Schuldgefühle – Eine Sammlung

Heute möchte ich mal über das Thema „Schuld“ und „Verantwortung“ schreiben. Ich bin darauf gekommen, weil ich es häufig von mir selbst merke, dass ich mich für Dinge oder Menschen verantwortlich fühle, für die ich nicht verantwortlich bin.

Ich fühle mich dann „schuldig“. Das Thema ist manchmal omnipräsent bei mir. Ich fühle mich für alles mögliche verantwortlich und ich fühle mich dann immer schuldig. Und was macht so ein Gefühl mit einem, wenn man es ständig oder oft erlebt? Richtig: Man entwickelt eine depressive und gedrückte Haltung. Dieses Gefühl, immer für andere da sein zu müssen und deren Fehler auf sich nehmen zu müssen, ist ein Gefühl, dass sich primär gegen einen selbst richtet und im eigenen Kopf stattfindet. Was tatsächlich passiert, oder wie der Ausgang einer Situation ist, ist erstmal unerheblich. Wenn man Schuldgefühle dauerhaft und langanhaltend erlebt, können diese ganz schön am Ego und Selbstbewusstsein „knabbern“. Man hat dann eine dauerhaft gedrückte Stimmung, man ist angespannt, hat Kopfschmerzen, Magen/Darm Probleme oder Schlafstörungen. Man bekommt das Gefühl nicht „weg“, es ist einfach da und geht einem auf die Nerven.

Das Schlimme an Schuldgefühlen ist, dass man sich häufig für Situationen, Menschen oder Dinge verantwortlich fühlt, die man nicht beeinflussen kann. Das liegt daran, weil man den eigenen Anteil an einer Situation nicht richtig erkennt und meistens überbewertet. Eine etwas objektive und distanziertere Haltung (weniger Gefühle!) kann dann manchmal hilfreich sein. Frage Dich : Bin ich wirklich verantwortlich? Konnte ich das kommen sehen? Wie stark kann mein Einfluss überhaupt sein? Was ist mit dem Willen der anderen und deren Entscheidungen? Meistens passieren negative Situationen auf Grund einer Ansammlung von verschiedenen Faktoren und Parametern. Sie entwickeln eine Eigendynamik, die man gar nicht richtig beeinflussen kann.

Das kann z.B. eine Entscheidung im Job sein, ein Missgeschick im Haushalt, die Lernunwilligkeit der Kinder, der chaotische und wilde Hund, ein misslungenes Essen oder der grantige Großvater sein, für dem an sich ständig verantwortlich fühlt. Ganz richtig: Es geht um das Gefühl, nicht die Tatsache. Und wenn es nur ein Gefühl ist, kann man es auch ändern. Durch eine andere Einstellung und eine andere Haltung.

Man übernimmt den Ärger, die Sorgen, die Anschuldigungen von anderen Menschen, weil man irgendwie meint, dass das so richtig ist. In der Familie übernimmt man die Verantwortung für den Haushalt, für die Kinder, für die Sauberkeit, für das Verhalten der Familienmitglieder, für das Netto-Einkommen, usw. Es kann einfach jeden Tag etwas „passieren“, es kann jeden Tag eine unerwartete Meldung eintrudeln, die einem das Gleichgewicht raubt. Viel besser ist es daher, dieses übermäßige Verantwortungsfühl von Anfang an ein bisschen zurück zu drängen oder anders damit umzugehen. Was auch sehr hilfreich sein kann, ist Urlaub oder „Abstand auf Zeit“. Nur das Loslösen aus dieser ganzen Verantwortung kann auch schon eine Aufgabe sein, je nachdem wie stark und wie tief man verstrickt ist und wie stark die Schuldgefühle sind, die wiederum von anderen erzeugt werden.

In den Medien und im Social Media- Alltag sind wir zusätzlich von negativen und unbeeinflussbaren Entwicklungen in der Welt umgeben. Es heißt ja nicht umsonst „die Macht der Medien“ bzw. die „Influencer“. Sie wollen uns beeinflussen, im guten wie im Schlechten. Wir sind das Opfer, weil wir empfangen und nichts ändern können- wir können nichts machen, außer uns negativ, positiv oder sonst wie zu fühlen.

Gefühle und Schuldgefühle werden also auch weitergegeben und über die Medien vermittelt.

Aber es kann im Grunde ja nur ein Gefühl der Ohnmacht und der Hilflosigkeit hinterlassen, wenn man auf der einen Seite dieses starke Gefühl der Schuld hat, aber auf der anderen Seite praktisch nichts unternehmen kann. Mitfühlende und empfindliche Menschen mit einem starken Gerechtigkeitsempfinden werden auf die Äußerungen der Welt stärker als andere reagieren. Es ist also auch ein Problem der eigenen Empfindlichkeit und der Filter, die man der täglichen Medienwelt anlegt.

Man gewöhnt sich dann so eine dauerhaft negative Haltung an und sieht die Dinge im schwärzesten Licht. „Das wird bestimmt schief gehen“ oder „ich erwarte das schlimmste“ sind dann Gefühle, die leicht überhand nehmen. Auch wenn die Dinge objektiv vielleicht gut laufen oder gar kein Problem sind, ist man in der dauerhaften Erwartung, dass sie ins negative kippen könnten. Einfach, weil man mit dem Gefühl der Schuld und Unzulänglichkeit viel besser vertraut ist, als mit Erfolgserlebnissen und positiven Ausgängen.

Wenn man im Leben schon häufig negative Dinge erlebt hat, oder z.B. durch die Kindheit mit schlimmen Erfahrungen konfrontiert war, kann sich so eine automatische Erwartungshaltung leichter einstellen. Es ist 10mal schief gegangen, warum sollte es jetzt beim elften Mal ausgerechnet gut laufen? Dabei hilft, das „schief gegangen“ genauer anzuschauen und zu bewerten. Ist es wirklich „schief gegangen“? Welche Maßstäbe lege ich an? Welchen Anteil hatte ich dabei? Bin ich wirklich 100 Prozent dafür verantwortlich gewesen oder lag es jenseits meiner Möglichkeiten? Überschätze ich gar meine Möglichkeiten und meine Fähigkeiten?

Dann wäre ein bisschen mehr Bescheidenheit gut.

Ich bin oft so neidisch, wenn ich sehe, wieviel leichter andere mit ihrem Leben umgehen können. Sie können es unbeschwerter leben, weil sie von den Problemen der anderen nicht so mitgenommen werden. „Sie machen einfach ihr Ding“, ziehen es durch, machen worauf sie Lust haben und erkennen gar nicht, dass vielleicht ein Teil der „Verantwortung“ auch von ihnen verlangt wird.

Aber den Neid sollte man am besten durch was anderes ersetzen: Durch Verständnis für diese Menschen. Wie kann er/sie so reagieren? Wie laufen bei ihm/ ihr die Bewertungen? Was kann ich dadurch lernen? Was ist mein Fehler, meine Unzulänglichkeit im Bezug auf das unerwünschte Verhalten? Ein bisschen Selbstkritik und Arbeiten an einem selbst kann dann Wunder bewirken.

Linksammlung und weiterführende Infos

Häufig ist es so, dass sich in unserer Gesellschaft Frauen schuldig und verantwortlich fühlen und Männer häufig die sind, die ihr Leben freier und unbeschwerter leben. Über den weiblichen Anteil bei den Schuldgefühlen kann man hier mehr nachlesen: https://www.palverlag.de/schuldgefuehle-kapitel5.html

Es ist sicherlich Erziehungssache und moralische Grundsätze über das Leben werden auch sehr stark in der Gesellschaft durch Freunde, Familie, uws. weiter gegeben. Es ist also auch eine gesellschaftliche Frage, wie und wie stark Frauen in die Verantwortung genommen werden und was man von ihnen erwartet. In Deutschland ist die Bedeutung der „Mutterrolle“ und der klassischen Tugenden, die von Frauen erwartet werden, immer noch sehr hoch. Man kann sich also nicht wirklich „frei“ davon machen. Die Minderwertigkeitskomplexe, die häufig schon junge Frauen entwickeln, hat mit dem Verständnis und dem Selbst-Verständnis der weiblichen Rolle zu tun. Wer also diese speziell weiblichen Bereiche besser lösen möchte, dem würde ich empfehlen, sich mehr mit Emanzipationsthemen und Feminismus im Allgemeinen zu beschäftigen. Dies hilft, einen objektiveren Standpunkt im Bezug auf die weibliche Rolle und das eigene Selbstverständnis zu erlangen.

Wie schön es wäre, mal ganz losgelöst von allen Problemen zu sein, kann man bei der „Checkerin“ nachlesen, die darüber schreibt, wie verlockend für sie daher ein Gang ins Kloster wäre:

https://www.diecheckerin.de/ueber-verantwortlichkeit-und-ueberverantwortlichkeit/

Man muss aber auch bedenken, dass die übermäßigen Schuldgefühle, die man häufig bei Frauen findet, nicht immer so produktiv für das Zusammenleben sind. Sehr treffend beschrieben wurde das im folgenden Beitrag: https://wera-naegler.de/verantwortlich-fuehlen/

Es kann andere sogar in ihrem eigenen Ego verletzen oder kränken, wenn man sie ständig „bemuttert“ oder ihre Entscheidungen beeinflussen oder vorweg nehmen müssen. Dann muss die Frage lauten: Inwieweit dient meine Verantwortungsrolle, die ich gewählt habe, auch dem eigenen Ego?

Wenn man sich ständig verantwortlich fühlt, kann es auch leicht passieren, dass man diese Einstellung ins Berufsleben übernimmt. Man fängt dann an, zuviel zu arbeiten oder die Arbeit von anderen mitzumachen. Vielleicht übernimmt man die Arbeit von einem dauerkranken Kollegen? Vielleicht mutet man sich in der Selbstständigkeit zuviel zu? Das Thema Arbeit ist auf jeden Fall ein Thema, dass dann auch schnell in den Burnout führen kann. Einfach, weil die Arbeit unendlich ist und theoretisch „nie fertig“ wird.

https://janineallnoch.com/hoer-auf-dich-fuer-alles-verantwortlich-zu-fuehlen/

Rückblick und Neuanfang

Gestern habe ich Sie ganz deutlich gespürt. Es war mir ganz klar, dass wir uns dieses Jahr wieder treffen werden.
„Einfach, weil ich es will“ hab ich kurz gedacht. Dann verwarf ich den Gedanken wieder und überlegte, wie unangemessen das doch ist.
„Einfach nur, weil ich es mir einbilde oder wünsche?“. Ja tatsächlich! So einfach ist das. Wenn Du einen Menschen wirklich sehen möchtest, hast Du auch genügend Energie und Nachdruck, eine Kommunikation zu erreichen. Ganz gleich auf welchem Weg!

Die Kontaktaufnahme zum anderen beginnt im Herzen. Hier wird der Anfang gelegt. Im Wunsch, sich zu sehen, oder voneinander zu hören.
Und hier im Herzen endet auch der Wunsch nach dem anderen. Ganz einfach.

Oft haben wir die falschen Menschen im Herzen. Er blockiert dann unsere Energie und wir lassen uns blockieren. Wir senden ihm „Herzenergie“ und hoffen, dass irgendwas zurück kommt, aber da kommt nichts. Einfach nur eine innere Leere. Eine Schallwelle ohne Echo. Ein Brunnen ohne Grund.

All unsere Liebe versinkt darin. Dann ist es Zeit, sich etwas anderes zu suchen. Verantwortung für sich zu übernehmen und die Ziele zu verfolgen, die einen wirklich weiter bringen!

Jetzt mit dem Abstand von ca. 15 Monaten sehe ich vieles viel klarer. Ich habe nochmal die Nachricht angehört, in der sie Schluss gemacht hat. Ca. 14 Minuten Sprachnachricht auf WhatsApp. Es war nett, sie hat nicht nur gesagt, „es ist vorbei“, sondern sie hat es ganz genau begründet. Was sie an mir stört. Was sie mir nicht bieten kann. Wo sie hin möchte und dass ich da nicht reinpasse. Dass sie andere Freundinnen hat, die „Vorrang haben“. Das hat sie mir oft gesagt. Das andere Menschen Vorrang haben. Ich frage mich, warum sie es immer so betont hat? Und unserer Beziehung nie eine Chance gegeben hat?

Warum sie auf ihren blöden Bruder gehört hat, der eine schlechte Meinung von mir hatte? (Obwohl er mich nie gesehen hat).

Mit all dem Abstand kommen auch andere Gefühle auf. Mehr Klarheit. Mehr Verständnis.
Ich weine und all der Schmerz fällt von mir ab. Die Blockade löst sich und ich kann alles besser verarbeiten.

Und dennoch, als ich da hoch oben auf dem Hügel über Bad Dürkheim gestanden habe, da war es mir so, als ob wir uns erst gestern die Hand geschüttelt und in den Armen gelegen haben.

Als ob ich einfach sagen könnte „lass uns weitermachen“. Und wir machten weiter.

Tage der Gefühle

Ein paar Gedanken zum Sonntag, geschrieben zu Red Hot Chili Peppers

Es gibt sie, die Tage der Gefühle. Alles kocht hoch, alles ist spürbar.

Die Freude über den Frühling, neben der Traurigkeit über die eigene Vergänglichkeit.

Alles geht vorbei, alles ist schwer. Das schöne Leben, das wir einst kannten. Für immer vorbei.

Es sind so Tage, an denen Du den Kloß im eigenen Hals nicht los wirst. Und das Glas immer wieder nachschenken möchtest.

Und dann, auf einmal, bist Du jemand völlig anderes!
Hat sich Dein Leben gedreht. Für immer.

Andere verstehen es nicht. Erhoffe es nicht. Andere gehen nicht mit. Warte nicht darauf. Geh Dein Leben, so wie du nur weißt, wohin es gehen kann.

Geh Dein Leben, von Anfang bis zum Ende.

Was liegt hinter dem Winter? Hinter dem Eis? Hinter dem Stillstand?

Wo sind die Blüten? Wo ist das Neue?
Spürst Du es schon unter der Eisfläche Deines Herzens?

Schreib, als ob es kein Morgen gäbe.
Fotografiere wo immer Du möchtest, was immer Du möchtest!

Alles verspielt

Alles ist verspielt, alles ist hinüber.
Dein Leben, so wie es einst war, jetzt löst es sich auf.

Ein ruhmloser Abgang, keine besonderen Ehren waren zu erwarten.

Du bist einfach verschwunden, und nie wieder gekommen!
Unendliche Herzen hast Du gebrochen und Vorstellungen von Dir für immer beendet.

Dein altes Leben wollte nicht weiterleben.
Aber unter der Decke wartete bereits ein Neues!

Unsicher, wie immer, wagst Du den ersten Schritt.
Trägt mich diese neue Erde?

Werde ich versinken? Oder werden mir Flügel wachsen?

Was mache ich mit diesem Salat aus Gefühlen und Eindrücken?

Wer hilft mir, aus diesen Eindrücken etwas Stabiles und Schönes zu formen?

 

Und plötzlich

Und dann plötzlich geht es so leicht!
Und dann plötzlich wird es warm! Und schön!

Es war diese Zeit, als Du wieder in mein Herzen kamst.
Als mir so klar wurde, dass ich Dich vermisse.
Und so dringend brauche.

Es war die Zeit, als mein Leben an mir vorbei rauschte.
Als mir klar wurde, dass alles nur ein kurzer Wimpernschlag werden würde.

Die Haare wurden schon grau. Meine „Errungenschaften“ waren nur noch diese kleinen, unbedeuteten Buchstaben auf dem Computer. Mehr nicht.

Das war alles, was ich dieser Welt hinterlassen würde!

2021

Es war die Zeit, als es keine Partys mehr gab. Kein Lachen.
Als wir nichts mehr verdienten. Und uns nicht mehr umarmen konnten.

Es war die Zeit, als ein neuer Wolf in ihm geboren wurde.

Und er unendlich stark und selbstbewusst wurde.

 

Ich kann nicht kämpfen, aber ich würde dieses Virus so gerne ausweinen.
Es wird lange dauern und es gibt viel zu weinen.
Dieses Virus ist unsere eigene Maßlosigkeit. Unser Hang, uns zu vermehren.

Und keine Rücksicht auf die Erde zu nehmen.

Das Virus sagt, so geht es nicht. Und schickt uns ins eigene Selbst zurück.

Wir dürfen erst wieder kommen, wenn wir geheilt sind.

Du warst hier

Du bist hier gewesen, ganz nah bei mir. Und du hast mir nicht Bescheid gesagt. Ich hab es über Facebook erfahren.
Über die Datenkrake, die alles weiß. Ganz schnöde hat mir der Dienst die Nachricht ausgepuckt. Geliebte Person X war an Ort Y.

Punkt. Für den Computer hat das keinen Wert. Für die Werbleute ist der kommerzielle Wert dieser Aussage auch nur sehr begrenzt. Aber was diese kleine Schlagzeile für mich bedeutet, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich hätte dich so gerne gesehen, gerne gedrückt und mal wieder in den Arm genommen!
Deine braunen Augen mit der scharfen Beobachtungsgabe mal wieder in echt gesehen. Mich darin gespiegelt. Ich hätte gerne mal wieder Deine engelsgleiche Anmut gesehen, mit der Du sicherlich über die Ruinen des Weingutes geturnt bist und ein Bild nach dem anderen geschossen hast. Sicher, schnell, selbstbewusst und mit der Erfahrung einer geübten Fotografin.

Du warst da, vermutlich mit Deiner Familie. Warum hast du nichts gesagt? Es schmerzt schwer in meinem Herz.

Ich hätte Dir alles zeigen können. Die versteckten Stellen, die Orte, bei denen man etwas fühlt. Besondere Anblicke, romantische Ecken.

Ich hätte Dir gerne mehr erzählt, über laue Sommerabende und schöne Weinfeste. Über die Menschen der Pfalz. Über Freunde, die ich hier kennengelernt habe und dann tlw. wieder verloren habe.

Meine Emotionen, die an diesen Ort gebunden sind, ich hätte sie Dir nur zu gerne anvertraut! Und ich hätte gerne gewusst, was du denn darüber denkst?

Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du das genau gewusst hast?

Und mich trotzdem ignoriert hast?

Und nur wegen Corona war ein Treffen nicht möglich?

Warum bist du so gemein und spannst mich auf die Folter!

Ich will dich wieder sehen. Lieber früher als später.

Mein Herz pulsiert, seitdem ich weiß, dass Du in meiner Nähe warst. Es pocht laut und heftig. Jetzt wird es mir völlig bewusst. Der Verzicht war lang und hart. Ich sehne mich nach Erlösung.

All die schönen Momente, die wir miteinander hatten. Die schöne Zeit! Die Fototouren in der großen Stadt. Die netten Gespräche. Dieses Gefühl, sich sofort auf Anhieb gut zu verstehen.. Plötzlich ist alles wieder da.

Wie kleine Schemen tauchen die Erinnerungen aus dem Abendlicht wieder auf. Um dann immer kräftiger und klarer genau vor mir zu stehen.

Denn es gibt einen kleinen Lichtblick, einen kleinen Hoffnungsschimmer, den du uns und deinen anderen Followern heute anvertraut hast:

Du hast jetzt eine Impfung. Bist immun gegen das Virus. Du wurdest vorgezogen, weil Du ein besonderer Mensch bist, Dich für andere einsetzt und daher eine Priorität verdient. Du wirst die Pandemie überleben. Ich freue mich so für Dich! DU hast es verdient.
Da ist KEIN BISSCHEN NEID ! Nicht bei Dir.

Eines Tages, so bin ich mir jetzt sicher, werden wir uns alle wieder sehen. So wie früher, dann wird alles normal.

Dann werden wir wieder vereint sein. Und zusammen Fotos machen, so wie früher.

Meine zwei neuen Freunde

Ich möchte Euch über meine neuen Freunde ein bisschen was erzählen. Das ist immer schwierig, wenn es sich dabei um lebende Menschen handelt, mit denen man ja auch noch zu tun hat. Ich möchte nicht zuviel „ausplaudern“, es aber auch nicht für mich behalten. Ich fühle in mir ein positives Gefühl, eine Begeisterung für Menschen, die einfach ihren Ausdruck in der Kunst finden muss.

Manche Menschen malen ein Gemälde von einer Blume, die sie schön finden, andere können sich eher für fremde Städte oder Eisenbahnen begeistern- meine Leidenschaft schlägt für neue Menschen. Für Menschen, die ich innerlich wie äußerlich „schön“ finde.

Der eine neue Freund ist ein Arzt. Das hab ich erst lange nicht gewusst. Er hat es mir gar nie erzählt. Mir ist nur aufgefallen, dass er sich immer sehr einfühlsam auf meine „Stories“ eingestellt hat, dass er sehr genau gespürt hat, was ich so zwischen den Zeilen ausdrücken wollte. Er hat sogar meine Gefühlsschwankungen erkannt und sich gemeldet, wenn ich zu depressiv geworden bin. Kurzum: Ein sehr netter, einfühlsamer Mensch. Mittlerweile schickt er mir Bilder aus seinem Privatleben, Bilder aus seinem beruflichen Alltag (der sehr spannend ist!) oder mit seiner Familie. Und er teilt sie so freizügig mit mir, als ob ich eine gute Cousine wäre oder die Schwester, die im Haus nebenan wohnt. Wie er mit seinem Hund Gassi geht. Oder wie der Hund sich bei seiner Tochte im Bett gemütlich macht. Wie er mit seinem kleinen Mädchen Pilze sammeln geht. Das ist herzerfüllend. Es gibt mir ein Stück Familie. Die Familie, die ich selbst ja nicht habe. Er hat überhaupt keine Hemmungen und vertraut mir alles an. Und er hört mir auch immer zu. Das finde ich sehr nett. Obwohl ich vermute, dass er mich mag, ist er überhaupt nicht aufdringlich. Sondern sehr diskret und höflich. Er ist so ein Mann, wie sich eine Frau ihn immer wünscht: Jemand, der zuhören kann, der die Sorgen der Frau ernst nimmt, der nicht auf Sex aus ist. Ein richtiger Freund. Das Lustige ist: Ich habe jahrelang mit ihm die Schule geteilt, ihn da aber nie kennengelernt. Er war eine Klasse über mir. Erst jetzt, ca. 20 Jahre später lerne ich ihn richtig kennen.

Ich habe lange überlegt, ob ich ihm erzählen soll „was mit mir ist“, es dann aber nicht getan. Generell geht es ja niemand etwas an. Irgendwann, dann nach ca. 3 Jahren Kontakt habe ich herausgefunden, dass er es schon längst weiß!

Und das haut mich doppelt um. Weil ich oft denke, dass ich wegen meiner Veranlagung „nicht liebenswert“ sei oder für Hetero-Männer ein reinster Albtraum, mit denen sie nichts zu tun haben wollen. Weil ich immer noch, nach all den Jahren mich dafür schäme „so zu sein“ und es auch niemanden sagen möchte. Und dann kommt jemand an, und sagt, dass er alles an Dir mag und gut findet, so wie es ist! Das macht ihn so besonders, weil man das bei Menschen nur sehr selten findet.

Der andere neue Mensch ist eine Frau. Eine sehr nette, ruhige Frau, die ich gleich von Anfang an sehr gemocht habe. Mein Kontakt zu jüngeren Frauen läuft oft gut (sie ist 12 Jahre jünger), manchmal denke ich, dass sie das „Mütterliche“ oder gar „Väterliche“ in mir finden. Ich weiß nicht genau, was es war, das uns so angezogen hat. Denn einen Menschen über Instagram kennenzulernen, ist ja eine Sache der Hürde. Man kann nicht wirklich viel über einen Menschen erfahren, außer die Dinge die in seinen (ihren) Worten oder Bildern verborgen liegen. Das muss aber längst nicht den ganzen Menschen ausmachen! Ich habe die Frau also lange nur „Mrx X“ genannt, weil sie so etwas geheimnissvolles hatte und sich mir nie ganz anvertraut hat. Eigentlich ist sie sogar sehr still und redet wenig. Ich muss die Informationen immer ein bisschen aus ihr herauskitzeln. Dann klappt es aber gut. Ich gehe vorsichtig vor und das mag sie. Sie ist umgekehrt auch sehr vorsichtig und diskret und fragt mich nie peinliche Dinge. Ich kenne sie jetzt seit Februar und mit der Zeit hat sich eine ziemlich gute, feste Freundschaft etabliert. Wir haben uns einmal im echten Leben getroffen und schicken seit kurzem auch Sprachnachrichten hin und her. Das ist meistens ein untrügliches Zeichen, dass die Freundschaft enger und besser wird. Sie ist ein Mensch, der irgendwie immer da ist, der immer ausgeglichen wirkt und auch immer interessante Dinge zu erzählen hat. Was will man mehr von einem Freund? Bzw. von einer Freundin?

Diese beiden neuen Menschen sind sehr wichtig geworden in meinem Leben. Sie bilden „stabile Beziehungen“ auch außerhalb von Partnerschaft, Ehe und Familie. Ich glaube, dass solche Freunde sehr wichtig sind.

Genauso wie die alten Freundschaften übrigens, die man auch weiterhin pflegen sollte.

Im Rad der Corona-Krise

Dieses Jahr fühlt sich leer an. Ohne Liebe, ohne Gefühle. Die Arbeit wird nüchtern verrichtet, Termine werden ausgemacht, eingehalten, abgehakt. Computer werden aufgebaut, installiert, wieder abgebaut. Die Sonne geht morgens auf und abends unter. Dazwischen ist irgendwie „nichts“.

Corona soll sich ja auf die Abstände der Menschen auswirken und diesen „Sicherheitsabstand“ sollen wir immer einhalten. Aber das „social distancing“ führt kurioserweise auch zu einem emotionalen „emotional distancing“

Am letzten Samstag waren wir in Bad Dürkheim. Dort wurde ein großes Riesenrad aufgebaut, eine Fahrt kostet 8 Euro und es geht sogar eine Runde länger als auf dem normalen Wurstmarkt, der immer im September ist. Außerdem ist es höher als das normale Riesenrad.

Auf dem Wurstmarkt war das Riesenrad immer eine große Attraktion. Man musste um einen Platz in der Schlange kämpfen, gerade abends konnte es schwierig werden, eine freie Gondel zu bekommen. Man steigt in das tolle Rad und schwebt mit lieben Menschen an der Seite leise aus den Besuchermassen davon. Meistens ist man leicht angetrunken und die Welt erscheint im rosa-farbenen Schein. Vom Festplatz kriechen die Gerüche nach Bratwurst, Crepe und Pizza nach oben. Alles leuchtet und der Platz strahlt in tausend Lichtern. Die Menschen lachen und feiern, man schwebt kurz über ihren Köpfen, hat den Blick von außen, um dann wieder in die Feierlichkeiten einzutauchen. Es ist jedes Mal ein prickelndes Erlebnis und ich muss einfach jedes Jahr damit fahren.

Aber dieses Jahr vor diesem Riesenrad war alles erschreckend anders.
Es haben sich keine Schlangen gebildet. Keine Kinder haben gejubelt. Es gab keine Weinstände und auch keine Würstchenstände. Kein Geruch. Keine Musik, nur das leise Gedudel, das beinahe entschuldigend aus der Anlage des Riesenrades rieselt. Es war eine dermaßen seltsame und leere Atmosphäre, dass mir fast übel geworden ist. Was für ein Unterschied zum letzten Jahr! Da war ich fast an jedem Wurstmarkt – Tag dort, immer in wechselnder Belegung. Ich habe mehrere Freundinnen getroffen, hab Fotos gemacht, das Feuerwerk abgelichtet, meine Cousine war dort, meine Eltern, mein Mann. Es war so lustig! Die Menschen haben gefeiert, gelacht, getrunken wie das eben so üblich ist in der Pfalz. Aber die Pfalz ohne Weinfeste, das fühlt sich fast ein bisschen norddeutsch an. Da fehlt eindeutig etwas!

Es ist schön und man hat eine gute Aussicht von oben, ja durchaus. Aber das Rad fährt immer den gleichen Weg, eine Veränderung gibt es nicht. Hoch und runter, so wie die Tage langsam kommen und gehen. So wie wir, steckt das Rad im Alltagstrott. Es gibt keine Aussicht. Keine Highlights. Wir drehen unsere Runden in der Corona-Krise und hoffen, dass es bald ein Ende hat.

 

Ohne Gefühle

Ich hatte einmal eine sehr gute Freundin. Wir haben alles miteinander geteilt, wir konnten immer miteinander reden, ständig flogen die WhatsApp-Nachrichten nur so hin und her. Es war gewissermaßen die „Liebe auf den ersten Blick“. Ich sah in ihre Augen und wusste sofort, hier ist mein Gegenstück, die beste Freundin, auf die ich so lange gewartet habe. Die mich versteht, die auf meiner Wellenlänge funkt, die genau weiß, was ich meine, wenn ich was sage. Nein, bevor ich es sage. Sie muss nur in meine Augen schauen, ein paar Zuckungen beobachten und sofort weiß sie, was ich denke und fühle. Es ging so tief, von Anfang an. Und so kamen auch die Probleme. Sie erzählte mir alles. Von innen heraus, ihr ganzes Leben, sie machte nicht Halt und so kopierte sie den kompletten Inhalt ihres Gehirns (ca. 45 Terrabyte) in ca. 24 Stunden in mein eigenes kleines Gehirn, dass unter der Last ihrer Selbst-Offenbarung ein bisschen stöhnte.

Aber je mehr ich sie kennenlernte, desto mehr wurde mir bewusst, dass sie doch ein wenig anders war als ich. Ich „ließ es immer gut sein“, wollte mich mit den Menschen gut verstehen, aber sie nörgelte ständig an allem herum. Sie war ständig unzufrieden. Mit sich, mit ihren Bildern, mit ihrer Arbeit, mit ihren Beziehungen und das schlimmste war: am meisten war sie mit sich selbst unzufrieden. Und ich saß friedlich in der Ecke, baute an meinen eigenen Lebenstürmen und wollte sie beschwichtigen, aber mit der Zeit merkte ich, wie sie immer unzufriedener und unglücklicher wurde. Die „Likes“ waren ihr sehr wichtig, aber selbst wenn sie 100 oder 500 Likes bekommen hatte, reichte es ihr nicht ganz. Tief in ihrem Inneren war kein „Like“ und so konnten die vielen Bestätigungen, die sie sich von außen holte, ihre innere Leere leider nicht füllen. Ich merkte das irgendwann. Besonders schlimm war es, wenn ich Likes bekam. Da wurde sie schnell neidisch und gönnte mir die Likes nicht. Das belastete unsere Freundschaft sehr.

Eines Tages redete sie über ein Projekte, dass sie gerne realisieren würde und ich fand es gut. Als ich dann ca. eine Woche später dieses Projekte realisiert hatte, platzte ihr der Kragen. Wie konnte ich es nur wagen, diese gute Idee vor ihr zu realisieren? Ohne sie um Erlaubnis zu fragen? Ohne schlechter zu sein, wie sie es von mir gewohnt war? Das war der Punkt, wo die Freundschaft an ihre Grenzen kam. Wo sie nicht mehr bereit war, mit mir „befreundet“ zu sein. Wir waren uns zu ähnlich geworden und die eine gönnte der anderen den Erfolg nicht mehr.

Die Freundschaft zerbrach. Lange saß ich vor den Scherben und überlegte mir, dass es vielleicht noch ein Zurück geben würde. Dass irgendjemand von uns „den ersten Schritt“ machen würde und die Flaggen auf Versöhnung setzen würde. Aber in der „Versöhnung“ steckt das Wort „Sohn“ und wir waren leider Schwestern. Also gab es keine „Verschwesterung“. Alles blieb wie es war. Sie ging ihren Weg und ich ging meinen. Es war so, als ob wir uns nie gekannt hätten. Von heute auf morgen. Es war einfach vorbei. Da war keine Reue, keine Liebe, aber auch keine Eifersucht mehr, kein Neid. Wir hatten einfach alle Gefühle von heute auf morgen eliminiert. Es tat uns beiden gut. Wir waren geheilt. Es gab keine Konkurrentin mehr, also gab es auch keine Probleme mehr. Es war eine herrliche Stille, die monatelang andauern sollte. Niemand wollte diese Stille verlassen. Sie gleitete langsam in die große „Corona-Stille“.

Eine endlose Ruhe, ohne Gefühle.

Ich weiß nicht, ob diese Stille irgendwann endet. Ob es wieder ein „Zurück“ gibt, aber das ist sehr unwahrscheinlich. Ein „Zurück“ würde ja bedeuten, dass wir unseren inneren Entwicklungsprozess umkehren müssten. Dass wir zu einem Punkt gehen müssen, den wir schon längst überwunden haben. Es ist unwahrscheinlich, dass das passiert.

Wahrscheinlicher ist, dass man ähnliche Menschen trifft, mit denen man ähnliche Prozesse durchmachen wird. Und mit jedem Menschen, den man so trifft in seinem Leben, gibt es unterschiedlich starke Entwicklungsprozesse. Es gibt welche, die dauern nur kurz und dann wiederum gibt es welche, die werden einen das ganze Leben begleiten!

Friede, Freude, Eierkuchen

(aus der Reihe: 21 years later)

Das neue Jahr hatte endlich begonnen. Inmitten der Arbeit, inmitten von Schweiß, Blut und Tränen hatte sie es geschafft, sich durch alles hindurch zu kämpfen und sich endlich an die Oberfläche des Wassers hervorzukämpfen, die so lange herbei gesehnt hatte.

Am Vorabend hatte sie noch eine Reportage über die „Love Parade“ gesehen, eine große Friedensbewegung Anfang der Neunziger, gegründet von „Dr Motte“, den viele Jugendliche von heute gar nicht mehr kennen. Doch damals war er ein Star! Ein kleiner, nerdiger Star mit einer Brille, der eine hübsche Partnerin hatte und zusammen mit ihr an das Gute glaubte. „Acid“ war die Musik der 90er und sie waren die Pioniere. Sie gründeten eine kleine spontate Demonstration, tauchten sie „Friede, Freude, Eierkuchen“ und starteten mit 20 Gästen. Der Anfang war verhalten und es regnete, doch im nächsten Jahr kamen bereits 1500 Raver und im Höhepunkt der Bewegung, die man durchaus ein zweites Woodstock nennen könnte, kamen im Jahr 1999 über 1.5 Millionen Menschen nach Berlin! Sie erinnerte sich deutlich an diese Zeit und die Strahlkraft der Parade, die sie damals auf sie, als jungen Menschen, ausgelöst hatte. Natürlich hatte sie auch noch CDs mit „One World, one Future“ und den strahlenden, bunten Herzen in ihrem Regal. Und die Werte der Bewegung prägten sie ganz besonders nachhaltig. Lange hatte sie die CDs im Handschuhfach ihres Autos spazieren gefahren und die MP3-Titel von Maruhsha, Westbam oder Dr. Motte hörte sie noch heute.

Die letzten Aktionen und Ereignissen kippten alle ins Positive und somit konnten sie endlich Erfolgserlebnisse vorweisen.

Sie nahm ein Stück vom Tiramisu, das vor ihr auf dem Teller zu kippen drohte, weil es der Bäcker sehr gut gemeint hatte.
Es schmeckte herrlich! So weich, so zart, so natürlich und aromatisch. Sie traute sich fast gar nicht, das Schokoladen- Herz auf ihrem Cappucino-Schaum zu durchstoßen, tat es aber schließlich dennoch mit ein paar gestreuten Zuckerkristallen.

Und plötzlich- inmitten von der Mannheimer Fußgängerzone- merkte sie etwas, dass sie schon seit drei Jahren (oder länger) nicht mehr gespürt hatte: Ein tiefes Glücksgefühl zog sich von ganz unten, von den Füßen beginnend, über den Darm, und Bauch bis hin zur Herzgegend und dem Kopf. Es kribbelte überall und sie musste anfangen zu lächeln. Die Welt um sie herum wurde plötzlich bunt und schön. Sie begann plötzlich die Menschen zu sehen, zu verstehen und die ganze hässliche, wertende Brille, die sie ständig getragen hatte, war verschwunden. Plötzlich erkannte sie die Seele der Menschen. Ihre Gefühle. Dass jeder glücklich sein wollte. Und es nicht immer schaffte.

Sie begriff, dass sie ein Teil von ihnen war. Wie in in einem riesigen Organismus mit vielen Zellen und Organen. Man konnte nicht das eine trennen und dann „neidisch“ auf das andere sein. Jede Interaktion von ihr lief über einen anderen Teil dieses großen Organismus. Es war unmöglich, hier einen Teil „unglücklich“ zu machen und zu hoffen, dass der andere „glücklich“ werden würde. Es klappte nur, wenn alle glücklich waren. Es klappte nur, wenn die Gesellschaft auf den richtigen Weg gebracht wurde und sich alle auf die grundlegenden Werte der Menschenrechte, der Toleranz und der Liebe verständigten.

Erinnerungen an vergangene Zeiten

Kennt Ihr das? In regelmäßigen Abständen überkommen mich regelrechte „Flashbacks“- Gefühlswallungen, die sehr stark sind, meistens verbunden mit starken Erinnerungen an bestimmte Situationen. Es ist dann für mich eine Zeit lang unmöglich, dieses Gefühl zu verlassen oder ein anderes, „leichteres Gefühl“ anzunehmen. Ich muss dann durch das Gefühl hindurch, es abklären und mich fragen, was es wohl zu bedeuten hat. So ist es mir auch mit der Erinnerung an eine längst verflossene Liebe ergangen. Eine Erinnerung, von der man glaubt, dass man sie längst „verarbeitet“ und abgelegt hat. Aber wir können nicht anders, als mit diesen Erinnerungen zu leben. Sie haben unseren Bauplan, unseren Chip und somit unser Menschsein geprägt. Es ist bestimmt auch kein Zufall, dass es vor allem Erinnerungen an Dinge sind, die lange her sind, aber auch in Zeiten entstanden sind, als wir noch sehr „biegsam“ waren und äußere Einflüsse eine starke Wirkung auf uns hatten. Ich denke, dass man die gesamte Schulzeit, aber auch die Zeit bis 25 Jahre dazu zählen kann. Das ist die Zeit, in der wir „erwachsen“ werden, die Zeit wo sich unsere grobe charakterliche Richtung festlegt und die wir auch hinterher nicht mehr ändern können. So ist es z.B. bekannt, dass sich ältere Menschen vor allem gut an Jugenderlebnisse erinneren können. Es gab mal eine Sendung im Fernsehen darüber. Dort wurde auch berichtet, dass z.B. Musik aus dieser Zeit (als die heutigen Senioren jung waren) helfen kann, alte Gedankenmuster neu zu beleben und dass es meistens für die Stimmung und die Agilität der Menschen von großem Vorteil ist.

Und was fühle ich dabei? Ich denke, es ist gut. Es ist doch schön, wenn man sich so intensiv erinnern kann. Der ganze Schatz des Menschseins leuchtet auf. Es ist die Phantasie in der reinsten Form. Man wird sich bewusst, wer man war und wo man hingehen wird. Manchmal hat man das Gefühl „ja vielleicht würde ich es heute anders machen“. Wenn man sich ganz klar macht, wie man damals gefühlt hat und warum man sich oder so verhalten hat, kann auch klar werden, warum man vielleicht einen Fehler gemacht hat oder welchen Verhaltensmuster nicht gut war.

So ist es mir in den vergangenen Tagen gegangen. Ich war mal wieder sehr enttäuscht von einer Person. Traurig irgendwie und meine Tendenz war, „Rückzug“. Sich bloß nicht dem Problem stellen, bloß nicht darüber reden. Lieber schweigen und hoffen, dass der Gegenüber „von selbst“ drauf kommt. Was er natürlich meistens nicht kann! Dann habe ich nochmal darüber nachgedacht. Was habe ich falsch gemacht? Habe ich wirklich „richtig kommunziert“? Habe ich all das ausgedrückt, was ich sagen wollte? Und was weiß ich eigentlich von der Person gegenüber? Schätze ich sie richtig ein? Schätzt sie mich richtig ein? Habe ich eine Vorurteilshaltung eingenommen ? Oder sie vielleicht mir gegenüber?

Dann ist mir bewusst geworden, dass ich mich früher ähnlich verhalten habe. Dass ich mich zu schnell zurückziehe, wenn ich nicht weiterkomme oder mich eine Person vermeintlich enttäuscht. Aber mit diesem „Abbruch“ sende ich genau das falsche Signal. Genau dieser Abbruch ist es dann, der zu einer schlechten Veränderung in der Beziehung zu anderen Menschen führt. Meine damalige Jugendliebe habe ich aus den Augen verloren. Weil ich nicht genügend geredet und erklärt habe. Weil ich nicht offen genug war. Weil die Kommunikation einen Riss hatte. Weil es mir so Schwierigkeiten bereitete, über mein inneres Anliegen und meine Liebe zu reden. Und prompt- hat sie auch das Interesse verloren und konnte sich selbst nicht weiter öffnen. Wir haben damals keine Nummern oder Adressen ausgetauscht. Ein weiteres Treffen war unmöglich. Keiner wollte mehr von den starken Gefühlen berührt werden. Es war irgendwie aus- für beide.

Und jetzt, soviele Jahre später blickt man darauf zurück und erkennt, was man damals falsch gemacht hat.

Und wo die Chance zu einer Besserung liegt, wenn man es wieder mit neuen Menschen zu tun hat- in der die Liebe auch groß werden will!

Dein versteinertes Gesicht

Ich habe mit Ihr geredet. Im Dialog. Jedes Gefühl von Ihr gespürt. Und sie verstanden. Sie hat mich verstanden. Es war alles klar. So eindeutig.

In der Kunst bringst Du seit Wochen nichts Vernünftiges zustande. Alle Deine Bewegungen (innere wie äußere) fühlen sich so ungelenk und dilettantisch an. Du schafft es nicht mehr, Gefühle in Deine Werke zu bringen, weil alle Deine Gefühle weggebrochen und neutralisiert worden sind.

In der Nacht „auf Pfingsten“ ist es dann soweit. Endlose Tränenbäche spülen das Innerste nach außen. Du willst es noch unterdrücken, aber der Schwall der Emotionen ist zu stark. Der Tag ist vorbei, aber die Gefühle wurden nicht gehört. Der Zorn, die Anspannung, die Erregung und die Konzentration der letzten Tage landen in einem Wasserfall aus Salzflüssigkeit. Es gluckert und pocht. Dabei spürst Du Ihren Kummer. Ihre Angst. Wie sie dich vermisst. Du stellst es Dir lebhaft vor. Und kannst das Gefühl ohne Weiteres erwidern. Alles zittert. Alles bebt. Sie ist hier. Genau hier. Bei Dir. So nah. Und dann .. wieder weg.

Alles Sichtbare, was von Ihr bleibt, sind die Kristalltropfen in meinem Taschentuch. Der Schnodder, der Schleim. Alles geht zum Klo runter.

Da soll es bleiben! Für immer. Eingemauert. Einzementiert. Und doch so lebendig. Denn die Liebe ist nicht zu bremsen. Sie will immer wieder zurück. Du kannst Sie noch so stark unterdrücken. Eines Tages wird sie wieder leben. Eines Tages wird sie wieder von Dir Besitz ergreifen. Und aus deinem versteinerten Gesicht eine Wiese mit kleinen bunten Blumen zaubern. Du hoffst, dass du sie wieder sehen wirst, deine Liebe. Aber das Schloss aus Euren Gedanken ist hart und fest und umklammert das schöne Antlitz.

Und dann kommt noch die Königin der Musik für einen kleinen Abstecher in deinen heruntergekommenen Vorgarten vorbei. Sie will natürlich gefahren werden. Königinnen benötigen ein bisschen Aufmerksamkeit. Erst willst Du Dich noch rausreden, aber es funktioniert nicht richtig. Sie weiß, was in Dir steckt. Und sie fordert es jetzt für sich. Also fährst Du in ihre Stadt und wartest auf die Königin. Sie kommt sogar und nimmt sich Zeit für Ihre Untertanen. Sie sagt nicht viel. Aber sie hört zu. Und lächelt mild. Du kommst Dir ganze Zeit wie ein Prolet vom Lande vor. Weil du das wahrscheinlich auch bist. Aber doch mag sie dich. Da hast Du aber nochmal Glück gehabt!