Frauen-Fußball WM 2015 – Viertelfinale

Zeit, was zum Frauen-Fußball zu schreiben! Damit ich mich nicht ständig wiederhole, gibt es hier erstmal eine kurze Zusammenfassung einiger meiner Fußball-Berichte. Mehr zum Stöbern gibt es in der Fußball-Kategorie.

Auf lustige Art und Weise hab ich mich bereits hier mit dem Frauen-Fußball auseinander gesetzt:
https://www.ja-blog.de/2011/06/das-gute-am-frauenfusball/

Spiele der Männer aus dem Jahr 2010 wurden hier besprochen:
https://www.ja-blog.de/2010/07/ein-guter-tag-zum-freuen/
https://www.ja-blog.de/2010/06/wenn-das-wortchen-wenn-nicht-war/
https://www.ja-blog.de/2010/06/miteinander-ubereinander-nebeneinander/

Außerdem gab es im Jahr 2011 eine Frauen-Fußball-WM, die ich kurz hier kommentiert habe:
https://www.ja-blog.de/2011/07/fusball-wm-2011-zwischenfazit/
https://www.ja-blog.de/2011/07/das-vorzeitige-ende/

Und für die unrühmliche Männer-Fußball EM 2012 gab es hier ein Fazit.

 

Aber nun, genug des Herumkramens in alten Aufzeichnungen, die aktuelle WM in Kanada soll besprochen werden!
Eine gute Übersicht über Mannschaften, Trainer, Spielerinnen und Austragungsorte findet man hier.

Das Turnier ist ingesamt etwas kürzer als bei der Männer-Fußball-WM, weil es weniger Länder und somit auch weniger Gruppen gibt.

Heute abend findet ein wichtiges Spiel statt, das Viertelfinal-Spiel zwischen Deutschland und Frankreich. Da beide Mannschaften als sehr gut gelten, wurden sie bereits als Favoriten für das Turnier auserkoren. Das Spiel heute abend ist also so etwas wie ein „kleines Finale“, weil beide Teams durch die besondere Konstellation der Gruppen schon heute aufeinander treffen. Daher ist es auch ein Tipp für den Fernsehabend und bestimmt sehr sehenswert.

Ich habe bereits beide Teams in Aktion gesehen, z.B. das Deutschland-Spiel gegen Schweden (Achtelfinale), Thailand und die Elfenbeinküste. Bei den Französinnen habe ich nur das Spiel gegen Korea gesehen (Achtelfinale).

Deutschland gefällt mir eigentlich ganz gut, vor allem gegen Schweden haben sie ziemlich aufgedreht und deutlich besser ausgesehen. Gegen Thailand und die Elfenbeinküste hat man gesehen, dass die europäischen Mannschaften sowieso zwei Klassen besser sind und dort den Frauenfußball schon weit vorangetrieben haben. So ist es vielleicht kein Wunder, dass gerade in den Ländern, bei denen die Gleichberechtigung der Frauen schon weit vorangeschritten ist, auch die besten Teams herkommen? Sehr gute Teams kommen nämlich aus den USA, Schweden, Norwegen, Dänemark und Deutschland.

Spielerisch scheinen sich die sportlichen Leistungen den Männern sehr anzunähern, wobei man auch zugeben muss, dass es Unterschiede gibt. Frauen sind eben keine Männer und bestimmte Geschlechtsunterschiede findet man auch im (und um das) Spiel. Ich will darauf kurz eingehen, weil Frauenfußball immer noch ein „neues Phänomen“ ist. In ein paar Jahren vielleicht schon nicht mehr. Man muss auch nicht immer alles vergleichen. Was mich nur ein wenig ärgert ist die Bezeichnung: Bei den Männern heißt es Fußball, bei den Frauen heißt es Frauen-Fußball. Warum sagt man dann nicht konsequenterweise auch „Männer-Fußball“ ?

Auffällig ist, dass in Kanada auf Kunstrasen gespielt wird, obwohl alle FußballerInnen sagen, dass man auf echtem Rasen viel besser spielen kann. Warum das so ist, hab ich nicht ganz heraus gefunden, ich meinte mich aber daran erinnern zu können, dass es auch eine Kostenfrage ist. Mehr zu dem Thema findet man im Internet, exemplarisch ist hier nur ein Beitrag verlinkt.

Die Stadien sind nicht ganz so voll gefüllt wie bei den Männern, stellenweise peinlich wird es, wenn man die vielen leeren Sitze sieht. Darunter leidet natürlich auch die Atmosphäre, weil nicht soviel angefeuert und herumgejohlt wird. Dennoch werden vom Fernsehen tlw. sehr schöne Bilder übertragen, von weiblichen Fans die Frauen anfeuern, aber auch viele Männer sind dabei. Die Fans in der Heimat halten sich hingegen bedeckt. Beflaggte Vorgärten, bunte Auto-Außenspiegel, Wimpel oder sogar Hup-Konzerte habe ich noch keine mitbekommen. Warum so zögerlich?

Spielerisch ist mir vor allem aufgefallen, dass das Spiel der Frauen nicht ganz so körperbetont ist und dass insgesamt viel weniger gefoult wird. Dafür ist die technische Klasse einiger Mannschaften wirklich herausragend, u.a. auch das deutsche Spiel. Es macht dadurch sehr viel Spaß, zuzusehen. Es sind immer mal wieder Traumpässe zu bewundern oder besonders gute Torschüsse aus den aberwitzigsten Positionen. Echte Patzer (z.B. freistehend vor dem Tor verziehen) kommen auch nicht häufiger vor, als man es bei den Männern sieht.
Dass nicht soviel gefoult wird, finde ich sogar gut, das ist etwas, dass mich bei den Männer-Spielen immer sehr stört. Es ist unfair, unnötig brutal und wird sowieso abgepfiffen. Warum wird dann überhaupt gefoult? Fair play, please!

Bei den Frauen kommen durch weniger Fouls mehr Pässe und längere Spielzüge zustande. Vielleicht gilt das harte Hereingehen „in den Mann“ als nicht besonders weiblich. Hier scheint es noch starke Unterschiede bei der Selbstwahrnehmung und der Definition der weiblichen Rolle zu geben (und bei den Hormonspiegeln, z.B. Testosteron, das ja auch als aggressives Hormon gilt). Allerdings dürfte es dann auch keine Frauen bei anderen „männlichen“ Sportarten wie z.B. Boxen oder Gewichtheben geben. Beim Sport verschwimmen die starren Geschlechtergrenzen immer mehr und übrig bleiben die individuellen, sportlichen und körperlichen Leistungen.

Und ein spannendes Spiel natürlich.

Wer also heute abend noch nichts vorhat und sich nur ein bisschen für Sport interessiert, sollte sich das Spiel der deutschen Fußball-Frauen unbedingt ansehen!

 

Aus und vorbei

Jetzt ist die EM also vorbei, aus Sicht der deutschen Manschaft noch etwas früher als geplant. Der großen Begeisterung und dem allgegenwärtigen Fahnenmeer ist eine absolute Nulllinie der Enttäuschung und der Ernüchterung gewichen.

Das ist das seltsame am Sport und den damit verbundenden Emotionen: Sie sind alle auf ein Ziel hin gerichtet und sind dabei sehr exklusiv. Nur der Sieg zählt, alles andere ist unwichtig. Liest man die entsprechenden Zeitungsartikel zum letzten Spiel und der Mannschaft im Allgemeinen wird mit deutschester Gründlichkeit noch jeder so kleiner Fehler analysiert und darauf herumgeritten. Dass die deutsche Mannschaft auch ein paar erfrischende Tugenden aufweisen konnte, freundliche und nette Spielercharaktere vorweisen konnte, sich mit dem Glanz des Multikulturellen schmückte wie sonst keine zweite im Turnier- all das ist jetzt nicht mehr wichtig. Die Fahnen im Vorgarten, auf den Außenspiegeln und an der Antenne wurden so schnell wieder abgerupft, wie sie gekommen sind.

Es ist anscheinend nicht möglich, den dritten, bzw. vierten Platz irgendwie als etwas positives zu sehen… ich freute mich noch auf das „Spiel um Platz drei“ bis ich merkte, dass es dieses in der EM (im Gegensatz zur WM) anscheinend nicht gibt. Wer also dritter oder vierter geworden ist, kann man gar nicht genau sagen und das interessiert eigentlich auch niemand. Noch schlechter wird es heute abend dem zweiten gehen… der wacker bis zum Schluss gekämpft hat und doch „nur“ zweiter geworden ist.

Aber warum konzentriert sich unser gesellschaftliches Wertesystem so sehr auf den Sieger? Warum ist es nicht möglich, die Siege der anderen mit in die Freude aller einzubeziehen? Wenn Fußball so interpretiert wird, dann offenbart er etwas sehr archachisches und im Grunde einen Kontrapunkt zu unserem modernen Wertesystem, wo es um Kooperation, Teamarbeit und Ausdiskutieren von Entscheidungen bis ins letzte Detail geht, die Hierarchien flach sind und eine Frauenquote möglichst für eine Untermischung von allzu einseitigen (patriarchalen) Strukturen sorgen soll. Dass „die Mannschaft der Star ist“, interessiert nach einer Niederlage keinen mehr und schon wird wieder am Konzept gezweifelt und ob man nicht doch ein paar Führungsspieler mehr gebraucht hätte. Ich gebe zu bedenken, dass auch das junge Alter der meisten Spieler, das einseitige Fokussieren auf mental geschwächte Bayern-Stars und die sprunghafte Umstellungs-Taktik des Trainers nicht nur vorteilhaft gewesen sind…

Vielleicht ist das auch der Grund, warum Fußball derzeit (und im Allgemeinen) so beliebt ist. Im Fußball kann man noch seiner „wahren“ Natur nachgeben, die noch nicht so übersättigt vom demokratischen Wertesystem und der – manchmal einschnürenden- „political correctness“ ist. Man kann einfach mal „die Sau rauslassen“ , sich offen zu seinem Land bekennen und dicke Tränen weinen, wenn der „Großsieg“ über die anderen „Nationen“ nicht erreicht wurde. Letztendlich bietet das Erleben mit anderen auch eine nicht zu unterschätzende „identitätsstiftende Wirkung“.

Was leistet der einzelne schon, wenn er vorm Fernseher sitzt und die Spiele anschaut? Am Sieg oder der Niederlage hat er keinsten Einfluss, doch wird ein Sieg geschafft, ist die Freude so groß, als ob es ein eigener wäre…

Aber all die Freude, die dieses rauslassen und offene Zeigen von Ur-Emotionen mit sich bringt (inklusive lauter Tor-Brüller vor dem Fernseher und kaum auszuhaltendes Mitzittern bei einem Rückstand)…. bringt bei einer Niederlage nur das gegenteilige Extrem: Depression, Niedergeschlagenheit, Wegbrechen von projizierten Idealen und Größen-Phantasien.
An die Stelle der puren Begeisterung, die nichts anderes mehr kennt als sich selbst und den Siegesrausch, treten wieder deutsche Tugenden und das bekannte Einerlei: Suchen von Fehlern, suchen von Schuldigen, Abwenden vom Verlierer, kleinteiliges Rumnörgeln und überhaupt „war die ganze EM scheiße“ und endlich sind „die grölenden Fans vor meinem Fenster weg“.

Der Mann ist nur ein Mann, wenn er Siege, vollen Einsatz und Körperbetonung zeigt. Beim Kampf um die einzige Eizelle in ganz Europa gibt es viele Verlierer. Und die goldende Trophäe, die Fruchtbarkeit, Liebe und ein ewiges Leben bringt, darf am Ende nur einer mit verschwitzten Fingern in den Himmel heben… Jungs, für all diese Verlockungen hättet ihr euch aber wirklich mehr anstrengen können!

Was zurück nach Deutschland reist, sind geschlagene Helden, Verlierer, deren Namen wir morgen schon wieder vergessen haben…

Bei der Rückkehr der deutschen Mannschaft waren am Flughafen ca. 50 Fans anwesend (Quelle: Radionachrichten), wobei es in Hochzeiten des Public Viewing Hunderttausende in Berlin und 28 Millionen vor dem Fernseher gab. Die Blase ist geplatzt, die klatschnassen Pudel verziehen sich vom gut bezahlten Rasen-Spaziergang in ihre wohlverdienten Sommerferien…

Nur, was für ein Glück… in zwei Jahren geht das ganze Spektakel wieder von vorne los!

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Auch noch Lesenswert:

Fußball WM 2011 – Zwischenfazit

Ganze zwei Spiele habe ich im Frauenfußball je in voller Länge gesehen- und wie es der Zufall so will, waren das die Vorrunden-Spiele der deutschen Mannschaft in dieser WM.
Fußball schaue ich an sich wenig und wenn, dann nur die großen Turniere und da auch nur die entscheidenen Spiele. Qualifikations- oder Testspiele sind meistens langweilig und nur was für echte Fans. Genauso wie die Bundesliga, die mich nur im Entferntesten interessiert (so ca. 0,56 Prozent, wenn Kaiserslautern mal wieder ein Spiel gewonnen hat oder aufsteigt, das war´s aber auch).

So konnte ich mir im Vorfeld auch überhaupt kein Urteil bilden: Kannte weder Spielerin noch Belegung und bis auf Sylvia Neid und Birgit Prinz auch keine Namen. Spielen die jetzt gut oder schlecht, wie ist überhaupt das Niveau im Frauenfußball- und warum heißt es eigentlich bei den Männern „Fußball“ und bei den Frauen immer mit dem Geschlechter-Zusatz? Aus feministischer Perspektive ist es klar: Die Männer bilden hier eine ungeschriebene, aber doch gültige Norm und die Frauen können höchstens versuchen, sie nachzuahmen oder ein wenig einzuholen- aber der Status Quo oder besser der „state of the art“ des Fußball ist eine männliche Perspektive und somit auch deren kraft- und körperbetonte Spielweise.

Schon im Vorfeld habe ich außerdem überlegt, wird man jetzt etwas „anderes“ erkennen an der Spielweise, wird das einholen einer männlichen Norm überhaupt irgendeine Rolle spielen? Wird mich das Spiel dadurch langweilen, werde ich in der Lage sein, mein Geschmack anzupassen oder ist mein Gehirn selbst von der männlichen Norm durchdrungen und ich die Frauen nur geringschätzig für ihren netten Versuch belächeln?

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Ein guter Tag zum Freuen

3.7.2010

8 Uhr
Ein Land befindet sich klimatisch im Ausnahmezustand. Der heißeste Tag des Jahres, 36 Grad wurden gemeldet, 28 schon am frühen Morgen und mittags werden es 34. Ich schreibe wie eine Weltmeisterin an meinen Texten und haue in die Tasten, aber die Konzentration fällt immer schwerer, je weiter es auf den Mittag zugeht.

Habe keinen Hunger und trinke nur Kaffee.

12 Uhr
Drückende und schwüle Hitze liegt wie ein bleischwerer Teppich über dem Asphalt.

Die Blümchen ächzen unter der Hitze, aber sie halten ihr noch Stand. Kühles Wasser versüßt mir den Nachmittag. Die Beine werden in einen Bottich getaucht. Draußen, im grellen Sonnenlicht ist es kaum auszuhalten.

Aber wohin? Auch drinnen ist es zu warm, die Wände halten inzwischen eine Temperatur von 28 Grad und das Abkühlen über Ventilator oder Lüften bringt keine Erleichterung mehr. Die Nacht war schlecht und kurz, ich fühle mich zermatscht wie nach einer alkoholisierten Party und bin doch ganz nüchtern. Dennoch in einer ständigen, heiteren Stimmung, die mir schon fast ein wenig unheimlich ist.

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Wenn das Wörtchen wenn nicht wär…

wär es doch kein Fußball mehr!

Endlich mal wieder ein gutes Fußball-Spiel, das man gestern im Fernsehen bewundern konnte! Deutschland gegen England war angesagt, der Klassiker unter den Soccer-Matches, in den letzten Jahren oft aufgeheizt durch unsinnige Weltkriegs-Parolen und anderen Unsinn, der den Fußball (und die berichtenden Medien) in ein schlechtes Licht rückte. Das Achtelfinale gestern war allerdings frei von üblen Fouls und der Ton auf und außerhalb des Rasens war erfreulich freundlich, fair und kooperativ. Eine Sache, die diesen Sport attraktiv und sehenswert macht und sein Favoritenrolle als Volkssport weiter ausbaut- zu Recht.

Das Spiel bot wirklich alles, was das fußballbegeisterte Herz für einen guten (und nicht verschenkten) Nachmittag braucht: Aufregende Zweikämpfe im Mittelfeld, viele Torchancen und letztendlich auch viele Tore. Und dann war da noch das umstrittene „Wembley-Tor“, was seinem Namensgeber alle Ehre machte und nun eine kleine Revanche für das gegen Deutschland (zu Unrecht) gegebene Tor damals gewesen ist.

Was für eine Ironie des Schicksals! Das halbe Publikum im Stadion hat es gesehen, und gefühlte 28 Millionen Zuschauer vor den Fernsehern ((Quelle: http://www.derwesten.de/sport/fussball/wm2010/DFB-Elf-erzielt-hohe-Einschaltquoten-id3107218.html )) konnten Zeuge einer Fehlentscheidung werden und wiedereinmal schwebt die bange Frage im Raum : Brauchen wir einen Videobeweis? Brauchen wir einen fünften Schiedsrichter? Brauchen wir kleine RFID-Chips im Ball, brauchen wir eine voll-automatisierte Lagerverwaltung, brauchen wir eine Kühleinrichtung für überhitzte Gemüter, brauchen wir genetisch veränderten Kunstrasen, brauchen wir ein in 3D-simuliertes Fußballspiel, der Richter u. Gott ist der Computer, und der macht bekanntlich keine Fehler! Zu viel rennen in der Sonne ist sowieso ungesund… Lasst die Jungs doch lieber am PC daddeln, drückt ihnen einen Controller in die Hand und gut ist…

Aber nein! Der Fußball-Veteran Günther Netzer hat sich bewusst dagegen ausgesprochen, auch wenn ich seine Argumente nicht ganz nachvollziehen konnte. Übrigens: Der CO-Moderator erinnert mich an sehr, sehr alte Zeiten und wird es nicht mal Zeit für jemand anderen? Gibt es nicht genug Fußball-Experten, die es besser machen könnten und ihren Teil dazu beitragen? Olli Kahn im ZDF zeigt, wie ironisch-fröhliche Spielanalyse bei gleichzeitig hohem Sachverstand aussehen kann. Zum „inneren Reichsparteitag“ seiner Kollegin sag ich jetzt aber lieber nichts…

Fußball ist Drama, Fußball ist Krieg! Das ist doch genau das, was ihn ausmacht: Das Unberechenbare, das Opfer-Sein von Glück und Unglück, die Nicht-Vorhersagbarkeit auf dem Platz.Nur dadurch schafft er eine Identifizierungsmöglichkeit für den mitfiebernden Zuschauer, nur dadurch bleibt er spannend und authentisch.

Würde man dem Fußball dieses letzte Quentchen menschlicher Unsicherheit und Fehlerlastigkeit nehmen, würde man ihn seelisch kastrieren, dann würde nur noch eine mechanische Hülle übrig bleiben, ein seelenloses Ding, ohne Spannung ohne Moral. Dann wäre es ein Spiel, aber kein Fußball mehr.

Wer aber zurecht zu kritisieren ist, dann sind die fehleranfälligen Schiedsrichter: Hier sollte in Zukunft besser ausgewählt, besser trainiert und noch genauer hin geschaut werden. Da war der eine Schiedsrichter, der Gelbe Karten wie sonst nur fröhliche Kölner Kamelle unter das Volk, verteilt hat. Und das man einen Ball, der einen halben Meter im Tor war, nicht erkennt, ist ein grober Schnitzer, der kaum zu verzeihen ist. Wo bleibt die überfällige Qualitätssicherung für fehleranfällige Männer in Schwarz, die über das Wohl und den Untergang ganzer Nationen-Gemüter entscheiden?

Die deutsche Mannschaft war zum Glück deutlich besser als die englische. Sie haben haushoch, zu Recht gewonnen und das „Ding klar gemacht“. Der zuletzt so sehr gescholtene Klose glänzte mit seinem wichtigen Ersttreffer wie in alten Zeiten, auf den linken Fuß von Podolski war wie immer Verlass. Und dass dieser Müller verdammt gute Tore schießen kann und somit schon als Torschützen-Favorit gehandelt wird, ist ein erfreulicher Nebeneffekt.

Jetzt kommen also die Argentinier. Kein leichter Brocken. Aber mit dem Teamgeist, sollte es eigentlich möglich sein.

Sollte. Wenn

Miteinander, übereinander, nebeneinander

Alle vier Jahre teilt sich Deutschland in zwei Hälften : In Fußball- Fans und Fußball- Hasser.

Und der mit einem lauten Krachen aufsplitternde Riss scheint genau an jener Sollbruchstelle entlang zu führen, die durch die gedanklich-psychische Geschlechtertrennung schon deutlich angeritzt wurde: Auf der einen Seite rau, vorpreschend, brutal, körperbetont männlich- und auf der anderen zart, abwartend, deutend, bewertend, weiblich. Wie sind diese Prinzipien in Einklang zu bringen? Und wenn ja, wer will das überhaupt?

Während die einen sich mit Deko an ihren Häusern, am Körper und im Gesicht überhäufen und gar nicht genug von Euphorie, Heiterkeit, Begeisterung und Alkohol bekommen, ihr Twitterbild und Tweets in unzweifelhafte Farben tauchen (hihi!), sinnieren die anderen depressiv und alleine zu Hause sitzend über die Ungerechtigkeit im Leben oder dass „Euphorie eine höchst veränderlicher Gefühlszustand ist, dem nur die Depression folgen kann“ (gefunden auf Twitter).

Recht haben sie! Die Fußball- Fans und Fußball- Hasser. Es kommt dabei – wie so oft- völlig auf die Perspektive an.

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