Erfolg- alles strebt nach Erfolg.

Es gibt kaum einen Bereich, der nicht vom Erfolgsdenken durchtränkt ist, ein „Nebenprodukt“ unserer Leistungsgesellschaft. Am schlimmsten finde ich dieses Denken, wenn man über seine sozialen Kontakte nachdenkt, wie diese eigentlich beschaffen sind, was die Ursache, der Wert und die Funktion der Freunde ist, die man hat- oder eben nicht hat.

Wenn ich „Freunde sammle“ und bestimmte Spielregeln einhalte, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich in die warme Mitte der Gesellschaft aufsteige, dass es viele Menschen gibt, die sich um mich kümmern, dass ich geliebt und gemocht werde. Da, in der Nähe des Lagerfeuers, wo es warm und bequem ist, da möchten alle hin. Diejenigen, die nicht kämpfen können (oder wollen), werden früher oder später nach außen gedrängt und müssen sich mit kälteren Positionen abfinden. Wir sprechen dann von einer „sozialen Unterschicht“ und anderen Ausgrenzungsproblemen, die tlw. auffällig sind, dann aber auch wieder von der Masse verdrängt wird, weil es bequemer ist. Jeder kann sich ja so einrichten, wie er mag. Also besteht auch kein Verantwortungsgefühl dem anderen gegenüber, das „selbst gewählte Schicksal“ ist hier die Ausrede oder der Vorwurf.

Bei meiner Analyse der sozialen Kontakte (was ich seit Anfang des Jahres intensiver mache) und der Art und Weise wie andere miteinander umgehen, fällt mir das immer wieder auf.

Es ist aber nicht einfach zu verallgemeinern und die Gefahr der Ungenauigkeit wird schnell groß, da es menschliche und „natürliche“ Vorgänge sind, die man nur schwer mit abstrakten Konzepten erfassen kann. Die sozialen Kontakte sind das Wichtigste, was der Mensch haben kann, somit ist es auch der empfindlichste Punkt. So wie ich einem Buch gelesen habe, besteht eine genetische Neigung der Frauen dazu, sich mehr um soziale Netzwerke zu kümmern und ihnen einen höheren Stellenwert beizuräumen, als bei den Männern (für die die Arbeit und der Erfolg wichtiger sind). Die Frauen machen das, weil sie es schon immer so gemacht haben, weil sie diejenigen waren, die zu Hause waren und durch die Pflege ihrer Beziehungen ihre Sicherheit gewährleisten konnten. Andere Menschen ermöglichten wichtigen Informationsaustausch, heutzutage kann man es einfach und bequem auf das Internet reduzieren, gegoogelt ist schnell. Durch praktische und vor allem seelische Zusammenarbeit konnten sich Probleme reduzieren und besser bewältigen. Dieses Gefühl, ein Außenseiter zu sein hat(te) man in der normal funktionierenden Gesellschaft nicht und somit entstanden auch keine Frustrationen und Stagnationen. Auf der anderen Seite war früher die soziale Kontrolle größer und die Menschen mussten die Konventionen mehr einhalten und waren zwar sicher, aber auch unfreier.

Die industrielle Revolution und andere Strömungen haben viel geändert, beinahe schon umgewälzt.

Jeder führt heutzutage sein mechanisches Leben, ist eingebunden in Wirtschafts- und Gesellschaftskreisläufe, wo ist da die wichtige, freie Zeit, die man dem anderen schenken kann?

Wer sozial erfolgreich sein will, muss „Powern“, sich ranhalten, den anderen hinterherlaufen, sich anstrengen, man bekommt nichts geschenkt, schon gar nicht Zuneigung und Mitgefühl.

Man kann umziehen, durch die ganze Welt reisen, das verschlechtert die Sesshaftigkeit und die Nachhaltigkeit von Bindungen. Risse entstehen unweigerlich, die man nicht kitten kann.

Es ist wie eine Qual, ein sich ständig „aufraffen müssen“, ständig den eigenen Schatten des Egoismus beiseite schieben und auf den anderen zu zugehen. Viele sind resigniert und wagen keinen einzigen Schritt. Soziale Kontakte zu knüpfen erfordert Mut und es ist anstrengend. Man muss andere verstehen, sich mit ihnen beschäftigen- freiwillig und ohne Lohn. Es ist einfacher, sich nur um die Familie oder den Job zu kümmern und den anderen ihr Leben zu lassen. Single-Haushalte sind am Zunehmen, jeder für sich, ist die Devise – und praktisch ist es obendrein, leider nicht sehr gesund.

Je mehr ich versuche, meine eigenen Probleme zu erkennen und zu lösen, desto mehr sehe ich, dass es anderen auch so geht, dass es ein globales, übergreifendes Problem ist und das macht frei, von der Angst zu versagen. So ergeben sich neue Perspektiven, neue Ansätze, weiter zu kommen. Wenn ihr an dem Punkt hängt, wo ihr das Leiden der anderen nicht seht, empfehle ich euch an der Stelle mal in bestimmten Foren nachzuschauen, wo es um solche Probleme geht und sich Menschen in anonymer Weise öffnen können. Die Foren sind voll mit diesen Problemen, beinahe schon „normal“. Und es ist ja auch normal, es ist menschlich!

Die eigene Herzlichkeit und Offenheit zu entdecken und den Tunnel zu durchqueren, ist schwierig. Man muss den Ausgang oft suchen, oft geht er wieder verloren und alles bleibt dunkel.

Ich finde es sinnvoll, in diesen Phasen der Traurigkeit und Enttäuschung auch einen Sinn zu sehen. Nur wer seinen Schmerz fühlt, ist noch ein Mensch geblieben. Die Sinne rebellieren, alles deutet daraufhin, dass man erkennt und spürt, dass das Leben so nicht in Ordnung ist und man keine weitere Augenwischerei betreiben kann.

In diesem Moment ist man auf der einen Seite stumpf, fühlt aber auch eine kleines Motivationpflänzlein, fühlt sich verantwortlich für die anderen, spürt ihre Traurigkeit, vergisst das kleinliche und unwichtige Selbst dabei, rückt alles ins richtige Licht.

Wer dieses Leiden erstmal erkennt, kann auch Mittel entwerfen, es zu besiegen.

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