Die Depression

Ein Plädoyer für mehr Wärme im Leben

In den letzten Tagen war eine Krankheit mal wieder in den Köpfen von vielen Menschen: Die Depression und der anschließende Selbstmord des Nationaltorhüters Robert Enke.

Auf Twitter wurde es kontrovers diskutiert, aber eine richtig gute Aufarbeitung des „Falles“ hab ich bis jetzt noch nirgends gelesen. Es ist für mich sogar wieder bezeichnend, wie kalt und distanziert sich viele Leute damit beschäftigt haben und für viele stand die Frage nach der Rolle und den Gefühlen des Lokomotivführers oder der Ersthelfer an oberster Stelle. Das ist sicherlich lobenswert und auch nachvollziehbar. Für Christen ist der Selbstmord sogar ganz abzulehnen, also „verwerflich“. (aber wieder typisch für die christliche Denkweise, dass man in Schuldmotiven, in Sühne und sowas denkt, aber nicht wirklich das Wohl des Menschen in den Mittelpunkt rückt.. eher so nach dem Motto „wir wissen schon, was für dich gut ist..“ ).

Ist es nicht erstaunlich, wie schnell man dabei wieder ist, einen neuen Schuldigen zu suchen und die Trauer durch Wut oder Anklage weiterzureichen? Man braucht kein Psychologe sein, um zu verstehen, dass das kein gutes Mittel ist und die Trauer nicht empfinden lässt. Es ist vielleicht sogar eine Art Abwehrhaltung auf Trauer und Schmerz.

Ich bin keine Expertin und nichts von dem was ich nun schreibe, ist medizinisch begründet oder belegt, aber ich kann die Depression und das, was ich davon empfunden habe mit meinen Worten nachvollziehen und beschreiben. Das Thema „Depression“ hatte ich sogar schon öfters im Blog und ich bin eigentlich zu faul, es nachzuschlagen- es reicht, wenn ich einen aktuellen Text schreibe (oder?).

Aus den bisherigen Erkenntnissen mit dieser Krankheit lassen sich ganz einfache Formeln ableiten:

  1. Menschen haben unterschiedliche Anfälligkeiten für Depressionen (da sie auch genetisch bedingt ist)
  2. die Depression kann man durchaus als Schutzreflex der Psyche und somit als Symptom für eine Schieflage im Leben betrachten
  3. es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der persönlichen Lebensführung (der Lebensethik) und dem körperlich-seelisch Gesamtbefinden des Menschen (also seiner Gesundheit)
  4. Weiterbildung und Selbstreflektion sind meistens ein guter Ausweg aus solch bedrückenden und unfreien Situationen ( > Gute Bildung für alle sollte politisch gesehen ein Menschenrecht sein u. unbedingt gefördert werden)

Rein biologisch gesehen ist die Depression nichts unbekanntes, genauer gesagt eine Unterversorgung mit dem Botenstoff Serotonin. (jetzt alles ein wenig vereinfacht, man möge mir das verzeihen; mehr Infos wie immer im Lexikon> http://de.wikipedia.org/wiki/Depression )

Die Pharmaindustrie hat das erkannt und was verschreibt sie? Stoffe, die die Wiederaufnahme des Botenstoffs verzögern, damit dieser ein höheres Niveau im Blutkreislauf erreicht (und von da aus ins Hirn geht, man nennt das die Blut-Hirn Schranke). Jeder, der schonmal Alkohol getrunken hat, kennt den Effekt: Alle Stoffe, die ich zu mir nehme, können einen Einfluss auf das Gehirn haben, manche mehr, manche weniger.

Letztendlich ist es möglich, mit diesen Medikamenten in den Regelmechanismus des Gehirns einzugreifen, aber: So wie die Unterdrückung von Schmerzen mit Anti-Schmerzmitteln ist es nur eine Symptomunterdrückung.

Man könnte sogar sagen, die Depression ist die Antwort, der Schrei der Seele auf eine Situation, die nicht passt, bei der man Unwohlsein empfindet. Um sowas dauerhaft zu lösen, braucht es mehr als eine Pille, vielleicht müssen die Grundpfeiler des Lebens neu gestellt werden. Der Job gewechselt, die Beziehung beendet oder ein Umzug absolviert werden. Umgekehrt können solchen tiefen Einschnitte auch depressiv machen, man sieht dadurch den engen Zusammenhang zwischen Leben und Seele.

Beim erfolgreichen Fußballer kann das z.B. der Leistungsdruck sein oder wie in der Öffentlichkeit mit seiner Krankheit umgegangen wird (der Fall Sebastian Deisler war/ist da ganz ähnlich). Es ist traurig, wenn sich durch mangelnde Toleranz und Anteilnahme die Angst des Spielers vor einem Outing derartig erhöht, dass das ganze in Selbstötung mündet. Für eine Gesellschaft als Ganzes kein gutes Zeichen, eher ein Armutszeugnis.

Zuerst erwächst aus der Intelligenz und der Empfindungsfähigkeit des Menschen (und ich schätze solche Menschen als sehr sensibel und intelligent ein, ganz und gar nicht krank oder unnormal, wie manche vielleicht noch behaupten) die Einsicht, dass etwas anders laufen muss. Der Impuls mag mehr aus dem Unbewussten kommen und ist nicht wirklich zugänglich, eben mehr ein Gefühl.

Mit dem Gehirn zwingt man sich vielleicht noch zu „funktionieren“ (das Wort funktionieren sollte schon als Warnung verstanden werden, denn dies ist eine rein mechanische Sicht der eigenen Arbeit und Rolle im Leben), aber der Körper und die Seele fangen an zu streiken. Die Schieflage zwischen beiden Dingen ist die Depression. (das Körper- Geist- Seele – Gleichgewicht kommt aus dem Ruder)

Es sind meistens kleine Blockaden, die darauf aufmerksam machen: Man wird vielleicht unkonzentrierter, vergisst Dinge schnell (ein typsiches Zeichen bei Serotoninmangel). Die dunkle Jahreszeit verstärkt den ganzen Effekt, weil durch den Sonnenlichtmangel weniger von dem Botenstoff gebildet wird, die Folge ist der typische Herbst- oder Winterblues. Müdigkeit, Antriebsschwäche, Launenhaftigkeit und keine Freude an Hobbies und Bekannten mehr.

Man sieht: Alles ganz normale Reaktionen, nur die Menschen und Gesellschaft machen daraus „etwas Schlimmes“. Klar, jeder möchte funktionieren, aber die Erkenntnis sollte in den Köpfen ankommen, dass es den perfekt funktionierenden Menschen einfach nicht gibt. Es gibt ja auch keine Blume, die immer blüht, im Herbst fallen halt die Blätter und im Winter vergeht ein Großteil des so bunten Lebens wieder.

Jeder hat Erwartungen an den anderen, von früh auf werden wir auf Jugendlichkeit, Leistungsdruck und Rollenerfüllung getrimmt. Jedes weitere Korsett, dass uns andere aufzwingen, ist ein Schritt in die Unfreiheit und das Unglücklichsein. Jeder Zwang ist ein Balken mehr, der auf unseren Schultern lastet. Daher ist das sich lösen von Zwängen, Erwartungen und unnötigen Pflichten so wichtig.

Freiheit macht glücklich, Zuviele Zwänge machen unglücklich. Kein Mensch will im Leben eingesperrt sein, weder gedanklich, noch real.

Mich wundert es nicht, dass es hin und wieder zu solchen schlimmen Folgen kommt, wie im Fall Enke.

Man sollte daraus lernen, es nicht auch so machen und auch, andere nicht derart unter Druck zu setzen. Eltern können da mit der richtigen Erziehung viele Weichen stellen.

Wenn ihr betroffen seit, dann nehmt die Depression ernst, lernt aus ihr, aber verteufelt sie nicht. Sie ist ein Geschenk und wird euch (wenn richtig beachtet) dahin bringen, wo das Glück auf euch wartet. Ein bisschen selbsterfüllter zu sein, ein bisschen weiser.

Seht die Depression nicht als Feind- seht sie als Freund. Sie zeigt euch, dass ihr noch ein Mensch seid, dass ihr noch nicht ganz stumpf seid.

„Cool sein“ hilft in diesem Falle nicht.. Aber was ist das Gegenteil von „cool“ ? Depressiv?

Nur eine weitere Krise

sonnenuntergang2

Oder: warum es sich lohnt, positiv zu denken

Tja, was soll ich sagen, es zieht sich schon durch das ganze Jahr. Was im letzten Jahr langsam angefangen hat, hat sich 2009 angehäuft und ist mir nun völlig bewusst: Ich habe keine große Lust mehr zu bloggen. Die Sonne ist weg und der Druck zu Schreiben auch.

Ich habe wohl alles aufgeschrieben, was auf meiner Seele lag, was ich meinte, formulieren zu müssen. Die Dinge, die neu kommen, kann ich auch für mich behalten oder im Tagebuch aufschreiben.

Die große Suche nach Besuchern und Lesern hatte ich sowieso nie und Geld verdienen wollte ich auch nie mit meinen (öffentlichen) Texten.

Den Versuch, mit dem Schreiben die Welt besser zu machen, habe ich auch nicht mehr. Spätestens seit dem Ende meiner Krankheit und der Erkenntnis, dass es nun einfach „normal“ weiter gehen soll (was für sich auch ein Kampf war). Ich bin sogar froh sagen zu können, dass ich das erste Mal seit 2001 nicht mehr abhängig von meiner Webseite, den Rückmeldungen oder meinem öffentlichen Tagebuch bin.

Ich bin einfach an einem Punkt angekommen, wo ich ganz normal glücklich sein kann, auch ohne Webseite.

Patient geheilt, Blog tot?

Ich finde, das ist eine wichtige Erkenntnis. Ich mache mir inzwischen auch keine Illusionen mehr, die Blogs und Leser so wie sie momentan in Deutschland sind, haben einfach keine Macht, irgendwas zu ändern.

Die große Blog-Welle, die vor ein paar Jahren begann, ist am Strand ganz leise ausgelaufen und hat keine weiteren Folgen nach sich gezogen. Die Meinungskultur in Deutschland ist nicht bereit für eine so offene Bürger-Diskussion auf breiter Linie. Die meisten Leute wollen nicht über die wichtigen Dinge im Leben diskutieren. Sie könnten zwar, aber sie wollen nicht. Die Dinge anzustoßen und laut gegen die Gesellschaft aufzuschreien ist eine Aufgabe von jungen Menschen, die viel Zeit und Energie haben (Studenten z.B.).

Wenn man erstmal so alt wie ich ist (hüstel), ja dann gibt es wichtigere Dinge. Z.B. Bausparverträge, Fernreisen, Supermarkteinkäufe oder Börsennachrichten.

Viele Leute lesen zwar online und die klassischen Zeitungen werden mit der Zeit immer unwichtiger. So bleibt auch die leise Hoffnung, dass große Massenmedien (mit den vier Buchstaben z.B.) irgendwann an Macht über die Köpfe verlieren, aber was soll man als kleine Nischen-Schreiberin schon ausrichten? Die haben ein Hochhaus, unendlich Kohle und tausend schlaue Menschen- ich dagegen nur 10qm, einen alten PC und mein viel zu kleines Gehirn!

Nein, egal in welche Richtung ich schaue, ich habe für kein Ressort meines Denken und Schreibens noch Lust, vor allem nicht auf das Bloggen. Schon erstaunlich, wie sich das ändern kann! Es ist wie ein Spiel. Es gibt Tage, da wache ich auf und tausende Gedanken strömen nur so aus meinem Bewusstsein und bahnen sich einen Weg in die Öffentlichkeit. Dann wieder gibt es diese stillen, leisen Tage wie im November, wo mir kaum was einfällt und ich auch ziemlich depressiv über die Welt nachdenke.

Wenn man genau hinschaut, nimmt man mit dem Schreiben nur die (eigentlichen) Taten vorweg. Man simuliert das Leben, man verpasst aber, es zu leben.

„Das Internet hat die Pubertät verschluckt“- so oder ähnlich hat jemand in der Sendung Scobel (3Sat) vor ein paar Tagen die Feststellung gemacht.

Das ist wahr. Anstatt miteinander zu reden, schreiben wir in unsere Tagebücher. Anstatt auf den Menschen zuzugehen und ihm Mitgefühl zu schenken, klicken wir auf „Das gefällt mir“. .. Anstatt zu unserer Oma zu fahren und unsere neusten Fotos zu zeigen, präsentieren wir wildfremden Leuten unsere Galerien.

Das Internet gibt sich so sozial, aber es ist seltsam menschenlos und steril. Diese Erkenntnis bleibt und bleibt und bleibt..

Die Sphäre der Gedanken ist schön und macht süchtig, aber sie bleibt am Ende nur eine Scheinwelt, ist mit der realen Welt kaum verbunden.

Ich möchte nicht sterben und wenn mich jemand fragt, was ich die ganze Zeit gemacht habe, sagen:

Gebloggt.

In ein Tagebuch, das keiner liest, das keine Erkenntnisse produziert und letztendlich nur mir selbst etwas brachte.

Pro?

Nein, wenn ich objektiv darüber denke, und nur analytisch gibt es keine erkennbaren Gründe, die für das Blog schreiben sprechen. Wenn ich an die Gefühle und den immateriellen Nutzen denke, wird es schon anders. Ich denke z.B. darüber, wie andere Leute nun schmunzeln und vielleicht frotzeln „Oh schon wieder ein Artikel, der sich mit dem Bloggen selbst beschäftigt?“- und dabei haben sie selbst kein Blog mehr. Es wäre so blöd, als wenn man einen Philosophen anlächelt und ihn dafür kritisiert, dass er über das Leben nachdenkt. Er muss es jeden Tag tun, denn das Leben ist jeden Tag anders und so ist auch mein Blog und meine Motivation es zu schreiben, jeden Tag anders!

Mein Blog ist mein Ventil, meine Leinwand, mein Spiegelbild der Seele- und es hilft! Die Psychotherapie, Bildung, Kunst und die weichen Faktoren im allgemeinen werden in Deutschland noch viel zu wenig beachtet, aber ein Blog bietet eben genau das in Fülle, wenn man es richtig macht:

  • ein Blog regt zum Nachdenken an und klärt Gefühle
  • man formuliert seine Gedanken und Ansichten
  • man kann sich frei schreiben > somit ist es ein Werkzeug, um einen besseren Zugang zu sich selbst zu bekommen
  • man kommuniziert mit anderen und erfährt was von ihrer Welt > die Einsamkeit nimmt ab

Auch wenn ich tausend Millionen Euro auf meinem Konto hätte, das Geld könnte mir niemals das bieten, was ich durchs Blog schreiben erreiche: Einen inneren Seelenfrieden, Gelöstheit und Glück.

Was bedeuten da schon Besucherzahlen, Quoten, Pagerank und „Verlinkungsgrad“ ??

Wer kann das menschliche Glück schon messen?

Nein ich glaube, ich werde noch ein wenig weiter schreiben. Man kann ja nie wissen, das nächste Tief kommt bestimmt…