Eingefroren und aufgetaut

Passende Musik (Cranberries-Zombie)

Über eine vergangene Freundschaft

Alles ist wie eingefroren, wenn ich ihre Stimme höre. Ich merke, dass ich noch keinen Zentimeter weiter gekommen bin als damals, vor knapp 2 Jahren.

Okay, die Gefühle haben sich ein bisschen geändert, es schmerzt nicht mehr ganz so stark. Was aber geblieben ist, ist mein partielles Unverständnis über ihre Entscheidungen und Gedanken. Ich kann es bis heute nicht wirklich nachvollziehen und das tut besonders weh.

Wie es gekommen ist. Was ich falsch gemacht habe. Warum es nicht aufzuhalten war.

Es kommt mir vor wie in einer anderen Zeit. Es war vor der Corona-Krise, als es noch mehr Leichtigkeit und mehr Austausch unter den Menschen gab. Aber schwer war es auch damals. Die Probleme waren schon damals da. Ich hab sie vielleicht nur nicht richtig gesehen.

Zusammen mit ihr hatte ich tiefe Gedanken, wie ich sie selten erlebt habe. Ich bin froh und stolz darauf, dass es nicht nur ihre Gefühle waren. Sondern dass es auch meine Gefühle waren, die aufgewirbelt wurden. Dass es die ganze Himmelsleiter des menschlichen Austauschs und Miteinanders war, dass uns zusammen gebracht hat. Ein „therapeutisches Zusammenkommen“ wie man nüchtern sagen würde. Manchmal braucht man diesen Austausch. Es ist die Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt und zu einem neuen Bewusstsein.

Ich bin froh, dass sie damals so ehrlich gewesen ist und wirklich alles von der Seele geredet hat. Und ich bin froh, dass ich es auch getan habe.

Nie hätte ich gedacht, dass ein Mensch, den ich beinahe „zufällig“ getroffen habe, mal so viel in mir auslösen könnte.

Und auch wenn es vorbei ist, löst der Abschied von ihr immer noch eine große Traurigkeit in mir aus.

Ich bin mir heute sicher, dass ihr die Auflösung der Freundschaft auch nicht leicht gefallen ist. Zuviel ist im Leben passiert, zu schwer war der Gegenwind.

Es muss ein gewaltiger Schritt gewesen sein. Und was ich heute besser sehe: Wie sehr sie damals unter Druck stand. Wie das Haus des Lebens über ihr zusammen gebrochen ist. Dass sie da unbedingt raus wollte. Und dass das nur mit harten Entscheidungen ging.

Ich habe ihr dabei irgendwie geholfen, da bin ich mir heute sicher. Aber es war wie eine Geburt. Es war mit Loslösung und Ablösung verbunden, damit das Baby eigene Schritte machen kann.

Ich sollte in ihrem neuen Leben keinen Platz mehr haben. Sie wollte sich verändern. Beruflich, vom Wohnort her und auch vom Charakter. Ich passte da nicht mehr rein, denn ich stand für das, was sie verabscheute: Der Beugung unter das Schicksal. Das Ertragen der Realität. Das wollte sie nicht wahrhaben. Sie hasste mich dafür, dass ich es ihr so schonungslos sagte. Ich, die nun doch mehr Lebenserfahrung hatte und älter als sie war. Sie stellte es sich alles leichter vor. Sie hoffte, wenn sie den Schalter umlegte, würde alles verschwinden. Das Unbehagen, der Schmerz und das Gefühl, im falschen Film zu sein.

Ich bin mir sicher, einen Teil davon hat sie erreicht. Ein Teil hat sich wirklich verändert. Nach außen wirkt sie ganz stabil und irgendwie angekommen. So wie ich es jetzt auch bin.

Aber was im Inneren des Menschen steht, das ist eine andere Frage.

Je älter wie werden, desto mehr müssen wir erkennen, dass die traurig-schmerzlichen Erinnerungen das Einzige sind, was wirklich bleibt.

Wir sind ein Bündel aus Schmerzen, Erinnerungen, Freude und Trauer.

Manchmal sind diese seelischen Zustände wie eingefroren und manchmal werden sie wieder aufgetaut.

Der Kreis der guten Freundinnen

Jetzt mache ich also den Neuanfang. Er fühlt sich gut an. Ganz klar und brachial. Gestern war noch Winter und jetzt haben wir einen Sommertag.

Ich treffe meine neue Freundin in Mannheim. Sie kommt pünktlich und ich komme pünktlich. „Oh ich muss nochmal zurück, hab meine Maske vergessen“.

„OK“ schreibe ich zurück. Zwei Minuten stehe ich da in Mannheim am Hafen und beobachte die Security, die gegen „sich versammelnde Jugendliche und Auto-Poser“ eingesetzt wird.

Es wird mir ein bisschen kalt am Rücken. Ob ich meine Jacke doch holen soll?

Ich kann den Gedanken nicht mehr zu Ende denken, denn endlich kommt sie um die Ecke. Sie ist schlicht gekleidet, so wie meistens. Aber schlauer als ich, hat sie noch was zum Drüberziehen dabei.

Sie lächelt. Nicht sehr aufgeregt, ganz nüchtern ist sie. Das gefällt mir gut.

Und sie redet. Und redet. Und redet. Ich komme kaum zu Fotografieren, weil sie soviel auf dem Herzen hat. Ich finde es spannend. Und höre zu.

Dann gehen wir ein Stück. Immer weiter, durch die Sonne und den Wind und reden und reden.

Ich frage mich, ob sie irgendwann doch noch mal aufhört mit dem Reden?
Aber es sieht nicht so aus.

Ich finde es so schön und genieße ihre Worte. Sie sind so anders als all das, was ich vorher gehört habe.

Es geht um ihren Job, um ihre Familie und Verwandtschaft, um ihren Mann, wir reden über soziale Medien, über Reisen und natürlich über Corona. Wir reden auch ein bisschen über mich. Über meine seltsame Ausbildung und dass ich in so einem technischen Beruf arbeite.
Darüber will sie erstaunlich viel wissen. Aber hier habe ich erstaunlich wenig zu erzählen. „Mein Job“, der läuft immer so nebenbei und auf den bin ich gar nicht so besonders stolz. Es ist halt eine Möglichkeit, um Geld zu verdienen. Mehr nicht. Ich würde ihr lieber über meine Kunst erzählen. Über das Schreiben. Die Fotografie. Und die schönen Magnolien, die sie mir zeigt.
Sie blühen schon!

Ich würde gerne drei Stunden mit ihr am Stück die Magnolien betrachten. Sie sehen so besonders schön aus, heute. Es ist nur noch ein kleiner Sonnenfleck auf den großen rosa Blüten, und der Großteil des beeindruckenden Baumes wird schon vom Schatten des Schlosses verdeckt.

Dennoch genieße ich diese Pracht in vollen Zügen. Es tut so gut, meine Freundin zu treffen. Ja, ich habe endlich eine Freundin. Eine, die sich auch mit mir treffen möchte. Die selbst wenig Freundinnen hat und mit den meisten gar nicht soviel zu tun haben möchte.

Ich habe sie jetzt schon ein Jahr lang. Es ist eigentlich mehr eine „Brieffreundin“, bzw. eine „Instagram-Freundin“.
„Toll, dass du sie darüber gefunden hast“ findet meine Mutter.

Ja, so einfach ist das, neue Menschen zu finden. Wenn man wirklich will und bereit dafür ist.

Ich habe aber immer Angst, meine alten Fehler zu wiederholen. Mit jeder Freundschaft habe ich ein bisschen dazu gelernt.

Bei der ersten Freundin hab ich zuviel Druck gemacht. Das wollte sie nicht. Die andere Freundin wollte keine Bilder von sich. Auch das hab ich mir abgewöhnt. Ich hatte mal eine Freundin, mit der ich mich nur gestritten habe. Das war nicht gut. Ich hatte eine „seltsame Freundin“ und sie endete auch seltsam. Ich hatte viele männliche Freunde und auch ein paar Trans-FreundInnen.

Die neuste Freundin mag es nicht, wenn die beste Freundin andere beste Freundinnen trifft. Das kann ich verstehen.

Ich versichere ihr, dass sie fast meine beste Freundin ist oder auf jeden Fall zu einem sehr engen Kreis „sehr guter Freundinnen“ gehört.

Puh das ist ganz schön anstrengend. Ich merke, wie unsicher ich bin. Ich möchte nichts falsch machen, aber auch nicht so abhängig erscheinen. Es ist schwer, sich da in der Mitte vernünftig auszutarieren.

„Wollen wir einen Kaffe trinken?“ schlage ich vor. Sie stimmt zu. Wir gehen zur „Metzgerei“ im Lindenhof, wo es „Coffee to go“ gibt. Leider schließen sie gerade. Der Mann räumt gerade das Schild nach drinnen. „Dann vielleicht zur Eisdiele?“ schlägt sie vor. Aber weder sie, noch ich machen uns gerade etwas aus Eis. Der Kompromiss wird dann eine Bäckerei.

Ich drängel mich vor und bestelle einen Cappucino und einen halben Liter isotonischen Zitronensprudel. Sie bestellt einen Kaffe und nimmt noch Wasser mit. Draußen vor dem Schaufenster stehen der Zucker und die kleinen Milch-Portionen. Es ist so ein herrlicher Tag im Sommer, man vergisst fast, dass es je anders oder schlechter gewesen ist.

Wir reden über meine Depressionen und dass es zwischen Januar und März so schwierig gewesen ist. Ich kann es ihr aber nicht glaubhaft rüberbringen. Im Moment sind alle Depressionen verflogen. Es tut einfach gut, mit ihr zu reden. Die Zeit entschleunigt sich. Wir setzen uns vor die Kirche im Lindenhof und quatschen. Ich fühle mich so vertraut bei ihr, so angenommen.

Und sie anscheinend auch. Jetzt darf ich doch ein Bild von Ihr machen.

Ich bin happy, ich hab alles richtig gemacht.

Der Tag vergeht sehr schnell, aber dennoch hängen wir eine kleine Tour dran. Wir warten noch auf den Sonnenuntergang und reden und reden. Irgendwann dann pausiert sie. Sie schweigt für eine Minute. „Wollen wir nach Hause gehen?“ frage ich.

„Ja.. ok“ sagt sie. Zum Abschied würde ich sie gerne umarmen. Aber wir gehen einfach so.

Rückblick und Neuanfang

Gestern habe ich Sie ganz deutlich gespürt. Es war mir ganz klar, dass wir uns dieses Jahr wieder treffen werden.
„Einfach, weil ich es will“ hab ich kurz gedacht. Dann verwarf ich den Gedanken wieder und überlegte, wie unangemessen das doch ist.
„Einfach nur, weil ich es mir einbilde oder wünsche?“. Ja tatsächlich! So einfach ist das. Wenn Du einen Menschen wirklich sehen möchtest, hast Du auch genügend Energie und Nachdruck, eine Kommunikation zu erreichen. Ganz gleich auf welchem Weg!

Die Kontaktaufnahme zum anderen beginnt im Herzen. Hier wird der Anfang gelegt. Im Wunsch, sich zu sehen, oder voneinander zu hören.
Und hier im Herzen endet auch der Wunsch nach dem anderen. Ganz einfach.

Oft haben wir die falschen Menschen im Herzen. Er blockiert dann unsere Energie und wir lassen uns blockieren. Wir senden ihm „Herzenergie“ und hoffen, dass irgendwas zurück kommt, aber da kommt nichts. Einfach nur eine innere Leere. Eine Schallwelle ohne Echo. Ein Brunnen ohne Grund.

All unsere Liebe versinkt darin. Dann ist es Zeit, sich etwas anderes zu suchen. Verantwortung für sich zu übernehmen und die Ziele zu verfolgen, die einen wirklich weiter bringen!

Jetzt mit dem Abstand von ca. 15 Monaten sehe ich vieles viel klarer. Ich habe nochmal die Nachricht angehört, in der sie Schluss gemacht hat. Ca. 14 Minuten Sprachnachricht auf WhatsApp. Es war nett, sie hat nicht nur gesagt, „es ist vorbei“, sondern sie hat es ganz genau begründet. Was sie an mir stört. Was sie mir nicht bieten kann. Wo sie hin möchte und dass ich da nicht reinpasse. Dass sie andere Freundinnen hat, die „Vorrang haben“. Das hat sie mir oft gesagt. Das andere Menschen Vorrang haben. Ich frage mich, warum sie es immer so betont hat? Und unserer Beziehung nie eine Chance gegeben hat?

Warum sie auf ihren blöden Bruder gehört hat, der eine schlechte Meinung von mir hatte? (Obwohl er mich nie gesehen hat).

Mit all dem Abstand kommen auch andere Gefühle auf. Mehr Klarheit. Mehr Verständnis.
Ich weine und all der Schmerz fällt von mir ab. Die Blockade löst sich und ich kann alles besser verarbeiten.

Und dennoch, als ich da hoch oben auf dem Hügel über Bad Dürkheim gestanden habe, da war es mir so, als ob wir uns erst gestern die Hand geschüttelt und in den Armen gelegen haben.

Als ob ich einfach sagen könnte „lass uns weitermachen“. Und wir machten weiter.

Du warst hier

Du bist hier gewesen, ganz nah bei mir. Und du hast mir nicht Bescheid gesagt. Ich hab es über Facebook erfahren.
Über die Datenkrake, die alles weiß. Ganz schnöde hat mir der Dienst die Nachricht ausgepuckt. Geliebte Person X war an Ort Y.

Punkt. Für den Computer hat das keinen Wert. Für die Werbleute ist der kommerzielle Wert dieser Aussage auch nur sehr begrenzt. Aber was diese kleine Schlagzeile für mich bedeutet, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich hätte dich so gerne gesehen, gerne gedrückt und mal wieder in den Arm genommen!
Deine braunen Augen mit der scharfen Beobachtungsgabe mal wieder in echt gesehen. Mich darin gespiegelt. Ich hätte gerne mal wieder Deine engelsgleiche Anmut gesehen, mit der Du sicherlich über die Ruinen des Weingutes geturnt bist und ein Bild nach dem anderen geschossen hast. Sicher, schnell, selbstbewusst und mit der Erfahrung einer geübten Fotografin.

Du warst da, vermutlich mit Deiner Familie. Warum hast du nichts gesagt? Es schmerzt schwer in meinem Herz.

Ich hätte Dir alles zeigen können. Die versteckten Stellen, die Orte, bei denen man etwas fühlt. Besondere Anblicke, romantische Ecken.

Ich hätte Dir gerne mehr erzählt, über laue Sommerabende und schöne Weinfeste. Über die Menschen der Pfalz. Über Freunde, die ich hier kennengelernt habe und dann tlw. wieder verloren habe.

Meine Emotionen, die an diesen Ort gebunden sind, ich hätte sie Dir nur zu gerne anvertraut! Und ich hätte gerne gewusst, was du denn darüber denkst?

Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du das genau gewusst hast?

Und mich trotzdem ignoriert hast?

Und nur wegen Corona war ein Treffen nicht möglich?

Warum bist du so gemein und spannst mich auf die Folter!

Ich will dich wieder sehen. Lieber früher als später.

Mein Herz pulsiert, seitdem ich weiß, dass Du in meiner Nähe warst. Es pocht laut und heftig. Jetzt wird es mir völlig bewusst. Der Verzicht war lang und hart. Ich sehne mich nach Erlösung.

All die schönen Momente, die wir miteinander hatten. Die schöne Zeit! Die Fototouren in der großen Stadt. Die netten Gespräche. Dieses Gefühl, sich sofort auf Anhieb gut zu verstehen.. Plötzlich ist alles wieder da.

Wie kleine Schemen tauchen die Erinnerungen aus dem Abendlicht wieder auf. Um dann immer kräftiger und klarer genau vor mir zu stehen.

Denn es gibt einen kleinen Lichtblick, einen kleinen Hoffnungsschimmer, den du uns und deinen anderen Followern heute anvertraut hast:

Du hast jetzt eine Impfung. Bist immun gegen das Virus. Du wurdest vorgezogen, weil Du ein besonderer Mensch bist, Dich für andere einsetzt und daher eine Priorität verdient. Du wirst die Pandemie überleben. Ich freue mich so für Dich! DU hast es verdient.
Da ist KEIN BISSCHEN NEID ! Nicht bei Dir.

Eines Tages, so bin ich mir jetzt sicher, werden wir uns alle wieder sehen. So wie früher, dann wird alles normal.

Dann werden wir wieder vereint sein. Und zusammen Fotos machen, so wie früher.

Meine zwei neuen Freunde

Ich möchte Euch über meine neuen Freunde ein bisschen was erzählen. Das ist immer schwierig, wenn es sich dabei um lebende Menschen handelt, mit denen man ja auch noch zu tun hat. Ich möchte nicht zuviel „ausplaudern“, es aber auch nicht für mich behalten. Ich fühle in mir ein positives Gefühl, eine Begeisterung für Menschen, die einfach ihren Ausdruck in der Kunst finden muss.

Manche Menschen malen ein Gemälde von einer Blume, die sie schön finden, andere können sich eher für fremde Städte oder Eisenbahnen begeistern- meine Leidenschaft schlägt für neue Menschen. Für Menschen, die ich innerlich wie äußerlich „schön“ finde.

Der eine neue Freund ist ein Arzt. Das hab ich erst lange nicht gewusst. Er hat es mir gar nie erzählt. Mir ist nur aufgefallen, dass er sich immer sehr einfühlsam auf meine „Stories“ eingestellt hat, dass er sehr genau gespürt hat, was ich so zwischen den Zeilen ausdrücken wollte. Er hat sogar meine Gefühlsschwankungen erkannt und sich gemeldet, wenn ich zu depressiv geworden bin. Kurzum: Ein sehr netter, einfühlsamer Mensch. Mittlerweile schickt er mir Bilder aus seinem Privatleben, Bilder aus seinem beruflichen Alltag (der sehr spannend ist!) oder mit seiner Familie. Und er teilt sie so freizügig mit mir, als ob ich eine gute Cousine wäre oder die Schwester, die im Haus nebenan wohnt. Wie er mit seinem Hund Gassi geht. Oder wie der Hund sich bei seiner Tochte im Bett gemütlich macht. Wie er mit seinem kleinen Mädchen Pilze sammeln geht. Das ist herzerfüllend. Es gibt mir ein Stück Familie. Die Familie, die ich selbst ja nicht habe. Er hat überhaupt keine Hemmungen und vertraut mir alles an. Und er hört mir auch immer zu. Das finde ich sehr nett. Obwohl ich vermute, dass er mich mag, ist er überhaupt nicht aufdringlich. Sondern sehr diskret und höflich. Er ist so ein Mann, wie sich eine Frau ihn immer wünscht: Jemand, der zuhören kann, der die Sorgen der Frau ernst nimmt, der nicht auf Sex aus ist. Ein richtiger Freund. Das Lustige ist: Ich habe jahrelang mit ihm die Schule geteilt, ihn da aber nie kennengelernt. Er war eine Klasse über mir. Erst jetzt, ca. 20 Jahre später lerne ich ihn richtig kennen.

Ich habe lange überlegt, ob ich ihm erzählen soll „was mit mir ist“, es dann aber nicht getan. Generell geht es ja niemand etwas an. Irgendwann, dann nach ca. 3 Jahren Kontakt habe ich herausgefunden, dass er es schon längst weiß!

Und das haut mich doppelt um. Weil ich oft denke, dass ich wegen meiner Veranlagung „nicht liebenswert“ sei oder für Hetero-Männer ein reinster Albtraum, mit denen sie nichts zu tun haben wollen. Weil ich immer noch, nach all den Jahren mich dafür schäme „so zu sein“ und es auch niemanden sagen möchte. Und dann kommt jemand an, und sagt, dass er alles an Dir mag und gut findet, so wie es ist! Das macht ihn so besonders, weil man das bei Menschen nur sehr selten findet.

Der andere neue Mensch ist eine Frau. Eine sehr nette, ruhige Frau, die ich gleich von Anfang an sehr gemocht habe. Mein Kontakt zu jüngeren Frauen läuft oft gut (sie ist 12 Jahre jünger), manchmal denke ich, dass sie das „Mütterliche“ oder gar „Väterliche“ in mir finden. Ich weiß nicht genau, was es war, das uns so angezogen hat. Denn einen Menschen über Instagram kennenzulernen, ist ja eine Sache der Hürde. Man kann nicht wirklich viel über einen Menschen erfahren, außer die Dinge die in seinen (ihren) Worten oder Bildern verborgen liegen. Das muss aber längst nicht den ganzen Menschen ausmachen! Ich habe die Frau also lange nur „Mrx X“ genannt, weil sie so etwas geheimnissvolles hatte und sich mir nie ganz anvertraut hat. Eigentlich ist sie sogar sehr still und redet wenig. Ich muss die Informationen immer ein bisschen aus ihr herauskitzeln. Dann klappt es aber gut. Ich gehe vorsichtig vor und das mag sie. Sie ist umgekehrt auch sehr vorsichtig und diskret und fragt mich nie peinliche Dinge. Ich kenne sie jetzt seit Februar und mit der Zeit hat sich eine ziemlich gute, feste Freundschaft etabliert. Wir haben uns einmal im echten Leben getroffen und schicken seit kurzem auch Sprachnachrichten hin und her. Das ist meistens ein untrügliches Zeichen, dass die Freundschaft enger und besser wird. Sie ist ein Mensch, der irgendwie immer da ist, der immer ausgeglichen wirkt und auch immer interessante Dinge zu erzählen hat. Was will man mehr von einem Freund? Bzw. von einer Freundin?

Diese beiden neuen Menschen sind sehr wichtig geworden in meinem Leben. Sie bilden „stabile Beziehungen“ auch außerhalb von Partnerschaft, Ehe und Familie. Ich glaube, dass solche Freunde sehr wichtig sind.

Genauso wie die alten Freundschaften übrigens, die man auch weiterhin pflegen sollte.

Ohne Gefühle

Ich hatte einmal eine sehr gute Freundin. Wir haben alles miteinander geteilt, wir konnten immer miteinander reden, ständig flogen die WhatsApp-Nachrichten nur so hin und her. Es war gewissermaßen die „Liebe auf den ersten Blick“. Ich sah in ihre Augen und wusste sofort, hier ist mein Gegenstück, die beste Freundin, auf die ich so lange gewartet habe. Die mich versteht, die auf meiner Wellenlänge funkt, die genau weiß, was ich meine, wenn ich was sage. Nein, bevor ich es sage. Sie muss nur in meine Augen schauen, ein paar Zuckungen beobachten und sofort weiß sie, was ich denke und fühle. Es ging so tief, von Anfang an. Und so kamen auch die Probleme. Sie erzählte mir alles. Von innen heraus, ihr ganzes Leben, sie machte nicht Halt und so kopierte sie den kompletten Inhalt ihres Gehirns (ca. 45 Terrabyte) in ca. 24 Stunden in mein eigenes kleines Gehirn, dass unter der Last ihrer Selbst-Offenbarung ein bisschen stöhnte.

Aber je mehr ich sie kennenlernte, desto mehr wurde mir bewusst, dass sie doch ein wenig anders war als ich. Ich „ließ es immer gut sein“, wollte mich mit den Menschen gut verstehen, aber sie nörgelte ständig an allem herum. Sie war ständig unzufrieden. Mit sich, mit ihren Bildern, mit ihrer Arbeit, mit ihren Beziehungen und das schlimmste war: am meisten war sie mit sich selbst unzufrieden. Und ich saß friedlich in der Ecke, baute an meinen eigenen Lebenstürmen und wollte sie beschwichtigen, aber mit der Zeit merkte ich, wie sie immer unzufriedener und unglücklicher wurde. Die „Likes“ waren ihr sehr wichtig, aber selbst wenn sie 100 oder 500 Likes bekommen hatte, reichte es ihr nicht ganz. Tief in ihrem Inneren war kein „Like“ und so konnten die vielen Bestätigungen, die sie sich von außen holte, ihre innere Leere leider nicht füllen. Ich merkte das irgendwann. Besonders schlimm war es, wenn ich Likes bekam. Da wurde sie schnell neidisch und gönnte mir die Likes nicht. Das belastete unsere Freundschaft sehr.

Eines Tages redete sie über ein Projekte, dass sie gerne realisieren würde und ich fand es gut. Als ich dann ca. eine Woche später dieses Projekte realisiert hatte, platzte ihr der Kragen. Wie konnte ich es nur wagen, diese gute Idee vor ihr zu realisieren? Ohne sie um Erlaubnis zu fragen? Ohne schlechter zu sein, wie sie es von mir gewohnt war? Das war der Punkt, wo die Freundschaft an ihre Grenzen kam. Wo sie nicht mehr bereit war, mit mir „befreundet“ zu sein. Wir waren uns zu ähnlich geworden und die eine gönnte der anderen den Erfolg nicht mehr.

Die Freundschaft zerbrach. Lange saß ich vor den Scherben und überlegte mir, dass es vielleicht noch ein Zurück geben würde. Dass irgendjemand von uns „den ersten Schritt“ machen würde und die Flaggen auf Versöhnung setzen würde. Aber in der „Versöhnung“ steckt das Wort „Sohn“ und wir waren leider Schwestern. Also gab es keine „Verschwesterung“. Alles blieb wie es war. Sie ging ihren Weg und ich ging meinen. Es war so, als ob wir uns nie gekannt hätten. Von heute auf morgen. Es war einfach vorbei. Da war keine Reue, keine Liebe, aber auch keine Eifersucht mehr, kein Neid. Wir hatten einfach alle Gefühle von heute auf morgen eliminiert. Es tat uns beiden gut. Wir waren geheilt. Es gab keine Konkurrentin mehr, also gab es auch keine Probleme mehr. Es war eine herrliche Stille, die monatelang andauern sollte. Niemand wollte diese Stille verlassen. Sie gleitete langsam in die große „Corona-Stille“.

Eine endlose Ruhe, ohne Gefühle.

Ich weiß nicht, ob diese Stille irgendwann endet. Ob es wieder ein „Zurück“ gibt, aber das ist sehr unwahrscheinlich. Ein „Zurück“ würde ja bedeuten, dass wir unseren inneren Entwicklungsprozess umkehren müssten. Dass wir zu einem Punkt gehen müssen, den wir schon längst überwunden haben. Es ist unwahrscheinlich, dass das passiert.

Wahrscheinlicher ist, dass man ähnliche Menschen trifft, mit denen man ähnliche Prozesse durchmachen wird. Und mit jedem Menschen, den man so trifft in seinem Leben, gibt es unterschiedlich starke Entwicklungsprozesse. Es gibt welche, die dauern nur kurz und dann wiederum gibt es welche, die werden einen das ganze Leben begleiten!

Erst dann…

Erst wenn Du allen Groll überwunden hast
Wenn das Streben nach Besitz überwunden wurde
und die Freundschaft wieder Einzug in Dein Herz erhält

Erst wenn du alles fühlend klar erkennst
und du das tust, was du dir wünschst

nach vorne gehst, anstatt nur nach hinten zu schauen

Erst, wenn Du anderen in Liebe begegnest
deinen Idealen folgst
vergibst und dich selbst so annimmst, wie du nunmal bist.

Erst dann

kannst Du wirklich glücklich sein.

Geschlechtsunterschiede bei Freundschaften

Warum sind Freundschaften zwischen Frauen soviel anders als Freundschaften zwischen Männern?
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich beides kennengelernt habe und ich kann eigentlich nur sagen, dass es für beide Arten von Freundschaft verschiedene Wörter geben müsste, da sie so fundamental anders sind. Das Wort „Freundschaft“ alleine ist nicht genau genug.

Freundschaften zwischen Männern sind oft sehr langanhaltend, verlässlich und meistens konfliktfrei. Wenn es Reibereien gibt, dann eher um die Frage „wer der Stärkere“ ist. Das gegenseitige Messen und Vergleichen (im jungen Alter körperlich, wenn man älter wird auch finanziell oder beruflich) ist bei Jungs und Männern sehr stark ausgeprägt. Dafür fragen sich Männer unteinander fast nie nach schwierigen Themen. Jeder weiß, dass der andere da seine Ruhe haben will und nicht darüber reden will, wenn es z.B. um Liebeskummer oder Probleme in der Schule / im Job geht. Was bei Freundinnen und Ehepartnerinnen oft für blankes Entsetzen sorgt „er redet nicht über seine Gefühle“ – ist bei Männern untereinander anerkanntes Gemeingut. Man versucht, eine schöne gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen und die Aktivitäten stehen dabei im Vordergrund. Ein gemeinsames Hobby (z.B. Fußball oder Computerspiele) reicht meistens schon aus, um eine Grundlage für eine Freundschaft zu sein. Über Definitionen von Männlichkeit muss man sich nicht groß unterhalten, man lebt sie einfach aus und „demonstriert“ sie. Freundschaft findet im Außen statt und kann dort problemlos betrachtet und ausgelebt werden.

Bei Frauen ist erstmal nichts klar und alles muss grundsätzlich hinterfragt werden. Da lächeln einen die anderen Mädels freundlich an und man schwebt gleich im siebten Himmel! Und sie gibt sich Mühe, fragt, wie es mir geht, Was ich gerade fühle, will alles über mich wissen, so wie meine Mama! Die sind ja alle so nett, die lächeln ja soviel! Ja, dann bin ich mir sicher, dann muss es eine gute Freundin sein. Freundschaften unter Frauen hab ich immer viel emotionaler erlebt. Da ist jetzt endlich eine, die tickt so wie ich ticke. Es fühlt sich einfach gut an, man ist endlich auch emotional verbunden. Und genau das ist das Problem. Emotionen sind Schwankungen unterworfen. Und das Bemühen der Frauen auf der einen Seite nett und höflich zu sein, sorgt auf der anderen Seite für große Konflikte. Der letzte Streit mit meiner Freundin fing so an: Sie hat zu mir gesagt, dass ich „bitte alles offen und ehrlich zu ihr sagen soll, weil das zu einer Freundschaft dazu gehört“.. ich habe dann herumgedruckst und wollte ihr nicht alles sagen, weil ich meistens im Umgang mit anderen Menschen zurückhaltend bin. Sie hat dann aber darauf bestanden und nicht locker gelassen. Ich habe ihr tatsächlich zuerst den Vorschlag gemacht, dass wir lieber mehr an der Oberfläche bleiben, und die gemeinsamen Hobbies in den Vordergrund stellen (mein Versuch, eine männliche Freundschaft mit ihr zu führen). Das war ihr überhaupt nicht recht! Sie wollte alles wissen und bestand darauf. Ich habe ihr dann meine ehrliche Meinung zu bestimmten Themen gesagt, die sie mir pausenlos angeboten hatte (es ging um Arbeit und Partnerschaft). Meine inhaltlichen Aussagen (teils richtig) waren ihr überhaupt nicht recht. Sie ist förmlich explodiert, so als ob sie nur darauf gewartet hätte, dass ich irgendwas falsches sagen würde. Danach wurde der Kontakt ohne große Umscheife komplett eingestellt. Wenn Frauen Beziehungen beenden, dann meistens sehr radikal.

Bei Männern hab ich oft mehr ein „Ausschleichen“ erlebt. Man trifft sich noch eine Weile, merkt dann aber doch, dass es irgendwie nicht passt und geht meistens ohne Groll. Nicht so bei Frauen. Die beenden Beziehungen ganz bewusst, weil sie einen verletzen wollen. Weil sie einen ganz bewusst und auch persönlich ablehnen. Weil jede wiederum weiß, wie wichtig eine intakte Beziehung zu einer anderen Freundin ist, weiß sie gleichzeitig auch, dass sie da stark verletzen kann.
Frauen versuchen einen meistens auch viel mehr zu „erziehen“, z.B. über psychische Kontrollmittel. Es wird bewusst geschwiegen und der andere muss raten, was gerade schief gelaufen ist. Das Spiel bedeutet dann „Wenn du mich wirklich magst, dann zeig es mir, indem du mich nach meinem Befinden fragst, auch wenn ich dir erstmal keine Anhaltspunkte gebe“.
Das ist unglaublich kompliziert! Solche Spielen laufen unbewusst und verdeckt ab, eben typisch „weiblich“.

Auch wenn es zwischen Frauen oft eine große Energie und eine tolle emotionale Verbundenheit geben kann, kann es auf der anderen Seite auch ein unglaublich großes Konflikt- und Enttäuschungspotential geben.

Frauen sind meistens unabhängiger und bauen selbstständig ein größeres soziales Netzwerk auf. Sie sind oft nicht erpressbar und können ihre Freundinnen und Kontakte schnell ändern. Sie wissen, dass sie bei vielen Männern gut ankommen und versuchen dann, an Wissen und Einfluss zu kommen, indem sie manipulieren. Das geht bei Frauen untereinander oft viel schwieriger, weil sie gegenseitig solche Machtspiele durchschauen. Was bei Männern noch „süß“ und „attraktiv“ wirkt, löst bei ein anderen Frau eher Neid und Eifersucht aus. Das ist vor allem dann der Fall, wenn eine Frau sehr attraktiv ist und diesen Bonus voll auslebt. Im schlimmsten Fall sind Frauen zuerst freundlich und nett und ziehen einem möglichst viele private Infomationen aus der Nase. Danach beenden sie die Freundschaft und ziehen mit peinlichen Informationen über ihre ehemals „beste Freundin“ her. Daher kann es sein, dass man anderen Frauen gegenüber misstrauisch wird, weil man gleich das schlechteste vermutet. Eine normale Kommunikation wird immer schwieriger. Besonders aufgefallen ist mir auch die grundsätzliche Abneigung von Frauen gegenüber anderen Frauen. Und dass viele „Ältere“ Frauen einem erzählen, wie schwierig es sein kann und dass man selbst mit viel zu großen Optimismus an die Sache herangeht.

Ich habe es oft erlebt, dass Frauen andere Männer anhimmeln, ihnen hinterherlaufen, sie mit Lob und Komplimenten überschütten, wenn es um deren Arbeit oder Leistung geht.. Frauen hingegen müssen oft damit leben, dass man sie nicht so „anhimmelt“, es sei denn für ihr Äußeres oder auf der sexuellen Schiene. Da von Frauen in der Gesellschaft ganz andere Dinge erwartet werden, werden sie auch mit anderen ganz anderen Kriterien bemessen. Eine Frau soll fürsorglich, nett, „mütterlich“ sein und sie wird mit Argwohn betrachtet, wenn sie ihren Job oder ihren beruflichen Ehrgeiz zu stark betont. Ich denke, dass das vor allem auch ein deutsches Problem ist. Die Frauen sitzen also in der „Erwartungsfalle“. Und diese Erwartungen, die permanent an sie herangetragen werden, machen auch die unbeschwerten Freundschaften zu anderen Frauen schwierig. Denn frei, sind die meisten leider überhaupt nicht.

Wie heißt das?

Wie heißt das, wenn man ständig an einen anderen denken muss?
Wie heißt das, wenn man sich vorstellt, wie er aussieht?
Wie heißt das, wenn man sich Gedanken über sein Leben macht?
Wie heißt das, wenn man sich plötzlich für neue Orte interessiert?
Wie heißt das, wenn man auch so sein möchte?
Wie heißt das, wenn man den gleichen Hobbys nachgehen möchte?
Wie heißt das, wenn man an einen gemeinsamen Urlaub denkt?
Wie heißt das, wenn man 1000 Mal am Tag etwas mit ihm in Verbindung bringt?
Wie heißt das, wenn es den anderen schon auffällt?
Wie heißt das, wenn man launisch und zickig wird?
Wie heißt das, wenn man nicht mehr man selbst ist?
Wie heißt das, wenn man sich verändert?
Wie heißt das, wenn man verletzlich wird?
Wie heißt das, wenn man empfindlich daliegt?
Wie heißt das, wenn man nachts den Mond anbetet?

„Freundschaft“.

Die beste Freundin – 1

Passend dazu „Lifes on the Line“ von 50 Cent

Du bist etwas schüchtern, als du in die verrauchte Kneipe kommst und dich vorsichtig umschaust. Es sind ein paar Leute da, aber es ist nicht überfüllt. Die Kneipe riecht nach Rauch und Alkohol. Im Hintergrund spielt leise HipHop-Musik. Deine neue Bekanntschaft aus dem Internet ist vom Tisch an der Ecke aufgestanden und hält Dir ihre Hand entgegen. „Hi, da bist du ja!“ ihre leuchtenden dunklen Augen strahlen dich an. „Schön, dass du kommst, ich hab dich schon erwartet“ Ihre Stimme ist warm, aber bestimmt. Ihre Hand ist weich und warm. Deine eigene Hand schwitzt ein bisschen. Nach dem Händedrücken und der leichten Umarmung fühlst du dich gleich besser und ruhiger. Du bist etwas angespannt, weißt aber nicht wieso.

„Was willst du denn zum Trinken bestellen?“ fragt sie dich und mustert dich dabei von oben nach unten. Du würdest am liebsten auf der kleinen Eckbank verschwinden und dich unsichtbar machen. Schon wieder hat sie sich nach Dir erkundigt. Sie ist so zuvorkommend und hilfsbereit, das bist du nicht gewohnt. „Ich äh…“ du überlegst irgendwas zu sagen, aber in deinem Gehirn ist erstmal eine große Leere und du suchst noch nach Worten. „Ich trinke wohl ein Bier. Und Du?“ „Ich hab mir schon was bestellt, kommt gleich“ sagt sie und lächelt Dich an.

Du rutscht etwas auf dem Hosenboden hin und her und suchst eine bessere und bequemere Haltung. Du merkst, dass Deine Schultern noch nach oben gezogen und angespannt sind. Du atmest tief ein und versuchst dich zu entspannen. Dein Atem geht aber trotzdem sehr schnell und tief. Du hörst dich beinahe selbst schnaufen. Du fragst dich, wann denn endlich das Bier kommt mit den beruhigenden Inhaltsstoffen…

Du versuchst unaufällig zu ihr rüber zu schauen und ihre Kleidung zu begutachten. Sie hat auf jeden Fall einen anderen Kleidungsstil als Du, aber das findest du durchaus reizvoll. Du spürst eine große Verbindung zu ihr, eine Freundschaft, eine Verbundenheit, auf der man „aufbauen“ kann. Dennoch ist sie anders. Und dieses „andere“ reizt dich. Sie ist recht klein und sehr weiblich gebaut. Ihre Schultern sind schmal, die Augen dunkel und leuchtend. Sie hat schöne blonde Haare und ein aufgewecktes Gesicht. Ihre Hände sind klein und schlank. Sie trägt lockere und moderne Kleidung, die sehr stilvoll und angemessen wirkt. Du bist Dir sicher, sie macht ihren Kleiderschrank auf und greift blind zu den richtigen Stücken. Es passt bei ihr immer und sieht gut aus. Du bewunderst diese Stilsicherheit und das alles passt. Dir selbst fällt das nicht so einfach. Wie oft hast du deinen eigenen „Stil“ gesucht und wie oft ihn wieder verworfen. Du kommst dir selbst unsicherer und schwankender vor. Was Dich an ihr reizt ist ihre Ruhe und Ausgeglichenheit. Und dass sie sich soviel Zeit für dich nimmt.

Das Bier kommt und du trinkst ein Schluck. Heute hast du besonders viel Durst. In großen Zügen trinkst du das Pils-Glas zu einem Drittel leer. Sie hat sich einen Cocktail bestellt. Irgendwas süßes mit einer Verzierung oben drauf. Ihr fangt an zu plaudern. Es ist erstaunlich leicht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sie weiß zu allen Dingen was zu sagen. Sie hat immer gute Ideen und Einfälle. Es ist besonders schön, dass sie sich von Dir „anstecken“ lässt und sie auch deine Ideen mag. Du spürst eine große Offenheit in ihr. Eine Freundlichkeit und Liebe gegenüber allen Menschen. Es ist dir fast peinlich, dass du sie immer wieder ansprechen musstest. Du bist süchtig nach Ihrer Freundlichkeit und Ihrer Toleranz. Du fragst dich dabei, ob du vielleicht davon zu wenig hattest… dass es jetzt so bei Dir einschlägt?

Bei allem wirkt es so natürlich bei Ihr. So locker und beschwingt. Sie kritisiert dich nie. Klar, gibt es Dinge, die nicht ganz passen. Aber das ist nie ein Problem. Die Dinge, die anders sind, sind eben anders. Du fragst Dich, wo die großen Baustellen kommen, ob es nicht schwieriger werden müsste? Ob sie wirklich ehrlich ist, ob sie dir alles gesagt hat? Im Moment lächelt sie wieder und scheint sich in Deiner Gesellschaft recht wohl zu fühlen. Es ist so einfach, das verblüfft Dich.

Du redest so wie du bist. Einfach frei Schnauze, es sprudelt beinahe aus Dir heraus. Du darfst das jetzt. Und es ist gut.

Da ist kein Konflikt. Kein Schweigen. Kein saures -aus- dem- Weg- gehen oder eingeschnappt sein.

Sie ist einfach sie selbst. Glücklich und frei.

Ihr Glück breitet sich aus und umhüllt Dich. Ihr befindet euch in einem Resonanz-Bereich und steckt euch an.

Mit guten Ideen, mit Gelächter, mit verrückten Einfällen, mit Grenzüberschreitungen, mit Reisen, mit Bildern, mit Natur mit dem ganzen Leben. Zwischen Euch entsteht eine Wolke, ein Traum. Du träumst von Ihr. Tag und Nacht.

Sie hat dich völlig in Beschlag genommen. Du überlegst, ob du dich änderst… du willst wissen, was sie macht. Und du willst das auch machen.