Männer und Frauen

Ich schrieb neulich mit einer Frau. Da erzählte sie mir alles über ihre Freunde, ihre Verwandte, ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, das angespannte Verhältnis zum Vater. Sie lästerte über ihren Mann, die Verkäuferin, die neue Kollegin im Büro. Sie erzählte mir alles über ihre Kinderwünsche und wir unterhielten uns ca. zwei Stunden lang über Baby-Klamotten und Windel-Wickeltechniken für Öko-Muttis. Danach erfolgte ein detaillierter Austausch über vegetarische und Kohlenhydrate-reduzierte Ernährung, über schadstofffreie Einrichtungsgegenstände, die man auch im gemütlichen Lädchen nebenan bekommt, über Bio-Gütesiegel, über den Energieverbrauch des neuen Autos, die Kostenbilanz von neuen Elektro-Küchengeräten und die richtige Eintragung im Haushaltsbuch, sowie das ständig zu knappe Geld, dass es ständig zu verwalten und gegen nicht befugtes Einmischen zu verteidigen gilt. Dann fragte sie mich über meinen neuen Freund aus, über meine Ansichten über diese und jene Sache, warum ich denn diese Jeans und keine andere gekauft hätte und dass es ja schon Ewigkeiten her sei, seitdem wir uns getroffen haben ob wir das nicht wiederholen könnten, denn da gäbe es noch einiges zu besprechen und überhaupt reden ist doch wichtig, findest du nicht? Es gibt doch da dieses neue Geschäft, aber das Wetter ist zum Glück auch gut, wenn du die Parkplätze nicht immer so eng und die Jugendlichen so schlecht gekleidet wären. Früher war überhaupt alles besser und schwupps, wie man sich versieht, ist man auch schon dreißig Jahre älter. Zum Glück gibt es Faltencremes, nur in Solarien sollte man nicht zu oft gehen, auch wenn es schick aussieht. Wie denn der letzte Urlaub war, nicht schlecht? genau wie bei uns, ja in Tunesien, kurz danach die Revolution, naja da haben wir nochmal Glück gehabt und ach kennst du schon das neuste Buch, wo wir gerade dabei sind…
Es ist von diesem Autor, den kennt man auch dem Fernsehen, ja eigentlich ein Linker, aber warum nicht mal Lesen, seine Gedanken sind ganz gut, nicht so verschroben, wie der andere, wie hieß er noch gleich. irgendwas mit E… hm hab das jetzt vergessen, ist auch nicht so wichtig. Komme sowieso nicht soviel zum Lesen, du weißt, die Hausarbeit und Christoph, er ist einfach zu bequem, lässt mich alles machen, wie im Mittelalter, die Frauen machen den Haushalt und der Mann lässt sich bedienen also sowas gehört echt abgeschafft, wenn er nix ändert, dann werde ich ihm mal den Marsch blasen, es geht so nicht, weißt du bei der Karin, da läuft es auch anders, die hat doch jetzt den Neuen diesen Vietnamesen, ja ein Ausländer, ist viel pflegeleichter, der macht alles was sie will, da können sich die deutschen Männer noch was abschauen, aber egal, vielleicht die nächste Generation, wir werden sehen. ach wie die Zeit vergeht, ich denke wir sollten Schluss machen. Tschüssi, bis Dienstag dann.

Gerade als sich ein Teil meiner Redemodul-Gehirnzellen schon in hellster Aufregung befanden und vor lauter Aktivierung beinahe vor Schreck umgefallen wären, sehe ich, dass in meinem Briefkasten noch ein anderer Brief ungesehen und unbeachtet schlummerte. Es war von einem Mann, einem guten Freund aus alten Tagen. Eine Antwort auf meinen letzten Brief.

Er schrieb „jupp, geht in ordnung. gruß, Peter.“