In Freundschaften investieren

Warum sollte man schon in Freundschaften und Menschen investieren? Wo man doch in soviele andere Dinge investieren kann: In Gold, in Wertpapiere, in steigende Unternehmenkurse, in anziehende Lebensmittelpreise, auf den Absturz des Euro, auf teures Heizöl…

Freundschaften sind nichts greifbares- für die einen nur Gelaber, ohne Substanz. Alles ist schnell und hektisch geworden, die Investition auf der einen Seite, mit Zeit und Geld verbunden, was wird sie schon bringen? Die Unverbindlichkeit, Emanzipation und Freiheit, die in modernen Beziehungen so wichtig geworden ist, ist auf der anderen Seite auch der Fluch der konservativen Werte, des Erhalts von Beziehungen und der zwischenmenschlichen Verlässlichkeit. Und Freunde und Menschen bekommt man an jeder Straßenecke, in sozialen Netzwerken in rauen Mengen, beim Einkaufen im Supermarkt in so großer Anzahl, dass man manchmal lieber wieder einsam wäre…. dennoch gibt es über fünf Milliarden Menschen auf der Erde und man das Kunststück fertigbringen, mit keinem einzigen wirklich „befreundet“ zu sein.

Freundschaften sind doch so unverbindlich! Man kann sehr viel Zeit und Mühe hineinstecken, aber den anderen doch verlieren. Es gibt noch nicht einmal ein geregeltes Anrecht, keinen Freundschafts-Besitzschein, keine Glücklichsein-Erlaubniskarte, keine Läster-Lizenz…. die beste Schulfreundin, nun nach Amerika gezogen. Jahre verbracht, Stunden verbracht und nichts ist übrig geblieben, außer einer guten Erinnerung. Mit dem besten Freund um die Straßen gezogen, geweint, gelacht, das Herz ausgeschüttet, getrunken, gefeiert, gefürchtet und gefallen… nun ist alles vorbei, die Investition verloren!

Freundschaften kann man nicht besitzen, aber lohnt es sich dennoch, in sie zu investieren?

Was ist eigentlich der Wert einer guten Freundschaft?
Jemanden haben, wenn es einem schlecht geht? Jemand schreiben können, jemand der zuhört? Jemand, der Anteil nimmt, sich die Sorgen anhört und das Leben teilt?

Sich mitteilen, heißt teilen. Teilen macht frei, alles für sich behalten, macht einsam und geizig… Wer einen einzigen guten Freund hat, hat alles, wer nur Geld und sich selbst hat, hat nichts.

Eine Freundschaft hat genau dann einen Wert, wenn sie gelebt wird. Man kann eine Freundschaft nicht „haben“, aber in ihr „sein“. Eine Freundschaft besteht solange, wie man miteinander redet und etwas miteinander macht. Wird das eingestellt, ist auch der „Besitz“ weg, der eigentlich nie einer war.