Selbstliebe

~ Denn wie sagte einst ein weiser Mann? Die Probleme kommen schon von ganz alleine ~

Liebes Tagebuch,

die wichtigste Erkenntnis für mich heute war: Dass das Ego auch eine Daseins-Berechtigung hat.

Auch wenn es für den Buddhisten eine Art „Illusion“ ist und der Christ in seinem täglichen Wirken lernen soll, für den anderen da zu sein (also altruistisch zu sein), heißt es im Umkehrschluss nicht, dass das Ego eine Art Feind ist oder etwas, das man auf den Teufel komm raus bekämpfen muss. Nein, denn wenn wir so dächten, fielen wir doch nur wieder dem alten Schwarz-Weiß-Denkmuster anheim, dass wir ja eigentlich ablegen und mit etwas wertvollerem, ausgewogenerem und biologisch-abbaubaren-Glutenfrei-Gemeinverträglichen- politcal correctem ersetzen wollten!

Gerade empfindlichen und mitfühlenden Menschen passiert es ja leicht, dass sie sich verausgaben, dass sie anderen Menschen mehr Energie geben, als sie selbst haben. Dass sie also ständig überfließen und vor lauter Liebe und Energie-Abfluss gar nicht merken, dass sie selbst total ausbluten und ihr eigenes Ego übersehen haben. Wenn man das ganze als Waage sieht (bildhaft!), ist es gefährlich, wenn eine Seite einen Überhang bekommt: Totale Egoisten sind voll die Kotzbrocken und selbstaufopferne Hausfrauen-Muttis ohne Ego-Energie braucht auch keiner.

Selbst, wenn das Ego in seiner letzten Instanz eine „Illusion“ ist, heißt es nicht, dass es keine Wirkung auf uns hat. Allein dadurch, dass wir physisch und psychisch (=seelisch) existieren, haben wir ja quasi Zugriff unsere Gedanken-Energie, sind also der Strippenzieher für unser Ego und den ganzen Müll, den wir der Erde hinterlassen. Selbst, wenn es uns manchmal nicht bewusst ist, sind wir eine Person im Universum. Wir sind also voll und ganz verantwortlich für das, was wir tun. Wir sind geschäftsfähig, haben einen Personalausweis, eine Nummer bei der Rente, ein Profil bei Amazon, eins bei Facebook, also irgendwie „existieren“ wir als Person. Für unsere Freunde sind wir eine Variable, auf die sie bauen können. Diese Variable wird nur von uns gefüllt. Und mit einem Zufallsgenerator und einem Dialog-Modul sorgen wir für Abwechslung. Warum sind wir dann nicht stolz darauf? Selbst, wenn wir nur die Trilliarden an Bytes aus dem Internet saugen und auf den riesigen Datenspeicher Gehirn transferieren, so sind wir doch Teil des Systems. Wie sagte Heisenberg? Man kann kein System beobachten, ohne es zu verändern. Das ist im Grunde einfachste Physik. Die auch auf der sozialen Ebene funktioniert.
Wer könnte da sagen, dass es kein Ego gäbe? Wir geben dem Ego ja sogar einen Namen! Und ein Geschlecht. Bevor die Person auf der Erde ist, hat sie schon einen Stempel drauf. Manche Stempel hat man für immer, andere legt man ab. Ganz beliebig ist es hingegen nie.

Wir verteidigen das Ego, wenn es bedroht ist und jeden Tag müssen wir dem Ego Kohlenhydrate, Proteine und Cola reinschieben, damit es weiter überleben kann.

Das Ego hat in der Gesellschaft einen Nutzen. Es kann Steuern zahlen, die CDU abwählen und die PKW-Maut bezahlen. Und Kinder bekommen. Oder auch nicht. Es kann einen Computer kaufen, offene Strom-Rechnungen und Mietnebenkostenzusschüsse bezahlen, einen Burger und zwei Schokoriegel als Nachtisch vernaschen. (einfach so, weil es schmeckt!)

Selbst wenn wir die Augen schließen, ist das Ego noch da. Es klebt an uns wie ein Schatten. Je mehr wir uns um uns Sorgen machen, desto größer wird das Ego. Je mehr wir uns um andere kümmern, desto kleiner wird das Ego. Manchmal wird es auch künstlich klein gehalten. Wenn wir uns z.B. wieder nur verausgabt haben und nicht auf das Ego Rücksicht nehmen (dass wir ja hassen, weil wir alles an uns erstmal hassen) dann bekommt es Schmerzen. Rückenprobleme, Suchtprobleme, Übergewicht, Traurigkeit und Depression. All die Symptome sind also Anzeichen dafür, dass wir dem Ego (also uns selbst!) nicht genügend Liebe gegeben haben.

Dann gehen wir zum Arzt und hoffen, dass er unserem Ego ein bisschen Liebe und eine Spritze gibt. Aber für die Liebe hat er keine Zeit (Kassenpatient) und von den Spritzen gibt es auch nur die billigen oder gar keine (Kassenpatient). Traurig gehen wir also nach Hause, keiner hat unser Ego lieb und so heulen uns beim Partner aus. Der hat erstmal keine Zeit (Bundesliga) und dieses weibliche Gerede von Gefühlen und so ist sowieso lästig (Männer halt). Dann fangen wir an, wütend zu werden (das Ego lebt also doch noch?) und fangen an zu schimpfen und immer weiter usw. und dann ist der Partner weg (weil er ein größeres Ego und mehr Geld hat).
Und dann… ? erkennen wir eines Tages, dass uns niemand von außen die Liebe für unser kleines Ego geben kann, wenn wir ihm selbst keine Liebe geben. Das ist wie ein Riegel, eine Sperrvorrichtung. Musst du erst freischalten. Warum auch immer.

Sei gut zu deinem Ego. Aber auch nicht zuviel! Irgendwo in der Mitte, liebes Tagebuch,

dann wird ein Schuh draus.

In diesem Sinne,
viele freundschaftliche Grüße

Dein Ego

ps: Und wenn das alles immer noch nicht reicht, zieh dir dieses Video rein, Mann!

https://www.youtube.com/watch?v=Imeq3GeRttw

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