Das Leben ist real

Liebeskummer, eine schreckliche Krankheit. Ich bin froh, schon sehr lange nicht mehr davon betroffen zu sein.

Ich hatte aber früher im Leben schon öfters Liebeskummer und ich hab es auch bei anderen gesehen.

Gefühlsthemen klammere ich schon lange aus. Das ist auch so eine Art unterdrückter Liebeskummer. Wenn ich Gefühle verstecke, brauche ich mich nicht mit ihnen zu beschäftigen. Die Liebe ist heiß und lodernd, der Schmerz der Zurückweisung brennt noch heißer, ein Heiß-kalt, ein auf und ab, ein Wiegen und Reißen im Wind, ein Untergehen im Meer.

Nicht gelöste Gefühle sind wie Stein. Man versteckt sie im Herz. Man schließt sie im Tresor ein. Man will sie nicht wahrhaben, man hasst den Schmerz! Man ist doch so ein fröhlicher und lebenslustiger Mensch, wie passt dieses Gefühl des Liebesverlust, der Einsamkeit und Grübelei denn zu einem?

Man möchte stets der fröhliche, der energie-geladene, der gut-gelaunte sein. Kaum jemand bekennt sich öffentlich zu negativen oder gar dunklen Gedanken. Die Gesellschaft erfordert Leistung von uns und Leistung ist immer etwas positives, nach außen gerichtetes.

Und wenn man mal über Gefühle, über Traurigkeit oder die Realität des Lebens schreibt, dann wird man ausgelacht, schräg angeschaut und die Leute denken vielleicht „Was für ein Spinner!“.

Unsere Gesellschaft will Leistungsfähige, unser Gesellschaft braucht Menschen, die funktionieren. Nach außen sind wir die Optimisten und heimlich, kurz vorm Schlafengehen schmeißen wir noch schnell eine Pille ein… die, mit dem Gute-Laune Effekt. Die, gegen die Depression, gegen die innere Unruhe, gegen Ängste, gegen Nervosität, gegen das Leben.

Denn das Leben ist so. Krank ist erst der, der die Ängste, die Sorgen und den Kummer unterdrückt, der keine Sprache mehr finden kann. Das eingefrorene wird zum Konflikt, es gärt- ungesehen und unbehandelbar- bis es eines Tages knallt und sich im Schlimmeren ergießt.

Die schlimmsten menschlichen Tragödien sind Eifersuchtsmorde (wie die Kommisarin letztens im Tatort nüchtern feststellte: die häufigste Mord-Ursache), die schlimmste Krankheit ist eine enttäuschte Liebe. Junge Menschen, die das noch nicht kannten und von der Eifersucht und dem Kummer überrollt werden, greifen gerne mal zum Strick- und sterben unbeachtet.

Das Gefühl, gebraucht und geliebt zu werden ist ein elementarer Bestandteil unseres Lebens. Es ist so elementar, weil es die Grundpfeiler unseres Lebens bestimmt. Am Anfang war die Mutter. Die Mutter ist universelle Liebe, sowas wie Gott. Die Mutter nährt und schützt und ist immer für uns da. Irgendwann entwickeln wir uns und stellen fest, dass es noch Geschwister gibt. Dass es einen Papa gibt. Dass es eine raue Umgebung, Hindernisse, Bordsteine und Hunde gibt. Wir lernen laufen. Wir lernen, aus unserem Kokon herauszubrechen. Wir gehen ein paar Schritte- und fallen auf die Nase!

Wie ungerecht ist das denn? Eben waren wir noch behütet und schon müssen wir uns mit der Realität des Lebens auseinandersetzen. Bei der Geburt fing es schon an. Der kleine Körper, auf ein winzigstes gepresst durch den engen Schlund- bahnt sich seinen Weg in unbändigem Schmerz. Reißt die Mutter auf, presst sich mit Müh und Not um schließlich in Blut und Schleim getränkt das erste Sonnenlicht zu erhaschen. Und wenn das geschafft ist, ist es noch lange nicht aus. Krankheiten werden kommen, Essen wird erbrochen, Tränen vergossen, Schreie getilgt.

Nein, das Leben ist nicht fair. Das Leben ist brutal, hart, schmerzlich.

Das Leben ist real.

Liebeskummer ist ein Schritt in die Reifheit. Zuerst die Liebe, dann die Enttäuschung, dann der Schmerz und letztendlich die Reifheit. Wie ein guter Wein. Es wird Jahre brauchen…