Ich bin eine Bloggerin, hol mich hier raus

Gestern ist es mir mal wieder passiert: Der sehr gute, werbefreie Krimi im ZDF hat gefallen und überzeugt. Spannung pur, eine interessante Handlung und hervorragende Schauspieler rundeten das Fernsehvergnügen auf hohem Niveau ab.

Dazu als deutsch-österreichische „Crossproduktion“ und dem majestätischen Handlungsort Wien eine perfekte Grundlage für einen netten Fernsehabend. Und so kam es dann auch.. eine Rezension spare ich mir, weil man den Film noch online anschauen kann und ich nicht zuviel „spoilern“ möchte.

Eigentlich wollte ich danach den Fernseher ausschalten, weil schon ein kurzer Blick in die Fernsehzeitung betätigte, dass hier nicht mehr viel interessantes kommen würde. Außer eben dieser einen Sendung, die man eigentlich nicht schauen sollte, die aber gerade jetzt anfängt… über die auffallend viel geredet und berichtet wird (weniger in den Qualitätsmedien, aber umso mehr in den Boulevardmedien).

Die Sendung heißt: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ oder kürzer gesagt, das „Dschungelcamp„.

Die letzten Staffeln habe ich fast alle ausnahmslos ignoriert, weil ich entweder das ganze Konzept zu abartig und eklig fand, die Promis nicht mochte oder das ganze System mit dem auf Einschaltquoten ausgerichteten Privatfernsehen einfach nur ätzend finde.

An dieser Einstellung hat sich eigentlich nichts geändert, dennoch ist die Neugierde einfach zu groß, denn die Sendung hält sich ähnlich hartnäckig wie andere Formate, die auf Grund ihrer mangelnden Qualität dem Untergang geweiht sein müssten (z.B. Big Brother, „DSDS“ oder Germanys Next Topmodel).

Ich habe also beschlossen, mir die letzten zwei Folgen mal komplett anzuschauen und zu überlegen, was an dieser Sendung eigentlich gut und was schlecht ist. Auch schlechte Sendungen verdienen eine vollständige Rezension und eine qualifizierte Bewertung, ansonsten macht man es sich mit einem Vorurteil zu einfach.

Da fängt es mit den Kandidaten an, die wieder einmal sehr seltsam ausgewählt worden sind (nachzulesen hier ).

Ich kannte vorher eigentlich nur Fiona (aus Heidi´s Topmodel-Sendung), den Karstadt-Erpresser „Dagobert“ (huch, ein Krimineller?  ) und natürlich die Show-Transe Olivia Jones (die letztendlich auf Grund ihres hohen Glamour-Faktors auch den Grund zum Einschalten gab).

Die restlichen Namen sind ziemlich unbekannt und verdienen den Namen C-Promis eigentlich nicht: Die Mutter von Daniela Katzenberger darf wahrscheinlich nur auf Grund des Ruhmes ihrer Tochter ins Camp und von Allegra Curtis habe ich erfahren, dass sie die (Halb-)Schwester von Jamie Lee Curtis ist und mit Tony Curtis einen berühmten Vater hat.

Naja. Den Rest muss man nicht wirklich kennen. Oder kann jemand was mit Namen wie Geogina oder Claudelle Deckert etwas anfangen? Auch Joey Heindle, Patrick Nuo oder Silva Gonzalez muss man nicht wirklich kennen.

Erstes Minus also für RTL, die es mal wieder nicht geschafft haben, interessante Charaktere mit ins Boot zu holen und nur den Bodensatz der Nebenbühnen-Prominenz anlocken konnten.

Das Konzept wurde ebenfalls nicht geändert und bleibt belanglos wie einfallslos, mit dem kleinen Bonus, dass man eine hohe virale Aufmerksamkeit erzeugen kann: Man reise an das andere Ende der Welt (Australien), sperre die Promis in ein von der Außenwelt abgeschnittenes Camp, versorge sie nur mit den nötigsten menschlichen Bedürfnissen und lasse sie (anders als daheim) mal richtig für ihr Essen arbeiten (in Form der Dschungelprüfungen). Die Kandidaten für diese Prüfungen werden wiederum von den Zuschauern per Telefon gewählt, was zum einen einen extra Umsatz für RTL generiert und auf der anderen Seite ein paar neue Dauer-OPFER erschafft, die man auf Grund ihrer Zickigkeit oder Unbeholfenheit immer wieder leiden sehen möchte (in diesem Falle Georgina).

Den Läster-Kram, der beim langweiligen Abhängen im Camp mit der stets gleichen Totale und gelegentlichen Zooms auf die Kandidaten „aufgelockert“ wird, kann man dann am nächsten Tag in hundertfacher Vervielfältigung in den Klatschmedien der deutschen Medienlandschaft nachlesen.

Ein weiteres Highlight sind die ironischen und teils bissigen Kommentare der Moderatoren Sonja Zietlow und Daniel Hartwich..entweder aus dem sicheren Off oder direkt im Angesicht der Kandidaten, wenn sie die Prüfungen moderieren müssen. Hartwich ist der Ersatz des im letzten Jahr verstorbenen Dirk Bach.. ob er aber in diese berühmten Fußstapfen der Show-Unterhaltung treten kann, wird sich noch zeigen müssen. Was man bis jetzt gesehen hat, war viel versprechend. Vielleicht nicht ganz so überdreht und bissig, aber doch schön ironisch und als passender Gegenpart für Frau Zietlow.

So zwei Sendungen habe ich mir reingequält und wie lautet das vorläufige Fazit?

Am Anfang habe ich mir gedacht, wie langweilig das ganze ist. Die Prüfungen sind eklig und tlw. grenzverletzend. Was denken sich eigentlich die Tiere, deren Ruhe man stört, die man in Käfige einsperrt oder die vor laufender Kamera enthauptet werden („der Larve musst du den Kopf abbeißen, den Rest aber essen“)? Und was ist mit der Würde der Menschen, deren letztes aus ihrem Privatleben auch noch gezeigt wird? Die in unwürdigen Haltungen und teils ungeschminkt oder gar nackt bis in die letzte Pore auf der Titelseite des nächsten Magazins landen? Wie dämlich kann man eigentlich sein, sich in der anschließenden Extra-Sendung nochmal die Aufbereitung des völlig belanglosen ansehen zu müssen? Und warum- in aller Welt- machen die Zuschauer eigentlich mit, rufen dort an, schauen sich die Werbung an und unterstützen das ganze damit?

Was hat die Sendung also, was sie begeistert, was fasziniert? Bei all dem objektiv „schlechten“ und moralisch verwerflichen muss es doch etwas geben, was dafür sorgt, dass die Menschen davon angezogen werden?

Vielleicht ist es gerade dieses „schlechte“, was so anziehend wirkt. Das man weiß, wie widerwärtig das Konzept ist, wie einfach gestrickt die Maschen sind und wie lustig es eigentlich ist, andere beim Verzehren einer Käsefrucht, einem Teller mit Kakerlaken, einer Schwein-Vagina oder beim beherzten Biss in einen Grill-Spieß mit Skopionen zusehen zu können.

Als Zuschauer/ Zuschauerin überlegt man sich auch, wie es weitergeht. Wird die Camp-Mutti Olivia dafür sorgen können, dass sich die zickige Georgina mal zusammenreißt und nicht bei der nächstenbesten Ekelattacke einen Rückzieher macht? Welche Verhaltensweisen wird man beim Mann mit der kriminellen Vergangenheit noch entdecken können und wird die Mutter von der Katze noch ein paar Geheimnisse über deren ohnehin schon überstrapaziertes Privatleben preisgeben? Und warum.. interessiert uns das eigentlich alles?

Wenn man die Sendung gesehen hat, fühlt man sich danach so leer und so hungrig…. Hungrig nach Bildung, hungrig auf ein gutes Gespräch, hungrig auf einen guten Tierfilm in den Dritten, einer politischen Sendung auf Arte, hungrig auf einen langen, literarisch gut geschriebenen Roman (ohne Bildchen) oder einfach mal die Sonntagsausgabe der FAZ… zur Not würde ich auch mal wieder ein Buch von Schirrmacher lesen, aber bitte nicht-mehr-diese-Sendung!

Ich glaube, ich bin innerlich schon gefangen. ich sehe die Lianen sich bereits von der Decke winden. Die Grillen zirpen in meinem Gehörgang, ich bekomme Appettit auf ein großes Glas gequirlten Käfer-Cocktail.. ich glaube, ICH MUSS HIER RAUS !!!

The incredible stories of the evil couch potatoe

„Du musst dich en-ga-gieren“, sagte sie. „Mitmachen, um was zu bewegen!“

Jaja, sagte er und nahm noch einen Schluck von seinem Bier.

„Ach nun komm schon und raff dich auf. Willst du, dass es mit unserem Land immer so weitergeht?“

„Ach, es ist doch alles in Ordnung.“ Er legte die Füße hoch und entspannte sich ein wenig. Aber es klappte nicht so richtig. Das ständige Geplapper von seiner Freundin nervte ihn. Wie ein Sandkorn, dass man sich ständig aus dem Hemdkragen pusseln muss und das doch nicht weggeht.

Kaum hatte er es vergessen und nicht mehr darüber nachgedacht, fing sie wieder an. Immer wieder. Wie ein Automat, aber schlimmer noch, eine seelische Quälmaschine, die sich ganz tief unten in seinem Bewusstsein einnistete, so tief, dass es nicht mehr auszuradieren war.

Was sollte er schon machen? Er nahm die Fernbedienung und zappte ein Programm weiter. Hier gab es Gewinnspiele, denn es war schon spät. Also weiter.

Sex in der Werbung. Sex hatten sie schon lange nicht mehr gemacht. Was war damit? Da würde er sich gerne mal engagieren, aber sie ließ ihn ja nicht. Seitdem sie Mitglied in der Partei geworden war, nervte sie ihn nur noch mit dem blöden Gelaber. Voll ätzend, so was. Er seufzte und ärgerte sich.

Sie hatte sich sogar Klamotten in der Parteifarbe gekauft und ganz stolz dackelte sie damit immer durch die Wohnung. Natürlich waren es nicht seine Lieblingsfarben, sondern ihre.

Die ganze Umgebung nervte sie mit ihrer Überaktivität. Und noch schlimmer, immer mehr musste er sich fragen, ob er noch auf der richtigen Seite war.

Das bequeme Leben funktionierte einfach nicht mehr so gut. Es wurde unbequem.

„Nun setz dich doch einmal hin!“ brüllte er sie etwas ungeduldig an. „Das ist ja nicht zum Aushalten!“.

„Wusstet du, dass 76 Prozent der deutschen Frauen schon mal Gewalt in der Beziehung oder der Ehe erfahren haben. Und wenn ich mich dich so anschaue, gehörst du wohl auch bald dazu. Oder nicht?“

„Oh Mann, ich gebs auf.“

Er zappte weiter und beachtete sie nicht mehr. Es war doch hoffnungslos.

Nach eineinhalb Jahren scheiterte ihre Beziehung, sie zog aus und heiratete einen hohen Parteifunktionär.

Heute bestimmt sie als Wirtschafts- und Sozialministerin über die Höhe seines Arbeitslosengeldes. Tja, Kinder so kann´s laufen, wenn man nicht artig ist und macht, was die Freundin sagt.

ENDE