Die großen Verführer- TV Rückblick

Gestern, also am 30.10.2010, sendete VOX eine vierstündige Süddeutsche TV- Reportage über die Geschichte der Werbung. Im Grunde war das eine Dauerwerbesendung, die alle 30 Minuten von Werbung unterbrochen wurde. Also vier Stunden lang nur Werbung, Werbung, Werbung…

Zuerst mal die Dinge, die mir negativ aufgefallen sind: Es ist ein absolutes Unding geworden, Sendungen die man „Dokumentationen“ nennt, die also Bildung und Wissen vermitteln sollen, immer mit diesen Promi-Kommentaren und sinnlosen Einspielern garniert. Eine Welt der Kommentare. Alles und alle ergießen sich in Meinungen und Halbwissen, und wenn jemand charmante drei Sätze zu einer Sache geredet hat, von der er keine Ahnung hat, ist anscheinend alles gesagt. Die meisten Promis waren schlecht gewählt und hatten überhaupt keinen sichtbaren und erkennbaren Bezug zum Werbe-Thema (Fritz Egner, Christian Tramitz, Gloria Gray, …. ) Und die Leute, die man aus der Werbung gewählt hatte, erfüllten eher das Klischee eines vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden Übermenschen, der die dumme Kundenwelt mit seinem Wissen „erobern“ möchte.

Vor allem eine generelle Frauenfeindlichkeit kam dabei stark zum Vorschein: Frauen mit nackten Brüsten sehe er in der Werbung doch gern, sagte ein Kommentator, das wäre doch toll. ((soweit geht die generelle Frauenfeindlichkeit in den Medien also schon)) Und diese Werbung (das FA-Deo in der Karibik) wäre doch sehr gelungen. Die weiblichen Kommentatoren hingegen meinten, dass sie das primär abstoßen würde und nicht besonders zum Kauf animieren könnte, es sei denn, es wäre wirklich gut gemacht und passe zum Produkt.

Eine andere Prominente, die für die gleiche Marke eine Kampagne gemacht hat, wusste damals gar nichts von dem ersten Nackt-Auftritt überhaupt in der deutschen Werbung. Und wie viel hat sie dafür bekommen? 3000 DM.

Da die ganze Sendung am Anfang sehr unkritisch war und es immer nur über die genialen und tollen Ideen der Werbefilmmacher ging, stand ich nach ca. einer Stunde kurz davor, auszuschalten und mich mit etwas „Sinnvollerem“ zu beschäftigen. Die Alternativen im TV-Programm waren leider sehr dürftig (wie fast immer samstags, und die richtig guten Filme kommen dann Sonntags abends um 23 Uhr).

Nach einiger Zeit wurde die Sendung aber interessanter und auch etwas werbe-kritischer. Strukturiert wurde die Dokumentation durch informative Blöcke, die jeweils auf bestimmte Aspekte der Werbung eingingen. Werbung früher und heute, erfolgreiche Werbefilme, Autos in der Werbung, Tiere, Kinder, Schönheit, Werbung im Netz, etc.

Manipulation und Absatzsteigerung

Interessant war dabei z.B. der Beitrag, wie Kunden mit psychologischen Tricks und Apparaturen regelrecht durchleuchtet werden, um deren Kaufverhalten zu manipulieren oder welche Arten der Einflussnahme es beim Supermarkt-Einkauf gibt („Augenware“ in Augenhöhe ist mehr wert, Schokolade in Breitseite wird besser abverkauft, als wenn sie nur vom Rücken her präsentiert wird, abgepackter Käse verkauft sich in der Nähe der Käsetheke besser, usw..).

Hier zeigte sich mal kurz das wahre Gesicht der Werbemacher und der Motivation der Konsumindustrie: Wichtig ist, dass verkauft wird. Und so drängt sich manchem Kunden eines Supermarktes das Gefühl auf, die Ware steht im Vordergrund und nicht der Kunde selbst. Wenn das allerdings zu deutlich wird, wäre die Manipulation sichtbar und keiner würde mehr kaufen. Der Trick ist also, den Kunden so unsichtbar zu durchleuchten, dass er davon nichts mitbekommt, man aber dennoch die relevanten Daten erhält. Am besten erfolgt die Einflussnahme direkt über das Unterbewusstsein.

Gezeigt wurde die Gesellschaft für Konsumforschung, zum Teil angesiedelt in dem pfälzisch-statistischen Durchschnittsörtchen „Hassloch“, bei der die Fernsehwebung regional auf die Testkunden abgeändert wird, um anschließend ihr Konsumverhalten im Supermarkt zu messen. Das alles ist verdeckt, und die Testkunden wissen nicht, welche Werbung abgeändert wurde. Der Auftraggeber kann aber dennoch erkennen, ob eine Werbung „ankommt“ oder nicht.

Und das ist auch sehr wichtig, denn die durchschnittlichen „Konversionsraten“ in der Werbung sind sehr niedrig. Im Internet wird im Schnitt nur 0,1 Prozent der Werbung angeklickt, im Fernsehen schauen gerade mal 13 Prozent aller Personen die Werbespots. Die Zahl der Personen, die dann wirklich kaufen, wird noch niedriger sein. Umso wichtiger ist es, dass eine Werbung oft geschaltet wird und sich in ihrem Inhalt einprägt.

Ein wichtiges Mittel ist die generelle Marktforschung und die Erfassung von Daten. Ein Instrument wie die Payback-Karte kann dabei helfen, ist aber bei Verbraucherschützern – wen wundert es – umstritten.

Durch Werbung vermittelte Werte und Bürgerlichkeit

Ein wichtiges Kernthema war die Frage, welche Ideale und Werte über Werbung vermittelt wird. Schon schnell wurde klar, dass Werbung im Grunde die Kunstform und der Spielplatz für gut bezahlte Kreativität in einer „modernen“ Markt-und Geld-orientierten Gesellschaft ist. Dass der Kunstbegriff sich dabei selbst verkauft und sich im Grunde in eine halbseitige, bedeutungslose Kunst auflöst, wurde nicht mal ansatzweise diskutiert. Es wurde gemunkelt, dass man einen Regisseur wie Wim Wenders nur für einen Werbespot nahm, damit man einen guten Namen zum Präsentieren hat. Einzig und allein der Werbefilmmacher Charles Wilp produzierte damals für Afri Cola so etwas wie „richtige Kunst“ – mit dem Ergebnis, dass er anderen Kunden zu schrill war und sie nicht mit ihm gemeinsam in einem Block gesendet werden wollten. Er kam also an das Ende eines jeden Werbeblockes, was die Bedeutung für den Spot nur noch verbesserte. ((Spots von Wilp: http://www.youtube.com/watch?v=PmJypW0lWrQ und http://www.youtube.com/watch?v=3a1uMvWFlj0&feature=related ))

Gezeigt wurde auch ein Werbespot für eine Seife aus den 60er Jahren: Ein Ehepaar trifft auf eine alte Schulfreundin und sie verabreden sich zum gemeinsamen Kaffee trinken. Dem Mann fällt auf, dass diese Freundin aber viel jünger aussieht und dessen Ehefrau zeigt sich geschockt: Wie macht sie das bloß? Die eingespielten Promis lachen sich darüber schlapp und meinten sinngemäß, dass man dem Mann mit der Faust ins Gesicht schlagen soll ((soweit geht die generelle Männerfeindlichkeit in den Medien also schon)) , auf Grund so einer Dreistigkeit und dass das ja ein „absolutes Unding“ wäre, etc… Natürlich wäre so ein Schönheitsideal und vor allem so eine Vermittlung heute UUUN-denkbar.

Aber hat sich das heutzutage wirklich geändert? Ein paar Minuten später wird die Werbesendung von aktuellen Werbespots getrennt: Gleich am Anfang sieht man eine Beauty-Werbung, die schöneres Haar verspricht, Frauen sieht man meistens beim Backen und Kochen oder sich sorgen um ihr Aussehen und ihre Schönheit, dem heiligen Gral der Werbung überhaupt.

Promis

„Promis in der Werbung“ war ein weiterer Abschnitt in der Vox-Reportage: Meistens werten sie ein Produkt positiv auf und dieses profitiert dann von der Markt-Wirkung des jeweiligen Promis. So hat ein Michael Ballack immer noch einen hohen Bekanntheitswert, auch wenn er für die Nationalelf derzeit nicht aufläuft. Eine Verona Pooth rangiert in der Popularität und in ihrer medienwirksamen Natürlichkeit weit oben, und ist daher für die Vermarktung von Produkten interessant. Nur sollte das Produkt auch zur Person passen, was im Falle der Kik-Werbung nicht so gelungen wäre. Ein anderer negativer Effekt kann auftreten, wenn sich das Image des Promis zum Negativen wandelt, wie z.B. beim Fall Kachelmann. Grenzwertig sind auch Spots mit „Bad-Girls“ wie Paris Hilton oder allzu freizügige erotische Spots mit Kylie Minogue. Paradox dabei ist, dass ein Bad-Girl Image die Popularität und die Medienpräsenz sogar erhöht und selbst eine Gefängnisstrafe oder der Konsum von Kokain dabei nicht abwertend wirkt. Brave Mädchen sind anscheinend out und vermitteln nicht das, was man von einem „angesagten“ Produkt erwartet.

Es ist eindeutig: Werbung soll und will Einfluss auf die Köpfe und die Bewertung einer Sache nehmen. Galt es vor ein paar Jahren noch als cool und männlich, dem Camel-Mann folgend durch eine virtuelle Prärie zu reiten und dabei eine zu schmökern, ist das heute undenkbar geworden. Wie schnell sich der Geist einer Gesellschaft ändert und wie wechselhaft sie dabei ist! Aufklärung gibt es auch von der Regierung, z.B. zum Thema Aids oder Anti-Raucherspots, die ein Kind zusammen mit der Mutter an einem Tisch zeigen: Die Mutter raucht eine Zigarette und atmet ein, das Kind atmet an ihrer Statt den Rauch aus. Nett gemacht und auch sehr einprägend, aber letztendlich wieder eine „Moralkeule“.

Fazit
Insgesamt war die vierstündige Reportage gelungen. Die anfängliche Vermutung, dass hier einseitig Werbung für die Werbung gemacht wurde, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Dennoch hätte ein bisschen mehr Konsum- und Werbekritik nicht geschadet. Und bitte, das nächste Mal andere Promis oder Leute, die sich wirklich auskennen und nicht nur zur Selbst-Präsentation gezwungen werden.

In einer Welt, in der der Großteil unserer Werte und Einstellungen über das Fernsehen und vor allem die Werbung vermittelt wird, ist es gut, wenn man sie noch ein bisschen durchschauen kann.

Sei er mir ein Crocus..

..der Freude und Farbe im Winter schenkt

Passender Song zum Text

Gestern habe ich Krokusse gepflanzt. Das ist so eine entspannende Tätigkeit. Zuerst die warme Winterjacke überstülpen, denn draußen ist es bitter-kalt. Hände mit spezieller Schutzcreme eincremen (Schmutzabweisend und pflegend, ist gut, wenn man direkt danach kochen muss und noch dreckige Finger hat). Dann die Pflanzgeräte und die Knollen zusammensuchen und in eine Kiste stecken. Damit zum Beet laufen, sich auf den Boden knien (eine Unterlage kann nicht schaden, möchte man keine blauen Flecken bekommen) und einen ersten Überblick über die aktuelle Boden-Lage verschaffen. Wo wächst das Unkraut? Welche Pflanzen sind noch gut, welche schon vermodert? Mal in der Erde rumstochern: Ist sie weich oder hart? Wie fühlt sie sich an? Wie riecht sie? Entspannen. Dann mit einer kleinen Hacke das Beet von den obersten, abgestorbenen Pflanzschicht befreien, das ganze in einen Eimer sammeln. Steine und nicht-organischer Abfall (Netzreste, angewehtes Plastik, etc.) in einen anderen Eimer.

Die Erde gut aufbereiten und aufwühlen. Dabei schauen, ob in der Erde schlabbrige Regenwürmer sich winden und einem treu-doof bei der Arbeit beobachten. Nebenbei die neugierigen Vögel im Auge behalten, die ein angeborenes, großes Interesse für frisches Ackerland haben. Einen Käfer vorsichtig zur Seite tragen, damit man ihn mit dem harten Garten-Stahl nicht zerteilt. Käfer sind sehr zerbrechlich und werden von Menschen meist komplett übersehen.

Die bereitgelegten Netze mit den Krokuss-und Tulpen Knollen sortieren, Bildchen betrachten und sich darüber freuen. Packungsbeilage beachten: Krokusse nur fünf Zentimeter tief, Tulpen aber zehn. Die Netze eine nach dem anderen öffnen und die Knollen auf der frischen Erde verteilen. Ein schönes Muster gestalten, das ist fast wie beim Backen oder Malen.

Entweder abwechselnd, oder eine Reihe mit blauen und dahinter eine gelbe, ganz wie man möchte. Die Tulpen als Wächter über das Beet thronend in großen Abständen. (Tulpen sind majestätische Pflanzen, der grüne Daumen behandelt sie mit ausreichend Respekt).

Wenn man mit dem Muster zufrieden ist, den runden Pflanzenstecher aus der Trickkiste zaubern: Mit dem geht es ganz leicht!

Jetzt kommt der Teil mit der Arbeit und der Part, der für die verbrannten Kalorien verantwortlich ist: Je nach Knolle ein Loch in die Erde stechen, dabei den Stecher leicht drehen, feuchte Erde hilft, rausziehen, Knollen reinfriemeln, Erde aus dem Pflanzenstecher pulen, glattstreichen. Evt. festdrücken. (Man denke an die Vögel und andere Tiere, die evt. hungrig oder neugierig sind)

Nach 40 Krokussen kann man erstmal eine Pause machen. Sich das Ergebnis anschauen: Man sieht nicht viel, nur eine glatte, von Unkraut befreite Erddecke. Jetzt heißt es warten! Im März oder April kann man sich dann freuen und an den frisch geschlüpften Pfänzlein schnuppern!

Der nächste Frühling kommt bestimmt… machen wir das beste daraus.

Weiterführende Infos zu Crocussen:

Blog-Abstinenz

Nur ein kurzes Hallo von meiner Seite, damit niemand denkt, dass ich in der Versenkung verschwunden bin und nie wieder etwas bloggen möchte. In der Tat ist es aber so, dass sich derzeit ein ganz neues „Hobby“ aufgetan hat, das meine derzeitige Aufmerksamkeit zu fast 100 Prozent bindet. Für das/den/die Blog bleibt im Moment nicht viel übrig.

Ich habe die ursprüngliche Webseite seit 2000 und das Blog seit 2005, fast jede Woche darin geschrieben oder Inhalte „produziert“- daher denke ich, dass es auch nicht schlimm ist, wenn ich mal eine längere Blog-Pause einlege und ich hoffe, die Stammleser mögen mir das verzeihen… es fällt mir immer so schwer „Ende“ zu sagen, und Pause klingt ja auch viel besser. 😉

Dazu kommt, dass es derzeit kaum Themen gibt, über die ich bloggen möchte oder die interessant wären. Über das meiste habe ich schon etwas gesagt und immer auf die aktuellen politischen Themen aufzuspringen, ist mir derzeit zu langweilig und zu monoton. Wie ist das mit der Exklusivität und der Qualität? Man findet sie meist nur, wenn man zum Profanen Abstand halten kann. Oder noch krasser ausgedrückt: „Wer vernünftig reden möchte, muss zuerst das Schweigen lernen.“

Ich habe ein paar Bücher hier liegen, die zu meinen bisherigen Themen passen und die ich gerne rezensieren möchte: dazu muss ich sie aber erstmal fertig lesen und mich dann intensiv damit auseinandersetzen. Das wäre pro Buch eine Arbeit von ca. zwei Wochen (lesen) und einem Tag schreiben (intensive Rezension mit Quellenangaben). Leider habe ich im Moment diese freie Zeit nicht. Und seien wir ehrlich: Das Blog ist eben nur Hobby, es ist freiwillig und man macht es zwischendurch. Als richtige „Arbeit“ ist es nicht geeignet. Der Spagat zwischen Hobby-Einsatz und sinnvoller Text-Produktion ist manchmal nur schwer zu halten. Meistens läuft es darauf hinaus, dass man zuviel Einsatz gibt und es sich unter dem Strich nicht rechnet. Dieses Thema habe ich schon oft angesprochen, aber es verlor deshalb nicht an Gültigkeit. Allerdings, gibt es ja noch den immateriellen Wert, das Lernen, das „Spaßhaben“, oder das „Kommunizieren“ – das ist hier nicht eingerechnet.

Einen derartigen Aufwand mit dem Blog betreiben, dass sich Werbekosten oder Flattr-Einnahmen rechnen würden und man es als „Beruf“ sehen kann, ist schwierig und kann man nur machen, wenn man sehr, sehr viel Zeit und eine hohe Motivation hat. (und am besten einen ausreichenden finanziellen Puffer). Meine anfängliche Idee, das Blog über Spenden oder Freiwilligkeit zu finanzieren, hat leider nicht geklappt. Also woran erkrankt der freie Geist? An der mangelnden materiellen Unterstützung? Nein, das wäre zu einfach. Kunst ist leider immer etwas, dass sich unter dem Strich nicht rechnet, vielleicht ist das sogar die indirekte Definition von Kunst in einer sonst zu 98 Prozent messbaren und bezahlbaren Welt. Und auch eine eigene Meinung hat erstmal „keinen Wert“. Meinungen werden zu Werten, wenn man damit die Machthabenden verändern oder manipulieren kann, wenn sie Menschen in großem Stil beeinflusst oder wenn sich damit „Verkaufszahlen“ oder gar „Quoten“ erzielen lassen. Aber eine einzelne Meinung ist – so gut wie sie auch formuliert wurde- nicht viel mehr wert als heiße Luft. Zur aktuellen Entfremdung des Bürgers in einer Demokratie passt, dass er immer das Gefühl hat, nicht gehört zu werden und nicht gebraucht zu werden. Man kann in den Blogs schreiben, was man möchte- es ändert doch nichts. Aufmerksamkeit braucht schon größeres Kaliber, vielleicht ein Protestplakat oder ein Sternmarsch auf den Bahnhof Stuttgart?

Irgendwie bringe ich beides im Moment nicht zusammen (Zeit u. Motivation). Ich habe mir also überlegt: Ja, das wird jetzt eine größere Blog-Pause und ich schreibe nur noch, wenn sich wirklich interessantes Material angesammelt hat: Eine brisante politische Wendung beispielsweise oder ein Reisebericht mit Fotos. Hin und wieder kann ich auch was Künstlerisches produzieren. Vielleicht überwinde ich meines Tages auch und berichte von meinem aktuellen Lieblingsprojekt, das mit dem Schreiben primär nicht soviel, aber auch etwas mit „Kunst“ zu tun hat. Es ist einfach die Zeit für etwas Neues. Und solche Entscheidungen- aus dem Bauch heraus und dem Gefühl vertrauend – habe ich im seltensten Falle bereut.

Außerdem hänge ich derzeit noch an der Frage, auf welche politisch-ethisch-moralische Grundlage ich mein Blog oder gar ein Neues aufbauen soll. Vor allem die „Außenseiter-Themen“ und die Fragen, die die Menschen wirklich berühren sind in den letzten Jahren zu kurz gekommmen. Das stört mich auf der einen Seite sehr. Aber auch hier gilt: Ohne Einsatz und Herzblut kann mich sich nicht einbringen. Und die Frage: Vielleicht ist das Herzblut im Alltag, vor Ort und „bei den Menschen“ besser aufgehoben als in einer virtuellen Schublade, mit der man meistens nicht die richtigen oder gar „das Richtige“ erreicht. Im direkten Leben kann man oft viel mehr bewirken. Hat mich nicht irgendwann mal eine Leserin darauf hingewiesen??

All diese Fragen muss ich immer wieder neu abwägen, denn nur wenn ich motiviert bin, kann ich gute Texte schreiben und vielleicht auch die Erwartung erfüllen, die andere an mich oder das Blog haben.

Nun, dieser Text ist ganz gewiss kein schmerzliches Ende, aber er soll helfen, die langen Pausen zwischen meinen Einträgen bessser zu erklären.

Bis bald,
Eure Julia

Von Geld träumt man nicht

Ich hatte heute Nacht einen verrückten Traum: Mein Kontostand war weit im Minus. Eine Reisefirma hatte für eine Reise ins Ausland einen größeren Betrag abgebucht und mich in die roten Zahlen rutschen lassen. Etwas ungläubig checkte ich den Online-Kontoauszug, auf dem so etwas stand wie „Das könnte ihre Reise sein!“ und die Erklärung, das eine Werbefirma, die mit der Bank zusammenarbeitet, den Betrag virtuell abgebucht hatte, um gleichzeitig mein Interesse an einem Konsumentenkredit zu wecken. So nach dem Motto: Erst versprechen wir euch eine tolle Reise, aber dann rutscht ihr ins Minus, also braucht ihr noch einen Kredit mit guten Konditionen! Virales Marketing, mal ganz anders. Erschüttert und verärgert surfte ich gleich auf die Webseite des Werbe-Anbieters und habe alle Werbemitteilungen, bezogen auf meinen Kontostand, abgemeldet und storniert. Was etwas umständlich war und ich mich dabei fast im Dschungel der Werbung verlaufen hätte. Albtraum 2.0.

Vielleicht, auch wenn es nur ein Traum war, so abwegig ist das Ganze nicht: Denn meine Bank verschickte tatsächlich vor ein paar Wochen Werbung für eine Lotterie als reguläre Mitteilung, über die man ansonsten nur „vertrauliche Nachrichten“ erhält. Wie das in Deutschland so üblich ist: Über Geld spricht man nicht. Aber Werbung kann man ruhig damit machen.

Die Bank machte (in der Realität!) das freizügige Angebot, für ein Lotterie-Dauerlos ganz praktisch das Geld per Dauerauftrag abbuchen zu lassen. Als wenn ihr die Kontoführungs- und die überzogenen Dispo-Gebühren nicht schon reichen würden! Wie war das nochmal mit: Mit Geld spielt man nicht und die Banker sind nur Zocker? Zumindest dieses Klischee hatte sich an diesem Tag bewahrheitet.

Kompliziert, einfach oder dazwischen?

Einen Tag nach meiner partiellen, inneren Kündigung als größte Polit-Bloggerin aller Zeiten denke ich über eine viel banalere Frage nach: Die Frage, ob ich „typisch Frau“ bin. Ja, ich, genau ich, nur ich selbst, der Liebling meines Spiegels, der Gegenstand meiner Betrachtung, das Objekt meiner Introversion, das Ziel und die Basis des künstlerischen Schaffens. Quell aller Selbstliebe, und hypothetische Ausgangsform für die altruistische Liebe, aus derer ersten Erstarrung es sich zu lösen und derer zweiter es zu erstreben gilt. (und dessen Grammatik es sich zu lernen hat, sorry Blog, habe heute meinen umständlichen Tag)

Die Fragestellung rührt daher, weil ich letztens einen Satz gelesen habe, der sinngemäß so gestanden hat: Frauen machen alles immer so kompliziert. Sie lesen zwischen den Zeilen, sie interpretieren etwas, wo es unter Umständen nichts zu interpretieren gäbe. Männer sind vielleicht geradliniger, einfacher zu berechnen und für manch Dame vielleicht auch einfacher zu manipulieren…

Aber warum sind Frauen von Natur aus komplizierter, warum sind sie emotionaler und letztendlich: Wo erwische ich mich da auf meinem eigenen, persönlichen blinden Fleck, also derjenigen Region, die man nicht kommunzieren möchte, die aber dennoch wie ein unsichtbarer, klebriger Faden am Ärmel des rechten Armes hängt?

Auf die andere Menschen dann unvermittelt und beinahe „zufällig“ stoßen?

Klischee: Frauen können Stunden damit verbringen, über eine Sache nachzudenken. Vielleicht, weil sie empfindlicher sind? Weil sie mehr Synapsen für die zwischenmenschliche Problemlösung und dreimal soviele Synapsen für die sprachgesteuerte Analyse ihrer Umwelt zur Verfügung stehen, die ja manchmal, unter Umständen häufig, auch genutzt werden müssen!

🙂

Äh, aber was wollte ich eigentlich sagen? Genau, das Reden. Warum reden Frauen soviel? Warum machen sie es immer so kompliziert? Was definiert eigentlich das Wesen der Frau? Wäre das nichtmal eine schöne Kernfrage für die Identität des Feminismus, der auch stets mit ganz neuen Weiblichkeits-Strömungen -von jung und alt und jeglicher Coleur- zurecht kommen sollte? Der Feminismus im Spiegel des Maskulinissimus: Was bleibt übrig? Wo gibt es Überschneidungen und was kürzt sich ‚raus?

Heute, z.B. bei Peter Zwegat: Die Dame mit sechs Kindern, neigt zur Bestellwahn im Internet, gemeinläufig auch als ‚Kaufsucht‘ betitelt. Ca. 800.000 Menschen in Deutschland sollen darunter leiden. ((Quellen zum Weiterlesen: http://www.palverlag.de/Kaufsucht.html und http://www.bpb.de/publikationen/FJN7KA,0,Zur_Entstehung_und_Verbreitung_der_Kaufsucht_in_Deutschland.html ))

Kurzerhand, der männlich analysierende Über-Papa und Schuldnerberater in einer Person hat des Schopfes Lösung erkannt und virtuell ergriffen: Die Finanzen biegen sich und brechen, also muss eine Therapiesitzung her.

Die Dame bekommt einen Termin bei der Selbsthilfegruppe. Reist, zwei-einhalb Stunden an, um dann kurz vor der Türklinke feststellen zu müssen, dass sie „darauf absolut keinen Bock hat“, eine Schnute zieht und ärgerlich von dannen zieht. Während ich darüber noch leicht lächle und meine eigenen Fehler in ihr erkenne, dreht der fragende Teil meines Gehirns schon längst weiter. Warum hat sie es sich nicht vorher überlegen können? Warum konnte sie diesen Schritt nicht mit Ruhe und Gelassenheit vorausplanen, durchziehen, abhaken. Das wäre die männliche Lösung. Aber nein, einzig und allein das Denken steht ihr im Weg, das Fühlen und die Angst vor Entblößung. (( by the way, das war ein sehr trauriger Fall.. über den es eigentlich nichts zu lachen gibt, aber er fiel mir eben spontan ein, um das grob umrissene Problem des Artikels etwas näher zu erläutern))

Und da ich es letztens von Klischees hatte, die manchmal auch ihre Richtigkeit im Alltag beweisen und daher wohl so beliebt sind: Ist es typisch Frau, kompliziert zu sein? Woher kommt diese Kompliziertheit? Und, welchen Sinn macht sie?

Es ist -ganz allgemein- das Wesen des Menschen, das uns belastet. Das Denken und vor allem das Fühlen. Unsere partielle Unfähigkeit, Dinge zu entschlüsseln und sie in die saubere Handhabung unseres alles-ordnenen Überbewusstseins zu fügen. Die generelle Unsicherheit und der tiefe Zweifel – so sehr wir ihn manchmal gerne verteufeln würden- gehört einfach zum Leben. Unser Salat im Kopf schreit einfach nur so nach Ordnung, nach Abstraktion, nach Vereinfachung, nach Sicherheit und Verlässlichkeit und doch bekommen wir sie nur selten. Wenn wir nichts vereinfachen könnten, würden wir an der Komplexität des einfachsten Alltags schon verzweifeln. Es wäre uns nicht mehr möglich, auf die Unterscheidung zu verzichten, was (an für sich) eine große menschliche Freiheit darstellt. Es aber wirklich zu machen, ist in der Tat anstrengend und das ist wohl der Grund, warum Klischees dem tiefergehenden Denken meist vorgezogen werden. Das Klischee wirkt schneller, ist besser verdaulich und man isst es, weil man es schon kennt.

Nur, wer sich in den täglichen Gedankenwahn des Unterscheidens, Denkens und Grübelns begibt, muss sich anstrengen und unter Umständen auch leiden. So wie der Zwangs-Patient in einer übersteigerten Form, aus einer anderen Sendung, ((man sieht schon, der Ausdruck „Fernsehen bildet“ beweist oft seine zynische Richtigkeit)) dem es unmöglich war, aus einem Stapel Zuckertüten, die richtige für seinen Einkaufswagen zu finden, da sie nun alle gleich aussehen. Etwas traurig und verzweifelt kniet er sich auf den Boden, dreht und wendet die Tüten, misst sie tlw. sogar auf der Gemüsewaage ab, nur um ein Kritierium, eine Entscheidung, ein Argument für seine verzweifelte Situation zu finden (die durchaus ein Krankheitsbild ist). Und er findet dabei meist keines, dreht sich im Kreis seines selbst-gebauten, aber doch nur schwer zerstörbaren Gefängnisses.

Und so, wie diesem armen Menschen, geht es dem denkenden und empfindsamen Menschen meist auch. Seine Freiheit, Meinungen und Entscheidungen zu bilden, belastet ihn schwer. Die Gedanken sind wie ein dicker, dunkler Schweif, den man immer mit sich herumträgt, eine schwarze Schleppe der Belastung, ein dunkler Mantel der zwar Wärme und Sicherheit spendet, aber einem doch der Umwelt etwas grauslig und missmutig erscheinen lässt.

Vielleicht, zu recht. Wer allzu tief denkt, sollte nicht vergessen, hin und wieder auch die heiteren Seiten des Lebens zu erfassen…

Die Illusion des Virtuellen

woher kommt meine partielle Blogmüdigkeit?

Im Moment hat sich bei mir so etwas wie eine gewisse Blogmüdigkeit breit gemacht. Das ist an sich nichts ungewöhnliches oder schlimmes und wer das Blog länger liest, weiß, dass ich das regelmäßig habe. Ich will eben keine Maschine sein, die jeden Tag 20 Artikel raushaut, um dann in irgendwelchen Listen ganz oben zu stehen. Nein, der philosophische und menschliche, vielleicht auch persönliche Anteil war mir in den Texten immer wichtig gewesen. Ich denke, man kann Texte nur gut schreiben, wenn man einen großen Anteil eigener Person „untermischt“ und auch ganz explizit persönliche Anteile und Gedanken mitteilt. Würde man das nicht machen, kann man gleich zur News-Maschine werden, über SPON und die ganzen anderen Nachrichten-Portale eilen, das beste zusammenpicken und dann einen Zweizeiler dazu schreiben. Sicherlich ist das auch eine interessante Form des Bloggens, aber es liegt mir persönlich nicht. Ich möchte in eine News einsteigen, ich möchte die Tiefe ergründen, ich möchte Menschen (und vor allem mich selbst) zum umdenken bewegen.

Schwarz, weiß oder bunt?

Das ist nicht immer ganz leicht. Nehmen wir z.B. die Integration-Debatte, die es derzeit in den Medien gibt. Obwohl wir im Land mit der Geschichte größter Grausamkeit im Namen der Andersfeindlichkeit leben und wir über 60 Jahre Aufklärung, Geschichtsstunden und Museen über unsere dunkle Vergangenheit haben, eine Grüne Partei die stärker als je zuvor ist, gibt es immer noch genügend Menschen, die ausländerfeindlich sind, Stammtisch-Parolen raushauen, über Hartz IV-Empfänger schimpfen und alle recht ungeschickt mit dem farbenfrohen Malkasten der gängigen Klischees hantieren.

Und die politische Kultur erscheint mir in allen Bereichen so einseitig. Es gibt kaum noch vernünftige Mittelwege. Der Streit um Stuttgart 21 hat das ganz gut gezeigt, wie verhärtet die Fronten sind und dass es für viele Menschen nur noch schwarz/weiß gibt.

Es gibt daher keine Partei, aber vor allem auch keine politische Denkrichtung, der ich mich vorurteilsfrei und mit gutem Gewissen anschließen kann. Wenn ich darüber blogge, dann liebe ich es, beide Seiten einzunehmen.. mich in der Mitte beider Gedankenfäden eine Weile zu verirren und am Ende in einer Idee wieder zu finden, die ich vorher so nie erwartet hätte.

Warum kann man nicht gegen Atomenergie, für höhere Hartz IV-Sätze, aber auch für ein Wirtschaftsprojekt wie Stuttgart 21 sein?

Warum kann man sich nicht für einen Mindestlohn starkmachen, aber gleichzeitig die Unternehmen steuerlich entlasten? Warum kann man nicht das Renteneintrittsalter heraufsetzen und die gezahlten Renten dafür erhöhen? Warum kann man nicht gegen Ausländerfeindlichkeit sein, aber sich dennoch eine „gute Integration“ (z.B. Deutschkenntnisse) wünschen?

Der Mainstream lenkt die Aufmerksamkeit

Warum werde ich durch den Mainstream der Gedanken und Medien dazu gezwungen, mich immer auf eine einzige Linie zu schlagen? Reichen denn fünf oder sechs Parteien aus, um die ganze Vielfalt des Menschen und seiner Gedanken und Meinungen wider zu spiegeln? Ich denke nein.

Und das ist der Grund, warum ich derzeit wenig Lust auf das Bloggen, vor allem das politische Bloggen habe. Ich kann nur „erfolgreich“ sein, wenn ich bestimmte Klischees bediene und mich auf eine Linie festlege, die derzeit alle vertreten. Das engt den freien Geist aber ein. Ich möchte weiterhin vorurteilsfrei, parteienlos und klischeelos urteilen dürfen. Oder ich möchte eine Zeit lang das eine Klischee bedienen um kurzerhand zum anderen zu springen um damit die Absurdität des Ganzen zu verdeutlichen.

Aber es ist natürlich vermessen, zu erwarten, dass andere Menschen diese Meinung teilen oder man gar jemand mit dem eigenen Tun „überzeugen“ kann. Es geht nicht darum, ob man sich Mühe gibt, sondern darum, ob man Erfolg hat.

Überzeugen lässt sich per se niemand. Überzeugung, egal wie man sie äußert oder vertritt, ist auch immer Manipulation und Einflussnahme, es gibt keine „gute Überzeugung“, die ohne einen egoistischen Anteil auskommen würde.

Die Rolle der Blogs

Das bringt uns zur anderen Frage: Was können Blogs, oder vor allem: was sollen Blogs? Soll ich weiterhin über mein Privatleben schreiben und hin und wieder einen zusammengestellten Alltagsbericht „produzieren“? Soll ich mich politisch engagieren oder lieber ganz aussteigen und zur Nicht-Wählerin mutieren? Soll ich eine direkte Ansprache wählen, soll ich mich bemühen, jemand zu belehren und zu bekehren?

Ich denke inzwischen, dass man das alles nicht kann, ohne sein Gewissen zu verbiegen. Die Begründung ist ganz einfach: Die Mainstream-Medien erzeugen Aufmerksamkeitswellen, verstärkt durch soziale Netzwerke wie Twitter oder Nachrichten-Portale mit vielen Besuchern. Die tägliche News ist das Geschäft, nicht das tiefgehende Sinnieren über eine News oder gar die Diskussion mit Menschen untereinander, die darüber nachdenken und auf Augenhöhe austauschen wollen. Wir als Blogger wiederholen also nur diese News und kommentieren sie allenfalls, falls wir überhaupt diese Kapazitäten haben, um jede einzelne News auch in ihrer vollen Länge geistig-mental und mit großem Sachverstand und umfangreichem Allgemeinwissen zu „durchleuchten“. Wenn wir das wollen und könnten, würde es ganz gewiss ein Fulltime-Job werden.

Wir dringen in Normalfall niemals in die Tiefe. Die News-Welle überrollt uns alle und bindet die Aufmerksamkeit. Nehmen wir die Vorurteile und die Klischees. Wie kann man sie ändern? Ganz bestimmt nicht über eine Klischee- oder Anti-Klischee-Welle, weder über rechts-ruck Unternehmerfreund- und Anti-Hartz Parolen, noch über das gutmenschen-linksgerichtete, Korksandalen-tragende, frauenfreundliche, sozialistische Gemengelage..

All das bringt den Menschen nicht weiter und all das ändert eine Gesellschaft nicht. Indes, wir bauen einfach neue Fronten auf, wir lernen dabei unseren Mitmenschen niemals kennen. Wir ärgern uns über diese schlechte Welt, bemerken aber nur selten, dass wir es mit unseren Gedanken sind, die sie täglich neu erfinden. Wie in einer Matrix sehen wir die Welt durch einen Schirm, aber wir sehen nicht die Welt, so wie sie eigentlich ist. Wir sind blind geworden für die Realität, weil unsere Meinung sich über die Schirme und die Buchstaben bildet.

Wir erschaffen uns schlechte Menschen, wenn wir blutrünstige Krimis mit paranoiden Persönlichkeiten „konsumieren“. Wir sind es, die ausländerfeindlich sind, wenn wir hinter vorgehaltener Hand über ein Kopftuchmädchen lästern. Wir sind es, die die Leser betrügen, wenn wir uns freundlich und offen geben, aber hinterrücks vielleicht 2.000 Identitäten besitzen. Es ist nie „die Gesellschaft“ die schlecht ist, es sind auch nicht „die Politiker“, es sind weder „die Unternehmer“ noch „die Frauen“, es sind auch nicht die „Rentner“, nicht „die Machos“ und auch nicht die Spontis, Radikalen, Rassisten, Extremisten und wie sie alle heißen.

Fazit

Es sind einzig und allein wir, der einzelne Mensch, der das Zünglein an der Waage ausmacht. Und es ist eine große Last, das im vollen Ausmaß zu erkennen und zu akzeptieren. Die Aufklärung hat uns mündig gemacht, aber gleichzeitig mit hoher Verantwortung für uns selbst und die Gesellschaft beladen.

Der einzelne ist aber nur schwer zu erfassen, also verallgemeinern wir. Vereinfachen wir uns die Sicht, in dem wir das geliebte Werkzeug der Abstraktion benutzen. Wir teilen das Individuelle auf und fassen es in überschaubaren Gruppen zusammen. In immer kleineren Gruppen, bis nur noch ein Satz übrigbleibt, ein Gedanke. Vielleicht ein ausländerfeindlicher Gedanke, vielleicht ein feministischer Glaube oder eine religiöse Überzeugung. Aber stets, nur kleine Fragmente eines großen Ganzen, aufgeladen mit mentaler Energie, geschärft durch das Feuer des Wortes, und emotional-eisig wie der nahende Winter.

All das macht nicht frei. Im Gegenteil, es macht müde. Man dreht sich und dreht sich und bleibt doch auf der Stelle. Es gibt kein Entkommen, die Menschen sind eben schlecht, die Gesellschaft egoistisch und geizig. Das Gute zahlt sich nicht aus, also warum noch an das Gute glauben?

Und was soll der einzelne Blogger schon dagegen machen? Er beobachtet, er schreibt und er ändert doch nichts.

Er kann nichts ändern, weil sich nur die Menschen selbst ändern können. Es ist nicht die News-Welle, die zu Glück führt, sondern nur das eigenständige Denken und das unmittelbare Wirken im Jetzt. Es gibt nichts darüber hinaus, was nicht den Deckmantel und die Illusion des Virtuellen hätte.

Wir haben einen Star versteckt…

findest du ihn?

Während der Grünkohl gemütlich in meinem Bauch vor sich hinblubbert und ich mir noch überlege, warum er mir heute so gut geschmeckt hat, surfe ich geistesabwesend und etwas gelangweilt über die Wikipedia-Seite meines heimlichen Idols und denke über den Tod dieses so jungen Schauspielers nach. An einer Überdosis Schlaftabletten, so sagt man. Er wäre unglücklich verliebt gewesen, sagen andere. Die Filmografie ist bedrückend: Dieser Mann, der gerade mal ein Jahr jünger als ich ist, hatte mit 1992 schon seinen ersten Film gedreht. Ich überlege und versuche in meinem Gehirn die Zahl „1992“ zu finden. Denn einen Wikipedia-Eintrag über mich gibt es leider noch nicht.

Leider, liebes 1992, zu Dir fällt mir nicht viel ein. Hm, da war ich 14. Was habe ich mit 14 gemacht? Auf jeden Fall keinen großen Film gedreht.. vielleicht.. etwas grüblerisch und geistesabwesend auf einer Bank gesessen, von meiner späteren Karriere als einflussreichsten deutschen Bloggerin geträumt und dabei einen Schmetterling in den Sand … oder ach, wer weiß! Das ist jetzt auch gar nicht soo wichtig.

Bei meinem Idol folgten auf jeden Fall noch 22 Filme. Vor allem der vorletzte hatte ihn stark mitgenommen, ein Film den ich letztens erst gesehen habe und der wirklich extrem gut-gruselig ist. Er hat da kaum noch geschlafen. Er hat einen Psychopaten gespielt, einen Verrückten. Männer hat er auch schon geküsst, in einem anderen Film. Was für eine Wandlung, ich finde das sehr faszinierend. Aber irgendwie auch kein Wunder, dass die Seele da nicht mehr mitmacht. Je mehr Einsatz man für eine Sache gibt, desto besser ist das Ergebnis, aber desto mehr Schaden nimmt man meistens auch persönlich. Daher ist „Leistung“ im allgemeinen wohl auch so anerkannt. Leistung bedeutet vor allem, sich und seine Grenzen zu überwinden. Etwas zu machen, was noch keiner gemacht hat. Dafür wird man geliebt. Nicht, weil man ein guter Mensch ist oder eine positive Ausstrahlung hat. Sondern, weil man Leistung bringt. Der Mensch, in den Maßstäben einer Maschine, burnout inklusive.

Besser als andere zu sein ist angesagt, extremer, vielleicht auch ungesünder?

Was es diese Woche noch so gab: Sehr schönes, sonniges Wetter, eine beeindruckende Berichterstattung über Erntehelfer mit Minilohn von 3,70 € und dass die Gewinne der Gurkenfabrikanten angeblich keinen höheren Lohn erlauben würden. Gestrichene Hilfen des Arbeitsamtes für eben genau jene ArbeiterInnen… „um ihnen noch mehr Anreiz zum Arbeiten zu geben“ …

„Noch mehr Anreiz zum Arbeiten“, das scheint oft das einzige Argument zu sein, denn man hört es ständig. Genauso, dass Ausländer in Deutschland immer weniger beliebt sind und es anscheinend derzeit sehr schick ist, entsprechende Parolen vom Stapel zu lassen, selbst in der Mitte der Gesellschaft .

Mir fiel dazu ein passender Spruch ein: Jedes Land bekommt die Zuwanderer, die es verdient.

Und wie lange hält diese News? Zwei Wochen, dann ist sie schon wieder veraltet. Den Artikel hab ich vor ein paar Tagen vorgeschrieben und heute erst veröffentlicht, er erscheint mir schon „zu alt“.


Stuttgart 21, weitere Eindrücke (+ Links)

Zu Stuttgart 21 habe ich beschlossen, vorerst keine endgültige Meinung zu bilden. Wie so oft, je mehr Meinungen ich mir darüber einhole, desto unklarer wird das Bild. ((dazu gibt es sogar eine Gesetzmäßigkeit: Je mehr Informationen man über eine Sache hat, desto schwieriger ist die anschließende Handlung; manchmal ist es besser, mit nicht allen endgültigen durchgekauten Argumenten einfach zu handeln; und eine nur 50%ige Sicherheit ist dann besser, als eine theoretische von 100, die es in der Realität fast gar nicht gibt. Dieser Zusammenhang wird z.B. hier näher erläutert.))

Nach meinem letzten Artikel, der am Ende in Richtung Satire gegangen ist, erhoffte ich mir vom Lesen eines Spiegel-Artikels und das Anschauen der heutigen Maybrit Illner – Sendung mehr Klarheit und Einsicht in die wirkliche Lage der Dinge, vor allem in die versprochenen „Sachargumente“, die sich nun mit der Vermittlung von Heiner Geißler jeder auf die verbalen Fahnen schreibt.

Aber obwohl der halbwegs mündige Bürger durch Nachrichtensendungen, Radio-Spezialberichte und tausenden andere Quellen ständig Meinungsfragmente und Wertungen erhält, fehlen auf dem Bodensatz der Diskussion noch immer die zurückgebliebenen Argumente. Wie ich im Nachhinein festgestellt habe, sind die Informationen aus dem Web, vor allem aus den Blogs, die besten und haben die meisten Details. Die Informationen, die man über regionale Zeitungen oder TV-Medien erhält, allerdings sehr dürftig.

So frage ich mich nach der Illner-Sendung immer noch, wofür der Bahnhof eigentlich steht? Wie wird er einmal aussehen? Was sind die Vorteile des neuen Bahnhofes und sind sie realistisch begründet? Warum hat kein Projekt-Befürworter auf dem Talkshow-Sessel Platz genommen und sich Frage und Antwort gestellt?

Wird der neue Bahnhof eines Tages wirklich Arbeitsplätze schaffen und wenn ja, wie viele und in welchem Bereich? Stehen die Kosten dazu in positiver Relation? Werden dafür auf der anderen Seite vielleicht Arbeitsplätze abgebaut? Wo ist der genaue, verkehrspolitische Unterschied zwischen einem Kopfbahnhof und einem Durchgangsbahnhof? (Stuttgart 21 ist letzteres; siehe hierzu auch die Links) Dazu brachte der Unternehmer (über den auf Twitter manche Leute gesagt haben, er würde klassische negative Unternehmer-Vorurteile bedienen) das Argument, dass er in China für die altmodische Infrastruktur in Deutschland belächelt wurde, was wiederum in ihm Aggressionen und Wut ausgelöst hat. Der Wortlaut des Chinesen war ungefähr „Deutschland ist ein lebendes Museum“. Wer die Bilder von aufstrebenden, chinesischen Städten im Kopf hat und diese mit der behaglichen Skyline deutscher Städte vergleicht, kann das wohl bestätigen. ((auf diese Aussage konnte man im Netz das Gegenargument lesen, dass die chinesische Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik nicht unbedingt nur ein Vorbild sein kann, da sie eben auch Fehler macht, wenig auf Nachhaltigkeit setzt und beispielsweise Umweltzerstörungen in Kauf nimmt; ein Punkt, auf den die demokratisch geschulten und mitdenkenden Menschen in Deutschland sehr feinfühlig reagieren ))
Skyline von Frankfurt

Aber dennoch, dieses wichtige Argument der Wirtschafts- und Fortschrittsgläubigkeit stieß nur auf wenig Begeisterung im Publikum, welches in Talksendungen immer als Resonanzverstärker der aktuellen Meinungen dient und daher von der emotionalen Wirkung nicht unterschätzt werden darf. Ich interpretiere das so, dass inzwischen für viele Leute der reine Fortschritt oder das Erreichen einer geldwerten Rendite nicht mehr das oberste Ziel ist. Wichtig ist eben auch die ökologische Nachhaltigkeit, wichtig sind die technologischen und sicherheitsrelevanten Fragen, wichtig ist auch die Frage „in welche Richtung wollen wir überhaupt gehen?“ Viele Bürger sind sehr genau infomiert und sehen es nicht ein, für ein Projekt, das ihnen nicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint, ihre Zustimmung zu geben.

Und daher ist Stuttgart 21, so fern dieses Schwaben-Projekt auch sein mag, eine wichtige Grundsatz-Entscheidung und Frage für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Es geht um die Frage: Wie soll unser Land/ unsere Stadt / unser Bahnhof aussehen? Dieses ureigene Recht nach Selbst- und Mitgestaltung nehmen sich die Menschen, indem sie demonstrieren. Das ist für die Demokratie insgesamt gut und „für alle ein Gewinn“.

Im weiteren Verlauf der Sendung tat sich die wichtige Frage auf, wer den harten Polizeieinsatz vom letzten Donnerstag zu verantworten hat und von welcher Seite eigentlich die Gewalt ausging. Die meisten Talkgäste und auch das Publikum waren der Meinung, dass Gewalt keine gute Lösung ist und es bessere Wege geben sollte, um den Konflikt zu entschärfen. Der Unternehmer nahm die Polizei in Schutz und auch von Claudia Roth (Die Grünen) war zu hören, dass die Polizei mehr ein Instrument der Politik ist und dass diese den harten Einsatz absichtlich verursacht hat („Stefan Mappus wollte Blut sehen“). Dieses Argument wiederum wurde von Christian Lindner (FDP) nicht gerne gehört, der sich vehement dagegen wehrte und sinngemäß meinte, dass es so was in Deutschland nicht gäbe (dass absichtlich Gewalt angeordnet wird, um die Demonstration zu zerschlagen). Dennoch machten sich, auch angesichts der eingespielten Bilder mit blutüberströmten Menschen und Polizei-Gewalt gegen eine am Boden liegende Schülerin, deutliche Zweifel an der Angemessenheit des Polizei-Einsatzes breit. So seien die berüchtigten Wasserwerfer in Stuttgart seit 40 Jahren nicht mehr im Einsatz gewesen.

Interessant waren die Augenzeugen-Berichte einer älteren Dame, die auf der Demo anwesend war und selbst hinter den polizeilichen Absperrungen mit Wasser beschossen wurde und Reizgas abbekommen hat. Mit einer erschütterten und ängstlichen Miene schilderte sie ihre Erfahrungen und dass sie erschrocken über die Härte des Einsatzes gewesen ist. Selbst bekannte sie sich erstaunlicherweise zu einer „konservativen“ CDU-Wählerin. Das zeigt indirekt, wie weit der Widerstand gegen das Projekt inzwischen auch in gut-bürgerliche Schichten vorgedrungen ist.

Gelbe Blumen, Nahaufnahme

Die Diskussion versuchte sich weiter mit gegenseitigen Argumenten. So stellte Claudia Roth fest, dass auch der Juchtenkäfer ein Lebensrecht hat, was ihr in der Runde niemand streitig machte. Der junge Mann, Gegner von Stuttgart 21, verblasste ein wenig in der Diskussion und meldete sich nur selten zu Wort, so dass die Hauptargumente gegen Stuttgart 21 von Frau Roth vorgetragen und jedes Mal heftig kritisiert wurden. Sie musste sich vor allem den Vorwurf anhören, dass die Grünen derzeit auf einer Protestwelle reiten, das Projekt Stuttgart 21 instrumentalisieren und insgesamt auf „Wolke 7“ schweben, wie der Unternehmer spöttisch in die Runde warf. Und auch der Einspieler zu gewaltsamen Protesten gegen Atommülltransporte, der von grünen Politikern damals medial kritisiert wurde, verstärkte diesen Eindruck.

Von Frau Roth hätte ich mir insgesamt mehr Sach-Argumente und weniger Emotionalität gewünscht, hängen geblieben ist vor allem die Aussage, dass man mit einem Kopfbahnhof die regionale Infrastruktur/ den Nahverkehr stärken möchte (und ein wenig Abneigung gegen überregionalen Verkehr hat? Warum sollte nicht beides zusammen gehen? hier wäre vielleicht ein guter Vermittlungsansatz). Aber auch der Unternehmer bestätigte das Klischee und sagte durch die Blume, dass mit Stuttgart 21 vor allem Geld verdient werden soll.

Wertvoll für alle, war die Erkenntnis zum Schluss, dass man das nächste Mal vorher über dieses Großprojekt reden muss (die Zahl 15 Jahre stand im Raum und dass den Bürgern bereits zahlreiche Beteiligungsmöglichkeiten geboten wurden) und dann erst ein Planfeststellungsverfahren einleiten sollte. Dieses übrigens sei ein guter Anwärter auf das Wort des Jahres..

Darüber waren sich alle einig, und so besteht am Ende der Sendung die Hoffnung, dass man vielleicht doch nochmal „an einen Tisch kommen“, sachliche Argumente austauschen und sich einigen kann.

Wenn es auch keinen „halben Tiefbahnhof“ geben kann und mind. ein Beteiligter von seiner Schwarz-Weiß Position abweichen müsste. Was anscheinend allen ein wenig schwierig fällt.

Weiterführende Links
…und ein Großteil der vermissten Fakten finden sich hier:

Was von Stuttgart 21 hängenblieb..

Als ferne und komplett außenstehende Medienbeobachterin kann ich zu Stuttgart 21 nur den Eindruck vermitteln, den die Medien und die vielen dazu schreibenden Menschen bei mir vermittelt haben. Ich habe kaum reale Konversationen zu diesem Thema gehabt, entweder sind die Menschen zu unpolitisch oder es waren andere Themen wichtiger und Stuttgart „weit weg“. Oder die Meinungen sind so einseitig und von tausenden wiedergekaut, dass sie mich ganz furchtbar langweilen.

Daher will ich ganz offen und direkt alle meine Eindrücke aufschreiben, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, die gerade dominiert, sondern ganz persönlich und auch subjektiv:

Stuttgart 21 ist aus irgendeinem Grund „böse“, der Grund leuchtet mir aber noch nicht ganz ein: Da ist einmal dieser seltene Käfer, von dem ich noch nie gehört habe, der aber sehr wichtig zu sein scheint. Da sind die vielen Bäume, die für das Bauvorhaben gefällt werden müssen und auf Youtube konnte man den Umfang der einzelnen Stämme sehen: Gewaltig. Das ist wirklich ein Frevel, so wie jedes Bauprojekt für das die Natur weichen muss. Allerdings ist das ein generelles, kapitalistisches Wachstumsorientiertes-Geldproblem und ein Mangel von Nachhaltigkeit, den man überall findet. Selbst wenn man neue Bäume pflanzt, wird das ewig dauern, bis sie wieder soo groß sind.

Nicht gut, wenn man öko ist. (so wie geschätzte 2 Milliarden linke Bildungsbürger in Deutschland).

Da sind ferner die Kosten und die Geldverschwendung und dass die Bürger das Gefühl hatten, nicht gefragt zu werden. Das ist ein wirkliches Problem mangelnder Kommunikation. Auch wenn das Land eigentlich demokratisch ist, so hat sich der Eindruck bei vielen Menschen aufgedrängt, dass der Beschluss zu Stuttgart 21 eine un-demokratische Entscheidung war.

Summiert mit anderen Entscheidungen der jüngsten Zeit baut sich ein emotionaler Widerstands-Kloß im Hals auf, der irgendwie raus muss. Was wäre besser geeignet, als eine Sache, die man anfassen und sehen kann? Die die abstrakte Entfremdung des Menschen in einem System, das er nicht beherrscht, wieder konkretisiert und beherrschbar macht?

Da ist die Bahn, die sowieso einen schlechten Ruf bei vielen hat, auf Grund der vielen negativen Dinge, die man inzwischen mit ihr assoziert: Der Hitze-Kollaps im Sommer, der zu einer „Qualitätsoffensive“ führt, die vielen Verspätungen, die unübersichtlichen Tarife, die regelmäßig angeprangert werden, sich aber dennoch nicht/nie ändern. Warum also dem großen anonymen Konzern nicht mal ein praktisches, reales Bein stellen und auf dessen Profit-Drüse drücken?

<———————– hier beginnt der politisch unkorrekte Satire- Teil ———————————>

Oder, warum nicht gleich mit einem günstigen Bahnticket in die Schwabenmetropole reisen und den Kopf mal zur Probe in einen Schlagstock halten?

Da ist die böse Polizei, die Männer in schwarz, die bedrohlichen und komplett ungeliebten Robocops unseres „Nazi-Diktatur-Polizeistaats“, auf die niemand Bock hat. Auch wenn das schöne grüne Fahrzeug mit dem weichen Wasser so lieb daherkommt, so scheint es ungesunde Auswirkungen zu haben, wenn man direkt in den Strahl blickt. (( bitte nicht falsch verstehen, ich finde es auch schrecklich, was passiert ist und mir tun die erblindeten u. verletzten  Menschen sehr leid – ich finde es so erschütternd und traurig, dass ich die Frage wichtiger denn je finde, inwieweit eine Demonstration oder die Polizei eine angemessene Lösung für ein Problem ist, das politisch und mit Argumenten gelöst werden sollte; daher wende ich mich auch ein wenig gegen die Protestkultur und das Durchsetzen einer Sache mit Gewalt, egal von welcher Seite ))

Wer schonmal mit einem Hochdruckreiniger den Hof gesäubert hat, weiß dass in der Anleitung steht: „Bitte Schutzbrille benutzen!!“. Ein Motorradhelm tuts zur Not auch.

20 bar sind eine Menge Holz, wenn man bedenkt, dass in einem Autoreifen vielleicht 2,5 bar, in einem Radreifen keine 3 bar Platz finden. Und Wasser hat eine höhere Dichte und somit auch höhere Gefährlichkeit als „nur“ Luft. Daher steht auf Wikipedia zum Thema Wasserwerfer auch der Satz „Bei zu hohem Betriebsdruck kann ein direkter Wasserstoß zu schweren Verletzungen führen, daher gelten Beschränkungen bei der Druckregulierung.“

Also, Kinder nicht in den Strahl schauen, wenn die Polizei schlechte Laune hat. Reizgas auf beiden Seiten gilt auch schon als „politisch unkorrekt“. Trillerpfeifen, körperliche Belästigungen und Begrapschen, Besetzen von Polizeifahrzeugen, auf Bäume klettern, die gefällt werden, Plakate und Beschimpfungen der Polizei könnten unter Umständen auch als Aggression gewertet werden, aber wem der Zusammenhang zwischen Gewalt und Gegen-Gewalt nicht ganz klar ist, sollte eventuell… mal mit seinem Therapeuten darüber sprechen.

Oder zu einer Demonstration reisen und seinem Frust mal so richtig Lauf lassen!
Die blöden Politiker!
Die da oben!
Machen sowieso was sie wollen!

Denen gehört mal tüchtig in den Ar.. getreten!

Wenn wir schon Steuern zahlen, wollen wir auch demonstrieren dürfen- gehen- gehabt- wollen- sein.

Und – juchee- die Abstimmung mit den Füßen trägt bereits zarte Früchte: Der Südflügel bleibt vorerst stehen und der olle Mappus gesteht Fehler ein! Wenn das nicht mal ein Teilsieg auf voller Linie ist.

Ich bin begeistert.

Das nächste Mal reise ich auch ins Schwabeländlein. Wenn die Scheiß-Autobahn nicht immer so verstopft und Winterreifen nicht immer so teuer wären…