Ein guter Tag zum Freuen

3.7.2010

8 Uhr
Ein Land befindet sich klimatisch im Ausnahmezustand. Der heißeste Tag des Jahres, 36 Grad wurden gemeldet, 28 schon am frühen Morgen und mittags werden es 34. Ich schreibe wie eine Weltmeisterin an meinen Texten und haue in die Tasten, aber die Konzentration fällt immer schwerer, je weiter es auf den Mittag zugeht.

Habe keinen Hunger und trinke nur Kaffee.

12 Uhr
Drückende und schwüle Hitze liegt wie ein bleischwerer Teppich über dem Asphalt.

Die Blümchen ächzen unter der Hitze, aber sie halten ihr noch Stand. Kühles Wasser versüßt mir den Nachmittag. Die Beine werden in einen Bottich getaucht. Draußen, im grellen Sonnenlicht ist es kaum auszuhalten.

Aber wohin? Auch drinnen ist es zu warm, die Wände halten inzwischen eine Temperatur von 28 Grad und das Abkühlen über Ventilator oder Lüften bringt keine Erleichterung mehr. Die Nacht war schlecht und kurz, ich fühle mich zermatscht wie nach einer alkoholisierten Party und bin doch ganz nüchtern. Dennoch in einer ständigen, heiteren Stimmung, die mir schon fast ein wenig unheimlich ist.


16 Uhr

Spätestes um 16 Uhr ist dann sowieso Fernseh-Zeit, die gerade recht kommt. Schnell noch Kuchen und Kekse bereitgelegt und einen Kaffee gekocht, der bei der Hitze noch zusätzlich aufheizt und aufregt.

Nebendran steht noch ein Glas Wasser. Wasser- ein Begriff und ein Ding, dass ich wieder zu lieben beginne.

Gegen Argentinien werden „wir“ nicht weit kommen, soviel ist mir beim Anpfiff schon klar – aber nach ca. drei Minuten steht die Welt Kopf: Deutschland hat wider Erwarten das erste Tor gegen Argentinien geschossen und in den folgenden 87 Minuten werden noch drei weitere folgen. Grandios!

Ich bin von dieser Mannschaft begeistert. Von ihrer multi-ethnischen Zusammensetzung, von den vielen verschiedenen Namen, den guten Einzelleistungen und vor allem von den jungen, lauffreudigen Spielern, die in einem einzigen Spiel tlw. mehr als 10 km über das Spielfeld laufen. Fast jeder Pass sitzt, die Kombinationen sind stark und technisch geschickt. Schon beim Anlaufen auf das Tor merkt man, wie die Torgefährlichkeit anzieht und die Treffsicherheit der Stürmer spricht Bände. In einer Reportage wurde berichtet, dass die Jugendförderung des deutschen Fußballs in den letzten Jahren stark ausgebaut worden ist, und das scheint eine sehr gute Idee gewesen zu sein. Vor allem die jungen Spieler sind es, die sich auszeichnen. Durch Innovation im Denken und durch körperliche Stärke. Die Zukunft liegt in der Jugend. Vielleicht sollte man sich das zu Herzen nehmen und auch andere Bereiche fördern. Man sieht, es zahlt sich aus.

18 Uhr
Nach dem Spiel halten wir es nicht lange auf dem Sofa aus.

Es folgt eine Fahrt durch das fußballbegeisterte Deutschland: Kinder stehen an der Straße und winken mit schwarz-rot-goldenen Fahnen und lachen. Junge Mädchen haben sich in Fahnen eingewickelt und warten am geöffneten Auto wahrscheinlich gerade auf die Ankunft ihrer Freunde.

Am Kreisel in der Innenstadt gibt es einen Stau: Begeisterte Fußball-Fans so weit das Auge reicht, mit dem Auto kann man nur noch Schritttempo fahren. In der Ferne krachen Böller.

Ständig werden wir angehupt oder angelacht, eine extrem gute und ausgelassene Stimmung macht sich breit. Auf der Straßen liegen schon die ersten Hinterlassenschaften dieser Party: Getränkedosen, abgerissene Fahnen, Zigarettenschachteln. Aber heute stört sich keiner daran. Noch nicht.

Das kurioseste Bild gibt ein einsamer Radfahrer ab, der ganz allein mit einer Hand winkend, den Radweg entlang fährt und dabei noch nichtmal auf die Autofahrer schaut – nur für sich selbst, für die Welt und für die Freude in seinem Leben scheint er zu existieren. „Schaut her, wie schön die Welt ist“ mag er denken und so radelt er der Sonne entgegen und fragt sich nicht, was morgen ist oder was die anderen denken.

22:30 Uhr
Ich wünschte, es wäre öfters Halbfinal-Einzug.

Oder es gäbe mehr Gründe zum Freuen.

4 Gedanken zu „Ein guter Tag zum Freuen“

  1. achja, die Holländer sind ja auch noch da 😉 Großen Respekt für eure fußballerische Leistung gegen Brasilien, habe das Spiel mit Interesse verfolgt.

    Holland vs Deutschland im Finale, das fände ich gut 😉

    Ich fänd´s auch nicht schlimm, wenn Holland gewinnt, denn soviel ich weiß, wäre das dann euer erster Titel, oder?

    Viele Grüße,
    Julia

  2. Tja das stimmt, in 1988 sind wir Europa meister geworden. Zeit fur mehr 🙂 Ich habe ein Caravan am See und es gibt viel Deutsche gaste und es ist schon ze sehen wieviel harmonie es gibt und mit einander fusball an zu sehen.

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