Heiße Birnen

Heiß her ging es heute bei „Hart aber fair„.
Die Vertreterin des Energieverbandes (stellvertretend für „die Stromkonzerne“) hatte Pech im Unglück, war die einzige Frau und konnte sich kaum beliebt machen. Zudem wirkte es so, als ob sie als Bauernopfer, Prellbock zwischen erzürnten Politikern und den Machtinteressen der Großkonzerne, herhalten musste.

Die rhetorisch sehr geschickten und aggressiv auftretenden Herren Trittin (Ex-Umweltminister) und der amtierende Umweltminister Sigmar Gabriel gaben sich keine Blöße und konterten jeden Angriff geschickt und setzen noch etwas obendrauf. Die Ausreden und typischen Floskeln wurden mit unerwarterter Härte beantwortet und nicht gelten gelassen. Frau Müller hatte es schwer, sich den Argumenten zu widersetzen und sie konnte einem ein wenig leid tun. Es war das erste Mal (für mich) dass auf solcher Breitseite öffentlich Stimmung gegen die Gewinnsucht der Energieriesen, wie z.B. RWE gemacht wurde und das Gefühl war, dass dies eine gerechtfertigte und heftige Emotion war, die auch der Stimme des Volkes entsprach. Allein der immense Reingewinn RWE´s von 2,2 Milliarden Euro pro Halbjahr (!) ist eine gewichtige Zahl, die nicht so schnell den Raum verlassen konnte.

Dies unterstrich Frank Plasberg auch mit der Richtigstellung, dass die Verbraucher nicht verunsichert sind („sich Sorgen machen“), sondern im Gegenteil sehr verärgert über die Tatsache sind, dass Deutschland die höchsten Stromkosten aller europäischen Länder hat, Steuern und Abgaben herausgerechnet.

Da half auch keine Ausweichtaktik mehr, dieser Punkt ging an die Verbraucher und an eine Politik des nach-vorne-Denkens, die jegliche Blockaden im Energiesektor umschiffen bzw. lösen soll. Hier wurden viele Sachpunkte angesprochen, z.B. die Sicherheitsthematik oder die atomare Endmülllagerung.

Ob sich nach so einer Sendung wirklich etwas ändert, oder doch nicht wieder nur Köpfe ausgetauscht werden, bleibt indes unklar.

Wichtig ist aber der politische Wind, der hier zum Vorschein kam und der schien mir sehr grün, sehr vernünftig und sehr intelligent. Die Politiker der links gerichteten Parteien, vor allem Herr Gabriel und Herr Trittin konnten auf jeden Fall wichtige Sympathie-Punkte für den aktuellen Wahlkampf sammeln. Geschickt konnten sie davon ablenken und die Tatsache überspielen, dass der Bürger durch das Verbot der klassischen Glühlampe und die schrittweise Verbannung aus dem Handel ziemlich bevormundet wird. Ihre Formulierungen klangen nicht sehr ideologisch, sondern durchdacht. Einzig der schelmisch grinsende Blick von Jürgen Trittin ließ erahnen, dass hier einiges an Gerissenheit und Kalkül dahinter stand, beweisen war es jedoch nur schwer. Der direkte politische Kontrahent der beiden, Markus Söder (CSU) war zu lieb und zu wenig bissig, einigte sich am Ende noch mit den beiden, was für Ruhe und Frieden sorgte. Aber auch Söder ist wahrscheinlich klug genug, nicht geradeweg in das politische Messer zu laufen was da so direkt vor ihm am Tisch imaginär aufgespannt wurde. Sein Verhalten passte zur Taktik der großen Schwester CDU die aktuelle Machtposition zu halten und souverän, aber nicht aufgeregt zu verteidigen. So wurde den Angriffen der flinken Gesprächspartner am besten die Energie genommen.

Genau in der Mitte dieser Talkgäste saß Ranga Yogeshwar , der bekannte Wissenschaftsjournalist und beliebte Moderator mit dem ausgeglichenen Gemüt setzte die richtigen Akzente. Sein Vortrag über die technischen Unterschiede der herkömmlichen Glühlampe im Vergleich zur modernen Energiesparlampe war anschaulich und gut erklärt. Wichtig ist zu wissen, dass bei der normalen Glühlampe das langwellige, warme rote Spektrum viel stärker ausgeprägt ist und somit „unbewusst“ (da unsichtbar) für ein wärmeres Raumklima sorgt. Der anfänglich etwas skurril wirkende Lampenhändler (Glühlampen sind „Lagerfeuer“ und „Kulturgut“), der sich per kurzen Einspieler äußern durfte, wurde somit indirekt bestätigt.

Yogeshwar vertat sich allerdings dabei, als er sich etwas abfällig über die Arbeitsmoral der „einfachen Leute“ äußerte, die in den Schaltzentralen von Atomkraftwerken ihren Dienst tun. Mag sein, dass er in drei Jahren seiner Tätigkeit in einem Kraftwerk schlechte Erfahrungen gesammelt hat, dies berechtigt ihn aber weder praktisch noch moralisch für so ein vernichtenes Urteil über die „Realität“. Es wäre geschickter gewesen, wenn er an die Ausbildungsqualität appelliert hätte oder darauf eingegangen wäre, wie die Arbeitsbedingungen im Schichtbetrieb sind, wer diese Arbeitsbedingungen verantwortet und welche Folge woraus genau entstehen.

Dieser Ausflug in die soziale Gerechtigkeit wäre aber zuweit gegangen und auch nicht Gegenstand der aktuellen Diskussion.

Der Zuschauer erlebte eine hitzige, beherzte aber dennoch friedliche Debatte und konnte sich gemütlich über die gelungene Sendung freuen.

Diese Sendung war eindeutig „Heiß, aber fair!“.