würde.

Man kommt dabei automatisch zum „Alten Bahnhof“. Schon vom weiten sieht dieser Biergarten sehr interessant aus. Alte Zugwaggons wurden -ähnlich wie bei einer Wagenburg- zusammengestellt. Das Innere dieser Waggons wurde umgebaut, der eine ist ein Toilettenwagen, der andere ist eine Bar und Theke und der dritte sah aus wie ein Vorratsraum. Es gibt ein paar Bäume, die Schatten spenden und ausreichend viele Tische und Stühle. An diesem frühen Nachmittag war noch nicht allzu viel los. Ein älterer Herr saß alleine an der Brüstung zum Neckar und hatte einen Bluetooth-Lautsprecher aufgestellt. Die Musik kam sehr laut vom Nachbartisch herüber. Sein Blick war etwas glasig und leer und er trank ein Bier nach dem anderen. An den anderen Tischen saßen hauptsächlich Ehepaare und kleinere Gruppen.

Biergarten „Alter Bahnhof“

Wir bestellten Flammkuchen und kühle Getränke. Die Bedienung war sehr freundlich, das Essen schnell gebracht und lecker und die Location absolut perfekt. Man sitzt etwas zurückgesetzt, so dass der Verkehrslärm erträglich ist, man hat aber trotzdem das Gefühl „zentral“ zu sein und alles mitzukriegen. Vor allem der Blick auf die Neckarwiese mit ihrem Trubel ist einmalig.

Nach der kleinen Stärkung gingen wir rüber zur Alten Feuerwache. Dieses Gebäude habe ich von früher noch stark in Erinnerung. Man hat eigentlich sehr oft gehört, dass es dort Veranstaltungen gibt. Der Name war immer sehr präsent. Zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass noch kein einziges Mal darin gewesen bin! Heute sollte alles anders werden und ich suchte einen Eingang. Vorne gibt es ein Café und weiter links eine Tür. Die war verschlossen.

Alte Feuerwache, dahinter Wohnhaus

Wenn man links rum geht, hat man schönes Mannheimer Ghetto-Feeling. Jugendliche hängen ab und hören Musik, die Wände und Türen sind teilweise gesprayt.

Ghetto
Stadtblick, kurz vor der Feuerwache

Wir sind dann weiter um das Gebäude herum gegangen.. ein paar tolle Perspektiven ergaben sich. Schließlich fanden wir den Haupteingang auf der Südseite des Gebäudes. Der war geöffnet, man konnte ein paar Plakate sehen. Es gibt dort einen Poetry Slam! Vielleicht sollte ich da mal hingehen?

Weiter ging es über die Kurpfalzbrücke, Richtung Stadtzentrum.

Kurpfalzbrücke nach Osten, Fernsehturm

Von hier aus kann man die vielen Lokale und eine große „Beach Bar“ sehen (https://www.neckarstrand-mannheim.de/ ) Die sieht sehr chillig aus! Ich wäre gerne rein gegangen, allerdings war der Andrang groß und jeder Liegestuhl besetzt. Nach einem kleinen Rundgang am Neckar haben wir schließlich das OEG Citybeach getestet (http://oeg-citybeach.de/ ) Das Lokal ist auch sehr schön, und bietet eine ähnlich gemütliche Atmosphäre wie der Neckarstrand. Allerdings war der Andrang weniger groß und die Nachteile wurden schnell ersichtlich: Es ist hier durch die Nähe zum Friedrichsring deutlich lauter und ungemütlicher. Die Verkehrsgeräusche werden nicht so gut abgeschirmt- und das Personal versucht diesen Malus durch extra laute Musik zu „übermalen“, was auf die Dauer anstrengend für die Ohren wird. Nach einem Eichbaum Radler gingen wir weiter Richtung Marktplatz.

Mannheim Altes Rathaus am Marktplatz

Der Ausländeranteil steigt plötzlich stark an, man sieht sehr viele Türken, Dunkelhäutige und osteuropäisch sprechende Menschen. Es gibt Volk, das abhängt und den freien Tag genießt. Mir war erst gar nicht bewusst, was passiert war, denn aus der heterogenen Bevölkerung, die noch am Strand geherrscht hatte, wurde es plötzlich separiert und „fremder“. Dann wurde mir klar, dass wir im sogenannten „Türkenviertel“ von Mannheim angekommen waren. Ein im Grunde recht klar und eng abgesteckter Bereich in Mannheim, der von sehr vielen Türken bewohnt wird. Es gibt „arabische Restaurants“, sehr viele Dönerläden, aber auch Brautmodengeschäfte, türkische Supermärkte und Friseure, Goldhändler und Anwälte.

Türkisches Viertel

Es war ein irres Gefühl, innerhalb von wenigen Minuten in einer anderen Welt angekommen zu sein- fast wie bei einem Urlaub in der Türkei. Man fühlte sich plötzlich fremd (auf eine positive Art und Weise)- die Umgebung hatte sich schlagartig verändert- geht man ein paar Schritte weiter, ist man man wieder in Deutschland. Irgendwie verrückt.

Brunnendenkmal am Marktplatz

Ich schoss schnell ein paar Fotos vom Brunnendenkmal und vom Alten Rathaus. Dann gingen wir wieder nach Norden, zum Museumsschiff, anschließend in den Hafen Richtung Jungbusch.

Museumsschiff vom Technoseum
Hafenkran
Container aus Amerika

Als wir den Rundgang beendet hatten, zeigte der Schrittzähler knapp 10.000 Schritte an, das tägliche Soll war erfüllt. Voll geladen mit vielen Eindrücken fuhren wir zufrieden nach Hause.

Arena of Pop 2011

arena_of_pop1

Nicht vergessen, am 9. Juli 2011 findet wieder eine „Arena of Pop“ in Mannheim statt! Mit Besucherzahlen über 100.000 ist es ein guter Versuch, Mannheim als Pop- und Musikstadt noch besser im Bewusstsein der Audiophilen zu verankern. Neben Musikern wie Xavier Naidoo und der bundesweit bekannten Pop-Akademie ist dieses Open-Air Ereignis ein wichtiges Aushängeschild für die Stadt.

Aus Kostengründen wird sie leider nur noch alle zwei Jahre veranstaltet. (Wikipedia ) Als ehemalige Mannheimerin habe ich mir die erste Arena of Pop 2006 natürlich angeschaut und war begeistert, nicht nur deswegen, weil der Besuch kostenlos ist und alles sehr gut organisiert war. Man wird allerdings früh anreisen müssen, um einen Platz direkt vor der Bühne zu bekommen und sollte ein wenig unempfindlich gegen große Menschenmassen sein.. der Platz vor dem Schloss ist zwar groß, aber mit den vielen Menschen wird es dann doch eng. 2006 hatten sie Videoleinwände aufgestellt, so dass man theoretisch auch mit einem Platz am Rande zufrieden sein könnte. Es sei denn, ihr wollt den Atem der KünsterInnen hautnah auf euren Körper spüren und euer Trommelfell einer mehrstündigen Belastungsprobe unterziehen…

Top-Acts für dieses Jahr sind Ricky Martin, Sunrise Avenue und Laith Al-Deen.

Mehr Infos gibt es hier: http://www.mannheim.de/nachrichten/arena-pop-am-9-juli