Die schwierige Wahl der richtigen Worte

Nimmt man zwischenmenschliche Gespräche, egal nun in welcher Form, als Grundlage für das menschliche Miteinander, so wird schnell klar, wie wichtig eine gute Sprache und gewählte Worte für den Frieden und das Verständnis untereinander sind.

Ich analysiere die unterschiedlichsten Gespräche und merke oft, dass die meisten über die gewöhnlichen Töne der Anschuldigung, des Vergleichens, Vorhaltens, Zurechtweisung und andere verletzungsfördernde Töne nicht herauskommen. Herzlichkeit und Menschlichkeit zeigen sich aber gerade in der Sprache, in dem, was wir anderen vor den Kopf knallen. Worte können ungeheuer verletzend und böse sein, ich denke sogar, Worte sind die schlimmsten Waffen, die ein Menschen führen kann.

Sie vernichten und verletzen zwar nicht körperlich, zerstören und bedrohen aber die Moral und das Selbstwertgefühl eines Menschen. Sie nehmen im schlimmsten Fall die Lebensfreude und zerstören ein Wesen von innen. Beinahe wie Würmer, die nur am sofortigen Genuss und am verwesenden Überbleibsel des Opfers interessiert sind, fallen die verletzenden Worte über uns her und zerfressen die Seele.

Ich bin sehr empfindlich, was das angeht. Ich erwische mich sogar dabei, dass ich Schwindelattacken oder andere psychosomatische Symptome zeige, wenn andere Menschen schlechte Dialoge führen und ich mittendrin oder gar die Zielscheibe bin. Meine Reaktionen sind heftiger als bei anderen, ich neige dadurch zu Depressionen und anderen Krankheiten, die damit in Verbindung stehen.

Als Frau ist man solchen verbalen und emotionalen Angriffen viel stärker ausgesetzt und je nach materiellen und praktischen Begleitumständen sowieso in der Defensiv-Position.

Frauen wollen gerne kompensieren und ausgleichen, im Allgemeinen können Frauen Gespräche besser leiten und sind psychologisch geschickter. Ja Frauen, sind oftmals die Einzigen, die überhaupt auf das „Wie“ im Gespräch achten und nicht nur auf das „Was“.

Wenn es also etwas gibt, was man als Frau lehren kann, dann ist es die Möglichkeit, Gespräche derart zu führen, dass nicht die Verletzung und Abgrenzung im Vordergrund stehen, sondern das Ausgleichen, Vermitteln und das Mitgefühl.

Grundsätzlich kann man sagen, dass es besonders die Urteile über Aussehen, Verhalten oder Leistung sind, die am ehesten verletzen, selbst wenn es nicht negativ gemeint ist. Da die Anerkennung als psychologischer Mechanismus so wichtig ist, sind wir dem gegenüber auch entsprechend empfindlich. Wenn wir vielleicht selbst nicht so recht glauben wollen oder können, dass wir gut sind, verstärkt sich die Empfindlichkeit und macht uns leicht zum Spielball der Außen-Bewertung.

Beispiel
Ich erinnere mich da an den an sich belanglosen Fall, als ich in kurzer Zeit darauf hingewiesen wurde, dass meine Armbanduhr so laut tickt und auf die anderen störend wirkt. Ich mag diese Armbanduhr sehr und verbinde besimmte Gefühle mit ihr, weil ich sie damals lange ausgesucht habe und in den Tagen vor der Hochzeit meiner Schwester gekauft habe. Sie war etwas teurer als sonst und ich war sehr stolz auf sie. Es ist auch meine einzige Uhr, weil ich da meistens Geld sparen will.

Zudem ist es eine Marke, die eine Vorbildperson von mir auch getragen hat und das schwang alles mit, als ich sie gekauft habe. (Vielleicht sind bestimmte materielle Einstellungen für mich doch wichtiger als gedacht?)

Jetzt haben mir mein Vater und mein Ehemann beide in kurzen Abständen gesagt, dass sie zu laut ist und störend wirkt. Ich bin darüber sehr verletzt. Ich fühle mich selbst abgelehnt, obwohl sie nur gesagt haben, dass es das Ticken ist, nicht ich selbst. Aber als empfindlicher Mensch höre ich „du nervst. Du bist nicht in der Lage, dir vernünftige Uhren auszusuchen und nervst uns jetzt mit deiner Unfähigkeit“.

Niemand hat gesagt, dass sie hübsch ist oder gut aussieht. Oder ich hab es dann vergessen. Nur die Kritik steht in diesem Moment im Raum.

Lösung
Sowas ist kompliziert. Es wäre nun besser gewesen, wenn man gesagt hätte: „Weißt du, Julia, du hast wirklich eine schöne Uhr und sie gefällt mir. Punkt. Aber es gibt da etwas, was mir aufgefallen ist und ich weiß nicht, ob es dir auch schon aufgefallen war? Punkt. Das Ticken des Sekundenzeigers ist etwas sehr laut und ich störe mich ein wenig daran. Punkt. Ob es dir nicht möglich wäre, sie hin und wieder- zum Beispiel bei längeren Autofahrten- abzulegen oder in die Handtasche zu tun?“

Durch diese genauere und überlegtere Form des Beurteilens wäre Leid vermeidbar geworden und die Botschaft wäre besser und zielgerichteter angekommen.

Wenn man andere, ihre Kleidung oder ihr Aussehen beurteilt und das in einer vorwurfsvollen Haltung tut, kann man im schlimmsten Fall erreichen, dass man als Beruteilte dem Gegenüber abwertet und ihm gegenüber aggressiv wird. (das war auch passiert)

Gerade dieser Punkt der Beurteilung ist also immer gesondert zu betrachten und sollte nicht vorschnell oder unüberlegt augesprochen werden.

Es kann natürlich sein, dass man andere beurteilt, sich alles gut überlegt hat und doch ins Fettnäpfchen tritt oder merkt, dass die Kritik schlecht ankommt. Das ist ein tragischer Fall und leider nicht ganz zu vermeiden.

Man kann dann aus der Reaktion des „Beurteilten“ Schlüsse ziehen und sich überlegen, wie man es beim nächsten Mal besser macht und ob es überhaupt sinnvoll und angebracht ist, ihn überhaupt zu beurteilen.

Fazit
Manche Menschen werden einfach nicht so gerne beurteilt wie andere, es gibt dort Unterschiede. Man muss sich anschauen, wie Menschen leben und wo sie ihre Prioritäten haben (Beruf, Haushalt, Kinder, Freunde, etc.). Daraus lässt sich ein „Profil“ erstellen, eine gedachte Landkarte, mit deren Hilfe man Urteile und Meinungen über diese Person verbessern und optimieren kann.

Oder man verzichtet ganz einfach auf diese Urteile und bewegt sich komplett in anderen Gewässern.

So können am Ende alle sagen: Mit dir rede ich richtig gern, es macht Spaß!

3 Gedanken zu „Die schwierige Wahl der richtigen Worte“

  1. Liebe Julia, da regt sich doch gleich der Widerspruch in mir. Denn alles was du über das Reden schreibst, kannst du doch auch ebenso gut über das hören oder zuhören schreiben.
    Du wählst ein Beispiel, von dem du selbst in der Einführung schreibst, dass es belanglos sei. Ist es für dich aber nicht, denn sonst hätte es dich nicht gekränkt.
    Beide Personen, die dich auf das Ticken der Uhr aufmerksam gemacht haben, wollten nicht viel Aufhebens darum machen und haben es direkt angesprochen. Ohne viel drumrum zu reden. Immerhin geht es für diese beiden tatsächlich nur um die Uhr, die tickt.
    Naja, jedenfalls glaube ich nicht, dass du weniger gekränkt gewesen wärst, wenn sie dir vorher geschmeichelt hätten, die gefühlte Ablehnung bleibt dabei, sie erhält eher mehr Bedeutung. Bleibt aber ebenso ungerechtfertigt. Beide Personen mögen dich ja und lehnen dich nicht ab.

  2. Bei mir regt sich auch der Widerspruch. Denn ich kann in aller Regel mit Männern gut reden. Ich bin dann entsetzt, wenn es mal nicht geht. Da muss ich gut schlucken. Ich verstehe so etwas nicht. Dann denke ich immer, nur die Ingenieure sind die richtigen Männer! 😉

  3. @ Claudia: Ich muss dazu sagen, dass es eine spannungsgeladene Situation war, wo die Nerven auf beiden Seiten etwas blank lagen. Es hätte bestimmt geholfen, erst einmal durchzuatmen und dann die Kritik in einem ruhigen Moment auszusprechen. Ich mag es nicht so, wenn die Leute sich in einem patzigen, frechen Ton gegenseitig anschnauzen. Es geht mir nicht so ums Schmeicheln. Mehr um die wirklich korrekte und überlegte Kommunikation. Oder die Entspannung von Konfliktsituationen durch Schweigen an der richtigen Stelle (das mache ich meistens, wenn ich merke, dass sich was anbahnt). Vielleicht ist das Beispiel mit der Uhr auch nicht so treffend, es war das Erstbeste, was mir einfiel. Und ich möchte keine wirklich ernsten Sachen besprechen, weil die zu privat wären. Das Uhr-Beispiel ist im Grunde schon etwas grenzwertig.

    @ Violine: Schön, wenn du mit Männern gut reden kannst. Ich eigentlich auch. Aber ich bin etwas kritischer und vielleicht auch etwas „stolzer“ als viele andere Frauen und ich bin sehr für Emanzipation und Gleichberechtigung im täglichen Leben. Da gibt es viele Kämpfe auszutragen, aber manchmal hilft nur: aushalten, aushalten, aushalten. Das Leben ist hart und nicht immer fair. Vor allem nicht für Frauen.

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