30 Prozent weniger

Passender Song + Text

Die Stadt.

Gewusel aus allen Ecken und Enden.
Verkehr. Autos, verstopfte Straßen.
Regen.

Enge Parkhäuser, Schrammen und abgenutztes Gummi an den Wänden
hektische Menschen
volle Taschen
schnelle Schritte.

Warme, lichtdurchflutete Kaufhäuser
die Behaglichkeit verbreiten
wenn du kaufst
und Geld hast.

Kopfschmerzen
Blasendruck
Unbehaglichkeit
Kälte.

Kein Platz für Dich
kein Platz für den anderen
teure Mieten
Nebenkosten
Parkplatzmangel

schreiende Kinder
hektische Menschen
Hupen, Drängeln
Unfreundlichkeit.

Sehr viele Münder
begrenzte Energie,
die Maschine brummt,
der Rubel rollt.

die Allgemeinheit bekommt nichts ab.

Unmenschliche Geschwindigkeit
die du nicht mehr kontrollieren kannst
du wirst kontrolliert
wirst Teil des Systems

das System ist stärker als du
der freie Wille
nur noch eine Variable

deine Privatsphäre
längst allen bekannt.

Verkauf deine Gefühle für 30 Prozent!

Der gesunde Mittelweg

Alle Jahre wieder, auch diesmal, ist Weihnachten. Man merkt es zuerst im August, wenn die ersten Paletten mit Lebkuchen, Christstollen, Schoko-Weihnachtsfrauen und Advents-Deko in die Läden gerollt werden. Dann stellt sich schon so langsam das erste weihnachtliche Gefühl ein. Man fragt sich dann auch, wie es so einer Weihnachtsfrau wohl geht, wenn man sie bei 26 Grad im Schatten langsam und genüsslich aus der Folie rollt, ihr klebriges Etwas in den Fingern hin und her reibt und dann langsam von Kopf bis Fuss auf Tuchfühlung geht?

Oder ein Lebkuchen zum Grillfest, das wäre auch mal eine Idee! Das gäbe eine ganz neue Kombination! Ingwer mit Bratwurst, Zimsterne mit Grillspieß, warum eigentlich nicht? Grillpartys im Winter gibt es ja bereits, alles weitere wäre nur ein kleiner Schritt. Das ließe sich auch von der Weltanschauung gut kombinieren: Hier die nordischen Atheisten und Thor-Kultsanhänger mit purem Fleisch als Lebensgrundlage und dort ein wenig christliches Weihnachtsaroma, aber bitte nicht zuviel. Eventuelle Zweifel an der eigenen Religions-Identität lassen sich gut mit hochprozentigem runtergurgeln.

Wer dann im September immer noch keine Weihnachtsgeschenke hat, braucht nur den Fernseher anzumachen. Von überall werden wir leise erinnert, dass da ja Ende des Jahres noch der Super-Gau des Geldausgebens auf uns wartet. Aber nur für die, die Geld haben, am Rande bemerkt. Alle anderen können noch die Heizöl-Lieferung vom letzten Jahr abstottern, den Weihnachtsbaum verheizen und die Stromrechnungen der letzten drei Jahre als Einwickelpapier verwenden. Und wenn es dann immer noch nicht reicht, kann man sich verschulden, so wie von den Banken erwünscht. Geld ist nur etwas wert, wenn der eine nichts davon hat.

Spätestens unerträglich wird es im November, wenn jeder Werbesport im TV oder im Radio irgendwie das Thema Weihnachten berührt. Spätestens jetzt ist die Kommerzialisierung endgültig durchdrungen und die letzten Reste des christlichen Ursprungs weggefegt.

Wer möchte, kann sich noch in Diskussionen vertiefen, ob man nun schenken soll oder nicht oder ob dekoriert werden soll oder nicht. Wer sowieso schon nicht „in Weihnachtstimmung“ war, kann sie sich von puristischen Weihnachts-Atheisten und Klein-Aufrechnern endgültig vermiesen lassen (die letzten Geschenke waren so und soviel wert und diesmal schenken wir gar nichts, du musst aber schenken, weil ich sonst beleidigt bin).

Was ist da die beste Option? Einfach weglassen, einfach wegfahren, in ein Land fahren, in dem nicht Weihnachten gefeiert wird. Einfach mal den 24.12. verschlafen, das wäre eine Option.

Oder das genau Gegenteil, den Trubel voll und ganz mitmachen und noch eins obendraufsetzen. Statt 12.000 Weihnachtsbirnchen des Nachbars und den 2,5 Tonnen Kunstschnee (Klimawandel), nehmen wir halt gleich die Großpackung vom Großhändler (50.000 Birnen und 10.000 gratis) und die Familienpackung Kunstschnee mit Deko-Weiß als Sprühdose (Kosten 6.000 Euro).

Ein gesunder Mittelweg scheint auch in diesem Jahr- unmöglich.

Das Brötchenlabyrinth

Auf der Suche nach einem Kulturgut

Wozu brauchen Menschen eigentlich Mitgefühl? Wenn man so an einem normalen Alltagstag durch den Supermarkt oder die Fußgängerzone schlendert, kann man sich die Frage schonmal stellen. Alle hetzen durch das Leben, getrieben von ihren Pflichten, Ängsten und Sorgen. Man sieht unterschiedliche Gesichter, alle sind verschieden. Aber wer genau versucht, die Menschen anzuschauen und nicht gleich den Blick wieder abzuwenden, wird feststellen, wie wenige Menschen wirklich „sehen“. Wie wenig Menschen wirklich aufmerksam sind und sich für ihre Umwelt interessieren.

Im Supermarkt verhalten sich Menschen oft Roboterhaft, aber ohne das Vorhandensein jeglicher KI (Künstlichen Intelligenz). Sie heben einfach die Waren in den Wagen, stellen den irgendwo hin und gehen an die Kasse. Sicherlich, vom Markt und Konsum ein erwünschtes roboterhaftes Verhalten. Aber wie wenig Menschen nehmen Rücksicht auf die anderen und stellen den Wagen so, dass z.B. alle durchkommen. Wie oft wird man im Markt angerempelt oder angefahren, vorzugsweise in einer Schlange an der Kasse.

Wie schwer es fällt, in ein Gespräch verwickelt zu werden. Ich glaube man könnte problemlos den ganzen Tag durch die Stadt oder Supermarkt gehen, ohne auch nur ein Wort zu reden! Was bleibt, ist das obligatorische „Guten Tag“, „Wieviel macht das?“ „Ich schau mal ob ich es klein habe“ und ganz wichtig „Tschüss!“.

Ein guter Ausweg aus dieser Situation ist, selbst mitfühlend zu sein. Wenn man es nicht mit einer Maske und Gefühlspanzerung den anderen gleich tun will, muss man das Schweigen bewusst durchbrechen. Bewusst selbst freundlich sein, bewusst Worte finden, wo andere nur schweigen, bewusst Leben in das Einheitsgrau bringen, wo sonst nur Farbarmut und emotionale Leere herrscht. Es ist zwar nicht immer einfach und nicht jedem Tag ist einem danach, aber es ist ein guter Trick, der immer wieder erstaunliche Resultate hervorbringt. Zu warten, bis andere auf einen zugehen oder sich „von selbst“ etwas ändert, kann da viel langwieriger bis unmöglich sein.

Mich quält dieses tägliche Einkaufen dennoch sehr. Es versetzt den Menschen in eine groteske Situation und besonders grotesk daran ist, dass es so wenige mitbekommen und so wenige Menschen realisieren, wie abartig diese Situation ist. Wir sind abhängig von den Waren, freuen uns wenn der Einkauf schnell über die Bühne geht. Wir schauen auf günstige Waren, letztens las ich , dass Deutschland sogar besonders wenig Geld für Lebensmittel ausgibt und die Kunden sehr „preisbewusst“ sind. Aber es ist unsere Zeit, die wir hier verbringen, unser Geld, dass wir hier ausgeben? Was bekommen wir zurück, außer die Ware selbst? Wir werden zum Konsumenten degradiert und die Menschlichkeit erstickt.

Wie ist das, wenn man es anders machen will? Das Groteske ist, dass man es kaum kann, dass man sich dem Strom der Masse anschließen muss, ob man will oder nicht.

Beispiel Brötchen: Brötchen werden heutzutage kaum noch selbst gebacken, das meiste war wir essen, sind in der Industrie vorbereitete „Backlinge“, die dann nur noch im Wärmofen aufgebacken werden. Sorgfältig Zutaten aussuchen, Teig anrühren, auf Zusatzstoffe verzichten machen die kleinen „Bäckereien“ schon lange nicht mehr. Die Kunden wollen ja günstige Bröchten, achten mehr auf den Preis als die Qualität, und was man da täglich essen kann, ist das Ergebnis! Wusstet ihr, dass in manchen Aufbackbrötchen sogar der Zusatzstoff Gips, also Calziumsulfat enthalten ist? Hm, lecker..da kann man gleich auf der Baustelle bleiben und die Brötchen dort essen, macht ja eh keinen Unterschied. ((Quelle: http://www.wunderkessel.de/forum/backen-fragen-hilfe/6188-baguettes-brot-knuspern-lange.html ))

Wir haben gestern den großen Brot-Test gemacht: Bekommt man irgendwo in der Stadt noch frische Brötchen, die vom Bäcker selbst gebacken sind? Im kleinen Dorf gibt es nur eine Backstube, die aufbackt….Brötchen rund um die Uhr bekommt man nicht, einigermaßen frisch sind sie morgens. Also weiter in die Kleinstadt, acht Kilometer entfernt, es sind ja sowieso noch ein paar Besorgungen zu machen.
Im Supermarkt selbst gibt es nur die Backautomaten und die mega- umständlichen, personalfreien Verkaufsstände. Schräge Verkaufsfächer, die mit klapprigen Platten aus Plexiglas verdeckt sind. Um jetzt ein Brötchen zu bekommen, muss man mit einer Hand die Klappe aufhalten, mit der anderen Hand die Brötchenzange halten (ansonsten unhygienisch!), mit der dritten Hand die Tüte aufhalten und mit der vierten Hand schauen, dass nichts auf den Boden fällt (ansonsten bezahlen!). Das klappt nicht gut und schmeckt meistens auch nicht.

Der Verkaufstand der „Bäcker“filiale im Eingangsbereich macht es ähnlich, nur dass hier die Brötchen noch von einem echten Menschen in die Tüte gelegt werden. Also auf in die Innenstadt und weg vom Supermarkt-Einkaufsparadies-Speckgürtel. Auf der Suche nach dem großen Bäckermeister-Guru mit dem goldbemehlten Händchen.

Siehe da, das schönste Wetter und die Fußgängerzone beinahe leergefegt. Das einzige was man sieht: Menschen, die frei haben, alte Menschen, die in Gruppen schlendern und sich unterhalten. Was man nicht sieht: Familien mit Kindern, Frauen (oder gar Männer) mit Einkaufstaschen.. stattdessen leer stehende Gebäude und die Einheitssoße an großen Ketten, die noch genügend Marktmacht haben, um sich hier zu halten. Die Innenstadt stirbt aus und Schuld ist der Kaufkraft-Sog der großen Verkaufsketten im Umland. Auch das teure Sanieren des Pflasters und der Straßenlaternen kann den Verfall nicht mehr aufhalten. Vorbei der soziale Treffpunkt, vorbei der kleine Mittelstand. Wer hier noch ein Geschäft hat, geht sowieso bald in Rente und die Kinder ziehen in die Stadt.

Vor ein paar Jahren war die Fußgängerzone noch ein pulsierender Ort, in dem die Menschen dicht gedrängt ihre Einkäufe gemacht haben, weil es vor der Türen der Innenstadt noch keine Supermarkt-Flut gab. Zwanzig Jahre später sieht alles anders aus, ein trostloses Bild.

Ich sehe auch warum, das Auto ist das größte Problem. Wir laufen ca. 850 Meter durch die Sonnenhitze, bis wir endlich an einem Bäcker angekommen sind, der früher sehr gute Brötchen gebacken hat. Und jetzt? Fertig-Backlinge. Wir geben unsere Suche auf und kaufen entnervt die Backlinge, weil ich sonst weit und breit keinen anderen „richtigen“ Bäcker mehr kenne. Da kann ich auch gleich im Supermarkt kaufen!

Fazit :
Entweder 400 Kilometer fahren, bis wir einen richtigen Bäcker gefunden haben, der das Brötchen für 20 Cent mehr verkauft oder selbst backen.

Haben oder Sein?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut dieser Klassiker auf unsere heutige Zeit passt- und der fromme Wunsch von Erich, dass sich schon bald etwas zum Guten wendet und die junge Generation (der siebziger Jahre) es vermag, Veränderungen in den materiellen/ seelischen Bereichen herbeizuführen sind leider (noch) nicht eingetroffen.

Das Buch, dass ich auszugsweise, quer und immer mal wieder lese, ist eine komplexe Antwort auf einen ganzen Lebensstil. Es ermöglicht, diesen Lebensstil des „Habens“ überhaupt zu erkennen. Es mag eine Grundlage sein, für die vielen Konsumkritiker und neuerdings „Bank/ Managerkritiker“ der Neuzeit, aber es ist nicht vollständig und es ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

Fromm beschreibt z.B. nicht ausführlich genug, worin die Verführungen des Habens-Typus genau liegen und warum soviele Menschen anfällig für diesen Lebensstil sind. Auch die genetischen, psychologischen Grundlagen für das Anhäufen von Dingen vermisse ich ein wenig.

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