Das Markenprodukt

Zugegeben, der ARD Markencheck war bis jetzt eine recht informative Reihe, von der ich alle Folgen geschaut habe.

Ob adidas, dm, H&M oder Coca Cola stets hat die Sendung ein paar neue, interessante Fakten zum Vorschein gebracht.

Besonders erstaunt hat mich die psychologische Wirkung von Marken. Das ein Produkt tlw. viel höher oder besser eingestuft wird, nur weil es eine Marke ist. So haben die Test-Personen im adidas-Check das Markenshirt durchweg besser und „hochwertiger“ eingestuft, obwohl man nur ein paar Streifen draufgenäht hatte und es eigentlich ein Noname-Produkt war! Der Mensch hat eben nicht die ausreichenden Fähigkeiten, komplexe Urteile über Qualität zu fällen und auf Grund dieses faktischen Mangels an Objektivität greift man automatisch (unbewusst) auf das Marken-Urteil zurück. Der Druck der Massenpsychologie und der Gruppe verstärkt diesen Effekt („Oh, die andere Testgruppe hat das gute T-Shirt“ – je mehr man sich dann in vermeintliche Unterschiede reinsteigert, desto größer wird der gefühlte, aber eigentlich nicht vorhandende Unterschied).

Aber selbst die sportlichen Leistungen, bzw. die Selbst-Einschätzung darüber, war bei dem vermeintlichen Markenprodukt besser. Bei den Sportschuhen und den Fußbällen gibt es aber auch messbare Unterschiede und Qualitätsverbesserungen bei teuren Markenprodukten. So waren die Flugeigenschaften der Markenbälle tatsächlich ein wenig besser und von Experten auch eindeutig zu erkennen. Die Laufeigenschaften und Bequemlichkeit von teuren Schuhen waren besser als die billigen Vergleichsprodukte. Gerade an den empfindlichen Füßen fallen solche Unterschiede besonders auf.

So vermischen sich tatsächliche Unterschiede, die durch teure Forschungsarbeit und echte Qualitätsverbesserungen geleistet werden und die Werbe-Wirkung der Marke auf eine sehr verstrickte Weise, die der Verbraucher nur schwer durchschauen kann.

Wenn Kinder nach dem besten Ball gefragt worden sind, tendierten sie meistens zu dem adidas-Ball mit der einfachen Begründung „weil die da im Fernsehen bei den großen Spielen den auch immer benutzen“. Das ist zwar kindlich argumentiert, wird aber auch bei manch großem Menschen noch tendenziell nachwirken. Wenn man etwas nur hinreichend oft sieht oder viel darüber gesendet wird, empfindet man es automatisch als vertrauter und somit auch als hochwertiger.

Schwierig war hingegen die stoffliche und optische Unterscheidung der Marke vom Plagiat. Eine Sache, die den Herstellern bestimmt einige Kopfschmerzen bereitet. Denn: Wenn eine Marke gut und etabliert ist, dann lädt sie auch umso mehr zum Nachmachen nach. Fremde Federn stehen halt sehr gut..

Nur der längere Wasch-und Gebrauchstest hat deutliche Unterscheide zwischem Plagiat und Original aufgezeigt. Das Original ist farbstabiler und verliert die Form nicht. Bei dem einfachen Ersteindruck-Test hingegen versagten die meisten Passanten, die man in der Fußgängerzone befragte.

Auffällig ist am Schluss noch das „Fairness“-Kriterium, dass man bei fast allen Marken untersucht hat. Fast alle großen etablierten Marken, aber vor allem die Kleidungsindustrie, haben hier noch großen Nachholbedarf.

Tlw. beträgt der Lohnkostenanteil eines Marken-T-Shirts magere 10 Cent, das Endprodukt steht dann aber im Verkauf für 60 oder 70 Euro. Da fragt man sich schon, warum der Anteil für die Arbeiter nicht erhöht werden kann? Warum die teuren, europäischen und westlichen Marken die Vorteile der Globalisierung so schamlos ausnutzen und sich so wenig verantwortlich fühlen? Denn ihre Armut ist auch unser Problem!

Andere Markenchecks zu Kleidung haben zudem gezeigt, dass es fast unmöglich ist, ein Produkt zu erwischen, welches nicht in einem Billiglohnland produziert wurde… da müsste man schon auf sehr spezielle Marken mit entsprechendem Gütesiegel zurückgreifen oder vielleicht das „nur in Deutschland produzierte“ Konkurrenzprodukt.

Diese Schattenseite der Produktionswege kann durch Werbung und im Konsum-Alltag gut verschleiert werden. Daher sind solche Dokumentationen recht hilfreich, um die Hintergründe zu begreifen und eigene Kaufentscheidungen zu überdenken.

Haben oder Verlieren

Jahr: 2011, Frankreich
Regie: Mona Achache
Drehbuch: Eric Guého und William Wégimont

Um Sinnsuche und Werteverschiebungen durch die Finanzkrise ging es auch in dem französischen Spielfilm „Um Bank und Kragen“, der vor ein paar Tagen auf ARTE ausgestrahlt wurde. Wie ich gerade beim Recherchieren feststellte, kann man ihn komplett (auch in HD) im Mediaplayer und online anschauen, außerdem wird er am 11. Mai um 15 Uhr wiederholt, laut ARD Webseite auch noch am 30.05. um 15 Uhr ((http://programm.ard.de/Homepage?sendung=287247747333319 )).

Kurz gesagt, geht es bei dem Film um zwei sehr unterschiedliche Familien, die sich vor allem durch den Beruf und den finanziellen Background unterscheiden. Die reiche Familie des Finanzinvestors Deville, der vor allem durch Entlassungen Geld verdient und die gering verdienende Familie, am unteren Ende der sozialen Skala, mit der Friseurin Ricci und ihrem arbeitslosen Hausmann. Die Entwicklung dieser beiden Familien wird diagonal gegenübergestellt: Während die reiche Familie durch den Jobverlust plötzlich in Armut und Arbeitslosigkeit rutscht, hat die arme Familie eine einzigartige Geschäftsidee und steigt quasi über Nacht zum erfolgreichen Internet-Startup mit Macht und Einfluss auf. Daraus ergeben sich jeweils ganz eigene Probleme. Während die ehemals reiche Familie sich in der neuen Welt nur mühsam zurecht findet und vor allem von Freunden und Geschäftspartnern enttäuscht wird, weiß die arme Familie zuerst gar nicht, wohin mit dem Geld oder der Frage, wie der neue Neid und die Missgunst von anderen bekämpft werden kann. Auch persönliche Probleme und Auseinandersetzungen mit den anspruchsvollen Kindern werden ausgiebig ausgebreitet. Veränderungen von außen erschüttern gleichermaßen das inner-familiäre Wertegefüge.

Im letzten Drittel der Geschichte treffen diese beiden Familien aufeinander und erleben weitere Verwicklungen. Der Film endet mit einem eher offenen Ende und ist insgesamt als Zeit-Portrait der französischen Gesellschaft in Zeiten der Finanzkrise zu sehen.

Insgesamt hat mir der Film sehr gut gefallen, was an mehreren Gründen liegt: Zum einen ist das Thema hochbrisant und aktuell. Es gibt eigentlich nur wenige künstlerische Umsetzungen der Finanzkrise, was angesichts ihrer großen Auswirkungen für die gesamte europäische Gesellschaft (und darüber hinaus) verwunderlich ist. Vielleicht hinkt der kritische Zeitgeist einfach noch hinterher oder die Leute, die Filme machen sind selbst zu wenig davon betroffen, als dass sich spannende oder gar gesellschaftskritische Plots entwickeln könnten. Außerdem ist der Film sehr lustig und satrisch angehaucht- es vergehen keine zwei Minuten, in denen man über die grotesken Situationen und zackigen Dialoge nicht schmunzeln oder lachen muss. Das Erzähltempo ist angenehm temporeich, aber noch gut begreifbar. Die Kameraeinstellungen sind angenehm ruhig und nicht zu hektisch. In erster Linie nimmt der Film unser eigenes materielles Denken genau unter die Lupe- sowie die persönliche Skrupellosigkeit bei den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft, was bis hin zu den Kindern geht, die ihre Eltern einen Kredit geben und kurzerhand das Kinderzimmer zur Pfandstube umfunktionieren. Natürlich bekommt auch der Bank-Berater, der fett und selbstverliebt in seinem bequemen Bürostuhl sitzt und zu den persönlichen Problemen der „kleine Kunden“ oft nur müde lächelt, sein Fett weg. Aber die Klischees in diesem Film gehen weiter: jeder ist irgendwie betroffen, jeder hängt mit drin.

Die Schauspieler spielen sehr gut, allen voran die beiden weiblichen Hauptrollen, besetzt von Pascale Arbillot und Lolita Chammah. Jeder dieser Frauen geht zuerst in ihrem eigenen Leben perfekt auf und beide vollziehen einen Wandel in entgegengesetzte Richtung. Als sie am Ende aufeinander treffen, spielen sie die Feindseligkeiten, aber auch die Gemeinsamkeiten ihrer Biografie sehr überzeugend.

Die Männerrollen und die der Kinder sind ebenfalls gut besetzt und tragen zur Authentizität dieses lustig-satirischen Dramas bei.

Negativ ist mir nur der Schluss aufgefallen, bei dem zuviel zusammengefasst wurde und die Zeit arg gerafft wurde. Hier hat man versucht mit Hochtempo noch ein paar dramatische Wendungen einzubauen, die dann aber doch aufgesetzt wirken. Das angenehme Tempo des Anfangs wird dann plötzlich fallengelassen und durch große Sprünge ersetzt. Das offene Ende mit den vielen Fragezeichen passt ebenfalls zu dieser dramaturgischen Miss-Harmonie. Vielleicht gab es hier ein paar Probleme bei der Umsetzung des Buches und die Zeit, die man am Anfang großzügig für die Erzählung der Geschichte verschwendet hat, fehlte dann am Ende; vielleicht war es aber auch beabsichtigt.

Insgesamt ist der Film aber sehr gelungen und vor allem sehr witzig. Er erlaubt es an Stellen zu lachen, die eigentlich nicht lustig wären und lockert die Verkrampftheit und das Schweigen mit dem man aktuell auf Entwicklungen der Finanz- und Eurowelt schauen kann. Dabei nimmt er den Blick nie zu weit von den persönlichen Schicksalen und Entscheidungen und bleibt dadurch durchweg sympathisch und sehenswert.

Vergangene Kulturen

Was ist das Schöne am Leben? Dass alles flexibel, alles beweglich ist. Dass auch die härteste Säule der Überzeugung ins Wanken geraten kann oder eines Tages so schief steht, dass ein Windhauch genügt, um sie umzupusten..
Dass man hinterher auf sie schaut und das Lachen über diese Groteske kaum verkneifen kann. Dass die harte Erde unter den Überzeugungs-Steinen endlich weich wurde und vom Regen aufgesogen, matschig und unansehnlich gewandelt wurde. Dass das brennende Feuer der Worte und Gefühle, dass mal so heiß im Herzen brannte- die Schwerter der Taten vor vielen Jahren noch zum Biegen brachte, endlich verlosch – und jetzt bloße, kalte, grasüberwucherte Überreste einer untergegangenen Kultur hinterlässt. Traurige Überreste eines großen Reichs voller Träume und Worte, imaginär aufgeblasen von Gedanken allein, die die einzige Grenze dieses Universums waren und sind. Die Erde ist keine Scheibe mehr und am Rande fallen wir auch nicht mehr herunter. In dieser neuen Welt brauchen wir keine Angst mehr zu haben. Alles ist beherrschbar geworden, alles ist machbar. Und hinterlässt den all-mächtig gewordenen Mensch vor einer unüberwindlich großen Auswahl an Möglichkeiten und Entscheidungen. Im Zweifel wählt man das größte und unmöglichst erscheinende Ziel. Warum nicht mal das naheliegendste?

Die Ascheflocken der guten Taten und der einwandfreien Gesinnung, sind indes längst vom Wind in alle Richtungen vertrieben. Die Tränen von damals, schon längst wieder im endlosen Kreislauf des Wassers eingezogen. Nur die Sturheit ist geblieben und die mangelnde Kommunikation. Die Starrheit der Gedanken, die Vorurteile, überstehen unendliche Gezeiten und Jahre. Wenigstens ein einigermaßen verlässlich erscheinender Fixpunkt…

Aber auch diese verblassen irgendwann, werden schwächer, werden vergessen. Wo einst große Mauern der Ablehnung, des Zweifels und der Angst wuchsen- was ist davon geblieben? Ich kann nichts mehr erkennen und fühle mich eigentümlich fremd.

Neues Selbstbewusstsein ist eingezogen, ein neues Selbst-Verständnis. Wie eine neue Jacke oder ein paar neue Schuhe, ausgetauscht, wurde alles einfach gewechselt. Und die anhängenden Freundschaften, Beziehungen und „Wertevorstellungen“ gleich mit. Einmal neu, macht 99 Euro und 50 Cent. Alles neu macht der Mai! Die Werbung verspricht´s und ich will´s so gerne glauben.

Grundsätze, falls es sie je gab, haben sich linear gewandelt. Ein neues Lächeln hat die alte Unsicherheit überspielt. Doch die gekaufte Maske ist noch starr und unbeweglich. Die wahren Beweggründe unsichtbar und verborgen. Versteckt? Auf jeden Fall nicht wirklich frei.

Groß und mit Schaum übersät, noch immer und auf ewige Zeiten.

Wie eine Blume..

.. der Sonne entgegen.

Eben beim „Herumexperimentieren“ und Surfen mal wieder ein schönes Video gefunden: I turn to you
Live-Auftritte sind einfach die besten, auch wenn die Tonqualität nicht immer so berauschend ist und dazwischen-quäkende Männerstimmen den audiophilen Genuss dabei stören könnten. 😉

Aber der Song ist mit soviel Inbrunst und musikalischer Emotionalität gesungen, dass sie das locker wieder wett macht…