Gewalt ist keine Lösung

Der neue RAF-Film („Der Baader Meinhof Komplex“) ist durchaus sehenswert. Etwas abschreckend ist- wie so oft- die gezeigte Gewalt und die Frage, ob ihn wirklich schon Kinder ab 12 Jahren sehen sollten. Die Darstellung folgt einem engen dokumentarischen Stil, der den roten Faden einer klassischen Handlung mit Happy End nur schwer ersetzen kann. Wenn man diesen Film sieht, bietet er zuwenig, um alle Fragen zu beantworten und zuviel erdrückende Authentizität, um das Kino glücklich verlassen zu können. Manche Dinge muss man hinterher im Internet nachrecherchieren, anderes wurde übergangen oder weggelassen. Mich hätte z.B. interessiert, wie es zu der Gewalt in den Köpfen kommen konnte und welche Motive die einzelnen Personen hatten. Die Ideen, die sie hatten und die ihre Mitläufer zum Kampf motivierten (Taten statt Hoffen), wurden vom Autor verschwiegen. So erlebt der ahnungslose und wenig vorgebildete Zuschauer nur die Seite der RAF, die zu sehen sein soll und die zudem kompatibel fürs Kino gemacht wurde. Diese Seite besteht aus Gewaltverherrlichen Extremismus, der wie aus dem Nichts über die Mitglieder der „Kommandos“ hereinbricht. Blind greifen sie zu den Waffen, frech lehnen sie aber militärischen Drill und Unterwürfigkeit ab. Mitleid und Sympathie bekommt man mit ihnen, wenn sie mit der Kippe im Mundwinkel und laut grinsend über die Straßen brettern und einfach das machen, worauf sie Lust haben. Erschreckend und unsympathisch wiederum die Gewalt, die sie bei ihren Überfällen und Morden anwenden. So kann sich der Zuschauer nicht wirklich auf eine Identifizierung einlassen, gerade dann, wenn es gelingt, bringt sich jemand um oder eine „Aktion“ scheitert mal wieder. Auch mit der vermeintlich guten Seite, den Polizisten und anderen uniformierten Amtsträgern mag keine tiefe Liebe aufkommen, zumal diese ebenso brutale Gewalt anwenden oder in ihrem Denken korrupt und sadistisch erscheinen. Nur der Polizeipräsident Horst Herold (gespielt von Bruno Ganz) bietet eine Figur, die moralisch und intellektuell die Einzige ist, die dem sinnlosen Morden und immer wieder neuen Gegenschlägen etwas entgegen halten kann.
Vertrauen zu den Gefängnis-Bedingungen oder Anti-Folter Auflagen bekommt man nicht, genauso wenig wie zu den idealistisch und beinahe dumm-naiv handelnden Terroristen, die alle ein Fall für den Psychologen sein mögen. Die Fütterungsszene des in den Hungerstreik getretenen mutet bestialisch und unmenschlich an, genauso wie das obligatorische „Wegsehen“ des Aufsehers, wenn ein Terrorist verhört und anschließend von den anwesenden Polizisten geschlagen wird. Man fragt sich nur, ob das alles wirklich so passiert sein kann.

Ein wenig mehr Dramaturgie wäre gut gewesen, der Film hätte mit der Gefängnis-Szene enden müssen, so wurde er spätestens ab dann langweilig, als die schauspielerisch überzeugendsten Personen hinter Gitter kamen (Moritz Bleibtreu als Andreas Baader und Martina Gedeck als Ulrike Meinhof). Deren Martyrium will keiner sehen, denn man kann angesichts ihrer vorhergehenden Taten kein Mitleid für sie empfinden.

Was ab dann kam, war langatmig und wurde auch nicht mit der extra Portion Gewalt besser, die ständig unter den an sich langweiligen Plot gestreut wurde. Der Film richtet sich gegen Gewalt und Terrorismus, kann aber seine eigenen Stilmittel nicht davon freimachen.

So hinterlässt der Film eine eisige Stimmung im Kinosaal und die Münder hängen tief nach unten. Vielleicht ist diese traurige, düstere Aussage die Kernbotschaft des Films: Gewalt lohnt sich nicht, am Ende müssen alle darunter leiden.